Vorweg:
Uns wurde nicht gesagt, was wir veröffentlichen dürfen und was nicht, daher habe ich diesen Erfahrungsbericht sehr detailliert geschrieben und bin auf jeden Test einzeln eingegangen. Sollte dies nicht zulässig sein, biete ich darum, mir dies mitzuteilen.
Da mir Erfahrungsberichte ein bisschen die Nervosität genommen haben und man durch diese einen guten Überblick über das bevorstehende kriegt, möchte ich meine Erfahrungen mit euch teilen und zukünftigen Bewerbern helfen.
Wir waren 7 Bewerber, von denen 6 bestanden haben. Es ist recht ungewöhnlich, dass 6 von 7 bestehen, denn Normaleiweiße bestehen von 7 Leuten 3-4 die Phase II nicht. Wie ich später erfahren habe sind in einer Gruppe von 12 Leuten nur 4 weiter gekommen, also alles ist möglich.
Anreise:
Am Anreisetag soll man sich bis 19Uhr in der Kaserne beim UvB (Unteroffizier vom Bereitschaftsdienst) eingefunden haben, um seinen Stubenschlüssel, Kasernenkarte etc. zu empfangen. Danach bezieht man noch seine Stube und füllt einen biographischen Fragebogen aus. Dieser umfasst ca. 5 Seite und beinhaltet Fragen wie: Beruf der Eltern, die verschiedene Schulzeiten (Grundschule usw.) und auch Fragen zum Thema fliegerischer Motivation und wie man auf den Beruf des Piloten gekommen ist. Ihr habt für den Zettel bis zum nächsten morgen Zeit also ganz entspannt daran gehen.
Am Abend bin ich dann noch mit den Mitbewerben in der Oa`se essen gegangen. Ein typisches Restaurant mit Pizza, Burger oder Currywurst. Vor der Oa`se gibt es noch ein Tischkicker, Billardtisch und Dartscheiben zum Spielen, welche wir abends immer gerne genutzt haben.
1. Prüfungstag:
Aufstehen war um 5:30Uhr und um 6:55Uhr sollte man sich dann im Prüfungsgebäude einfinden. Die 1,5Stunden braucht man auch dringend, da allein der Weg von der Stube zur Kantine 15Minuten gedauert hat. Dann der Weg von der Kantine zum Prüfungsgebäude dauert nochmals 20-25Minuten. Geht rechtzeitig los, ansonsten müsst ihr wie wir den Weg Joggen bzw. Sprinten und dann sitzt man schon vor den ersten Tests voll geschwitzt da.
Am Gebäude angekommen warteten wir, bis ein junger Soldat hereinkam und mit uns die Formalitäten geklärt hat: Fühlen wir uns Fit? Haben wir noch Fragen? Anschließend haben wir unsere Passbilder und den biographischen Fragebogen abgegeben. Dann kam auch schon eine Psychologin rein, begrüßte uns kurz und verschwand wieder.
Um 8:00Uhr ging es dann los mit den „Simulatoren-Test“ (es wird immer wieder betont das es keine Simulatoren sind, allerdings findet man auch kein anderes passendes Wort dafür).
Die Test sind genau so, wie sie in der PowerPoint Mappe (die ihr schon in Köln mitgekriegt oder später per Post erhalten habt) geschildert.
Allgemeines zu den Test:
Vor jedem Test kriegt man genau erklärt was gefordert wird und wie man den Test zu bearbeiten hat. Sollte man während des Test fragen o.ä. haben kann man die „Ruftaste“ drücken und man redet dann über das Headset mit einem Prüfungsleiter. Sollte man in den ersten Versuchen eines Tests wiederholte Fehler machen, meldet sich der Prüfungsleiter und erklärt nochmal den Test und gibt ein Hinweis. Danach sollte man es allein hinkriegen.
Die „Simulatoren“ befinden sich in einem abgesonderten Raum. Man sitzt neben einander, hat allerdings eine Trennwand zwischen sich, sodass man nicht abgelenkt wird.
Test 1:
Der erste Test besteht aus einem Flugzeug, welches vor euch her fliegt. Mit dem Steuerknüppel und den Pedalen steuert ihr ein Fadenkreuz. Dieses Fadenkreuz müsst ihr auf das Flugzeug vor euch bringen und 1 Sekunde drauf halten, um ein Treffer zu erzielen. Das Fadenkreuz ändert die Farbe von Grün zu Rot, wenn ihr euch auf dem Flugzeug befindet. Schafft ihr dies, wird das Fadenkreuz vom Flugzeug weggestoßen und ihr müsst es erneut Deckungsgleich kriegen. Deckungsgleich heißt in diesem Falle, dass ihr die horizontalen Striche im Fadenkreuz mit den Tragflächen des Flugzeugs gleich bringt. Ihr dürft das Fadenkreuz also nicht „auf den Kopf drehen“.
ACHTUNG! Die Steuerung ist SEHR sensibel und schon die kleinste Handbewegung verursacht eine große Bewegung auf dem Monitor. Man muss hier nicht wie in diversen Actionfilmen den Steuerknüppel umreißen und hektische Bewegungen machen, sondern ruhig und besonnen den Steuerknüppel bewegen. Ich habe beide Hände benutzt, um mehr Präzision und kleinere Bewegung machen zu können. Einige meiner Mitbewerber haben es geschafft in den ersten 10 Sekunden sich zu „überschlagen“ oder sie sind in den Erdboden geflogen. Also, ruhe bewahren und nur kleine Bewegungen machen.
Diesen Test macht man 4x 4 Minuten (wenn ich mich recht erinnere. Ein Zeitgefühl hat man nicht wirklich) Das Flugzeug entfernt sich beim zweiten Durchgang von euch, sodass es ein bisschen kleiner und dadurch schwerer zu treffen ist.
Ab dem dritten Durchgang müsst ihr nun auch eure Ohren und den „Feuerknopf“ benutzten. Über das Headset hört ihr eine Buchstaben Reihenfolge.
Zum Beispiel: A C D T F S D K F...
Eure Aufgabe ist es, immer den Feuerknopf zu drücken, wenn sich ein Buchstabe mit einer Lücke wiederholt.
Beispiel:
Ihr hört folgende Reihenfolge: a f c f g d h e h j h k s c v
Während dieser Buchstabenfolge müsst ihr den Feuerknopf drei mal drücken.
Auflösung: a f c F g d h e H j H k s c v (jeweils bei den Großbuchstaben müsst ihr den Feuerknopf drücken, da sich dieser Buchstabe nach einer Pause wiederholt)
Diese Buchstabenfolgen hört ihr die ganzen 4 Minuten lang.
Ich habe mich bei der groben Ausrichtung des Fadenkreuzes auf die Buchstaben konzentriert, da man in dieser Zeit sich wenig auf das Steuern des Fadenkreuzes konzentrieren muss. Sobald ich mit dem Fadenkreuz am Flugzeug war und mich auf den „Abschuss“ konzentriert habe, habe ich den Buchstaben kaum Beachtung geschenkt. Mit dieser Taktik bin ich ganz gut geflogen, was aber nicht heißt, das dies das non plus ultra ist!
Nach ca. 1 Stunde in den „Simulatoren“ waren wir wieder im Wartezimmer und hatten eine Pause von etwa 10-20 Minuten. In der Zeit kann man was essen,trinken oder schnell aufs Klo gehen bevor es dann direkt weiter geht.
Test 2:
Der zweite Test wird im Gegensatz zum ersten Test nun auch mit Schubhebel gesteuert. Bei diesem Test habt ihr, wie in der PowerPoint gezeigt, einen schwarzen Bildschirm mit einer horizontalen und einer vertikalen Linie. In der Mitte, wo sich diese Linien kreuzen, habt ihr ein Fadenkreuz. Am unteren linken Bildschirm habt ihr eine Geschwindigkeitsanzeige. Diese geht von 0 bis 160 Knoten.
Ihr steuert bei diesem Test drei Parameter:
1. Ihr müsst einen vertikalen Strich mit Hilfe der Pedalen deckungsgleich mit der vorgezeichneten Linie auf dem Monitor bringen.
2. Ihr müsst ein Fadenkreuz mit Hilfe des Steuerknüppels deckungsgleich mit dem vorgezeichneten Fadenkreuz auf dem Monitor bringen.
3. Ihr müsst die Geschwindigkeit mit Hilfe des Schubhebels auf 95 Knoten bringen.
Diese drei Aufgaben müssen Zeitgleich bearbeitet werden. Sobald ihr einen Parameter deckungsgleich gebracht habt wird dieser wieder wie bei Test 1 von magischen Kräften weggedrückt und ihr müsst erneut Versuchen, eine Treffer zu erzielen.
Auch bei diesem Test gibt es wieder 4 Durchläufe á 4 Minuten (wenn ich mich recht erinnere).
Es ist nicht Sinn der Sache, sich nur auf z.B. das Fadenkreuz zu konzentrieren und damit 50 Treffer zu erzielen, wenn man mit Schub und Pedalen dann nur 4-5 Treffer hat. Ziel ist es alle drei Parameter in die richtige Richtung zu bewegen, um dann jedes einzelne konzentriert ins Ziel zu bringen.
Beispiel:
Der vertikale Strich ist links vom Ziel, das Fadenkreuz unten rechts im Bild und der Schub steht auf 30 Knoten.
Meine Herangehensweise:
Ich habe mich hauptsächlich mit den Augen auf das Fadenkreuz konzentriert, da dieses in der Mitte des Bildschirms sein soll und somit kann man mit dem peripheren Sehen die anderen beiden Parameter ganz gut beobachten.
Ich habe also das Fadenkreuz versucht mittig zu bringen. Während das Fadenkreuz zur Mitte gewandert ist, habe ich den vertikalen Strich Richtung Mitte gebracht und den Schub ganz grob in Richtung 95 Knoten verstellt. Während die zwei Parameter wanderten konnte ich wieder dem Fadenkreuz widmen und einen Treffer erzielen. Man erkennt dann in welche Richtung es ausschlägt und kann schon mal gegen halten. Während dessen habe ich mich auf den vertikalen Strich konzentriert und mit diesen einen Treffer erzielt. Auch dieser Parameter ist dann wieder ausgeschlagen und in der Zeit konnte man dann den Schub ins Ziel bringen. So hangelte ich mich durch den Test und habe versucht alle Parameter gleich oft ins Ziel zu bringen.
Es wird oft passieren, dass man 1-2 cm mit dem Fadenkreuz neben dem Ziel ist und man wird dann einige male ins Pedal treten, um das Fadenkreuz zu bewegen. Macht euch deswegen keine Kopf, mir und den anderen Bewerbern ist das nicht nur einmal passiert.
Während diesem Test muss man keine weiteren Aufgaben im Kopf lösen, wie in Test 1.
Die Psychologen achten hier nicht nur drauf, wie oft man einen „Abschuss“ erzielt, sondern auch, wie weit man zu jeder Zeit vom vorgegebenen Ziel entfernt ist. Heißt, wenn man das Fadenkreuz nach links lenkt und dann unterbewusst auch das Pedal nach links drückt (was sehr oft vorkommt) passiert es, dass der vertikale Strich links am Bildschirmrand „klebt“. Dadurch hat man zu dieser Zeit eine sehr große Abweichung vom Soll-Wert und das gibt Minuspunkte.
Ein Mitbewerber hatte schon mehr als 300 Stunden Segelflugerfahrung und da ist es so, dass wenn man den Steuerknüppel nach links bewegt, muss man auch die Pedale nach links drücken. So hatte er mit dem vertikalen Strich immer eine sehr große Abweichung vom Soll-Wert, was dann natürlich auffiel.
Auch nach diesem Test gingen wir wieder alle durchgeschwitzt von dem Stress und der Konzentration in den Warteraum und nahmen wieder eine kurze Pause.
Test 3: (Die Hölle auf Erden)
Ich möchte euch keine Angst machen, aber Test Nummer 3 hat es wirklich in sich, aber wenn ihr den geschafft habt, könnt ihr euch echt Multitaskingfähig nennen!
Dieser Test wird am Anfang nur mit Steuerknüppel und Schubhebel bewältigt. Ihr habt auf dem Bildschirm 4 Kästen mit Werten. Uhr, Kompass, Höhe und Geschwindigkeit
Die Aufgabe ist es in 60 Sekunden einen Gewissen Kurs mit Höhe, Richtung und Geschwindigkeit zu erreichen.
Die Uhr ist nicht wie in der PowerPoint zu sehen Digital, sondern Analog, was die Sache deutlich einfacher macht. Über jedem Parameter (Kompass, Geschwindigkeit, Höhe) steht eine Angabe wie zum Beispiel über dem Kompass +360. Über der Höhenanzeige steht z.B. +1000ft und über der Geschwindigkeitsanzeige steht z.B. 40kn – 60kn. Ziel ist es dann eine 360° rechts Kurve zu fliegen, während dessen 1000ft zu steigen und gleichzeitig noch von 40kn auf 60kn zu beschleunigen.
Ihr sollt nicht direkt das Steuer umreißen, eine 360° Drehung machen um dann zu Steigen und am Ende nochmal zu beschleunigen. All diese Werte sollen gleichmäßig und gleichzeitig erreicht werden. Nicht vor und nicht nach 60 Sekunden! Denn nach genau 60 Sekunden hört die Aufgabe auf, ihr müsst euch wieder ausrichten und kriegt neue Werte.
Beispiel:
Ihr fliegt Richtung 360° (Norden) auf einer Höhe von 1000ft mit 100 Knoten.
Nun sollt ihr in 60 Sekunden eine 360° Drehung nach rechts machen, 1000ft steigen und auf 160kn beschleunigen.
Da 360° und 1000ft eine ganze Umdrehung auf dem Armaturenbrett sind ist dies relativ einfach zu bewältigen. Ihr müsst versuchen die Kompassnadel und die Höhenanzeige gleichmäßig mit dem Sekundenzeiger zu drehen. Heißt, wenn der Sekundenzeiger bei 15 Sekunden, also ¼ der Zeit ist, müsst ihr schon um 90° gedreht sein, um 250ft gestiegen sein und die Geschwindigkeit auf 115kn beschleunigt haben.
Solltet ihr merken, dass ihr zum Beispiel zu schnell gedreht habt, wartet nicht mit der Drehung, bis ihr mit der Zeit wieder im Einklang seid, sondern lenkt aktiv zurück und korrigiert den Wert wieder. Es wird alle 3 Sekunden überprüft, wie weit ihr mit euren Werten von den Zielwerten entfernt seid und je nachdem wie groß die Abweichung ist gibt es mehr oder weniger Punkte.
Beachtet hier unbedingt die Richtung in die ihr euch Drehen bzw. ob ihr steigen oder sinken sollt.
+360° = Rechts drehen ; -360 Links drehen ; +1000ft Steigen ; -1000ft Sinken
Außerdem habt ihr hier nicht immer „runde“ Werte, sodass ihr auch mal halb so schnell wie der Sekundenzeiger drehen müsst, aber doppelt so schnell steigen sollt.
Nach zwei Durchgängen folgen noch zwei weitere, noch anspruchsvollere Durchgänge.
Die Hauptaufgabe bleibt die Gleiche, allerdings müsst ihr nun noch Matheaufgaben lösen.
Die Aufgaben sind in Multiple-Choice gestellt, heißt ihr habt pro Aufgabe 5 verschiedene Antwortmöglichkeiten. Die Aufgaben sind ganz banal und einfach, jedoch in Kombination mit der Hauptaufgabe wird es echt eine Herausforderung die Übersicht zu behalten.
Die Antwortmöglichkeiten werden unten im Bildschirm angezeigt und die Aufgaben werden übers Headset gestellt. Die Eingabe der Lösung erfolgt über die Pedale und mit dem „Feuerknopf“.
Beispiel:
36-6
Antwortmöglichkeiten: 25 30 36 -30 -35
Ausgewählt ist immer der Wert in der Mitte und mit den Pedalen müsst ihr dann nach links oder rechts zum richtigen Wert steuern und diesen dann mit dem „Feuerknopf“ bestätigen.
Die Steuerung mit den Pedalen ist hier sehr empfindlich und ich bin einige male auf dem Richtigen Wert gewesen, wollte gerade bestätigen und dann hat eine Mikrobewegung einen falschen Wert ausgewählt und diesen habe ich dann leider bestätigt. Seid also mit euren Beinen ruhig und versucht vor dem Bestätigen sicher zu gehen, dass ihr es nicht doch noch verreißt.
Diese Aufgabe ist von all den Test mit Abstand die schwierigste. Die ersten beiden Durchgänge liefen noch ganz gut, doch als die Matheaufgaben dazu kamen habe ich es nicht mehr geschafft alle Werte gleich zu halten. Vor allem die Geschwindigkeit war nie Richtig, wie mir der Psychologe im Abschluss Gespräch wissen lies. Lasst euch trotzdem nicht aus der Ruhe bringen und gebt euer bestes. Auch wenn ihr die Matheaufgabe mal nicht mitkriegt und keine Ahnung von dem Ergebnis habt, einfach versuchen den Kurs richtig zu halten und wählt irgendeine Lösung aus. Danach kriegt ihr direkt eine neue und könnt weiter machen.
Nach diesem Test waren meine Klamotten dann endgültig durchgeschwitzt, aber wir waren sehr erleichtert diese Aufgabe hinter uns zu haben und wir konnten dann endlich unsere Pause genießen.