Na ja, in dieser Lage im Schanzenviertel kommen halt zwei rechtliche Erwägungen deutlich über ihre Grenzen.
Zum einen haben eben Polizisten keine Pflicht zur Tapferkeit, brauchen sich also gegen ihren Willen keiner körperlichen Gefahr auszusetzen - da bringt auch keine Garantenstellung etwas. Dies führt dazu, dass eben Polizeiführung im Einsatz dem Schutz eigener Kräfte einen sehr hohen Stellenwert beimessen muss - auch wenn dies dazu führt, dass durch verschobenes/späteres/gar kein Eingreifen rechtsfreie Räume entstehen.
Und das in Lagen in denen Polizisten sowieso dauerhaft ihr Gesundheit oder ihr Leben riskieren - immerhin ist in deutschland ja höchstrichterlich geklärt, dass es völlig normal ist, dass ein Polizist in Schutzausrüstung mit einem brennenden Molotov-Cocktail angegrioffen wird und dies keine Selbstverteidigung mit lethalen Mitteln rechtfertigt - hat der Beamte halt Pech, wenn kein Feuerlöscher zur Hand ist oder die Flüssigkeit in den Nacken läuft.
Zum anderen muss man sich eben auch in Deutschland mal die Frage stellen ab wann der gezielte Schusswaffeneinsatz gegen Menschenmengen oder Einzelpersonen in diesen zur Verhinderung schwerster Straftaten notwendig wird. Da kommen wir auch unmittelbar wieder in das Dilemma Leben gegen Leben abzuwägen, weil das nicht ohne Fremdgefährdung geht.
Es stellt sich aber auch die Frage, wieso deutsche Polizeikräfte für solche Lagen keine Gummigeschosse haben. Das ist ja nun wirklich nicht das erste mal, dass wir so eine provozierte und geplante Lageeskalation haben.
Was in Deutschland allerdings selbstverständlich geht ist jeden Anwesenden wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Landfriedensbruches vorläufig festzunehmen oder wenigstens die Personalien festzustellen. Was ebenso geht ist durch umfassende Bildauswertung bereits während des Einsatzes Beweise gegen den Einzelnen schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, so dass diese direkt einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden können. Was dann ebenso geht ist diese Personen in Untersuchungshaft zu nehmen und direkt die prozessuale Aufarbeitung anzugehen und direkt zu Urteilen zu kommen. Das kann alles innerhalb eines Monats passieren ohne das so ein Gewalttäter überhaupt noch mal auf die Straße kommt.
Das Problem ist aber, dass das schlicht politisch nicht gewollt ist - schon alleine das Aufnehmen von Personalien.
Das wenn man das durchziehen würde, würde das ja bedeuten:
a) schlechte Presse der deutlich linkspositiv aufgestellten deutschen Presse,
b) bei weitem mehr Polizisten für die Beweissicherung und Auswertung,
c) mehrere tausend Plätze in mobilen Hafteirichtungen der Polizei,
d) gesonderte zusätzliche Staatsanwälte und Richter,
e) eine erheblich höhere Zahl an Freiheitsstrafen und damit an Häftlingen - und selbst in Bayern gibt's da derzeit keinen Platz (Flüchtlingskrise sei dank
).
Und ganz nebenbei muss der wissenschaftlich ja bereits völlig zerlegte Ansatz der Resozialisierung als primäres Haftziel eben auf Dauer dem Zweck von Abschreckung und Stärkung der öffentlichen Sicherheit durch mehr Haftstrafen weichen müssen.
Wieso in Deutschland eigentlich primär Bewährungsstrafen verhängt werden verstehe ich bereits aus kriminalsoziologischer Sicht überhaupt nicht. Aber anderes Thema...
Und ich bin allerdings nicht der Meinung, dass wir in Deutschland einen starken Staat brauchen, wir brauchen eine starke Gesellschaft! Hat im ganz kleinen übrigens auch auf der Schanze funktioniert, als Anwohner eine Apotheke vor der Plünderung geschützt haben.
Gruß Andi