Ahoi
Hier der zweite Teil meines Erfahrungsberichtes:
1. PrüfungstagIch bin kurz vor 5 aufgestanden und nach Gewohnheit sofort hoch und ab unter die Dusche und war damit der erste dort. Ab 05:30 Uhr sollte es bereits Frühstück geben, letztlich standen wir für fast 15 min dort und die Truppenküche öffnete um ca. 05:45 Uhr.
Nur zur Info: die gesamte Verpflegung ist am 1. und 2. Prüfungstag für alle kostenlos. Die Chipkarten dürfen und müssen nicht genutzt werden.
06:10 Uhr fanden wir uns dann im gleichen Raum in der OPZ ein, in dem wir am Vortrag die Vorträge gehört haben.
Nach einer kurzen Einweisung ging es gleich los mit dem
Aufstatz. Ich hatte zur Auswahl "Recht und Gerechtigkeit" und "Betrug und Manipulation". Nichts spannendes - bloß keine Angst haben. Schnappt euch das Thema zu dem euch eher was einfällt und legt los. Begriffe definieren - voneinader Abgrenzen - Gemeinsamkeiten finden und am Ende ein Statement dazu abgeben (mit eigener Meinung). Hier sollte niemand ins Schwitzen kommen.
Danach folgte jeder individuell seinem am Vortag erhaltenen Laufzettel. Zwischen den Stationen ging es immer wieder zum Personalberater (SFw), der bei mir bspw. im späteren Verlauf Termine änderte und Tests vorzog, da ich schneller fertig war als gedacht.
Ich ging als erstes zum
CAT-Test, d.h. dem Test den alle aus der Musterung kennen sollten. Auch hier nichts aufregendes. Wortpaare finden, Matheaufgaben aus der Grundschule und Matrizen.
Danach folgte für mich die
Voruntersuchung beim Arzt, d.h. Urinprobe, Körpermaße, Gewicht, Seh- und Hörtest. Dazu ist auch nichts weiter zu sagen.
Nun kommen wir zum ersten spannenden Teil:
dem GSV - dem Gruppensituationsverfahren.
Ich war in einer Prüfgruppe zusammen mit einem Abiturienten von meiner Stube und zwei Anderen, die ich noch nicht kannte, was schonmal gut war. Wir mussten zwei Planspiele machen,
eine Notlage und ein Ressourcenengpass.
Bei der Notlage ging es darum im Rahmen einer fiktiven Situation zusammen zu einer Entscheidung zu kommen. Wir mussten als Fremdenführer eine Gruppe Touristen jeden Alters aus einem Watt vor der steigenden Flut retten. Es ging um die Frage was wir machen, wo wir hingehen, wie wir uns aufteilen und wo wir Hilfe holen, wie wir kommunizieren (bspw. per Handzeichen/Signalgebung per Kleidung) usw.
Danach folgte der Ressourcenengpass, bei dem wir mit einem ziemlich unspannenden Szenario vertraut gemacht wurden. Wir sollten als 4 Freunde einen auswählen der in unserer neuen WG das kleinste und am schlechtesten Ausgestattete Zimmer kriegt. Da kann man nicht allzu viel sagen. Letztlich fand sich einer, der sich dazu bereit erklärte ins kleinere Zimmer zu gehen und dann war das auch vorbei.
Ich komme jetzt zu dem letzten Teil des GSV: dem Vortrag.
Jeder Bewerber zieht einen Zettel auf dem eine Aufgabe steht. Einem wird ein Dilemma präsentiert und man muss eine Entscheidung finden, diese erklären und begründen und am Ende präsentieren.
Zeitansatz: 25 Minuten zur Vorbereitung und maximal 10 Minuten für den Vortrag.
Ich sollte meinen Freunden (den anderen Bewerbern) erklären, was ich mit dem Altbau machen werde, den ich geerbt hatte (zusammen mit Geld) und in dem wir 4 zusammen wohnen. Denn der Altbau ist baufällig und Reparaturen sind teuer. Dazu hatte ich ein Gespräch mit einem Finanzberater gehabt, der mir riet das Haus abzureißen und mit einem Kredit neue Mietwohnungen zu bauen. Dazu habe ich mich dann auch entschieden.
Tipps für das GSV:Macht den Mund auf - fangt gleich voll und ganz an. Seid nicht zu dominant und lasst die Anderen ausreden, aber zeigt das ihr dort seit um euch zu präsentieren. Also: Zähne auseinander und los gehts!
Versucht die euch präsentierten Lagen sinnvoll zu ergänzen. Bei dem Ressourcenengpass hab ich z.B. erwähnt, das ich ja Soldat war und in der Kaserne schon in kleinen Stuben mit mehreren und ohne Fernseher und Internetanschluss leben musste, und das nicht wieder machen wollte. Ein Argument wie "Du da - du verdienst doch mehr, da kannst du dir doch eh eine eigenene Wohnung leisten" (Übertrieben und unwahr, wurde nicht gesagt) sind nicht sinnvoll.
Versucht zu einer Lösung zu kommen, z.b. wie bei uns zu einem Kompromiss. Am Ende der Ressourcenengpass-Lage machten wir aus, wer als erstes in das kleinere Zimmer einzieht und das wir dann dort per Kabel Internet rein legen und alle 3-4 Monate derjenige der das kleinere Zimmer hat mit einem Anderen tauscht, sodass alle mal in das kleinere Zimmer müssen (wir waren ja laut Lage alle Studenten die noch länger studieren).
Zum Vortrag: bereitet euch gut vor. In meiner Lage wurde ich vor eine Problemstellung gestellt und es wurden mir 2 Lösungswege als Alternativen (Haus abreisen oder nicht) vorgestellt. Schreibt alle Argumente (pro&contra) auf euren Zettel (den ihr benutzen dürft) und wägt sie ab. Entscheidet euch und bleibt bei der Entscheidung. Dichtet möglichst wenig dazu und geht auf eure fiktiven Freunde/Mitarbeiter/... (d.h. das Publikum) ein, indem ihr z.B. ihnen bei fiktiven späteren Entscheidungen ein Mitspracherecht einräumt (z.b. zur Gestaltung der Wohnungen wie bei mir beim Neubau der Mietwohnungen).
Benutzt
nicht die kleine Tafel. Benutzt sie einfach nicht.
A) ist ungerne gesehen von den Prüfern
B) ihr macht Fehler (wie z.B. ihr schreibt was an und redet dabei, abgewendet vom Publikum)
Ihr solltet euch klar und verständlich ausdrücken und wenn ihr kleinere Fehler macht - kein Problem, macht einfach weiter. Entspannt euch, das ist wie ein Vortrag vor der Schulklasse, denn ihr redet nicht zu den Prüfern, sondern zu euren Mitbewerbern.
Gestik und Mimik sind wichtig. Hampelt nicht rum aber steht auch nicht da wie eine Salzsäule. Lest nicht alles von eurem Zettel ab, ihr habt mit 25 min Vorbereitungszeit genügend Zeit um eure Argumente weitgehend im Kopf zu haben.
Ich habe z.B. mich zentral vor meine Mitbewerber gestellt, abwechselnd zu jedem Augenkontakt gehalten und ihnen erstmal die Lage erklärt (dabei drauf achten: das waren meine fiktiven Freunde und keine Chefs/Mitarbeiter oder sowas, also kann man auch ruhig locker sein bei der Begrüßung bzw. bei der Einleitung - aber: lageabhängig!). Dann habe ich kurz meine Position zur rechten Seite gewechselt, für die eine Seite argumentiert und dann habe ich mich nach lnks gestellt und für die andere Seite argumentiert um dann am Ende, wieder in der Mitte stehend, mein Schlussplädoyer zu halten.
Steht aufrecht und strahlt Ruhe aus, dann klappt das.
Danach durfte ich zum
PMO Test - PersönlichkeitsMerkmaleOffizier.116 Fragen der Art "Nehmen sie Drogen?" bis hin zu "Sind sie arbeitsscheu?". Einfach offen und ehrlich beantworten und auf die teilweise doppelt gestellten Fragen achten, die meisten Fragen drehen sich um die Themen "gesetzeskonformes Verhalten" und Einstellung zur Arbeit.
Da ich schnell war durfte ich noch vor dem Mittagessen
zum Arzt zur Hauptuntersuchung.
Was soll ich da groß sagen?
Nachdem der Arzt erst ein wenig rummoserte wegen alten Rückenproblemen von denen er in meiner G-Akte gelesen hatte, und mehrmals um mich herum lief und mich beobachtete, sagte er: "Naja was sie machen wollen wird wohl nichts."
Er setzte sich an den Rechner, tippte ein wenig was ein, stand auf und gab mir die Hand und sagte: "Herr XY, herzlichen Glückwunsch, sie sind T2 und dürfen alles machen außer Wachbatallion wegen der Größe. Sie sind voll belastbar und von der Rückenmuskulatur wesentlich kräftiger als der Durchschnitt." Vorher hatte ich Ausschlüsse für Fallschimjäger, Gebirgsjäger, Pioniere usw. Jetzt nicht mehr
Danach ging es ins Mittagessen. Eigentlich hätte ich zwischen 12:00 Uhr und 12:30 Uhr Mittagessen gehabt (wie alle), war aber so früh fertig, dass ich 30 min mehr Pause hatte und erstmal durchatmen konnte.
Danach folgte der Test, den die Meisten am meisten fürchten.
Der Mathetest:Zu meiner Vorgeschichte. Ich habe 2010 Abitur gemacht und hatte Deutsch und Geschichte als LK und war in Mathe grottig. In der Oberstufe nie besser als 9 Punkte, wobei ich von Mathe so viel Ahnung habe wie mein Hund vom Liedersingen.
Ich kann kein Mathe und das war und ist mein Schwachpunkt. Und machen wir uns nichts vor: jemand kann der tollste und fitteste Typ sein - wenn sein Mathetest Mist ist, wird es wahrscheinlich nichts, da sich auf die jeweils 40 Studienplätze für die beiden Fächer in denen man absolut kein Mathe braucht (Politik und Geschichte) jeweils ca. 400+ Leute bewerben und entsprechend eine strenge Bestenauslese stattfindet.
Ich habe erst 1,5 Wochen vorher von meinem Termin in Köln erfahren und 1,5 Wochen reichten mir niemals um auch nur Ansatzweise wieder in die Mathethemen der Oberstufe reinzukommen.
Also hab ich das Internet durchforstet und erstmal geschaut was denn überrhaupt dran kommt.
Keine Stochastik
Aber:
- Vektoren
- Limes
- Integrale/Ableitungen/Aufleitungen/Algebra allgemein
- Viele Funktionen mit Brüchen, Quadraten usw. (e-Funktionen/cos und sin usw.)
- Wurzeln
- Geometrie (!!! hatte ich nicht gelernt, wichtig sind Sachen wie Bogenmaß, Radikanten usw.)
- Bruch und Prozentrechnung
- Dinge die ich schon vergessen hab (sorry, aber ich hab nicht mitgeschrieben, war zu beschäftigt den Test zu bestehen)
Wie habe ich mich nun vorbereitet? Ich habe mir 5 Tage lang jeden Abend nach Dienst erklärende Videos zu allen mir bekannten Themen auf Youtube angeschaut. (Hätte ich das bloß zu Schulzeiten gewusst!)
Dazu Kopfrechnen und schriftliches Rechnen geübt und mir dutzende Zettel geschrieben, auf denen ich alles nochmal für mich mit geschrieben habe was mir diese Matheheinies auf Youtube erklärt haben.
Wichtig: ihr habt im Mathetest keinen Taschenrechner und keine Formelsammlung. Schriftliches Rechen kann helfen, Kopfrechnen allemal!
Ich habe mir für jede (!) Aufgabe Zeit genommen (keine Panik!) und habe so gut wie es ging versucht zu rechnen (was soll ich auch Anderes tun). Ich habe nach dem Ausschlussverfahren gearbeitet, d.h. oft erkennt man das von den 5 möglichen Ergebnissen mindestens schonmal 2 oder 3 Wegfallen, da sie keinen Sinn machen. Bei vollkommen wilden Funktionen hab ich einfach mal für x 1 oder 2 eingesetzt und gerechnet und geschaut ob mein Ergebnis unter den Antwortmöglichkeiten war (was einem nichts bringt, wenn man eine Zahl errechnet, aber es nur Funktionen als Antwortmöglichkeiten gibt haha
)
Na gut, das hab ich irgendwie überstanden. Auf ging es zum letzten und wichtigsten Teil:
dem Interview.Mein erster Tipp: redet! Mund auf und fangt an zu labern!
Nicht sinnlos und ohne was dahinter, aber wenn ihr was gefragt werdet, gebt eine volle Antwort. Es werden Fragen gestellt, die praktisch jedem Bewerber gestellt werden zu denen sich jeder was überlegen sollte.
Ich wurde gebeten mit meinem Lebenslauf zu beginnen, da ich ja nun zwischen Abitur und Wehrdienst schon studiert und bei einer Behörde gearbeitet hatte.
Also hab ich denen meine Lebensgeschichte (beginnend ab Abitur) erzählt und auch den einen oder anderen "schwarzen Fleck" nicht ausgelassen. Dazu werde ich aber nichts weiter sagen.
Wichtig ist nur Folgendes: ihr habt Probleme in der Schule gehabt? Ihr habt eine Ausbildung oder ein Studium abgebrochen?
Es wird wahrscheinlich angesprochen werden und es zeugt nicht von irgendwelchen Qualitäten wenn man dann unreflektiert antwortet, das man selber keine Fehler gemacht hat und das an allem Andere Schuld waren. In meinen Augen disqualifizieren solche Aussagen einen Bewerber sofort, da ja ein verantwortungsbewusster, erwachsener und gebildeter junger Mann (oder eine entsprechende junge Frau) gesucht wird, der seine Handlungen reflektieren und bewerten kann und sich selber nicht im Weg steht und Probleme und Fehler nicht einfach auf Andere abschiebt.
"It's not about what happens - it's about how you respond"Ich wurde dann gefragt wie es zum Afghanistaneinsatz kam (andere Bewerber wurden über Themen wie Atalanta, Libyen oder Syrien befragt).
Ich will Geschichte studieren - das war ein Selbstgänger. Wer sich nicht informiert hat über Einsätze der Bw und das aktuelle und vergangene Weltgeschehen, der hat schlechte Karten. Wer Wissen hat ist klar im Vorteil.
Tipp: ein anderer Bewerber wurde gefragt, was er denn als Pilot über Afghanistan denn machen würde, wenn er beschossen würde. Er sagte mir, er hatte ein wenig Angst eine "typische Battlefield Spieler Antwort" zu geben. Letztlich sagte er, er würde Flares benutzen und ausweichen, was vollkommen richtig war.
Macht euch nicht selbst verrückt und wenn solche "was wäre wenn sie eingesetzt sind als ... und ..." Fragen kommen, dann Antwortet einfach. Die werden nicht aufspringen und plötzlich laut schreien "Ahahaha- der spielt ja Battlefield der Kleine! Wie peinlich!". Keine Angst.
Der Psychologe fragte mich noch ein wenig aus zu meinen Hobbies und meiner "Lebenseinstellung" (ich trinke nicht, nehme keine Drogen usw.). Da hab ich ihn zugeredet über die englischen (Fach-) Bücher die ich gerne lese und über Sport, z.b. die GoRuck Challenge aus meiner Signatur (ja, wer freiwillig in seiner Freizeit Geld ausgibt für Durchschlageübungen kriegt wohl Pluspunkte
).
Danach wurde ich rausgeschickt und nach weniger als 5 Minuten wieder reingeholt.
"Herr XY, sie waren vor 3 Jahren schonmal hier (vor dem Abitur) und haben jetzt wieder die geistige Eignung aber mit wesentlich besseren Punkten*"
*= alles was man macht und mitbringt wird in Notenpunkten verrechnet. Noten 1-7.
Am Ende wird ein Schnitt errechnet und wer einen Schnitt von ~100 hat, wird genommen. Wer einen Schnitt von ~600 hat, kann sogar die Warteliste vergessen, das wird definitiv nichts.
Damit war der 1. Prüfungstag für mich gelaufen und ich hatte den Zettel "Zwischenbescheid: Herr XY ist körperlich und geistig geeignet, ausstehend ist der Sporttest" in der Hand.
Ich werde bei Zeiten heute oder Morgen den Rest zum 2. Prüftag mit Sporttest und Einplaner schreiben.