Tag 1:
Gegen 14 Uhr bin ich in der Mudra-Kaserne einegtroffen. Das Empfangspersonal am Eingang ist freundlich und leitet euch gegen Vorlage eurer Einladung und eurem Personalausweis weiter zu Gebäude 9, eurer Unterkunft. Dort werdet ihr kurz mit der Hausordnung etc. bekannt gemacht und könnt eure Stube einrichten. Die Stuben haben Platz für bis zu 4 Leute, ich hatte noch zwei Kameraden bei mir.
Um 14.55 Uhr trifft man sich vor dem Eingang des Gebäudes und geht gemeinsam mit den anderen Bewerbern, bei mir waren es etwa 30, und einem Betreuungsoffizier zum Gebäude 5, wo ihr euch in den 3 tagen am meisten aufhalten werdet, denn das ist das eigentliche Assessment Center. Dort hört ihr euch einen Vortrag über die folgenden Tage an, er dauert ca. 2 Stunden, in denen ihr u. a. euren laufzettel bekommt, d.h. die Reihenfolge und Uhrzeiten der Stationen, die ihr in den folgenden Tagen durchlaufen müsst. Außerdem müsst ihr dort noch einen Selbsteinschätzungsbogen ausfüllen und bekommt einen Bogen über die Studienberatung, welchen ihr bis zum nächsten Tag ausgefüllt haben müsst. Kleiner Tipp: überlegt euch vorher schon einmal, aus welchen Gründen ihr eure Studienwünsche gewählt habt, da ihr das dort ausführlich und präzise angeben müsst (bei dem Studienwunsch "Sportwissenschaften" bspw. reicht es nicht, zu schreiben, dass man gerne Sport macht).
Abends sind so gut wie alle Bewerber dann in eine kaserneninterne Kneipe gegangen, den sog. "Griechen", wo ihr was essen und trinken könnt. Am ersten Abend gibt es noch kein Abendessen von der Bundeswehr, das beginnt erst am zweiten Tag.
Tag 2:
Das Frühstück beginnt um 5.45 Uhr, ihr müsstet euch ein wenig beeilen, da es um 6.10 Uhr mit dem schriftlichen Aufsatz losgeht. Es ist aber auch eine Möglichkeit, sich Brötchen fertig zu machen und einzupacken, um sie dann im Laufe des Vormittags zu verzehren.
Der Aufsatz ist keine allzu große Herausforderung. Man bekommt zwei Wortpaare, wobei man sich eines aussuchen kann und soll diese beiden Wörter dann in 2-3 Sätzen definieren, voneinander abgrenzen (Gemeinsamkeiten und Unterschiede) und schließlich einen Schluss ziehen. Wenn man sich vor dem Schreiben ein paar Minuten Gedanken macht und eine Struktur im Kopf aufbaut, ist das leicht zu bewältigen. Hierbei kommt es weniger auf den Inhalt, sondern vielmehr auf die rhethorischen Fähigkeiten mit der deutschen Sprache an. Ich hatte die Wortpaare "Temperament und Persönlichkeit" und "Erinnerung und Gedächtnis" zur Auswahl, nur als kleines Übungsbeispiel. Später wurde der Test bei mir mit gut - sehr gut bewertet, ich schrieb ca. 1 1/4 Seiten.
Nach dem Aufsatz gibt es keine feste Reihenfolge der Tests mehr. Sanitätsbewerber haben bspw. einen "Sani-Test" zu absolvieren, wohingegen Offiziersanwärter mit Studiengängen wie Geschichte, Polotikwissenschaften o. ä. auf den Mathetest verzichten können. Ich musste den Mathetest aufgrund meines Studienwunsches Wirtschaftsinformatik absolvieren. Auf Zeit bekommt man in 9 Blöcke geteilt insgesamt 60 Aufgaben gestellt. Die Aufgaben sind im Großen und Ganzen äußerst schwer und ich musste das meiste raten. Wer einigermaßen Ahnung von Mathematik hat, rät dann meistens auch das Richtige, weil das am meisten Sinn ergibt. Anmerkung dazu: der Mathetest ist für die Offizierseignung an sich völlig irrelevant, er bezieht sich nur auf die Studiumsanforderungen.
Nach dem Mathetest ging es für mich weiter zur Voruntersuchung beim Arzt. Dort werden grundlegende Dinge wie hören und sehen überprüft. Das ist nicht weiter schwer, darauf vorbereiten kann man sich auch nicht. Außerdem wird dann noch eine Urinprobe entnommen, die auf THC-Gehalt getestet wird (Drogentest). Anders als in der Einladung der Bundeswehr, wurde mir kein Blut entnommen.
Daraufhin folgte das GSV (Gruppensituationsverfahren). Zusammen mit 2-4 anderen Bewerbern sitzt ihr an einem Tisch und bekommt nacheinander zwei Planspiele vorgestellt, über welche ihr eine bestimmte Zeit lang diskutieren sollt. Ziel ist es nicht, möglichst schnell zu einer Lösung zu kommen, sondern zu zeigen, dass man eine eigene Meinung vertritt, diese argumentativ darstellen kann, allerdings auch kompromissbereit ist. Bei unserem ersten Planspiel bspw. haben wir am Schluss noch gar keine Lösung gefunden, sondern waren noch mitten in der Diskussion. Das ist aber absolut nicht schlimm gewesen, es ging einfach weiter. Nach den Planspielen ist es die Aufgabe eines jeden, einen bis zu 10-minütigen Vortrag über ein vorgegebenes Problemthema zu halten, in dem ihr zum einen das Problem darstellt, die Lösungsmöglichkeiten aufzeigt und letztendlich zu einer Entscheidung kommt. Wie uns vom Offizier mitgeteilt wurde, liegt die durchschnittliche Vortragslänge eines jeden Bewerbers allerdings bei 3-5 Minuten, welche vollkommen ausreichend sind, solang ihr alle Gesichtspunkte verständlich darstellt. Mein Tipp: bleibt ganz locker, lasst bei den Planspielen alle ausreden, überlegt euch vorher was ihr sagen wollt und stellt euch bei dem Vortrag einfach vor, es sei ein schon hundertmal durchlebtes Referat in der Schule ohne größere Bedeutung.
Dann kam der sog. PMO, ein Test, in dem deine psychische Einstellung überprüft wird. Es handelt sich hierbei um 116 Aussagen, denen du in 7 Stufen unterteilt zustimmen kannst oder nicht. Wer hierbei ehrlich und spontan ist, wird später keine Probleme kriegen. Doch wer hier versucht, immer nur das zu nehmen, was der Bundeswehr am besten gefallen würde, wird am Ende ein sehr ungleiches Ergebnis herausbekommen, was im Interview negativ auffällt und zu starken Differenzen führen kann, aus denen man sich unter Umständen nicht mehr herausreden kann.
Um 11.30 Uhr beginnt das Mittagessen, hierbei hat man dann ein wenig mehr Zeit, über das Essen kann man sich alles andere als beschweren.
Nach der Mittagspause geht es zurück zum Gebäude 5. Bei mir stand dann der CAT-Test, ein computergestützter Intelligenztest, nichts besondern anspruchsvolles. Vorbereiten kann man sich hierauf mit ein paar Beispielaufgaben, welche ihr auf der Seite bundeswehr-karriere.de findet. Er ist aufgeteilt in Wortverhältnispaare, leichte Rechenaufgaben und Matritzen. Nichts großes, nach 30 Minuten sollte normalerweise jeder damit durch sein.
Am frühen Nachmittag kam dann das Interview. Die meisten, wie auch ich, hatten große Angst davor, meiner Meinung nach allerdings völlig unberechtigt. Ihr solltet das natürlich nicht auf die leichte Schulter nehmen, aber wenn ihr euch einigermaßen gut drauf vorbereitet und Fragen wie "Würden Sie auf Befehl (Rechmäßigkeit vorausgesetzt) auf Menschen schießen?" nicht mit nein beantwortet und ihr dem Offizier und dem Psychologen zeigt, dass ihr ideelle Beweggründe habt, zur Bundeswehr zu gehen, ist das gut zu meistern. Die Bundeswehr will schließlich um euch werben, somit ist es kein Verhör. Ihr solltet euch auf die typischen Fragen (Warum wollen sie zur Bundeswehr? Warum wollen Sie Offizier werden? Warum gerade Heer/ Luftwaffe/ Marine/ Sanitätsdienst? ...) gut vorbereiten, viel mehr kommt dann auch nicht, solang ihr beim PMO ehrlich gewesen seid. Der anwesende Offizier, welcher ebenfalls beim GSV anwesend war, stellt euch berufliche Fragen, wohingegen der Psychologe (auch beim GSV anwesend) mehr ins Biographische geht. Das Interview hat keine Zeitbegrenzung, bei mir dauerte es lediglich 15min, bei einem Kameraden ganze 45min. Nach dem Gespräch wird man noch einmal herausgebeten, damit die Prüfer Zeit haben, sichh zu besprechen. Es dauerte keine 10min, da wurde ich schon wieder hineingebeten. Nach kurzem Feedback erfuhr ich, dass ich meine Offizierseignung bestanden habe, die größte Hürde dieses Prüftages war also geschafft.
Am späteren Nachmittag bekam ich dann noch die Hauptuntersuchung vom Arzt, es werden normale Fähigkeiten überprüft, außerdem Blutdruck etc. pp. Dort bekommt man dann auch seinen Tauglichkeitsgrad zugeteilt, ich bekam T2, konnte also lediglich kein Fallschirmjäger werden, was mich bei meinem Berufswunsch des Marineoffiziers allerdings nicht behinderte.
Um 16 Uhr gab es bereits Abendessen, es bestand dann am "wirklichen" Abend ja allerdings wieder die Möglichkeit, zum "Griechen" zu gehen.
Abends wird ein Vortrag über die sog. Einplanung gehalten. Inhalt und Ziel dieses Vortrages ist es, eure Laufbahnen bei den einzelnen Teilstreitkräften noch einmal detailliert aufzuzeigen, außerdem werdet ihr über den Ablauf des nächsten Tages informiert.
Tag 3:
Der Tag beginnt etwas später, als der zweite Prüfungstag. Manche mussten noch den Mathetest nachholen, bei mir ging es um 7 Uhr allerdings direkt mit dem Sporttest los (seit diesem Jahr ist es der BFT). Der Sporttest in in drei Disziplinen gegliedert, den 11x10m Pendellauft, den Klimmhang und das Fahhrradergometerfahren. Anforderungen zu diesen Disziplinen findet ihr in Bundeswehrforen oder auf der Homepage der Bundeswehr unter dem Stichwort "BFT" oder "Basic Fitness Test". Alles in allem, war er gut machbar, wie ich später erfuhr, absolvierte ich in mit einer Note von 1,3, also fast Bestleistung und ich bin absolut kein Leistungssportler oder ähnliches.
Nach dem Sporttest ging es lediglich noch zum Einplaner, welcher einem mitteilt, ob man entweder eine Direktzusage bekommt, auf die Warteliste gesetzt wird oder eine Absage erhält. Mein Tipp: Überlegt euch unbedingt Alternativen und seid nicht so fixiert auf eine einzige Verwendung, Alternativen erhöhen eure Chancen enorm. Unter Umständen werdet ihr vom Einplaner zum Studienberater geschickt, falls eure Studienwünsche nicht mit eurer gewünschten Laufbahn oder euren Testergebnissen harmonieren. Bei mir war es der Fall, dass ich Wirtschafsinformatik studieren wollte, diese Studienrichtung bei der Marine aber so gut wie gar nicht gebraucht wird. Letztendlich habe ich dann mit meinem Einplaner von der Marine direkt abgemacht, dass ich Elektrotechnik studiere, mein Zweitwunsch, welcher bei der Marine mehr als gebraucht wird, außerdem hatte ich dafür gute Voraussetzungen.
Als Ergebnis bekam ich dann sogar eine Direktzusage und bin somit zum 01.07. fest eingestellt. Wer in diesem Bewerberstadium allerdings auf die Warteliste kommt, sollte sich noch nicht allzu große Sorgen machen, es ist noch sehr früh und bis zum Juni 2015 läuft die Prüfphase noch.
Schließich bin ich dann mittags mit ein paar Kameraden gemeinsam zum Hauptbahnhof zurückgefahren, wo sich unsere Wege getrennt haben. Alles in allem waren die drei Tage in Köln eine anstrengende, aber auch sehr erfahrungswerte und für mich erfolgreiche Zeit.