Ergebnisniederschrift Fachkonferenz Beiträge 28. Juni 2011 GKV-Spitzenverband
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Versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen der Einführung des freiwilligen Wehrdienstes sowie des Bundesfreiwilligendienstes in der Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Juli 2011
Sachverhalt:
Mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011) vom 26. April 2011 (BGBl. I S. 678) und der davon erfassten Änderung des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) wird ab 1. Juli 2011 die Aussetzung der Wehrpflicht unter Fortentwicklung des freiwilligen Wehrdienstes realisiert. Darüber hinaus wird das (Wehr-)Übungsrecht zukünftig einheitlich im Soldatengesetz (SG) geregelt. Der bisher auf Männer beschränkte freiwillige Wehrdienst steht in seiner neuen Form auch Frauen offen. Gesetzliche Grundlage für die Aussetzung der Wehrpflicht ist § 2 WPflG in seiner ab 1. Juli 2011 geltenden Fassung, wonach die §§ 3 bis 53 WPflG nur im Spannungs- oder Verteidigungsfall gelten. Damit kommen insbesondere die Vorschriften über die bisherigen Arten des Wehrdienstes (§§ 4 bis 6d WPflG) ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Anwendung. Dafür wird in das WPflG ein neuer Abschnitt 7 eingefügt, in dem der neue freiwillige Wehrdienst geregelt wird (§§ 54 bis 61 WPflG) und Übergangsvorschriften zum bisherigen Wehrdienst (§62 WPflG) enthalten sind. Der neue freiwillige Wehrdienst besteht nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WPflG aus „sechs Monaten freiwilligem Grundwehrdienst als Probezeit und bis zu 17 Monaten anschließendem freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst.“ § 56 WPflG bestimmt, dass Regelungen in anderen Gesetzen oder Rechtsverordnungen, die an die Ableistung des Grundwehrdienstes oder des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes im Anschluss an den Grundwehrdienst (§ 6b) anknüpfen, auf Personen, die den neuen freiwilligen Wehrdienst leisten, entsprechend anzuwenden sind. Die Übergangsregelung des § 62 WPflG führt dazu, dass bisherige Wehrdienstverhältnisse in Form des Grundwehrdienstes oder freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes zum 1. Juli 2011 in den neuen freiwilligen Wehrdienst überführt werden. Außerdem wird ab 1. Juli 2011 ein einheitliches Wehrübungsrecht im SG für alle Reservistinnen und Reservisten begründet.
Wehrübungen als sog. nachwirkende Dienstleistungen haben ihre Grundlage zukünftig einheitlich im SG (vgl. §§ 60, 61 SG).
Die Verpflichtung zu dem neuen freiwilligen Wehrdienst schließt eine Verpflichtung zur Teilnahme an Dienstleistungen im Sinne des § 60 SG, insbesondere an Wehrübungen, ein.
Zeitgleich mit der Aussetzung der Wehrpflicht wird durch das Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 687) auch der Zivildienstes als bisheriger Wehrersatzdienst ausgesetzt (§ 1a Zivildienstgesetz – ZDG). Als Kompensation wird ein Bundesfreiwilligendienst (BFD) für Männer und Frauen eingeführt, der dem Ziel einer Förderung des bürgerschaftlichen Engagements sowie der Stärkung der bestehenden zivilgesellschaftlichen Strukturen dient und als Ergänzung und Stärkung der bestehenden Freiwilligendienste nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) ausgestaltet wird. In der Regel dauert der BFD zwölf zusammenhängende Monate. Er dauert mindestens sechs und höchstens 18 Monate; ausnahmsweise kann er bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden. Soweit nicht ausdrücklich eine sozialversicherungsrechtliche Regelung vorhanden ist, sieht § 13 Abs. 2 BFDG vor, dass auf den BFD die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen entsprechende Anwendung finden, die für die Jugendfreiwilligendienste (JFD) gelten. In den Artikeln 7 bis 12 des Gesetzes zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes finden sich entsprechende ausdrückliche Regelungen für die einzelnen Bücher des SGB. Einberufungen zum Zivildienst sind nach der Übergangsvorschrift des § 83 ZDG nur noch bis zum 30. Juni 2011 möglich. In diesen Übergangsfällen endet der Zivildienst spätestens am 31. Dezember 2011, wenn die Person nicht bereits vorher auf Antrag aus dem Dienst entlassen wird. Personen, die noch nach dem 30. Juni 2011 Zivildienst leisten, gelten nach § 83 Abs. 5 ZDG sozialversicherungsrechtlich als Person, die aufgrund gesetzlicher Pflicht Zivildienst leistet.
Ergebnis:
Durch die Einführung des neuen freiwilligen Wehrdienstes sowie des BFD ergeben sich folgende versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen im Recht der Kranken- und Pflegeversicherung:
1. Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses und der Mitgliedschaft nach § 193 SGB V Bei versicherungspflichtig Beschäftigten, denen nach § 1 Abs. 2 Arbeitsplatzschutzgesetz Entgelt weiterzugewähren ist (Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst für die Zeit einer Wehrübung) gilt das Beschäftigungsverhältnis als durch den Wehrdienst nach § 4 Abs. 1 WPflG nicht unterbrochen (§ 193 Abs. 1 SGB V).
In diesen Fällen bleibt auch die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse erhalten.
Bereits nach der bisherigen Fassung des § 193 Abs. 4 SGB V gilt Absatz 1 und im Übrigen auch Absatz 2 für Personen, die Dienstleistungen oder Übungen nach dem 4. Abschnitt des SG leisten, entsprechend.
Damit kommt § 193 Abs. 1 SGB V sowohl für Übungen von bisher Wehrdienstleistenden als auch für Personen, die den neuen freiwilligen Wehrdienst geleistet haben, zur Anwendung.
Bei anderen Versicherungspflichtigen und bei freiwilligen Mitgliedern bleibt die Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse während eines Wehrdienstes nach § 4 Abs. 1 und § 6b Abs. 1 WPflG bestehen (§ 193 Abs. 2 SGB V).
Eine entsprechende Anwendung auf die Personen, die sich in dem neuen freiwilligen Wehrdienst befinden, ergibt sich bereits unmittelbar aus der Generalklausel des § 56 WPflG. Nach der Gesetzesbegründung zu § 56 WPflG ist der neue freiwillige Wehrdienst dem in § 6b WPflG geregelten freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst nachgebildet.
Nach § 193 Abs. 3 SGB V werden die Absätze 1 und 2 des § 193 SGB V (zutreffend nur für den Absatz 2) für den Zivildienst für entsprechend anwendbar erklärt.
Diese Regelung hat über den 30. Juni 2011 hinaus mithin alleine nur noch für die Fälle Bedeutung, in denen unter Beachtung von § 83 Abs. 5 ZDG der Zivildienst übergangsweise, längstens bis zum 31. Dezember 2011, geleistet wird. In diesen Fällen bleibt die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse ebenfalls erhalten.
Wenngleich das Mitgliedschaftsrecht in der Pflegeversicherung in § 49 Abs. 2 SGB XI die krankenversicherungsrechtliche Regelung des § 193 SGB V nicht erwähnt, ist in entsprechender Anwendung des § 49 Abs. 2 SGB XI in diesen Fällen ein Erhalt der Pflichtmitgliedschaft auch in der Pflegeversicherung bzw. bei der Pflegekasse anzunehmen.
Schließlich wird für die beitragspflichtigen Einnahmen in § 57 Abs. 1 SGB XI auf § 244 SGB V verwiesen, der die Beitragsbemessung für diese Fälle regelt.
2. Ermäßigter Beitrag nach § 244 SGB V Nach § 244 SGB V werden die Beiträge für Wehr- und Zivildienstleistende, je nach dem, ob die Person unter § 193 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V fällt,
auf 1/3 oder 1/10 des zuletzt zu entrichtenden Beitrags ermäßigt.
Auf der Grundlage von § 244 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V regelt die KV-/PVPauschalbeitragsvorordnung (in der aktuellen Fassung vom 30. Juni 2009) eine pauschale Beitragsberechnung für die von § 193 Abs. 2 SGB V erfassten Personen.
Die unter Punkt 1 beschriebenen Änderungen wirken sich im Anwendungsbereich des § 244 SGB V entsprechend aus.
Dies bedeutet, dass für die Personen, die den neuen freiwilligen Wehrdienst leisten, pauschale ermäßigte Beiträge zur Krankenversicherung an den Gesundheitsfonds bzw. an den Spitzenverband der landwirtschaftlichen Krankenversicherung zu zahlen sind; die Beiträge zur Pflegeversicherung sind an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten.
Da der Zivildienst Ende des Jahres 2011 ausläuft, hat das Bundesamt für den Zivildienst letztmalig für das Jahr 2011 Pauschalbeiträge zu zahlen.
Für die Personen im neuen freiwilligen Wehrdienst zahlt - wie für die bisher Wehrdienstleistenden - das Bundesamt für Wehrverwaltung die Pauschalbeiträge. In die jährliche Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes nach § 4 Abs. 2 KV-/PV-Pauschalbeitragsverordnung fließen zukünftig die freiwillig Wehrdienstleistenden ein. Für die Berechnung der Pauschalbeiträge selbst sind die zu berücksichtigenden Diensttage (der Mitglieder im Sinne des § 193 Abs. 2 SGB V) maßgebend.
Im Hinblick auf das nach § 3 Abs. 3 KV-/PV-Pauschalbeitragsverordnung im Einvernehmen mit dem GKV-Spitzenverband zu bestimmende Verfahren zur Feststellung der nicht zu berücksichtigenden Diensttage ist der GKV-Spitzenverband bereits an das Bundesamt für Wehrverwaltung – für die Zeit ab dem Jahr 2012 (ohne Berücksichtigung des Zivildienstes) - herangetreten.