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in letzte Zeit häufen sich in  Beitragen einige identifizierbaren Daten:

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Denkt bitte an OPSec - und veröffentlicht nur das was allgemein ist - wir werden dies in nächster Zeit besser im Auge behalten und gegebenenfalls auch löschen

Autor Thema: Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst  (Gelesen 10324 mal)

jolinar

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Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« am: 09. Januar 2016, 10:08:29 »

Liebe Bundeswehrcommunity,

nach langem, stillen Mitlesen kommt hier jetzt auch mein ausführlicher (San-) Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw Köln, da mir die anderen bei der Vorbereitung eine unglaubliche Hilfe waren.

Bewerbung verschickt: 30.10.15
Einladung erhalten: 14.11.15
Assessment-Center-Termin: 05.-07.01.16

Tag 1 - Anreise und Einführung
Da ich aus Berlin angereist bin, hatte ich eine etwa fünf- bis sechsstündige Anreise vor mir. Im Zug wuchs die Aufregung immer und immer mehr, ich hab mich selbst ganz schön verrückt gemacht vor den zwei folgenden Prüftagen. Ich konnte nicht ein Auge zudrücken, hab die Zeit aber genutzt, um mich vorzubereiten. Als hilfreich hätte es sich dabei gestaltet, alle wichtigen Fragen, die im Interview gestellt werden könnten, mit Antworten auf Papier zu bringen. Mein Fehler war, dass ich das alles nur auf meinem Handy hatte, aber ihr habt während des Verfahrens kaum ausreichende Pausen, um in eure Stube zu gehen und dort noch mal zu lernen. Den Zettel hingegen hat meine Stubenkollegin immer mitnehmen und sich zwischendurch in der großen Panik noch mal "reinziehen" können :P
Ich muss aber dazu sagen, dass wir beide Menschen sind, die sich viele (zu viele?) Gedanken darüber gemacht haben und auf alles vorbereitet sein wollten.
Mein ICE kam pünktlich um 13:10 Uhr am Kölner Hauptbahnhof an und ich hatte noch ausreichend Zeit, um den Weg zur Straßenbahn zu finden. Wie sich nach 15 min Herumfragen und orientierunglosem Hin- und Herlaufen herausstellte, war die Straßenbahn eher eine U-Bahn. Meine geplante Verbindung mit der Linie 5 zum Heumarkt hatte ich natürlich verpasst und auch die anschließende Straßenbahn Linie 7 Richtung Zündorf, sodass ich erst gegen 14:00 Uhr an der Station "Westhoven, Kölner Straße" ausgestiegen bin. Von da aus muss man in Fahrtrichtung weiterlaufen, eine Treppe hoch, an der Hauptstraße links und dann nur geradeaus. Es sind etwa 5 min Fußweg, den mein Mitbewerber glücklicherweise zu kennen schien. Das Ticket vom Kölner Hbf kostet übrigens 2,80 € (Kategorie 1b).

Am Tor wird man empfangen und muss den Perso vorlegen. Ihr solltet dem Wächter unbedingt gut zuhören, was den Weg zu eurer Unterkunft angeht. Ich war so aufgeregt und bin natürlich erst einmal orientierungslos auf dem großen Gelände herumgeirrt, bis mir ein netter Offizier angeboten hat, mir den Weg zu Gebäude 9 zu zeigen. Dort angekommen müsst ihr kurz unterschreiben und nehmt euren Zimmer- und Schrankschlüssel, die Bettwäsche sowie die Hausordnung entgegen. In meiner Stube war ich 14:10 Uhr die Dritte und Letzte im Bunde, obwohl man bis 14:30 Uhr Zeit gehabt hätte. Sollte sich euer Zug verspäten, unbedingt anrufen und Bescheid geben!
Gegen 14:50 Uhr haben wir uns dann vor Gebäude 9 versammelt und der Hausherr hat erzählt, wie es die nächsten Tage grob ablaufen wird. Wenn ihr euch nicht alles merkt, kein Problem, das wird in nächster Zeit noch mehrmals wiederholt bzw. steht an der Tür in eurer Stube und man bekommt immer Hilfe vom Personalberater vom Dienst und den Betreuungsoffizieren.
Letztere haben wir anschließend im Einführungsvortrag des Personalberaters und eines Prüfoffiziers kennenlernen können. Nach dem Vortrag wurde uns der Laufzettel mit unserem persönlichen Tagesablauf für die nächsten beiden Tage, der aber oft verändert wurde, ausgeteilt und wir mussten einen Fragebogen zu unserer Person ausfüllen, wofür man ca. 30 Minuten Zeit hatte. Bitte alle Fragen beantworten, haltet euch nicht zu lange an einzelnen Fragen auf, sonst könnten die Prüfer euch ein schlechtes Zeitmanagement unterstellen. Auf die Fragen kann man sich gut vorbereiten und ich würde - soweit möglich und nicht anders vorgegeben - Sätze schreiben. Macht euch darauf gefasst, dass bei allem, was ihr jetzt schreibt oder ankreuzt, im Interview nachgehakt wird.
Ihr solltet Antworten auf folgende Fragenparat haben:

- Welche Stärken und Schwächen habe ich?
- Was sollte ein Offizier für Charakterzüge aufweisen? Welche treffen auf mich zu, welche nicht?
- Wie viel Zeit verbringe ich mit Lesen bzw. Informationsbeschaffung? Was lese ich und warum interessiert es mich? Was habe ich als letztes in den Nachrichten gehört?
- Wie viel Zeit verbringe ich mit Lernen für die Schule, Hausaufgaben und zusätzlichen Arbeiten? (Nur für Bewerber, die nicht länger als 3 Jahre aus der Schule raus sind)
- Habe ich schon mal Verantwortung (in der Schule) übernommen? Habe ich ehrenamtlich gearbeitet? Bin ich Mitglied in einem Verein? Und immer mit Zeitangaben; diese sollten möglichst mit den Angaben in eurem Lebenslauf übereinstimmen, wenn ihr sie erneut aufführt.
- Welche Freizeitaktivitäten mache ich regelmäßig oder habe ich früher gemacht? (Gebt nicht zu viele Sachen an, die ihr aufgegeben habt, das kommt sprunghaft herüber)
- Arbeite ich lieber im Team, zu zweit oder alleine? (Mit Reihenfolge; unbedingt begründen können!)
- Sehe ich Probleme, die im Laufe der Ausbildung zum Offizier auf mich zukommen könnten? (Wenn nicht, dann bitte auch begründen können! Möglich wäre z.B. Verlust des sozialen Umfeldes etc.)
- Ankreuzteil zum Thema Auslandseinsatz, Waffengebrauch, Offenheit gegenüber fremden Kulturen, die man mit "ja", "eher ja", ... "eher nein" usw. ankreuzen kann:
Haben Sie sich Gedanken über das Risiko eines Einsatzes gemacht? Sind Sie bereit, in den Einsatz zu gehen? Bekommen Sie Rückhalt Ihrer Familie? Würden Sie auf Befehl Gebrauch Ihrer Waffe machen?

Mein Fehler war, bei dieser Frage "eher ja" anzukreuzen. Ich wollte einfach nicht überall stur "ja" ankreuzen, weil das auf mich unglaubwürdig scheint. Die Prüfoffiziere wollen das aber sehen. Bei einer anderen Bewerberin haben sie im Interview jedoch gefragt, wie sie da so leichtfertig "ja" hätte ankreuzen können. Ich konnte mich wiederum damit herausreden, dass ein SanOff ja Menschenleben retten und nicht nehmen möchte. Daraufhin kam die Frage, ob ich dort einen Konflikt sehen würde und ob ich den Befehl zum Schießen ausführen würde. Auch, wenn ein Kind mit einem Maschinengewehr auf uns zuläuft und das Feuer eröffnet. Ich habe dann ja gesagt und es damit begründet, dass ich mit der Erwiderung des Feuers meine Kameraden/die Zivilbevölkerung/mich vor potentiellen Gefahren schützen würde und es die Aufgabe des SanOffs wäre, die Gesundheit (vor allem) der Soldaten sicherzustellen, was man mit dieser Handlung indirekt tun würde.
Aber zurück zum Thema, anschließend mussten die männlichen Bewerber den Raum verlassen und uns wurde eine Erklärung ausgeteilt, dass wir im Falle einer bestehenden Schwangerschaft auf Wunsch auf eigenes Risiko das Testverfahren fortführen könnten.
Anschließend wurden uns allen Bögen ausgeteilt, die wir zum nächsten Tag auszufüllen hatten, wo es sich um unseren Studienwunsch drehte.
Danach mussten die Bewerber für die San-Laufbahn noch einen extra Fragebogen innerhalb von 10 min ausfüllen, in dem wir unsere Gründe angeben mussten, warum wir Humanmedizin studieren möchten, was einen Sanitätsoffizier ausmacht und ob das auf uns zutrifft bzw. an welchem genauen Beispiel man das erkennen kann! Ich habe unter anderem geschrieben, dass er verantwortungsbewusst und risikobereit sein und auch unter Druck wichtige Entscheidungen treffen können muss.
Danach sind wir alle gemeinsam zum "Griechen" gegangen. Es war keine Pflicht, aber 18 Uhr haben sich alle versammelt, um mit den Betreuungsoffizieren essen zu gehen und sie dort zu löchern. Das, was ihr dort sagt, darf nicht für das Prüfverfahren verwendet werden, also seid offen und nutzt die Chance.
Ihr könnt euch darauf gefasst machen, dass ihr ewig auf euer Essen warten müsst. Am längsten dauert die Pizza, die ihr euch nach eigenen Wünschen zusammenstellen könnt. Alles andere ist übrigens nicht-vegetarisch, wen es interessiert. In der Kantine gab es aber immer 1-2 fleischlose Angebote. Die Preise beim Griechen lagen zwischen 3 und 6 €, soweit ich mich erinnere, die Salate waren am teuersten.
Gegen 20 Uhr waren wir dann endlich alle mit Essen versorgt und haben uns langsam zur Unterkunft aufgemacht. Ihr solltet versuchen, früh schlafen zu gehen, denn ihr braucht eure Energie am nächsten Tag. Wir haben noch ewig über die bevorstehenden Prüfungen philosophiert und da ich extrem aufgeregt war, lag ich noch lange wach.


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jolinar

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #1 am: 09. Januar 2016, 10:09:34 »

Tag 2 - erster Prüfungstag
Schon vor 5 klingelte dann der Wecker und nur zur Info: es gibt Gemeinschaftsduschen.
Um 5:45 Uhr mussten wir pünktlich zum Frühstück erscheinen, denn der Zeitraum war sehr knapp. Auch so hatte man nur etwa 15 min Zeit (man kann sich aber etwas einpacken und mitnehmen), da wir in 25 min zum Aufsatz schon wieder in einem anderen Gebäude anwesend sein mussten.

6:10 Uhr - Schriftliche Arbeitsprobe

Zeit hat man 30 min und die Aufgabenstellung wird durchgängig an die Wand geschmissen. Man hat die Wahl zwischen zwei Wortpaaren, im meinem Fall Diskretion - Höflichkeit und Scham - Schuld, ich habe mich für letzteres entschieden und in meinem Einleitungssatz erwähnt, dass beides einsilbige Substantive mit negativer Konnotation sind. Nun soll man einen gut strukturierten Text verfassen, in dem man die beiden Worte definiert und Geimsamkeiten und Unterschiede herausarbeitet. In der Zusammenfassung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass meine negativ konnotierten Empfindungen "Schuld" und "Scham" trotzdem positive Charakterzüge darstellen, da sie eigenes Verhalten reflektieren und zeigen, dass man sich Fehler eingestehen kann, wodurch man schlussendlich die Chance zur Weiterentwicklung hat.
Schreibt unbedingt einen Abschluss, auch wenn ihr es nicht ganz geschafft habt, damit ihr nichts Unfertiges abgebt.

7:00 Uhr - CAT-Adapt
Der CAT-Test ist ein Intelligenztest, der um die 80 Minuten ging, wenn ich mich richtig erinnere. Es werden Wortanalogien, Matritzen und Grundrechenaufgaben abgefragt. Letztere waren wirklich einfach - Brüche, Prozentrechnungen, Dreisätze. Erstere und zweitere waren da wirklich anspruchsvoller. Wirklich vorbereiten kann man sich darauf nicht, dann wäre es aber auch kein richtiger Intelligenztest mehr.

Anschließend (vorgezogen): PMO
Hier dürft ihr 116 Fragen zu eurer Person beantworten, es werden Aussagen gemacht und ihr müsst ankreuzen, wie stark das auf euch persönlich zutrifft. Denkt wieder dran: Bei allem, was ihr ankreuzt, kann nachgefragt werden. Ich zum Beispiel habe bei Themen über Alkohol und andere Drogen immer die schwächste Auswahlmöglichkeit gewählt und wurde dann im Interview gefragt, ob ich denn noch nie Alkohol probiert oder an einem Joint gezogen hätte usw.
Vermeidet unbedingt Widersprüche in euren Antworten beim PMO und natürlich ebenso beim Gespräch - umso länger wird es auch dauern!

Anschließend (vorgezogen): Voruntersuchung Arzt
Ihr werdet gemessen, gewogen, müsst Urin abgeben (Drogentest), macht den Hörtest (drücken, wenn man den Ton hört) und den Sehtest. Letzterer testet die Sehschärfe, die Farbsicht, das Dämmerungssehen und wie gut ihr seht, wenn ihr geblendet werdet. Aber keine Sorge, bei mir war die "Testerin" sehr nett und hat mir auch geholfen, wenn etwas wirklich schwer zu erkennen war.

9:00 Uhr - Gruppensituationsverfahren

Abhängig von eurer Prüfkomission werdet ihr nun in Gruppen eingeteilt, ich hatte die 06 und wir wurden von einer Psychologin in den Prüfungsraum gebracht, wo schon der 2. Prüfer, ein Prüfoffizier, gewartet hat. Bei meinem Glück hatte ich einen sehr strengen, bei dem, wie ich im Nachhinein erfahren habe, am Tag zuvor die meisten ihre Offiziereignung nicht bekommen haben.
Sie haben uns zuerst das Verfahren erklärt und uns anschließend das erste Aufgabenblatt ausgegeben. Dort standen noch mal alle wichtigen Regeln (12 min Zeit, kein Auslosungsverfahren o.Ä. für die Problemlösung anwenden, es wird nicht vor Ablauf der Zeit abgebrochen). Es bietet sich an, bei Beginn auf die Uhr zu schauen, damit man weiß, wie viel Zeit noch übrig ist.
Anfangs hat man immer zwei Minuten Zeit, um sich alleine Gedanken zu machen, es darf nicht geredet und während der ganzen Prüfsituation keine Notiz gemacht werden.

1. Aufgabe: Krisenmanagement
Unsere Situation bestand daraus, dass wir 4 Betreuer einer Jugendgruppe von 20 Kindern im Alter von 9-11 Jahren waren. Wir sind bei 30 Grad Celsius mit dem Bus zum Wandern in die Berge gefahren, als uns plötzlich ein Erdrutsch erwischte und der Bus stecken blieb. Wir hatten drei Schaufeln zur Verfügung, mit denen wir den Bus hätten befreien können, was vermutlich sehr zeitaufwendig gewesen wäre. Andere Möglichkeiten bestanden darin, den 10 km langen Wanderweg bis zum Dorf zu laufen und Hilfe zu holen oder einen 2,5 km langen, sehr gefährlichen Weg dorthin zu nehmen. Dazu kam, dass drei Kinder anfingen zu weinen und es einem schlecht ging, es litt unter Kopfschmerzen und Übelkeit.
Wir hatten wirklich Probleme, die Zeit auszufüllen, da wir sehr schnell zu dem Schluss kamen, dass zwei von uns den ungefährlichen Weg gehen und Hilfe holen und die anderen Beiden auf die Kinder aufpassen.
Von einer anderen Gruppe habe ich jedoch gehört, sie hätten sich bei ihrem Thema gar nicht einigen können und kamen dadurch nicht zu einem Ergebnis.
Wichtig ist daher das Zeitmanagement, dass ihr euch genug einbringt, aber auch die Anderen ausreden lasst und ihre Vorschläge akzeptiert bzw. weiterführt.

2. Aufgabe: Ressourcenmanagement

Dafür sind nur 8 Minuten Zeit gegeben, die wir genau ausgefüllt hatten. Bei uns ging es darum, dass wir 4 Flugtickets für eine Reise nach London inkl. Hotel und Konzertbesuch unserer Lieblingsband gebucht hatten. An unserem gemeinsamen Arbeitsplatz wurde jedoch genau an diesem Wochenende jemand krank, für den Ersatz gefunden werden musste. Man sollte natürlich auf seinen Platz bestehen und argumentieren, aber auch nachgeben können (sofern man entschädigt wird); der "Verlierer" bekommt keine Abzüge in der Bewertung.
Ich habe mir ausgedacht, dass demnächst noch ein Konzert der Band in Dresden stattfindet und zufällig kam ein Gruppenmitglied von dort. Wir haben uns darauf geeinigt, dass er den Dienst übernimmt, wir ihm dafür aber das Geld für die Flüge usw. zurückzahlen und dann demnächst alle gemeinsam zu dem Konzert in Dresden gehen.

3. Aufgabe: Kurzvortrag

Ihr müsst ein Thema ziehen, habt 25 Minuten Zeit; euch Stichpunkte o.Ä. dazu zu machen und eure Lösungen in maximal 10 min vorstellen. Dabei muss man beweisen, dass man Konflikte/Probleme lösen und selbstständig zu einer Entscheidung kommen kann. Außerdem ist es wichtig, euer Vorgehen genau durchzuplanen. Mir wurde das angekreidet, obwohl ich mir recht sicher war, dass ich das erfüllt hätte.
Mein Thema drehte sich darum, eine Studienabschlussfahrt zu organisieren, bei der es verschiedene Interessenlager gab, die ich unter einen Hut bringen sollte. Ich habe fast komplett frei gesprochen, vor allem anfangs solltet ihr das tun, da euch die Prüfer beobachten und sehen wollen, wir ihr auftretet. Nach kurzer Zeit schauen sie allerdings nur noch auf ihre Blätter und es wäre sicher möglich gewesen (und steht euch auch frei), einen Fließtext abzulesen.
Wichtig ist, dass ihr euch gut in die Rolle hineinversetzt und auch so einleitet, in meinem Fall: "Sehr geehrte Kommilitonen..."
Im Durchschnitt sprechen die Bewerber 4-7 Minuten, bei uns waren es eher 3-5 min.
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jolinar

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #2 am: 09. Januar 2016, 10:10:42 »

10:45 Uhr - Interview (vorgezogen)
Mir wurde direkt nach dem Gruppensituationsverfahren mitgeteilt, dass ich in 15 min mit dem Interview dran wäre. Na toll, ich sollte das erst nach dem Mittag haben und hätte mich gerne noch etwas länger vorbereitet in der Mittagspause.
Mein Prüfoffizier holte mich schon nach 10 min ab und es ging los mit der Frage, warum ich denn zur Bundeswehr wollen würde, was einen Offizier ausmacht und ob ich schon mal verantwortungsvolle (Führungs-) Aufgaben hatte. Anfangs stellt nur er die Fragen und wenn sie durch sind, ist die Psychologin an der Reihe.
Außerdem wollte er wissen, ob ich schon mal einen Truppenbesuch gemacht oder ein Bundeswehrkrankenhaus besucht hätte. Meine einzige Bundeswehrveranstaltung war bisher jedoch bei der ILA 2014. Dort hätte man leicht punkten können!

Ziemlich schnell kamen wir bei ihm auf das Thema Auslandseinsatz, was ein Sanitätsoffizier dort, aber auch im Inland für Aufgaben hat und wo Sanitätsoffiziere im Einsatz sind. Ich wusste nur, welche Einsätze es im Allgemeinen gibt und habe ein paar aufgezählt, aber er meinte, es gäbe zum Beispiel in Afghanistan null Bundeswehrärzte im Einsatz. Vor allem am Mittelmeer werden sie stationiert (Flüchtlingssituation).

Dann kam die Frage, was genau den Offizier vom Felbwebel unterscheidet und ob die Laufbahn auch für mich in Frage kommen würde. Wenn ihr das mit Nein beantwortet, kommt ihr zumindest schon mal zielstrebig herüber und scheint, als würdet ihr wissen, was ihr wollt. Außerdem hat er gefragt, wie ich reagieren würde, wenn ich frisch aus dem Studium komme und beispielsweise eine Frau Hauptfeldwebel aus meiner Truppe auf mich zukommt und sagt, meine Entscheidungen würden ihr gehörig gegen den Strich gehen und ich sollte das bitte so machen, wie sie es die letzten 10 Jahre getan hat. Ich antwortete, dass ich mir ihren Rat einholen, aber letztenendes selbst die Verantwortung für die Entscheidung tragen würde und sie daher auch von mir gemacht werden muss. Daraufhin kam die Frage auf, ob ich denn schon mal Entscheidungen treffen bzw. für eine schlechte geradestehen musste. Dann kamen wir auf das Thema, wie beim Abikomitee entschieden wird: über Mehrheits-Abstimmungen. Ich wurde gefragt, ob eine demokratische Organisationsstruktur auch für die Bundeswehr in Frage kommen würde.

Er fragte mich dann nach meinem Plan B, wenn ich beim Bund nicht genommen werde und als ich antwortete, dass ich zivil studieren möchte, hat er gefragt, warum ich denn das Risiko bei der Bundeswehr auf mich nehmen würde, meine Noten wären ja gut genug für ein ziviles Studium. Ich habe dann davon gesprochen, dass ich sowieso zu Ärzte ohne Grenzen würde gehen wollen, wo genauso Gefahren auf mich zukommen könnten, weil ich mir die echten Zustände in Krisengebieten ansehen und dort helfen möchte, wo die Hilfe wirklich gebraucht wird und nicht nur in einem sicheren Land wie Deutschland. Daraufhin hat er gefragt, was der Unterschied eines Sanitätsoffiziers im Auslandseinsatz und eines Arztes von Ärzte ohne Grenzen wäre und wollte darauf hinaus, dass dies die Waffe ist. Danach kamen wir zu der oben beschriebenen Diskussion über die Antwort "eher ja", die ich auf die Frage nach dem Schusswaffengebrauch gegeben habe.
Andere wurden darauf angesprochen, wen sie im Notfall zuerst retten würden: Einen deutschen Soldaten, einen amerikanischen oder eine zivile, schwangere Frau. An erster Stelle sollte das der deutsche Soldat sein und danach teilten sich die Meinungen, vermutlich wäre es aber der amerikanische Soldat aufgrund der Bündnissituation.

Nächstes Thema war die Informationsbeschaffung: Welches Buch ich gerade lese und wie ich mich über die aktuelle Situation auf der Welt informiere. Bei letzterem antwortete ich, dass ich Zeitungsapps habe, unter anderem von "Die Zeit" und er fragte, warum gerade das und nicht irgendwelche anderen Nachrichtensendungen o.Ä. Andere wurden gefragt, was sie zuletzt gelesen haben und welche Meinung sie zu dem Thema haben.
Ihr könnt euch sicher sein, dass sie bei allem genau nachhaken werden, was ihr sagt. Als ich nebenbei erwähnt habe, dass ich auch gerne draußen in der Natur bin, wurde ich gefragt, wann ich denn das letzte Mal draußen geschlafen hätte, ...

Die Psychologin ist dann etwas näher auf den PMO und meine schulische Laufbahn eingegangen. Fragen über letztere waren beispielsweise, wie viel ich lerne, um auf meine Noten zu kommen und ob ich zwischendurch viele Pausen bzw. freie Zeit brauche. Wie lange ich mich auf größere Prüfungen vorbereite und ob ich denke, dass bei meinen Noten noch Luft nach oben ist und welchen Schnitt ich erreichen möchte. Da ich momentan zwischen 1,2 und 1,3 stehe habe ich gesagt, dass ich ihn so halten möchte.
Sie hat mich ziemlich viel über Arbeit im Team gefragt, weil ich angegeben habe, dass ich am wenigsten gerne so arbeite. Das konnte ich damit erklären, dass sich in der Schule häufig Gruppenmitglieder aus der Verantwortung ziehen und du letztendlich doch wieder fast alles machst. Natürlich habe ich auch die Vorteile von Gruppenarbeiten genannt, die aber immer abhängig von der Gruppenstärke sind.
Dann hat sie gefragt, was ich dagegen tue, wenn andere Mitglieder nicht richtig arbeiten und wie ich versuche, mich durchzusetzen. Ich habe aber gleichzeitig betont, dass ich mich in der Schule nicht als "Befehlshaber" ausgeben möchte und es dann nach Diskussion einfach dabei belasse.
Dass ich dadurch häufig die Arbeiten von anderen übernommen habe, hat sie mir als Hilfsbereitschaft angerechnet und gefragt, was meine Freunde noch so über mich sagen würden, außer dass man sich in der Hinsicht auf mich verlassen kann.
In dem Zusammenhang wurde ich noch gefragt, wie ich reagieren würde, wenn meine beste Freundin mir sagen würde, dass ich nicht zur Bundeswehr gehen soll und mit welchem Argument ich versuchen würde, sie umzustimmen; was am meisten dafür spricht, Soldat zu werden (in meinem Fall: Beitrag zu Frieden und Sicherheit in Deutschland und somit wäre mein Traumberuf auch für sie und ihre Familie positiv).

Danach ging es um meinen Kontakt zu fremden Kulturen, weil ich im PMO immer angekreuzt habe, dass ich demgegenüber sehr offen bin. Sie hat mich gefragt, ob ich viel reise (z.B. nach China) und ich habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass ich zwar nicht außerhalb von Europa war, aber in London Familie habe, die in einem sozialen Brennpunkt lebt, wo Menschen vieler verschiedener Ursprünge leben und ich dort nur durchaus positive Erfahrungen gemacht habe. Das fand sie scheinbar ganz gut, wobei man nie wirklich eine Rückmeldung bekommt.
Nach dem Gespräch, was bei mir über eine halbe Stunde gedauert hat (bei den meisten anderen ca. 15-25 min; teilweise soll der Psychologe nur 3 Fragen gestellt haben) wird man herausgebeten. Wenn man wieder hereinkommen darf, wird man erst noch auf die Folter gespannt; es wird die Frage gestellt, ob man sich bisher im Assessmentcenter fair behandelt gefühlt hat. Dann bekommt ihr im besten Fall eure Offiziereignung und habt den ersten Schritt genommen. Ihr könnt jetzt nach Feedback fragen, was ich euch empfehlen würde, denn das ist so gut wie die einzige Chance.

12:00 Uhr - Mittagspause
Es gibt auch immer fleischlose Varianten, Salate und Desserts. Das Essen ist wirklich ganz gut!

12:30 Uhr - Sanitätstest
Zum Mathetest kann ich leider nichts sagen, aber euch dafür vielleicht ein wenig die Angst vorm SanTest nehmen. Die beiden Teile bestehen jeweils aus 20 Fragen, für die ihr je 40 bzw. 45 Minuten Zeit habt. Zuerst einmal: Es ist wirklich nicht möglich, alle Fragen zu beantworten, jedenfalls hat es bei uns keiner geschafft. Ich hatte im ersten Teil 12/20 Fragen und beim zweiten 16/20 gelöst und war trotzdem mit dem Ergebnis im oberen Drittel. Ich denke, hier kommt es eher darauf an, die Fragen richtig zu haben, die man gelöst hat. Ich habe bei den nicht-geschafften Fragen auch nicht random Antworten ausgewählt, dafür eher noch mal meine Lösungen nachgerechnet, bevor ich sie abgeschickt habe.
Der erste Teil besteht aus Formeln umstellen, Einheitenbetrachtungen und Werte berechnen. Ganz einfach ist das nicht und eine Vorbereitung auch kaum möglich. Es wird ein gewisses Grundverständnis für die Lösung naturwissenschaftlicher Aufgaben erwartet.
Im zweiten Teil wird dann das Verständnis naturwissenschaftlicher Texte abgefragt. Dort gilt: genaues Lesen der Texte, Aufgabenstellungen und Statements! Viel Konzentration wird gefragt; dass ihr lange Texte auch unter Zeitdruck verstehen und das Erforderte erfassen könnt.

14:30 Uhr - Ärztliche Hauptuntersuchung

Die ist wirklich viel weniger schlimm als gedacht! Ich hatte mir ziemlich große Sorgen gemacht, ob die irgendetwas finden würden, was mich raushaut. Außerdem leide ich unter gut kontrolliertem Asthma mit Dauermedikation. Nachdem die üblichen Fragen über Kinderkrankheiten, Erkrankungen innerhalb der Familie, Knochenbrüche, Sehnenrisse usw. geklärt waren, hat sie mir klargemacht, dass ich am zweiten Prüfungstag nach dem Sporttest noch weitere 12 min Ergometer fahren müsste, um zu sehen, ob ich den Belastungen standhalte. Diesen Test mussten auch alle Marine-Bewerber machen.
Die richtige Untersuchung musste bei mir besonders schnell gehen, da ich in 5 min beim Sanvortrag sein musste. Also fix bis auf die Unterwäsche ausziehen, die Beweglichkeit wird getestet (den Boden berühren können) und dann muss man sich auf die Liege legen. Sie dreht euch ein bisschen hin- und her und klopft auf Ellbogen, Knien, Rücken etc. herum und fragt, ob ihr dabei Schmerzen habt. Dann schaut sie kurz auf euer Gebiss und in den Rachen, misst Puls und Blutdruck. Ihr müsst aufstehen, 20 Kniebeuge machen (keine Sorge, sie guckt nicht mal zu) und misst dann gleich wieder den Blutdruck. Das ist (für die Frauen) dann wirklich schon alles! Sie schaut sich nicht mal die Füße oder irgendetwas genauer an; es hat vielleicht drei Minuten gedauert.

15:15 Uhr - Vortrag Sanitätsdienst
Mit Rennen kam ich dann auch noch pünktlich in Raum 209a zum SanVortrag an. Die Bundeswehrärztin hat uns dann zuerst erklärt, was morgen im SanGespräch auf uns zukommen wird und anschließend mit dem Vortrag begonnen, der sich um das Studium und die anschließende Verwendung dreht. Obwohl ich mich schon viel informiert hatte, habe ich dabei viel Neues gehört, also hört gut zu! Der Vortrag war wirklich interessant, ging aber locker 45-60 min, sodass wir auch leicht zu spät zum Abendessen kamen.

16:00 Uhr - Abendessen

Es gab je ein warmes fleischhaltiges und vegetarisches Gericht sowie eine Auswahl an kalten Speisen. Zum Nachtisch haben wir alle ein Eis bekommen und es war eine super entspannte Stimmung unter den Bewerbern, da der erste Tag gelaufen war.

16:45 Uhr - Einplanungsvortrag

Der erste Prüftag endete mit einem knapp einstündigen Vortrag über die verschiedenen Laufbahnen. Es wurden viele Zahlen genannt (siehe unten) und erklärt, wie die Einstellung abläuft.
Danach durften wir in die Stuben zurückkehren und unsere freie Zeit nutzen, um die gute Nachricht der Offiziereignung an Familie und Freunde weiterzugeben! Außerdem haben meine Stubenkameradin, die auch in den Sanitätsdienst wollte, und ich noch für das Gespräch mit der Bundeswehrärztin gelernt.
Zum Schlafen kamen wir wieder erst gegen 23 Uhr.
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jolinar

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« Antwort #3 am: 09. Januar 2016, 10:11:34 »

Tag 3 - zweiter Prüftag
Der begann wieder genauso früh wie der Tag zuvor, da wir noch die Betten abziehen, das Bettzeug zusammenlegen und abgeben mussten, obwohl wir erst ganze 15 min später zum Frühstück erscheinen mussten, also 6:00 Uhr. Nehmt euch ruhig wieder etwas zu Essen mit!

6:30 Uhr - MKT
Der Mechanikkenntnistest fragt ein gewisses physikalisches Grundverständnis ab. Die Beispielaufgaben dafür im Internet würde ich auf jeden Fall üben, das hat geholfen, um sich die Aufgaben besser vorstellen zu können! Es gibt immer Abbildungen wie zum Beispiel verschieden große Zahnräder und die dazugehörigen Fragen, in welche Richtung sie sich drehen und in welcher Geschwindigkeit. Dafür habt ihr 13 Minuten Zeit.

7:15 Uhr - Sporttest

Wir mussten 7:00 Uhr zum Aufwärmen in der Halle sein, also blieb kaum Zeit zum Umziehen nach dem MKT; der Weg zur Turnhalle ist auch nicht zu vernachlässigen (ca. 5 min).
Um 7:15 Uhr haben wir dann aufgebaut und die Einweisung erhalten. Anschließend wurden wir in Gruppen aufgeteilt; eine war immer dran und die anderen drei in den Kabinen. Gestartet wird mit dem 11x10 m Pendellauf in maximal 60 Sekunden. Danach kommt der Klimmhang in maximal 5 Sekunden und anschließend der Ergometertest, bei dem 3 km in maximal 6:30 min geradelt werden müssen. Fährt man konstant 80 Umdrehungen bei 130 Watt (entspricht ca. 30 km/h), so schafft man es genau in der angegebenen Zeit. Es empfiehlt sich, die Wattzahl anfangs recht hochzudrehen und in der ersten Minute möglichst viele Meter gutzumachen und danach wieder etwas herunterzuschrauben. Ich persönlich kam mit einer etwas geringeren Wattzahl und mehr Umdrehungen besser klar, aber auch da muss man vorsichtig sein, weil das Gerät irgendwann in den Leerlauf schaltet. Mir ist das für einen Moment passiert, aber ich habe das Zeitlimit trotzdem locker geschafft.
Vor dem Test braucht ihr wirklich keine Angst zu haben, den haben bei uns alle geschafft, auch die, die etwas mehr Gewicht mit sich herumtrugen. Ich persönlich konnte mich durch fehlende Ausstattung auch nicht selber testen, geschweige denn vorbereiten und habe auch alle Disziplinen geschafft, obwohl ich wirklich keine Sportskanone bin!

Der Test nahm durch das lange Warten auch einige Zeit in Anspruch und für mich hieß es dann nach der Räumung der Stube bis 9:30 Uhr noch mal 12 min radeln, wo alle 2 min der Widerstand um 25 Watt erhöht wurde. Angeblich haben sie aber berücksichtigt, dass ich gerade meinen Oberschenkelmuskeln schon einiges abverlangen musste. Die Werte meiner Lungenfunktion und auch des EKGs waren unbedenklich und auch ich wurde endlich als körperlich tauglich eingestuft und für den SanDienst hat mir T2 natürlich gereicht. Da ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen, ich muss zugeben, es war meine größte Angst, dass es an meiner Gesundheit scheitert und die Ärztin hat mir am Tag zuvor nicht gerade viel Hoffnung gegeben.

10:45 Uhr - Anmeldung zum Studiengespräch Sanitätsdienst
Hier muss man einige Seiten ausfüllen, unter anderem trifft man die Entscheidung, ob man ein 6-monatiges Widerrufsrecht in Anspruch nehmen möchte. Dieses müssen die San-Bewerber jedoch noch recht früh zurückziehen, wenn sie im nächstmöglichen Semester mit dem Studium beginnen möchten. Wartet man bis zum Schluss, so fängt man erst im Semester darauf mit dem Studieren an.
Alle Minderjährigen müssen einen Teil der Zettel noch von den Eltern unterschreiben lassen.
Nach der Abgabe des Bogens wurde mir ca. 45 min später mitgeteilt, dass ich bis zum Mittag nicht mehr mein Gespräch haben würde.

11:45 Uhr - Mittagessen
Ich habe vor Aufregung wirklich kaum etwas runterbekommen, obwohl die vegetarischen Klopse sehr lecker waren. Meine nette Stubenkameradin war schon lange eingeplant und auch viele andere haben sich danach verabschiedet, aber vor mir lagen noch zwei Stationen, die alles entscheiden würden.

12:30 Uhr - Studienberatung Sandienst
Dahinter versteckt sich das Gespräch mit einer der beiden zuständigen Bundeswehrärztinnen, die im ersten Teil eure Motivation fürs Medizinstudium und im zweiten Teil eure Studierfähigkeit überprüft.
Begonnen hat sie mit der Frage, warum ich mich für Humanmedizin entschieden habe und was mich daran so fasziniert. Sie wollte außerdem wissen, wie mein Plan B aussehen würde. Ich erzählte, dass ich gerne ein FSJ in einer Rettungsstelle machen und dann zivil Medizin studieren würde. Das brachte sie auf die Frage, warum ich denn unbedingt Arzt werden möchte und nicht Rettungssanitäter, Krankenschwester o.Ä. Ich hatte nämlich erwähnt, dass ich den Körper besser verstehen möchte, um auch im Notfall richtig zu handeln und somit Menschen helfen zu können und das würden laut ihrer Aussage natürlich nicht nur die Ärzte können. Meine Antwort ging in die Richtung, dass das Wissen nach dem Medizinstudium noch breiter wäre und ich mich als Arzt und Entscheidungsträger auf ein Fachgebiet spezialisieren könnte.
Sehr positiv angerechnet wird euch übrigens ein Praktikum im Bereich der Medizin, was ich leider nicht vorweisen konnte.

Weiter ging es damit, ob ihr euch mit aktuellen medizinischen Themen (z.B. Ebola) oder Krankheiten in der Verwandtschaft/im Freundeskreis befasst. Das hat das Gesprächsthema auf meine Seminararbeit gelenkt, die ich zum Thema der Lebensqualität bei Multipler Sklerose verfasst habe und dazu meine Verwandte, die betroffen ist, interviewte.
Die Ärztin hat nachgefragt, was bei MS passiert, welche Symptome sie hat und wie man das therapieren kann. Habe ich von T- und B-Zellen gesprochen, so hat sie nach ihrer Aufgabe gefragt und wozu sie gehören (Leukozyten). Es kam die Frage nach weiteren Blutzellen (Erythrozyten, Blutplättchen; sie wollte den Fachbegriff, also Thrombozyten) und Blutbestandteilen; was im Blutplasma, dem flüssigen Teil, noch vorhanden ist.
Es gilt also wieder: Alles, was ihr ansprecht, wird wieder zu einer neuen Frage umgedreht.

Es folgte der Biologie-Teil, bei dem ihr über ein Thema eurer Wahl sprechen könnt (außer Ökologie; hat sie extra betont). Ich wählte die DNA, musste daraufhin den Aufbau erläutern und die Proteinbiosynthese, welche Enzyme dabei mitspielen und was das eigentlich für Stoffe sind; was ihre Aufgabe ist und welche Hemmungsarten es gibt (ich kannte leider nur noch die allosterische Hemmung).
Die meisten anderen Bewerber wählten übrigens den Blutkreislauf/die Funktionsweise des Herzens oder den Bereich Neurologie, wo eine Nervenzelle gezeichnet und das Aktionspotential erläutert werden musste. Manche sagten, sie wurden über Krankheiten wie Diabetes, Hepatitis und Tetanus abgefragt; bei mir wollte sie noch wissen, welche Schmerzmittel ich kenne und welche andere Eigenschaft Aspirin noch hat (blutverdünnend)

Beim Chemieteil hat sie viele unterschiedliche Dinge abgefragt, ging aber nie in die Tiefe. Es waren einfache Fragen zum pH-Wert und wovon er abhängt, was bei Säure-Base-Reaktionen passiert (Protonenabgabe/-aufnahme), wie Alkane/Alkene/Alkine aufgebaut sind und was sich jeweils verändert (Wasserlöslichkeit etc.). Andere wurden zu Redoxreaktionen, dem Atomaufbau und Periodensystem abgefragt.
Das Gespräch dauerte übrigens immer um die 30-40 Minuten.

Anschließend wird man wieder herausgebeten und bekommt eine Rückmeldung zu den Testergebnissen des CATs, MKTs und SanTests sowie zu den ungefähren Positionen auf der Rangliste, die man mit seinem (momentanen) Abischnitt und der Kurswahl hat.
Dann erhält man eines der drei Ergebnisse:
- Studieneignung ohne Bedenken
- Studieneignung mit Bedenken
- keine Studieneignung

Wobei die letzteren Fälle beide bedeutet hätten, dass man nicht zum Medizinstudium zugelassen werden würde. In meinem Fall war das glücklicherweise nicht so und die Ärztin hat noch dazu geraten, dass ich in der Schule weiter die Grundlagen für das Studium lege (Biologie, Chemie, Physik, Englisch) und wenn möglich ein Praktikum im Krankenhaus mache, am besten eines in der Pflegeabteilung, das später angerechnet werden kann.

Total glücklich ging ich zurück ins Wartezimmer, das auf einen weiteren Bewerber und einen Prüfoffizier zusammengeschrumpft war. Bis zum Einplaner musste ich noch einmal etwa 20-30 Minuten warten.

14:00 Uhr - Einplaner

Mit klopfendem Herzen folgte ich dem Einplanungsoffizier zu meiner letzten Etappe: der Einplanung.
Er überreichte mir die Uhr und die Urkunde für die Offiziereignung und fragte mich, was ich denn für ein Gefühl hätte. Das konnte ich nicht wirklich beantworten, mein Kopf war ziemlich leer. Er sagte mir, dass ich insgesamt im oberen Drittel liegen würde und sie mir damit eine Direktzusage würden erteilen können. Die Freude war groß und er fragte, welche Uniform ich denn gerne tragen würde und den Grund dafür (keine Sorge, keine Tests mehr). Ich entschied mich für die Luftwaffe, er druckte den Bescheid aus, den man unterschreiben muss. Auf dem Blatt steht außerdem die Belehrung, dass man Englischdefizite möglichst schnell beseitigen sollte. Dann wünscht er noch eine gute Heimfahrt und ihr könnt eure Sachen aus dem Spint im Keller des Assessmentcenters holen, sofern ihr sie nicht im Auto unterbringen konntet.

Die drei Tage in Köln gingen unglaublich schnell vorbei und waren geprägt von viel Aufregung, tollen Momenten und Erfahrungen, aber auch mit dem Gedanken, es könnte jederzeit vorbei sein. Ich freue mich über die Zusage, aber fühle mit allen mit, die es leider nicht geschafft haben oder sich noch auf der Warteliste gedulden müssen.
An alle Bewerber noch viel Erfolg, ich hoffe, dass ich euch helfen konnte!
Für Fragen bin ich immer offen!


Allgemeine Zahlen:
Anzahl der Offizier-Bewerbungen jedes Jahr: 12000-13000; davon SanOff: 3500 (soweit ich mich erinnere)
Anzahl der Einladungen zum ACFüKrBw: 6000
Anzahl der Offiziereignungen: 4000
Anzahl der Neueinstellungen: 1945; davon SanOffs: 275 (Human-, Veterinär-, Zahnmedizin und Pharmazie/Lebensmittelchemie)
Auch interessant zu wissen war, dass jedes Jahr nur einer einen Platz fürs Veterinärmedizinstudium bekommt. Es gibt 100 Veterinäre der Bundeswehr, von denen nur drei wirklich mit Tieren arbeiten und diese machen Experimente am Tier.

Zahlen bei unserem Verfahren:
Anzahl der Bewerber: 36 (8 davon Mädels)
Anzahl der Bewerber mit Offiziereignung: 27
Anzahl der San-Bewerber: 7 (6 davon Mädels); davon Sofortzusage: 2; Warteliste: 1
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Schnolle

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #4 am: 09. Januar 2016, 10:40:55 »

Wow, ein sehr ausführlicher Bericht und sicher hilfreich. Aber: man kann sich schon auf Intelligenztests vorbereiten. Denn Intelligenz ist das was der Intelligenztest misst und der Test zeigt an welche Fähigkeiten man hat solche Art von Tests zu lösen. So haben wir das im PsychoUnterricht definiert. Hesse und Schrader bietet zum Beispiel eine Menge Material zum üben aber auch im Netz gibt's ne Menge Material.
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Ralf

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #5 am: 09. Januar 2016, 11:04:17 »

Toller Bericht und Glückwunsch. Willkommen als LUT.
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jolinar

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #6 am: 09. Januar 2016, 11:25:07 »

Vielen Dank!
Ja es stimmt schon, dass man sich auf den CAT-Test vorbereiten kann, aber er dürfte auch ohne machbar sein :) Ich habe zwar auch die Beispielaufgaben im Netz gelöst, aber die sind meiner Meinung nach nicht mit dem Niveau des richtigen Tests vergleichbar.
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Ryuuma

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #7 am: 09. Januar 2016, 11:49:10 »

Netter Bericht, glückwunsch =)
Bei meiner Eignungsfeststellung gab es nur 3 SanBewerber, dachte das wäre normal.
Und es gab ebenso nur 3 Pilotenbewerber, meine Bewerberwelle war wohl wirklich abnormal :D
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jolinar

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #8 am: 09. Januar 2016, 11:53:11 »

Dankeschön!
Bei uns gab es auch nur drei, die Pilot werden wollten. Aber der SanOff scheint wirklich beliebt zu sein  ;D
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mechonit

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #9 am: 09. Januar 2016, 15:04:36 »

Herzlichen Glückwunsch Jolinar! Ich hatte meine Eignungsfeststellung im Oktober, ebenfalls für den SanDienst und habe deinen Ausführungen nichts hinzuzufügen. Dann sehen wir uns ja ab dem 04.07  ;)
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jolinar

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Antw:Erfahrungsbericht aus dem ACFüKrBw - SanDienst
« Antwort #10 am: 09. Januar 2016, 15:42:39 »

Vielen lieben Dank, mechonit, dir auch noch einen herzlichen Glückwunsch und bis in einem halben Jahr :)
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