Hallo liebes Bundeswehrforum,
dies wird wahrscheinlich ein etwas längerer Text, trotz dieser Tatsache wäre ich sehr Dankbar, wenn sich ein in diesen Themen Bewanderter die Zeit nehmen könnte ihn vollständig zu lesen und mir die ein oder andere Frage zu beantworten. Vielen Dank im Voraus.
In genau 8 Tagen habe ich einen Termin in einem Karriereberatungsbüro der Bundeswehr in Berlin. Mein Wunsch ist es Fallschirmjäger, Gebirgsjäger oder Jäger zu werden. ‘Wunsch’ ist höchstwahrscheinlich untertrieben, bereits als Kind hatte ich den Traum Soldat zu werden. Allerdings bin ich mir mehr als unsicher, ob ich überhaupt eine Chance habe in eine Kampfeinheit der Bundeswehr aufgenommen zu werden:
Ich bin 27 Jahre alt und stamme aus einem komplett antiautoritärem Elternhaus, nicht ‘lange Leine’, eher ‘keine Leine’. In meiner Pubertät hatte ich sehr viele Probleme, musste mehrmals die Schule wechseln, eine Klasse wiederholen (die ich dann wieder übersprungen habe) und habe mein Abitur eher schlecht als recht bestanden. Ich gehörte dem letzten Jahrgang an, der sich noch einer obligatorischen Musterung unterziehen musste. Damals, mit 17, hatte ich bereits ein starkes Verlangen mein Interesse für alles Militärische zu meinem Beruf zu machen, wurde jedoch von meinem Umfeld (Eltern, Familie, ‘linker’ Freundeskreis) mit diversen Mitteln davon überzeugt, dass das ‘nicht das Richtige’ sei. Selbstverständlich übertrug sich die Verachtung meines Umfelds gegenüber dem Beruf des Soldaten irgendwann auf mich. Ich wurde aufgrund meiner Brille T2 gemustert. Bei dem anschließenden Ärztegespräch habe ich wahrheitsgemäß auf alle Fragen geantwortet: Ich war damals in psychologischer Behandlung, habe in unregelmäßigen Abständen gekifft und war definitiv kein Musterschüler. Das Resultat am Ende lautete: T5 !
Was die Ärztin nicht erwähnte war, dass das alles in eine Akte eingetragen wird, die mir später vielleicht Steine in den Weg legen könnte (siehe Frage 1).
Nach meiner Schulzeit bin ich ein Jahr lang durch Südamerika und 2 Jahre lang durch Australien gereist und habe nebenbei gearbeitet, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Zurück in Deutschland studierte ich Geschichte and der Humboldt Universität zu Berlin.
Meinen Interessen entsprechend habe ich versucht den Fokus meines Studiums auf Militärhistorik zu legen, musste jedoch rasch feststellen, dass auch meine Professoren, Dozenten und Kommilitonen diesem Interesse sehr viel Abneigung entgegenbrachten. Aufgrund eines Krankheitsfalls in der Familie unterbrach ich mein Studium für längere Zeit und fand danach keinen Anschluss mehr, unter Anderem musste ich mir die Frage stellen, ob die Tätigkeiten, die ich mit einem Bachelor of Arts ausüben kann wirklich meinem Naturell entsprechen.
Die Antwort lautet: NEIN !
Ich bin gerne Draußen, ich liebe physische Herausforderungen und stelle mich gerne auf neue Situationen ein. Mich reizt ein gewisses Risiko und vor allem: Ich würde gerne etwas tun, statt eeewig über Probleme zu reden will ich Lösungen formen.
Daher habe ich mein Studium vor einem halben Jahr abgebrochen und bin nun dabei mich ‘umzuorientieren’, wie es so schön heißt …
Gegen den Willen aller Freunde und vieler Verwandter möchte ich nun die Gelegenheit wahrnehmen und mir meinen Kindheitstraum erfüllen.
Mir ist allerdings klar, dass mein Lebenslauf so aussieht, als hätte ich nicht den nötigen Biss. Ich persönlich sehe das ganz anders, ich habe sehr viele extreme Situationen Erleben dürfen, vor allem während meiner 3 jährigen Reise (ich war meistens zu Fuß, ohne Geld und Abseits der Tourismusrouten unterwegs), aus diesen habe ich mich immer aus eigener Kraft und ohne Hilfe herausgekämpft. Ich kann ohne Selbstüberschätzung sagen, dass ich ein unvoreingenommener, verantwortungsbewusster, erwachsener Mann bin, der sich selbst erzogen hat, weil er es musste. Ich würde mich mit all meiner Kraft bemühen ein guter Soldat zu werden, weil mir bewusst ist, wie groß die Verantwortung über Menschenleben ist.
Meine Zweifel rühren hauptsächlich daher, dass mir klar ist, das die Bundeswehr eine bürokratische Institution ist, die sich nicht mit jedem Schicksal einzeln befassen kann und ich auf dem Papier definitiv kein geeigneter Kandidat bin.
Meine Fragen:
Frage 1: Welche Rolle spielt meine Musterungsakte, bzw. Ausmusterung aus dem Jahr 2008 ? (G-Akte ?)
Frage 2: Ich wurde 2015 zu einer Geldstrafe unter 90 Tagessätzen verurteilt für einen Diebstahl, den ich nicht absichtlich begangen habe, ist das ein Ausschlusskriterium ?
Frage 3: Wenn ich für die Offiziers und/oder Feldwebellaufbahn abgelehnt werde, besteht die Möglichkeit mich in den Mannschaftsgraden zu profilieren und es zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu versuchen ?
Frage 4: Kann man sich beim MAD bewerben ?
Frage 5: Wie überzeuge ich den Karriereberater von meinem Willen und meiner Befähigung trotz meines chaotischen Lebenslaufes ?
Ich Danke euch ganz herzlich für eure Zeit und bin auf die Antworten sehr gespannt.
Liebe Grüße, M.