Quelle: DBwV 10/2018
Problem:
"Hauptfeldwebel d.R. Stefan D.:
Ich war als früherer Soldat auf Zeit in diesem Jahr für zwei Monate
zu einem Reservistendienst bei meiner alten Einheit.
Auch wenn meine aktive Zeit schon etwas zurückliegt, ich bin Anfang 50,
war es schon toll, die Kameradschaft in der Einheit zu erleben und
zu erfahren, dass man gebraucht wird. Leider bin ich seit einiger Zeit
auf die Grundsicherung angewiesen, weshalb natürlich auch die Mindestleitung
nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG) sehr willkommen war.
Nun stellt sich jedoch heraus, dass die Arbeitsagentur die erhaltenen Leistungen
von der Bundeswehr auf meinen Grundbedarf für ein halbes Jahr anrechnet.
Das führt zum Ergebnis, dass ich in den nächsten sechs Monaten nicht einmal die Miete überwiesen bekomme.
Ist das rechtens, zumal ich meine Wehrübung dem Jobcenter mitgeteilt habe ?"
Sachlage:
"Leider ja.
Vielen Betroffenen ist die Systematik der Anrechnung von „sonstigem Einkommen“ auf die
Grundsicherung gemäß Sozialgesetzbuch II – auch bekannt als Hartz IV – nicht bekannt.
Maßgeblich hierfür ist die Regelung in den §§ 11, 11a und 11b Sozialgesetzbuch (SGB) II.
Übrigens sind nicht alle Leistungen gemäß USG und Wehrsoldgesetz auf die Grundsicherung
anzurechnen: Der ebenfalls erhaltene Verpflichtungszuschlag gemäß § 10 USG stellt die
Nachfolgeregelung zum in der Arbeitslosengeld-II-Verordnung § 1 Absatz 1 Nummer 5 als
Ausnahme normierten Leistungszuschlag dar.
Von einer Anrechnung dieses Betrags ist vor diesem Hintergrund abzusehen.
Zum Verfahren:
Die Anrechenbarkeit von Leistungen nach dem USG und dem Wehrsoldgesetz wird
folgendermaßen normiert: „Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung
in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig
aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.“
(§ 11 Absatz 3 Satz 3 SGB II).
Als einmalige Einnahme gelten hierbei die Leistungen nach dem USG. Die Gesamtzahlung
wird also durch sechs dividiert und auf die folgenden sechs Monate einzeln angerechnet
mit dem Ergebnis, dass Ihr Bedarf aus der Grundsicherung gemindert wird oder sogar
entfällt. Den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs folgend, ist die Anwendung rechtmäßig erfolgt.
Im Zusammenhang bewertet erscheint diese – gesetzlich normierte Praxis – jedoch als skandalös.
Die Unterhaltssicherung für Reservistendienst Leistende dient der Sicherung des Lebensunterhalts
während des Reservistendiensts.
Hingegen verlangt die im SGB II vorgeschriebene Anrechnungsregel vom Betroffenen im
Grunde die Rücklagenbildung aus den laufenden USG-Zahlungen für ein halbes Jahr.
Das kann nicht im Sinne des USG sein – und schon gar nicht im Sinne der Soldaten.
Für zukünftige Reservistendienste ist zu empfehlen, nicht nur korrekterweise den Reservistendienst
an das Jobcenter zu melden, sondern sich aus dem Leistungsbezug komplett abzumelden und
erst nach dem Ende der Dienstleistung wieder einen Leistungsantrag zu stellen.
Dann gelten die günstigeren Anrechnungsvorschriften für „Vermögen“ anstelle von „Einkommen“ gemäß SGB II."