Nachdem mir die Erfahrungsberichte hier ungemein geholfen haben, möchte ich nun auch meinen eigenen Erfahrungsbericht verfassen, um zukünfitgen Kameraden / Kameradinnen evtl. zu helfen.
Kurz zu mir: Ich bin 21, habe das bayrische Fachabitur, eine abgeschlossene Berufsausbildung und mache aktuell noch das Abitur auf einer BOS. Der Wunsch Offizier zu werden hat sich bei mir bereits mit 18 herauskristallisiert, mit Realschulabschluss + Ausbildung sahen die Karten allerdings schlecht aus, weswegen ich den Weg über die BOS gewählt habe.
Mein Ziel: Panzertruppe, mit Staats und Sozialwissenschaften / VWL / WiWi
Die AnreiseIch wollte ganz entspannt die Stube beziehen, also habe ich meine Verbindung so gewählt, dass ich um 1200 an der Kaserne bin. Von Köln / Deutz aus habe ich mir ein Taxi genommen, die Verbindung mit S-Bahn / Straßenbahn war mir deutlich zu stressig. Das Taxi kostete mich inklusive Trinkgeld 25€, war's meiner Meinung nach aber wert.
Früh da zu sein beruhigt einen schon mal, da die Kaserne doch recht groß ist, und zurechtfinden etwas Zeit in Anspruch nimmt.
Einer meiner Stubenkamerden war bereits vor Ort, wir haben uns dann bis 14:30 noch unterhalten über das, was uns alles noch erwartet. Hier mein Tipp: Versucht mit euren Mitbewerben zu reden, das nimmt sowohl euch, als auch allen anderen die Anspannung und schafft eine weitaus angehmere Atmosphäre. Klar ist man irgendwo auch Konkurrenz, die Kameradschaft sollte aber übergeordnet sein.
Ich hatte auch das Glück, dass ich mich mit meinen 2 anderen Stubenkameraden blendend verstanden habe, das macht das ganze Verfahren viel weniger 'schlimm'.
Tag 1Hier passiert noch nicht viel, um 14:30 geht's los zum Einführungsvortrag, wo euch der grobe Ablauf + Verhaltensregeln und Randinfos erklärt werden.
Allerdings erhaltet ihr direkt nach dem Vortrag einen unscheinbar anmutenden Fragebogen den es in 30 Minuten auszufüllen gilt, der aber der Grundstein des Interviews an Tag 2 sein wird.
Merkt euch unbedingt was ihr bei welchen Fragen geantwortet habt, und vor allem
warum.
Die Fragen sind unter anderem:
- Haben sie in der Schule schon einmal Verantwortung übernommen, wenn ja wie und wo?
- je 3 Stärken, 3 Schwächen
- Warum wollen sie Offizier werden?
- Arbeiten sie lieber alleine im Team, oder in der Gruppe? (von 1-3 zuordnen, unbedingt begründen können warum)
- Freizeitaktivitäten früher und heute, im Verein?
Zum Ankreuzen, ja, eher ja, eher nein, nein, unsicher:
- Sind sie bereit an einem Auslandseinsatz teilzunehmen?
- Sind sie bereit sich in Krisengebiete versetzen lassen?
- Steht ihre Familie hinter ihrer Entscheidung?
- Würden Sie, Rechtmäßigkeit vorausgesetzt, auf Menschen schießen?
Anmerkung meinerseits: Einer meiner Kameraden hat es nicht geschafft den Bogen in 30 min auszufüllen und hat sich deswegen bereits an Tag 1 den Kopf zerbrochen, ob das nicht negativ auf ihn zurückfällt. Das war nicht der Fall, es ist aber trotzdem empfehlenswert die Zeit im Auge zu behalten, sonst könnte euch evtl. schlechtes Zeitmanagement unterstellt werden.
Zu den Stärken und Schwächen wurden die wenigsten von uns im Interview befragt, einer hat als Schwäche 'kein grüner Daumen' angegeben, hat aber anderweitig gepunktet und ist auch durchgekommen.
Also: hängt euch nicht zu sehr an einzelnen Fragen auf.
Außerdem erhaltet ihr neben eurem Laufzettel mit Tagesablauf noch einen Zettel bzgl. Studienfächern, den ihr auf Stube ausfüllen könnt. Hier wird gefragt, warum ihr euch für dieses Studium interessiert, was euer Lieblingsfach ist, warum ihr im Fach XY schlechte Noten habt, etc.
Die Könige seid ihr, wenn ihr Studienwunsch mit Verwendung verknüpfen könnt, und das auch begründen könnt. Zum Beispiel: Maschinenbau und Panzertruppe.
Uns wurde auch ausdrücklich gesagt, Antworten die auf 'das interessiert mich eben' hinauslaufen seien nicht förderlich. Es sollten schon 1-2 stichhaltige Sätze sein.
Anschließend ging es noch zum berühmt berüchtigten Griechen, hier war jeder von uns anwesend, die 3 Betreuungsoffiziere hatten also einiges zu tun. Die Betreuungsoffiziere seht ihr auch in den Warteräumen zum Interview / GSV wieder, wenn euch also über Nacht eine Frage einfällt könnt ihr diese auch dann noch stellen.
Das Essen war wirklich in Ordnung, nach langem Quatschen mit den (wirklich sehr netten) Betreuungsoffizieren sind meine Stubenkamerden und ich dann als letzte um 2030 zurück in die Unterkunft. Um 2200 hieß es dann Licht aus und Augen zu. Ich war überraschend wenig aufgeregt, konnte aber trotzdem nicht sofort einschlafen. Geht so früh wie möglich ins Bett, ihr braucht den Schlaf.
Tag 2Geht am Besten am Abend davor duschen, dann habt ihr die Dusche für euch allein und könnt in aller Ruhe aufstehen.
06:10 Deutsch AufsatzErste Station für alle: Aufsatz schreiben.
Für mich persönlich kein Problem, ich war in Deutsch immer gut. Ihr sollt 2 Wortpaare definieren, Unterschiede / Gemeinsamkeiten nennen, und ein abschließendes Fazit ziehen, am Besten in dieser Reihenfolge. Versucht unter einer Seite zu bleiben, es wird Wert darauf gelegt dass ihr das ganze kurz und kompakt auf den Punkt bringt. Mein Wortpaar war Terrorismus und Krieg.
07:00 MathetestDer gefürchtete Mathetest.
Hier hatte ich am meisten Angst vor. Mathe und ich stehen schon immer auf dem Kriegsfuß, ich habe mich dementsprechend 3 Wochen im Voraus intensiv auf diesen Test vorbereitet (Youtube: Daniel Jung, TheSimpleMaths). Mein Fehler: Ich dachte, es werden hauptsächlich Oberstufen Themen, sprich Integrale, Vektoren, ganzrationale Funktionen, etc thematisiert. Da habe ich mich allerdings geschnitten, es kamen je 1x Integral Aufgabe, 1x graphisch ableiten, 2x Fragen zur Auf/ Ableitung, 1x Frage zu Integralen dran. Das aber alles ohne Rechnen, reine Verständnissfragen.
Der Rest der Aufgaben lässt sich nicht wirklich zuordnen, es waren teilweise sehr lange (kompletter Bildschirm voll Text) Aufgabenstellungen, die so gemacht sind, dass man am Ende schon wieder vergisst, was am Anfang stand. Für 40 Fragen habt ihr 85 Minuten Zeit, die Zeit wird euch in einem sich füllenden Balken am Bildschirm angezeigt, ihr könnt aber zu keiner Aufgabe zurückspringen.
Meiner Meinung nach kann man sich hier nicht darauf vorbereiten, entweder man hat das nötige Matheverständniss, oder eben nicht, dann muss man in der Studienberatung überzeugen, aber dazu später mehr.
09:00 GruppensituationsverfahrenTipp vorab: versucht die Bewerber mit der gleichen Prüfkommission wie ihr (1-7) ausfindig zu machen und mit denen zu quatschen, bzw. deren Namen herauszufinden, das macht das GSV 1000 mal angenehmer wenn ihr euch zumindest vorher schon mal gesehen habt. Hat bei mir nicht geklappt, war aber kein Beinbruch.
Auf die genauen Themen gehe ich nicht ein, da unnötig, wichtig ist hier dass ihr nicht zu abwartend seid, aber auch nicht zu sehr im Vordergrund steht und zu sehr eure eigene Meinung durchbringen wollt. Teamwork ist hier das A und O.
Ich wollte in der Krisensituation den Gesprächsführer / Moderator übernehmen, habe dabei aber verpennt auch stichhaltige Argumente beizusteuern. Grober Fehler meinerseits, der mir auch negativ angerechnet wurde. Unsere Gruppe kam zu keinem Ergebniss, was aber nicht so schlimm war.
Beim Resourcenengpass habe ich das Gespräch eröffnet, und habe schließlich nach ca 6 von 8 Minuten gesagt ich verzichte, da mir unsere Freundschaft wichtiger ist. Ein Kompromiss wurde von uns vorher schon ausgehandelt, deswegen habe ich diesen so akzeptiert, hier wurde mir aber gesagt ich hätte mehr auf meinen Ausgleich pochen sollen, ansonsten war die Aufgabe gut erfüllt.
Abrundend dann noch der Vortrag: Achtet hier auch auf das inhaltliche, ich war der Meinung hier zählt vorallem der Vortrag, sprich Rhetorik und Vortragsweise. Das ist zwar richtig, allerdings hat mich ein kleiner inhaltlicher Fehler in meinem Vortrag von oberem Drittel auf doch nur mittleres Drittel heruntergezogen.
11:00 CAT-AdaptDer CAT Test besteht aus drei Teilen: Wortanalogien (überraschend schwer), einfache Matheaufgaben (Bruchrechnen, multiplizieren, dividieren, meistens mit großen Zahlen) und Figurenreihen, welche auch sehr schwer waren. Der Test wird, je nach dem wie viele vorhergehende Antworten ihr richtig hattet, immer schwerer, wenn ihr irgendwann bei den Figurenreihen gar nicht mehr wisst was Phase, ist das ein gutes Zeichen
Danach: PMO116 Fragen, hauptsächlich zu Drogen / Alkohol. U.a auch Fragen ob ihr lieber im Team oder alleine arbeitet, ob ihr Gewalt einsetzen würdet um eure Meinung durchzusetzen, ob ihr Menschen motivieren könnt, etc. Viele davon wiederholen sich oft, wer lügt muss sich das also entweder sehr gut einprägen wo er lügt, oder er wird im Interview aufgrund der Unstimmigkeiten auseinander genommen.
Danach: ArztDrogentest und allgemeine Befragung zu Vorerkrankung, einmal bis auf die Unterhose ausziehen und durchchecken, Weichteile inspizieren, nichts Besonderes.
13:00 InterviewDie wichtigste Station von allen.
Mein Gespräch war eher unangenehm, mir wurde ganz schön auf den Zahn gefühlt. Andere berichteten ihr Gespräch sei total angenehm gewesen.
Meine Konstellation waren 2 Prüfoffiziere, auch möglich ist 1 Prüfoffizier und 1 Psychologe.
Als erstes wurde ich gefragt, warum Bundeswehr. Nach jeder Antwort von mir wurde dann nochmal mit 'warum?' oder 'werden sie mal genauer' nachgehakt. Hier darf man sich einfach nicht aus der Ruhe bringen lassen, wiederholt zur Not eure vorherige Antwort und formuliert diese etwas anders.
Dann wurde ich noch gefragt, warum denn genau die Panzertruppe. Auf meine Antworten kamen dann immer wieder Gegenantworten wie 'Verstehe ich jetzt nicht so ganz, erklären sie mal genauer'. Generell wird versucht, einen ein bisschen in eine Richtung zu lenken, z.b. wurde ich gefragt warum ich vom Beruf zurück auf die Schule bin, hats mir denn da nicht gefallen? Auch Fragen zu den Risiken im Ausland, warum ich diese Risiken auf mich nehme, wo die Bundeswehr im Ausland ist und was sie dort macht kamen dran.
Man muss nicht jeden einzelnen Auslandseinsatz mit genauer Stärke auswendig lernen (einige von uns haben das gemacht), es reicht die 'Top 3' aufzuzählen.
Auch zu Unstimmigkeiten im Fragebogen / PMO werdet ihr hier nochmal befragt.
Der zweite Prüfer stellte dann noch Fragen wie:
- Wie viel Alkohol trinken sie (habe versucht das zu umschiffen, er wollte aber dann doch eine genaue Antwort)
- Wie wäre mein Führungsstil als Offizier
- Würde ich auch professionelle Hilfe einholen, wenn Freunde etc. nicht mehr helfen können
- Welche Hobbies habe ich, warum genau die
- Schon mal Drogen genomme?
Wirklich nicht? (Wenn ihr sagt ihr habt mit 16 mal an einem Joint gezogen, dann festgestellt das ist nichts für euch, geht das auch absolut klar)
Fazit: Ruhig bleiben ist hier das A und O. Bereitet euch aber auch mal darauf vor, 'übt' eure Antworten laut, nur im Kopf denken bringt nicht viel.
Dann gings wieder ab in den Warteraum. Nach ca. 5 Minuten wurde ich wieder hereingebeten, wo mir dann auch die Eignung zum Offizier bescheinigt wurde.
Da habe ich mich im ersten Moment erst mal unglaublich gefreut, habe dann aber nach Feedback gefragt (Eure einzige Chance im ganzen Verfahren). Mir wurde eröffnet ich sei fast überall im mittleren Drittel, ich malte mir damit schon mal aus wie ich Morgen mit leeren Händen heimfahre. Normalerweise bedeutet mittleres Drittel Warteliste oder Abflug. Sehr Positiv angerechnet wurde mir meine Zielstrebigkeit, da ich das Abitur eigentlich nur nachhole, um Offizier zu werden.
Ordentlich demotiviert gings dann also zum Einplanungsvortrag, wo uns rohe Zahlen, Daten und Fakten präsentiert wurden: der Kapitän zur See eröffnete den Vortrag auch gleich mit "Herzlichen Glückwunsch, sie sind zum Offizier geeignet. Heißt aber noch gar nichts."
Z.B. auf 100 Plätze Maschinenbau kommen 500 Interessierte, wir sollen uns keine zu hohen Chancen erhoffen.
Mit diesem Bremser gings dann zum Abendessen, meine Stubenkameraden und ich sind dann noch kurz zum Aldi, bisschen den Kopf freikriegen.
An dem Tag habe ich ziemlich schlecht geschlafen, denn ich war überzeugt ich komme auf die Warteliste oder fahre mit leeren Händen nach Hause. Außerdem: habt ihr die Eignung, sind aber eure Testergebnisse zu schlecht, dürft ihr euch erst in 2 Jahren wieder bewerben. Was geholfen hat: Meine Stubenkameraden haben gemerkt dass ich recht nachdenklich war und haben mir Mut zugesprochen, bzw. wir haben uns die 3 Tage lang gegenseitig aufgebaut. So ein Zusammenhalt ist Gold wert.