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Autor Thema: Dienst als Offizier/ Vereinbarkeit von Familie und Dienst  (Gelesen 4716 mal)

asdarunt

  • Gast

Hallo zusammen,

ich bin an einer der beiden Universitäten studierender OA, in die (grüne) Truppe werde ich voraussichtlich noch vor Mitte der 20er kommen.
Nun hat man ja im aktuellen Ausbildungsmodell für Offiziere (des Heeres) außer einem Truppenpraktikum nicht besonders viel Kontakt zur Truppe und ich hätte eigentlich ein Truppenpraktikum in diesem Sommer machen wollen, was aber wegen Corona halt nicht geht.

Meine Frage wäre an die diensterfahrenen Kameraden, wie das eben mit der Vereinbarkeit von familiären Leben und dem Dienst läuft und was sich im Laufe der Zeit verändert hat, und was sich absehbar ändern wird. Ich konnte im Gespräch mit Familienmitgliedern, die noch als GWDLer gedient haben, raushören, dass sich die Bundeswehr seit ihrer Zeit doch sehr stark geändert hat. Ich habe aus dem Truppenpraktikum den Eindruck, dass die "alte Generation" mittlerweile weitergerückt ist, und "meine" Generation schon auf KpChef-DP sitzen und halt "lockerer" sind.

Man hört von vielen Seiten, dass die zeitliche Belastung trotz SAZV enorm hoch geblieben ist, und die Stunden eher ausbezahlt werden als dass sie tatsächlich genommen werden. Gerade in den Einheiten (nicht unbedingt im Stab/ Kommando) als ZgFhr/ KEO/ Chef geht das den Leuten, wie ich höre, sehr an die Substanz.

Da ich halt Frau und Kind habe, wäre das für mich natürlich mit zu berücksichtigen. Im OA-Btl, an der OSH und im Truppenpraktikum als OG habe ich mir warum auch immer nicht zuviele Gedanken darum gemacht bzw. gemerkt, weil da ja mit Dienstschluss wirklich Dienstschluss war, abgesehen davon dass man da vielleicht seine Ausrüstung noch nachbereiten/ vorbereiten musste oder eben eine Übung 2 Wochen lang ging, mit entsprechendem Dienstausgleich. Ich weiß nur noch dass mein ZgFhr im OA-Btl eigentlich kurz vor DZE war, und fast immer pünktlich Dienstschluss machen konnte, vermutlich auch weil sein Unterbau ziemlich gut war und ihm viel Arbeit abgenommen hat.

Es scheinen wohl ziemlich viele Beziehungen nicht wegen der Wochenendpendlerei, sondern eher wegen den wochenlangen Abwesenheiten zu Bruch gehen; Urlaub kann kaum genommen werden (dass man nur in gewissen Zeiträumen Urlaub machen kann ist mir klar), und die häufigen Versetzungen, wobei die Stehzeiten wohl länger werden sollen.

Ist das nur in der grünen Truppe so, oder gibt es "entspanntere" Truppengattungen?
Eigentlich will ich in der Infanterie bleiben, gibt es vielleicht Tips und Tricks von den erfahreneren Kameraden, wie ich das bestmöglich in den Griff bekomme?

Wenn ich das alles auf einmal sehe, dann wirkt das so wie eine große Welle auf mich, aber ich hoffe, dass das wie bis jetzt immer beim Bund nach einer Zeit der Eingewöhnung besser wird
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Löwe von Eutin

  • ***
  • Offline Offline
  • Beiträge: 217
Antw:Dienst als Offizier/ Vereinbarkeit von Familie und Dienst
« Antwort #1 am: 01. Juni 2020, 12:23:34 »

Hallo Kamerad!

Ich stelle mal die Behauptung in den Raum, dass früher mehr (oder öfter) Soldaten und Vorgesetzte nach Dienstschluss in der Kaserne verblieben sind und dadurch bedingt auch mehr Kontakt und ein anderes, vielleicht besseres Verhältnis zu den anderen Kameraden und Untergebenen hatten.

Ich denke allerdings, dass es zielführender ist, den Blick auf die Gegenwart und die Zukunft zu richten.

Generell würde ich schon sagen, dass es mittlerweile sehr human in der Truppe zugeht, was auch notwendig ist, um als attraktiver Arbeitgeber in der heutigen Zeit bestehen zu können. (Es hat sich also sehr vieles mit Blick auf vergangene Tage gebessert. (m.M.n.)

Der Dienstherr arbeitet ja auch kontinuierlich daran, die Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu verbessern. (41- Stunden Woche, Eltern-Kind- Zimmer, Familienheimfahrten, kostenloses Bahnfahren in Uniform etc.)

Ob Mehrarbeit im Form von Stundenabbau abgegolten werden kann hängt ja von mehreren Faktoren ab; in der Regel ist der Dienstherr ja dazu angehalten nach Möglichkeit vorrangig den Freizeitausgleich statt der Auszahlung vorzunehmen.

Übungsplatzaufenthalte, Lehrgänge, Auslandseinsätze und evtl. Versetzungen gehören zum Soldatenberuf dazu.
Umso höher die Laufbahn umso mehr Lehrgänge (und Versetzungen) sind zu erwarten.

Es gibt natürlich enstpanntere Dienstposten und stressigere Dienstposten, aber sowas kann sich halt auch je nach Situation ändern.

Fakt ist aber, ein Offizier soll Vorbild sein und er ist ein Vorgesetzter.
Er hat Verantwortung und sein Auftreten und Verhalten wird von allen anderen genau beobachtet.

Ein Kompaniechef oder Zugführer, der selten bei seinen Leuten zu sehen ist, oder der nicht für seine ihm anvertrauten Soldaten da sein kann oder will, der wird es nicht einfach haben.

Es ist verständlich, dass man Zeit mit seiner Frau und seinem Kind verbringen möchte, aber das Soldatsein bringt halt nicht nur angenehme Aspekte mit sich.
Mir persönlich tut es immer Leid, wenn ich von guten Vorgesetzten und Soldaten höre, dass deren Beziehungen in die Brüche gegangen sind.

Bestimmt können dir die lebensälteren Portepeeunteroffiziere und Offiziere mit eigener Familie noch hilfreiche Tipps geben.
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S1NCO

  • Gast
Antw:Dienst als Offizier/ Vereinbarkeit von Familie und Dienst
« Antwort #2 am: 01. Juni 2020, 16:50:27 »

Ich selbst bin UmP und PersFw auf Kompanieebene in einem grünen Verband.
Mein Vater war StOffz und war auch bis Mitte 40 in der Infanterie eingesetzt.

Selbst ich als Fachdiener habe mehr Freizeit, als jeder meiner Lehrgangskameraden.
Das ist mMn ein großer Vorteil an einer Verwendung in einem Verband, der viel unterwegs ist.

Man wird doch auch mal mit auf Übungsplatz genommen, schrubbt hier und da einen OvWa runter un dja, es geht regelmäßig auch im Grundbetrieb mal länger.
Das mit dem Auszahlen kann ich auch ebenfalls bestätigen. Mir mussten auch Stunden ausgezahlt werden, da ein Abbauen schlichtweg nicht mehr möglich war.

Bei den Punkten ZgFhr und KpChef kann ich mich dem Löwen von Eutin nur anschließen.
Als KpEinsOffz (inbesondere, wenn beide DP besetzt sind) wird es vermutlich etwas entspannter sein.

Meiner Meinung nach ist es auf Kompanieebene aber für den Spieß/KpTrpFhr und die UmP-ZgFhr teilweise stressiger und entbehrungsreicher.
Der Spieß kriegt round about alle drei Jahre einen neuen Chef.
Der alte Chef hat gerade den Fuß vom Gaspedal genommen, da tritt der Neue die Tür ein und es wird wieder Vollgas gegeben.
Als Chef hat man ja die Perspektive, dass es nach der Verwendung etwas ruhiger wird.
Dein Spieß, dein KpTrpFhr, deine ZgFhr und deine GrpFhr haben das eben nicht.
Kann nur an jeden künftigen Chef appellieren, dass zu berücksichtigen.

Mein Vater hat z.B. erst zum Ende der Zeit als KpChef Kinder gekriegt.
Wobei ein KpChef in den 90ern vermutlich auch weniger Freizeitausgleich hatte, als es heute der Fall ist.

Die Versetzerei kommt halt hinzu.
Die wirst du aber in jeder Truppengattung haben.

Hier müsst ihr selbst für euch überlegen, ob ihr an einem Wohnort bleibt oder deine Familie mit dir umzieht.
Für mich war das als Kind eigentlich immer ganz aufregend, neue Freunde, neuer Ort.
Für meine Mutter war das eher schwierig.
Insofern man nicht gerade in einer größeren Stadt landet, ist es doch eher schwierig ab einem gewissen Alter Bekanntschaften zu schließen, wenn man nicht seit Jahren im Trachtenverein, den Fischereiverein, dem Fußballverein oder sonst was ist.






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Joe H.

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  • Beiträge: 12
Antw:Dienst als Offizier/ Vereinbarkeit von Familie und Dienst
« Antwort #3 am: 29. Juni 2020, 15:40:31 »

Guten Tag,

da es Ihnen hierbei um verschiedene Sichtweisen geht kann ich hierzu auch nur meine persönliche wiedergeben, auch wenn ich mich den Beiträgen der Kameraden hier durchaus anschließen kann. Ich bin derzeit selbst noch OFähnr und werde voraussichtlich am 01.10.20 zum Leutnant befördert.

Meiner Ansicht nach sollte ein angehender Offizier/Offizier besonders für dienstgradniedrigere/jüngere Kameradinnen/Kameraden ein Vorbild sein. Es wäre dennoch aus heutiger Sicht ein Blick in die Glaskugel wie genau sich Ihr Dienst später genau gestalten wird & mit welchen Entbehrungen Sie rechnen können/müssen. Die Zeiten dass das Gro an Personal Abends noch sein/ihr Leben in der Kaserne verbringt ist wohl teilweise echt komplett verschwunden, aber vermutlich noch etwas ausgeprägter beim Heer, daher würde ich dem sehr entspannt entgegen sehen.

Ob Beziehungen scheitern oder nicht hängt meines Erachtens nicht davon ab, ob man versetzt wird oder eine Führungsposition inne hat, sondern eher davon dass man zu wenig investiert hat.

Aus meinen persönlichen Erfahrungen kann ich sagen, dass ich seid 14 Jahren mittlerweile dabei bin, seid 3 Jahren glücklich verheiratet bin und dennoch 12/14 Jahren bisher gependelt bin und es auch wieder tue. Dennoch habe ich es mir nicht nehmen lassen für einen Abend zu meiner Familie innerhalb der Woche nach Hause zu fahren (Entfernung ca. 300km). Das war aus wirtschaftlicher Sicht absolut nicht sinnhaft, aber es war förderlich für die Beziehung. Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte ist die Tatsache, dass es nur an Ihnen selbst liegt bzw. wie Sie und Ihre Familie damit umgeht. Sofern sich die Möglichkeit bietet wäre ein Umzug mit der Familie in die Nähe des Dienstortes sicher nicht verkehrt, aber auch hierbei ist ihre Verwendung in der Einheit sicher endlich, daher würde ich persönlich einen Plan mit der PersFhr in Köln entwickeln (sofern grob machbar) und demnach verfahren. Was für Einzelbelastungen immer wieder mal kommen, seien es TrpÜbPl-Aufenthalte, Vernehmungen am Abend, etc. kann heute niemand abschätzen, aber dennoch sollte man auch sowas stets im Kopf haben.
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