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Gesetz zur schnelleren Entlassung von Extremisten aus der Bundeswehr

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LwPersFw:

--- Zitat von: LwPersFw am 31. August 2023, 06:41:03 ---"Gesetzentwurf der Bundesregierung

18.08.2023

Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Entfernung von verfassungsfeindlichen Soldatinnen und Soldaten aus der Bundeswehr sowie zur Änderung weiterer soldatenrechtlicher Vorschriften"

Grunddrucksache 377/23

https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2023/0301-0400/0377-23.html


https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-beschleunigung-der-entfernung-von-verfassungsfeindlichen-soldatinnen-und-soldaten/302868

--- Ende Zitat ---


Bundestag billigt Gesetz zur schnelleren Entlassung von Extremisten aus der Bundeswehr

https://augengeradeaus.net/2023/11/bundestag-billigt-gesetz-zur-schnelleren-entlassung-von-extremisten-aus-der-bundeswehr/



LwPersFw:
Hier ein Auszug aus einem Urteil des BVerwG.

Es verdeutlicht welche Meldepflichten jeder Soldat hat, sobald er u.a. Kenntnis von extremistischen Äußerungen/Bestrebungen anderer Soldaten erlangt.


"61
aa) Die Pflicht zum treuen Dienen schließt die Verpflichtung ein, dienstlichen Anweisungen auch dann zu folgen, wenn ihnen der Befehlscharakter nach § 11 SG i. V. m. § 2 Nr. 2 WStG fehlt (BVerwG, Urteil vom 4. November 2021 - 2 WD 25.20 - Buchholz 449 § 8 SG Nr. 2 Rn. 24). Dazu zählt die im Tatzeitraum maßgebliche Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) A-2640/34 ("Meldewesen Innere und Soziale Lage der Bundeswehr"). Sie hat keinen Befehlscharakter, weil sie nicht vom Bundesverteidigungsminister oder in Vertretung von einem (beamteten) Staatssekretär erlassen wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2021 - 2 WD 16.20 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 92 Rn. 28).

62
Nach Nr. 201 ZDv A-2640/34 sind alle Angehörigen der Bundeswehr verpflichtet, Wahrnehmungen und Ereignisse, die den Verdacht auf ein im Sinne dieser Zentralen Dienstvorschrift Meldepflichtiges Ereignis darstellen oder beinhalten können, unverzüglich an die jeweils zuständigen Vorgesetzten zu melden. Kann der oder die zuständige Vorgesetzte nicht sofort erreicht werden, ist gemäß Nr. 203 in militärisch geführten Dienststellen der diensthabende Offizier der eigenen oder nächsterreichbaren Liegenschaft/Dienststelle über das meldepflichtige Ereignis zu unterrichten.

63
Meldepflichtige Ereignisse sind u. a. nach Nr. 3.3 der Verdacht auf bestimmte Straftaten von oder an Bundeswehrangehörigen, darunter Diebstahl und Unterschlagung (Nr. 333), sowie nach Nr. 3.6 der Verdacht auf Spionage, Extremismus oder Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, ausgeführt von oder an Bundeswehrangehörigen, darunter Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (Nr. 361). Jedenfalls die darauf bezogenen Meldepflichten in der sehr weit gefassten ZDv unterliegen keinen rechtlichen Bedenken. Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt auch die Bestimmung, dass die Meldepflicht den Verdacht eines meldepflichtigen Ereignisses voraussetzt. Damit ist erkennbar - ähnlich wie im Strafprozessrecht - das Vorliegen eines Anfangsverdachtes gemeint. Er liegt vor, wenn objektiv betrachtet zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen (§ 152 Abs. 2 StPO); völlig vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus (Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung 66. Aufl. 2023, § 152 Rn. 4).

64
Danach hätte der Soldat schon vor seiner Vernehmung am Mittag des 2. Mai 2017 melden müssen, dass der Zeuge A. ihm gegenüber in dem Gespräch im Februar 2016 über eine nicht dienstliche Eindeckung von Soldaten der DEUFRA mit Waffen und Munition der Bundeswehr zum Einsatz im Fall eines bürgerkriegsähnlichen Zustandes berichtet hatte. Denn dabei handelte es sich um Wahrnehmungen, die den Verdacht auf Diebstahls- oder Unterschlagungstaten durch Bundeswehrangehörige im Sinne der Nr. 333 ZDv A-2640/34 zu politischen Zwecken beinhalten konnten. Diese Mitteilung des Oberleutnant A. konnte jedenfalls Ende April 2017, als die Presse über den Fall Franco A. berichtete, auch objektiv betrachtet nicht mehr als völlig vage und haltlos eingestuft werden, sodass eine Meldepflicht aufgrund der Nr. 333 ZDv A-2640/34 hinsichtlich der Informationen bestand. Für einen Verdacht im Hinblick auf ein meldepflichtiges Ereignis im Sinne der Nr. 361 ZDv A-2640/34 waren die Anhaltspunkte hingegen nicht konkret genug.

65
Der Soldat hat die Meldung fahrlässig unterlassen. Fahrlässig handelt ein Soldat, wenn es ihm bei Beachtung der ihm objektiv nach seiner Dienststellung und den Umständen des Falles obliegenden Sorgfalt und nach seinen subjektiven Fähigkeiten und Kenntnissen möglich gewesen wäre, den Eintritt der Pflichtverletzung vorherzusehen und zu vermeiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 2 WD 20.18 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 66 Rn. 50 m. w. N.). Der Soldat war zur Tatzeit 28 Jahre alt, Offizier und seit vielen Jahren bei der Bundeswehr. Er verfügte über das Abitur, ein abgeschlossenes Studium "Mathematical Engineering" und befasste sich in seiner Freizeit intensiv mit dem Fachgebiet Geschichte, was er kurzzeitig ebenfalls studiert hatte. Angesichts seiner Berufs- und Lebenserfahrung und intellektuellen Fähigkeiten hätte er, als ihm Ende April/Anfang Mai 2017 durch die Presse bekannt wurde, dass gegen Franco A. als einem Angehörigen der DEUFRA wegen Terrorverdachts ermittelt wurde, erkennen können und müssen, dass sein Gespräch mit dem Zeugen A. Anhaltspunkte für den Diebstahl oder die Unterschlagung von Waffen und Munition durch Bundeswehrangehörige zu politischen Zwecken enthielt. Dafür spricht auch, dass die Zeugen B. und E. mit dem Bekanntwerden des Falls Franco A. durch die Presseberichterstattung die Relevanz des zuvor nicht ernstgenommenen Inhalts des vom Soldaten wiedergegebenen Gesprächs mit dem Zeugen A. erkannten und sich einig waren, dass eine Meldung zu erfolgen hatte, weshalb sich der Zeuge B. am 2. Mai 2017 an Hauptmann H. wandte.

66
bb) Damit einher geht ein fahrlässiger Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG), weil der Soldat mit der unterlassenen dienstlichen Meldung nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wurde, die seine Stellung erforderte, was er hätte erkennen können und müssen."



BVerwG 2 WD 12.22 , Urteil vom 11.05.2023

https://www.bverwg.de/de/110523U2WD12.22.0

LwPersFw:
Der Bundesrat hat am 15.12.2023 dem Gesetz zugestimmt.

Es folgt die Verkündung im BGBl.


Auszug aus der Drucksache 20/8672 vom 06.10.2023:


"Nach § 46 Absatz 2 werden die folgenden Absätze 2a und 2b eingefügt:

„(2a) Ein Berufssoldat ist zu entlassen, wenn

1. er als Einzelperson in schwerwiegender Weise Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat,

a)
die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind
oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
b)
die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder
c)
die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes), insbe-sondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker
(Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind, und

2.
sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Vertrauen der Allgemeinheit in die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.
Ebenso wird entlassen, wer einen Personenzusammenschluss nachdrücklich unterstützt oder unterstützt hat, der seinerseits die in Satz 1 genannten Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat.

(2b) Das bis zur Unanfechtbarkeit der Entlassungsverfügung nach Absatz 2a zu gewährende Überbrückungsgeld regelt das Soldatenversorgungsgesetz.“

5. Nach § 47 wird folgender § 47a eingefügt:

„§ 47a Besondere Verfahrensvorschriften für die Entlassung nach § 46 Absatz 2a

(1)
Der Berufssoldat ist über den Beginn eines auf seine Entlassung nach § 46 Absatz 2a gerichteten Verfahrens (Entlassungsverfahren) unverzüglich zu unterrichten;
hierbei ist ihm zu eröffnen, auf Grund welcher Tatsachen das Entlassungsverfahren durchgeführt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich
oder schriftlich zur Sache zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen oder sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen.
Er hat das Recht auf Akteneinsicht nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(2)
Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird dem Berufssoldaten eine im Einzelfall angemessene Frist von höchstens einem Monat und für die Abgabe der Erklärung,
sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Hat der Berufssoldat rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb
von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Ist der Berufssoldat aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten, und hat er dies
unverzüglich mitgeteilt, so ist die Frist zu verlängern. Die Fristsetzungen sind dem Berufssoldaten zuzustellen.
(3)
Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder im Bußgeldverfahren, auf denen die Entscheidung beruht, sind für das Entlassungsverfahren
bindend, soweit dieses denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat. Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht
bindend, können aber der Entscheidung im Entlassungsverfahren ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt werden.
(4)
Nach der Beendigung der Ermittlungen ist dem Berufssoldaten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern.
(5)
Über die Anhörungen des Berufssoldaten sind Protokolle aufzunehmen. Bei der Einholung von schriftlichen dienstlichen Auskünften sowie bei der Beiziehung von Urkunden
und Akten genügt die Aufnahme eines Aktenvermerks.
(6)
Die Entlassungsverfügung ist zu begründen und zuzustellen. Die Begründung hat die der Entlassung zu Grunde liegenden Tatsachen und Beweismittel zu enthalten.“


https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-beschleunigung-der-entfernung-von-verfassungsfeindlichen-soldatinnen-und-soldaten/302868

LwPersFw:
Das Gesetz wurde verkündet

https://www.recht.bund.de/eli/bund/bgbl_1/2023/392


https://www.bundeswehr.de/de/organisation/personal/schnellere-entlassung-extremisten-5722924

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