Hallo zusammen!
Der letzte zivile Erfahrungsbericht für das Auswahlverfahren zum höheren Dienst ist nun auch schon wieder eine Weile her, da dachte ich mir, meine recht frischen Erfahrungen (AC Datum war der 15.07.) aus dem Assessmentcenter könnten vielleicht hilfreich für Andere sein.
TLDR: Die, die Erfahrungsberichte Vorheriger kennen, werden wenig neues Lesen, da sich grundsätzlich wenig am Verfahren wenig geändert zu haben scheint.
Kurz anmerkend, mein Hintergrund ist: m25, Master in Elektrotechnik & Informatik, ein paar Jahre Berufserfahrung, im April auf die Beamtenausbildung zum htD für den Vorbereitungsdienst im Dezember beworben.
Aber zum Ablauf:Eine Anreise am Vortag war für mich sinnvoll, da die Einladung für 7:30 am Montagmorgen ausgeschrieben war. Aus Nervosität und nur bedingtem Vertrauen in den an die Einladung angehängten Lageplan war ich schon 7:10 an der Wache zur Gereon-Kaserne. Nach einer reibungslosen Anmeldung hier (Pass/Ausweis und Einladung vorzeigen) war der Weg zum Prüfungsgebäude auch deutlich direkter als angenommen, so dass ich 7:20 schon im Warte-/Aufenthaltszimmer mit einem Schild "Akademiker" saß - eine weitere kurze Anmeldung im Gebäude war noch vonnöten.
Im Warteraum lagen schon Schmierpapier, Reisekostenerstattungsformulare und Formulare für die Bestätigung der Staatsangehörigkeit so wie der Auswahl des Amtsarztes für die mögliche spätere amtsärztliche Untersuchung. Die haben die anderen Teilnehmenden und ich ohne große Umschweife angefangen auszufüllen. Neben mir gab es noch zwei weitere Bewerber für den htD, ein studierter Elektronikingenieur mit Spezialisierung Halbleitertechnik und ein ehemaliger Feldwebel. Bis zum Aufsatz um 8:00 blieb noch Zeit, die wir drei nutzen um uns Kaffee und Wasser aus dem Pausenraum zu besorgen und uns nebenbei einander etwas kennenzulernen. Das war im Nachhinein gut für die Gruppendiskussion da man sich schon etwas abgeklopft hatte und die Wahl eines Vorsprechers später dementsprechend etwas schneller stattfand (aber dazu mehr später).
8:00 Uhr: Aufsatz Wie inzwischen gut bekannt bekommt jeder für den einstündigen Aufsatz zwei Themen. Dabei hatten wir drei Bewerber zwei Sätze von zwei Themen, wie wir im Nachhinein feststellten.
Mir standen zur Auswahl:
- 5G in der Bundeswehr. Ad-Hoc-Netzwerke und ihre Verwendungsmöglichkeiten in der Truppe – Erläutern Sie Pro-Contra Ad-Hoc Funkverbindungen und beschreiben Sie welche Anforderungen an solche Systeme gestellt werden. Gehen Sie auch auf Konsequenzen für Soldat*innen ein.
- Hackback: Diskutieren Sie Pro-Contra die Durchführung von Cyberoffensiven. (weitere Details zur Frage entfallen mir – man merkt welches Thema ich nicht gewählt hatte
)
Beim Aufsatzschreiben war Zeiteinteilung wichtig. Nach einer Gliederung auf Schmierpapier und einer Vorschrift der Einleitung habe ich dann nach ~15 Minuten mit der Reinschrift angefangen. Das war fast etwas knapp und die letzte Viertelseite war dementsprechend etwas gehetzt. Ich kann nur beteuern, was in vorherigen Berichten steht – wer selten im Beruf lange Texte schreibt, sollte sich durchaus ausreichend vorbereitend „einschreiben“ um verkrampften Handgelenken vorzubeugen.
Danach war uns eine 10-minütige Pause vergönnt.
9:10 Uhr: KurzvortragAuch hier wieder zwei Themen für jeden aber auch wieder hatten wir mindestens vier verschiedene zwischen uns dreien. Themen vor mir waren „Warentransport per Drohne“ und „Soziale Netzwerke und die Bundeswehr“. Zwanzig Minuten zur Vorbereitung des 10-minütigen Vortrags. Die Fragestellungen waren recht knapp bemessen ohne weiteres Hintergrundwissen anzubieten.
Zum Abschluss der Vorbereitungszeit nahm man unsere Vorbereitungszettel und wir wurden in den Prüfungskommissionsraum gerufen.
Hier saßen uns dreien vier Kommissionsmitglieder gegenüber plus eine Gasthörerin. Der Kommissionskader bestand aus drei Beamten des htD und einer Psychologin. Interessanterweise waren zwei der Beamten aus Marineressorts und der dritte aus dem Luftressort wie aus ihren Vorstellungen hervorging. Für ein AC mit Schwerpunkt IT&E war das doch interessant.
Nun wurden wir mit unseren Vorbereitungszetteln wiedervereint und hielten nacheinander unsere Vorträge. Ein Whiteboard stand uns zur Verfügung. Alle drei Lagen wir weit unter 10 Minuten Vortragszeit was aber von der Prüfungskomission nicht als Problem gesehen wurde.
~9:55 Uhr Fragerunde und Gruppendiskussion: Nach einer kurzen Pause ging es im Kommissionsraum als Gruppe weiter, erst mit einer allgemeinen Fragerunde. Hier stellte einer der Prüfer Fragen reihum zu verschiedenen allgemeinbildenden Themen z.B. um die Struktur der Bundesrepublik (Wer ist Befehlshaber im Verteidigungsfall, Rolle des Bundespräsidenten, Kabinettszusammensetzung). Auch Fragen zum Beamtenstatus und den damit einhergehenden Rechten und Pflichten (Demonstrationsrecht für Beamte?, Streikverbot, Versetzbarkeit). Eingeflochten war die Frage der Psychologin ob man den bereit wäre ins Ausland oder Krisengebiete versetzt zu werden.
Lückenlos anschließend war die technische Fragerunde. Hier ging es um eine große Bandbreite an Themen, z.T. eher wenig relevant zu Elektrotechnik. Z.B. „Welche Fahrzeuge hat das Heer“, „Welche Flugzeuge hat die Luftwaffe“, „Welche Schiffe hat die Marine“, „Was unterscheidet ein Kriegsschiff von einem Kreuzfahrtschiff“ – letztere hat durchaus schmunzeln hervorgerufen gehabt, bot aber eine wunderbare Überleitung zu mehr technischen Themen Radare (Wie funktionieren sie, was kann man entdecken) und Kommunikation (Verschlüsselungstypen). Hier kamen wir drei Bewerber durchaus ab und zu ins Schleudern aber eine Weiterreichung oder
Darauf folgte im fließenden Übergang die Gruppendiskussion – hier hatten wir 10 Minuten das Thema „Kommunikationsanbindung einer Fregatte im Golf von Aden“ mit einigen gestellten Fragen zu beantworten. Darunter waren:
- Welche Verbindungen würden Sie verwenden für eine Kommunikation mit Deutschland und warum?
- Sie sind im Verband mit einem amerikanischen Zerstörer als Verbandsführer. Welche Kommunikation mit dem Zerstörer ist notwendig und wie gestalten Sie die?
- Wie gestalten Sie die beschriebene Anbindung sicher?
- Wie können Sie der Besatzung Internetzugang oder sonstigen Kommunikationszugang gewähren und welche Gefahren kann das mit sich bringen?
Die Vorbereitungszeit wurde streng kontrolliert und an deren Ende musste einer von uns die Ergebnisse präsentieren. Wer konnten wir selbst entscheiden.
Damit war der Gruppenteil zu Ende. Uns wurde die Wahl gestellt ab 11:30 zum Mittag in der Kasernernkantine zu essen, oder aber die drei Einzelgespräche durchzuziehen und danach direkt abzureisen. Letzteres lag uns näher, so dass wir also einzeln, wieder nach einer kurzen Pause zur Kommission gerufen wurden. Die Reihenfolge für das Aufrufen war bei unserer Kommission flexibel und in Absprache konnten wir uns untereinander neu einreihen.
~11:30 Erstes Einzelgespräch:Da ich Zweiter in unserer Reihung war konnte ich erst einmal noch mit meinen Mitbewerbern zusammen pausieren. Der erste Bewerber kam nach seinem Gespräch mit einer Unterlagenmappe wieder zu uns – er hatte das Eignungsverfahren bestanden. Die Kommission hatte ihn während ihrer kurzen Beratung im Pausenraum geparkt.
~12:00 Zweites Einzelgespräch:Nun war ich an der Reihe. Also wieder in den Kommissionsraum. Diesmal eröffnete die Psychologin. Warum ich denn zum BAAINBw wolle, wie die Beziehung zu Familie und Freunden ist, ob ich in Vereinen tägig bin, was für Hobbys ich unterhalte, wie es um den Kontakt zu Drogen und Alkohol steht. Durchaus sehr persönliche Fragen. Die Psychologin hatte vorgemerkt man müsse die Fragen nicht beantworten wenn man nicht wolle. Es wurde auch nicht nachgebohrt (kann aber daran liegen das ich recht freie und offene Antworten gab). Ganz klar war das Ziel der Fragen ein Persönlichkeitsbild zu bekommen. Weiterhin wurde ich zu meinen Erwartungen an das Amt und meine Zukunftsvorstellungen dazu gefragt. Auch Arbeitshaltung wurde abgefragt: anhand einer Beispielsituation wie man mit mit möglichen verbeamteten Verweigerern im eigenen Team zurechtkommt, ohne dass allgemeine Leistung oder Moral bleibende Schäden davon tragen.
Im Allgemeinen hatte das Einzelgespräch m.E. nach eine sehr angenehme, fast entspannte Atmosphäre.
Ich wurde, wie mein Vorgänger, kurz in den Pausenraum geleitet um auf meine Entscheidung zu warten.
~12:40 Abschluss und Abreise:Es dauerte nicht lange bis ich wieder im Kommissionsraum war und man auch mir eine Mappe voller Formulare vom BAPersBw gab und mir eröffnete, dass ich die Eignungsprüfung bestanden hatte. Daraufhin noch ein paar Fragen wie ich die Prüfung fand („fühlte ich mich fair behandelt?“), ob ich Verbesserungsvorschläge hätte, aber man gab mir auch die Chance Gegenfragen zu stellen. Danach war ich durch und durfte gehen.
Nun warte ich darauf, dass das BAPersBw mir einen Amtsartztermin zuweist und meine weiteren Unterlagen prüft. Mal schauen ob das bis Dezember alles zeitlich klappt
Abschließende Kommentare meinerseits:Dresscode: Nachdem was ich hier im Forum gelesen hatte und wie ich mein vorheriges Praktikum bei der WTD 61 in Erinnerung hatte, entschied ich mich für einen dunkelblauen Tweedanzug (Marineblau mit hellerem blauen und braunen unauffälligem Tartanmuster) mit weißem Hemd und burgunderroter gemusterter Krawatte nebst braunen Schuhen. Immerhin handelt es sich ja um den höheren Dienst – so dachte ich.
Naja, so overdressed war ich in meinem Leben noch nicht – beide Mitbewerber mit Sneakers und Jeans oder braunen Chinos mit grauem bzw. blauen Hemd. Von der Kleiderordnung stand ich sehr nahe der Prüfungskommission (Prüfer 1: Anzug, dunkelgrau mit weißem Hemd, keine Krawatte; Prüfer 2: weißes Hemd, Krawatte leicht lose getragen; Prüfungsvorsitzender: Dunkelblauer Anzug, weißes Hemd, gestreifte Krawatte; Psychologin: dunkler Blazer; Schuhe durchweg schwarz). Interessanterweise waren die Bewerber des gehobenen Dienstes im Dresscode noch entspannter (mit Ausnahme eines Artilleristen im Dienstanzug), wie in den gemeinsamen Pausen zu beobachten war.
Unwohl habe ich mich mit meiner Wahl aber nicht gefühlt und die Kommission hat es auch nicht negativ bemerkt.
Vorbereitung: Wie andere schon angebracht hatten das manuelle Schreiben kann ich als Vorbereitungstipp nur empfehlen. Auch Wissensvorbereitung ist super, hier fand ich die Blexi App sehr hilfreich und spannend. Studienwissen kann man durchaus mal drüber schauen, aber so detailliert waren die technischen Fragen nicht das mir irgendetwas Spezielles aus meinem Studium geholfen hätte. Logisches Denken und Herleiten von Zusammenhängen wurde viel eher erwartet und abgefragt.