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Fragen und Antworten => Allgemein => Thema gestartet von: bw_123 am 08. Juni 2019, 18:55:49

Titel: Entlassung aus der Bw
Beitrag von: bw_123 am 08. Juni 2019, 18:55:49
Moin!

Habe heute einen Brief von der Polizei wegen Betruges bekommen; möchte nicht näher auf den Tatbestand eingehen, sondern eher wissen, was für dienstliche Konsequenzen auf mich zu kommen werden?
Ich wollte aufjedenfall direkt am Dienstag zu meinem DV gehen und ihm den Sachverhalt schildern und dass ich eben deswegen vorgeladen werde.

Muss ich überhaupt meinem DV darüber in Kenntnis setzen? Wenn ein Eintrag im BZR erfolgt, stünden meine Chancen auf einen Laufbahnwechsel meiner Meinung nach gen null ... ergo, keine Karriere mehr bei der Bundeswehr - sofern ich nicht schon vorher durch das Vergehen entlassen werde ....
dass sind so die Dinge, die mir gerade im Kopf schwirren ... es handelt sich um keine hohe Summe bei der Straftat ... aber Erfahrungen haben gezeigt, dass die Toleranzgrenze bei der Bw ebenfalls gen null ist, was mich eigentlich nur die Hände über dem Kopf zusammen schlagen lässt und in den Erdboden zu versinken ....

Danke schonmal für jeglichen RAT
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: tank1911 am 08. Juni 2019, 19:04:51
Sie müssen es nicht melden. Sie sollten es aber in Erwägung ziehen, da ihr DV über die MiStrA wahrscheinlich darüber erfahren wird. Es gab hier schon Diskussionen darüber, inwiefern eine Meldung Sinn macht. Meine Meinung: Sofort Melden zeigt Reue und dass Sie zu dem Fehltritt stehen.

Eine etwaige sofortige Entlassung hängt erstmal davon ab in wie vieltem Dienstjahr sie sind und wenn <4 noch von einigen anderen Faktoren, z.B. ihrer dienstlichen Führung und was genau sie verbrochen haben.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: KlausP am 08. Juni 2019, 19:07:27
Zitat
... Muss ich überhaupt meinem DV darüber in Kenntnis setzen? ...

Wie hier in ähnlichen Fällen schon geschrieben wurde: Nein, müssen Sie nicht. Niemand muss sich selbst beschuldigen (auch nicht eines möglichen Dienstvergehens, welches ich hier im Moment aber nicht sehe). Und ob Sie dafür entlassen werden? Vermutlich eher nicht, wenn kein Dienstvergehen  nachgewiesen wird, kommt aber auf den konkreten Fall an.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: ulli76 am 08. Juni 2019, 19:25:18
Ja, eine Entlassung ist bei einer Verurteilung durchaus eine realistische Folge.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: bw_123 am 08. Juni 2019, 19:26:05
Danke für die schnellen Antworten, habe auch eben mit meiner Rechtsschutzversicherung gesprochen, die haben mich zu einer "Beamten-Expertin" weitergeleitet; diese meinte, dass etwaige Disziplinarmaßnahmen innerhalb der Bw möglich sein können, genau so wie Beförderungssperren und Verlängerung der Dienstzeit.

Immerhin eine Erleichterung, dass keine sofortige Entlassung absehbar ist ....

Melden macht frei und so ist mir bewusst, aber vorallem geht es mir auch darum, dass man noch unangenehmere Situationen damit meidet und ich das definitiv melden werde.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: wolverine am 08. Juni 2019, 19:26:12
Um darauf sinnvoll zu antworten bräuchte man schon mehr Details. Zum Beispiel zu einem möglichen dienstlichen Bezug. Betrug kann vieles sein.
Und dann kommt es auch schlicht darauf an, wie die Sache ausgeht: Einstellung, eventuell gegen Auflage, Verurteilung, Freiheits- oder Geldstrafe, Bewährung oder nicht?
So, ist alles und nichts möglich.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: KlausP am 08. Juni 2019, 19:29:53
Zitat
... Verlängerung der Dienstzeit. ...

Wie kommt die Dame auf solchen Quatsch?
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: justice005 am 08. Juni 2019, 19:47:08
Wenn Sie schon nichts zu den Taten schreiben wollen, könnten Sie uns wenigstens mitteilen, wieviele verschiedene Fälle es waren und wie hoch insgesamt der Schaden ist. Dann kann man zumindest mal ganz ungefähr eine Einschätzung abgeben. Ach ja, wir wissen immernoch nicht, in welchem Dienstjahr Sie sind.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: tank1911 am 08. Juni 2019, 19:55:10
Zitat
(auch nicht eines möglichen Dienstvergehens, welches ich hier im Moment aber nicht sehe). Und ob Sie dafür entlassen werden? Vermutlich eher nicht, wenn kein Dienstvergehen  nachgewiesen wird, kommt aber auf den konkreten Fall an.

Ich hatte das neuerlich annähernd ähnlich schon einmal mitgelesen und denke eine Klarstellung ist an dieser Stelle mal wichtig. Die These "Straftat außer Dienst immer ungleich Dienstvergehen" ist falsch. Ich hatte das neuerlich erst wieder in Verbindung mit dem WDA. Der allgemeine Tenor lautet im Gegenteil: Jede Straftat stellt grundsätzlich sehr wohl auch eine Dienstpflichtverletzung da.

Es wird dabei auf die Wohlverhaltenspflicht rekurriert.

Aus §17 SG: "Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. [...] Außer Dienst hat sich der Soldat außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt.

Dabei geht es um das Vertrauensverhältnis. Und das ist auch gut so. Hier ist es Betrug. Was ist mit bewaffnetem Raubüberfall, dem Handel (Konsum wäre §17 (4)) mit Rauschgift oder Kinderpornographie etc etc. Würde man der oben beschriebenen Logik folgen = keine dienstliche Ahndung. Im Gegenteil. Aus meiner Erfahrung raus, wurden die meisten 55 5er, die ich begleitet habe, aufgrund von Verfehlung außer Dienst vollzogen, da diese Dinge i.d.R. auch schwerer wiegen als einfache Dienstvergehen, die im Dienst begangen wurden.

Ob eine außer Dienst begangene Straftat bzw. das entsprechende Dienstvergehen reicht, um jemanden zu entlassen, dass ist eine andere Frage. Dazu müsste man hier wissen, was tatsächlich passiert ist.



Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: DeltaEcho am 08. Juni 2019, 20:11:30
Nochmal der Hinweis, dass bei einer Verurteilung eine einfache D-Maßnahme nicht mehr angewendet werden darf, sehr wohl aber ein gerichtliches D-Verfahren.

Ohne mehr Details zu kennen, kann man dir hier aber nur schwer weiterhelfen.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: bw_123 am 08. Juni 2019, 20:25:53
es handelt sich um einen Fall, die Höhe liegt bei 240 €; das Geld ist bereits zurück überwiesen
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: bw_123 am 08. Juni 2019, 20:31:01
und ich befinde mich in meinem 4ten Dienstjahr
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: justice005 am 09. Juni 2019, 08:32:46
Also, ein einzelner Betrug mit einer Schadenshöhe von 240,- Euro ist ja nun kein Staatsverbrechen. Ich vermute mal, das Strafverfahren wird höchstwahrscheinlich eingestellt, sofern es keine Vorstrafen gibt.

Dienstrechtlich kommt zwar theoretisch ein gerichtliches Disziplinarverfahren in Betracht, aber ich weiß nicht, ob deswegen wirklich ein Wehrdisziplinaranwalt hinterm Ofen hervorgekrochen kommt. Auf jeden Fall wird zuerst mal eine statusrechtliche Entscheidung geprüft. Eine einfache Disziplinarmaßnahme kommt wegen § 16 I WDO nicht mehr in Betracht.

Statusrechtlich kommt eine fristlose Entlassung in Betracht. Ich weiß aber nicht, ob der vorliegende Fall dafür ausreicht. Da lehne ich mich mal nicht aus dem Fenster.

Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: tank1911 am 09. Juni 2019, 09:25:15
Zuweilen wird von einer Bagatellgrenze von ca. 50€ gesprochen, was z.b. Falsches Beantragen von TG angeht.

Es kommt auch darauf an, was genau passiert ist. Ich hatte einen Fall, da wurde gegen einen Soldaten Betrug nach StGB angezeigt, weil die EC-Karte beim Einkauf nicht gedeckt war...
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: DeltaEcho am 09. Juni 2019, 12:34:11
Zitat
Zuweilen wird von einer Bagatellgrenze von ca. 50€ gesprochen, was z.b. Falsches Beantragen von TG angeht 

Bei TG / RHB usw. geht es aber um eine Schädigung des Dienstherren und daher sind beide Sachverhalte kaum miteinander vergleichbar.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: tank1911 am 09. Juni 2019, 12:42:45
Reicht dennoch als Beispiel, um zu verdeutlichen, dass es bei Betrug als Straftat nicht zwangsläufig um Millionen gehen muss. Es geht hier um die charakterliche Eignung.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: InstUffzSEAKlima am 11. Juni 2019, 22:09:46
Jeder kennt die Paradebeispiele aus dem Zivilen, wo Beschäftigte entlassen wurden, weil sie paar Cent Pfandgeld behalten haben, den Akku vom Mobil-Fernmeldemittel am Strom des Arbeitgebers geladen haben oder sich an den Resten einer Kalten Platte nach Ende der Veranstaltung bedient hatten. Alles keine "Schäden" bzw. Schädigungen, die über Centbeträge hinausgingen (daher wurde es ja in den Medien breitgetreten). Es ging um den Vertrauensmissbrauch und dass der ehemalige Beschäftigte ohne schlechtes Gewissen solche Taten begeht, also vermutlich auch zu größeren Schäden in der Lage wäre, weil seine Haltung und Einstellung dafür sprechen.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: Nouqie91 am 12. Juni 2019, 07:45:44
[…] Es ging um den Vertrauensmissbrauch und dass der ehemalige Beschäftigte ohne schlechtes Gewissen solche Taten begeht, also vermutlich auch zu größeren Schäden in der Lage wäre, weil seine Haltung und Einstellung dafür sprechen.

Sorry, aber das ist einfach Blödsinn.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: F_K am 12. Juni 2019, 08:30:58
@ Nougie91:

Negativ - Deine Aussage ist nicht nur beleidigend, sondern grober Schwachfug.

Siehe z. B. https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/diebstahl-wenn-mitarbeiter-klauen/150/3098/348713 und dazu auch die höchstrichterliche Rechtssprechung.

Das "Einzige", was hier dem TE "hilft", ist, dass er wohl nicht den Dienstherrn geschädigt hat, sondern einen Dritten - daher wird es vermutlich nicht zu einer Entlassung kommen.
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: tank1911 am 12. Juni 2019, 11:41:01
Eine Schädigung des Dienstherren ist zwar immer "das Ende der Fahnenstange", aber für eine Entlassung nach 55/5 ist das im Grunde genommen unerheblich. Hier zählt die Dienstpflichtverletzung, die auch ohne Schädigung des Dienstherren gegeben ist. Es kommt einzig und allein auf den Fall an, z.B. hinsichtlich Vorsatz, Böswilligkeit usw. und den kennt hier nur der TE.

Und @Nouqie91: Aus der Dienstpflichtverletzung "Betrug nach §263" in Bezug auf §17 SG (2) Satz 3 lässt sich sehr wohl eine charakterliche Nichteignung bzw. eine fehlende Hemmschwelle für etwaige zukünftige Dienstvergehen, die dann auch u.U. dem Dienstherren schaden, extrapolieren.

"[...] dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt."

Was würden Sie einem Soldaten an Menschen und Material anvertrauen, der bereits schon einmal betrogen hat?
Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: justice005 am 12. Juni 2019, 12:07:14
Zitat
das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt."

Das Zauberwort heißt "ernsthaft". Und was genau das bedeutet, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits seit Jahrzehnten festgelegt.

Insoweit zitiere ich mal das Bundesverwaltungsgericht, dass sich mit dieser Thematik schon oft auseinandergesetzt hat:

BVerwG 2 B 114.11, Beschluss vom 28.01.2013 (Es ging um Betrug i.V.m. Urkundenfälschung)

"Bei Dienstpflichtverletzungen außerhalb dieses Bereichs kann regelmäßig auf eine ernstliche Gefährdung geschlossen werden, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder es sich bei dem Fehlverhalten um eine Disziplinlosigkeit handelt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr). Jedenfalls die beiden letztgenannten Fallgruppen erfordern eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Dienstpflichtverletzung, um die Auswirkungen für die Einsatzbereitschaft oder das Ansehen der Bundeswehr beurteilen zu können."

Ergebnis:

Das Berufungsgericht hat die dargestellten Auslegungsgrundsätze seinem Urteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Es hat das Verhalten des Klägers weder dem militärischen Kernbereich zugeordnet noch als eine Straftat von erheblichem Gewicht angesehen. Auch hat es keine Anhaltspunkte für eine Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr festgestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dem angeschlossen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ob es für eine Entlassung im vorliegenden Fall reicht, ist zwar durchaus möglich, aber keineswegs sicher.

Meine eigene Einschätzung zum vorliegenden Fall:

1. Straftat von erheblichen Gewicht:  Nö, nicht bei nur 240,- Euro und nur einer einzelnen Tat
2. Wiederholungsgefahr: Bei einem Ersttäter vermutlich nicht
3. Nachahmungsgefahr: Auch nicht

Aber wie gesagt: Letzteres ist nur meine Privatmeinung

Titel: Antw:Entlassung aus der Bw
Beitrag von: tank1911 am 12. Juni 2019, 12:15:15
Bei dem Prozedere gehe ich mit. Ob sich die drei Prüffragen hier tatsächlich so beantworten lassen, werden wir wohl nicht erfahren.