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Politik und Zeitgeschehen => Aus Presse und Medien => Thema gestartet von: Kestrel am 10. Oktober 2019, 22:34:58

Titel: Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Kestrel am 10. Oktober 2019, 22:34:58
Zitat
Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Ein Zeit-Soldat sah in seiner Entlassung aus der Bundeswehr „eine Vorverurteilung von Personen muslimischen Glaubens“.
Er wollte Frauen aus religiösen Gründen nicht die Hand geben. Ein Gericht folgte seiner Argumentation nicht.
Welt.de (https://www.welt.de/politik/deutschland/article201719242/Bundeswehr-durfte-Soldat-entlassen-der-Frauen-Handschlag-verweigerte.html)

So was kommt von so was...zurecht.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: justice005 am 11. Oktober 2019, 08:17:27
Völlig richtiges Urteil. Zum Glück ist der Fall vor dem OVG in Koblenz gelandet.... Für andere OVG´s in Deutschland hätte ich nicht meine Hand ins Feuer gelegt...

Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Tommie am 11. Oktober 2019, 08:40:44
Wer sich so äußert wie der Kläger in diesem Verfahren, der steht niemals mit beiden Beinen auf dem Boden der FDGO und damit hat er quasi um seinen Rauswurf gebettelt!
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: LwPersFw am 11. Oktober 2019, 09:55:51
Die Kernaussage des Gerichtes ist:

"Die Entlassung des Klägers beruhe demnach auf einer Verletzung militärischer Dienst­pflichten
 
und nicht – wie vom Kläger geltend gemacht – auf einer „Vorverurteilung von Personen muslimischen Glaubens“ und deren bloßer Religionsausübung."

(Pressemitteilung Nr. 26/2019)

Beschluss vom 8. Oktober 2019, Aktenzeichen: 10 A 11109/19.OVG


D.h. außerhalb des speziellen Gefüges Bundeswehr ... kann jeder Moslem auch diesen Teil seines Glaubens leben (Mann wie Frau) ... ob uns dies gefällt, oder nicht...

"Das Fremde und Andersartige des Islam wird vor allem von Nicht-Muslimen im Alltag
wahrgenommen: Das Tragen von Kopftüchern, der Ruf des Muezzin, die besondere
Gebetspraxis und die Ablehnung bestimmter Speisen werden ebenso als fremd
empfunden wie ein abweichendes Rollenverständnis von Mann und Frau oder die am
Koran gewonnene Rechtsauffassung.

Die Vorschrift der Kopfbedeckung für Frauen, in traditionell- bzw. strenggläubigen
Kreisen auch die Verschleierung der Frau, geht bereits auf vorislamische Zeit zurück
und ist auch in einigen christlichen Gemeinden praktiziert worden.31 In manchen
islamischen Staaten ist die Kopfbedeckung der Frau, in der Regel ein Kopftuch, von
nachgeordneter Bedeutung.32 In der Türkei hingegen ist das Tragen des Kopftuchs
in staatlichen Einrichtungen wie z.B. an Universitäten verboten.33 Das Tragen einer
Kopfbedeckung kann allerdings in nicht-muslimischen kulturellen Umgebungen
zum bewussten Ausdruck der Glaubenszugehörigkeit oder auch der Unterdrückung
verstanden werden. So kommt eine von der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegebene
Untersuchung zu dem Ergebnis, dass in Deutschland lebende Musliminnen das
Kopftuch „aus religiösen Gründen“ tragen und dass hierbei „der Einfluss männlicher
Familienmitglieder eine untergeordnete Rolle“ spiele. „Die Annahme, das Kopftuch
stehe für die Unterdrückung der Frau, wird nicht belegt.
( ... )
Das Familienleben scheint nach außen hin stark von der Rolle des Mannes geprägt
zu sein. Das führt bei Außenstehenden oft zu Irritationen. Grundsätzlich gilt, dass
der Mann für den äußeren Bereich und die Frau für den (inneren) familiären Bereich
zuständig ist. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass der Mann Entscheidungen
der Frau nach außen vertreten muss, obwohl er diese nicht teilt. Der Mann hat sich
auch tagsüber wenig zu Hause aufzuhalten. Zugleich ist es in einigen traditionell
islamisch geprägten Staaten unerwünscht, dass Frauen allein das Haus verlassen.
Deswegen sieht man vor allem in islamisch geprägten Ländern die Männer am Tage in
den Tee- bzw. Kaffeehäusern.

Der Koran spricht Mann und Frau die gleiche Würde zu.

Das schließt in der Praxis eine unterschiedliche Behandlung nicht aus.

Entgegen mancher westlicher Vorurteile sind die Rechte für Frauen sehr weitreichend.

In einer islamischen Ehe gilt stets die Gütertrennung.

So haben Frauen
• das Recht auf persönliches Eigentum,
• das Recht auf Versorgung und Unterhalt, unabhängig von ihrem persönlichen Vermögen,
• das Recht auf Sexualität,
• das Recht auf Weiterführung des eigenen Namens,
• das Recht auf Geburtenkontrolle auch ohne Einwilligung des Mannes,
• das Recht auf Scheidung und Alimentierung nach einer Scheidung,
• das Recht auf Still- und Erziehungsgeld,
• ein Erbrecht."


(Quelle: Zentrum Innere Führung Bw / "Deutsche Staatsbürger muslimischen Glaubens in der Bundeswehr")



Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: F_K am 11. Oktober 2019, 10:46:50
Mir ist der Sachverhalt noch etwas dünn - kann man nachlesen, um welche Dienstpflichten es im Einzelnen ging?
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Kestrel am 11. Oktober 2019, 10:55:35
Sich kompromis- und vorbehaltlos für die FDGO einsetzen? Wenn ich den Gleichheitsgrundsatz des GG aus religiösen Gründen ablehne bzw. als nachrangig zu religiösen Geboten betrachte, wie kann ich dann glaubhaft zu meinem Eid als deutscher Soldat stehen?
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: F_K am 11. Oktober 2019, 11:01:23
@ Kestrel:

Es ist sicherlich kein Thema der FDGO, ob ein Handschlag gegeben wird oder nicht.

Ich  kann auch keine militärische Pflicht erkennen, als Soldat jemand die "Hand geben" zu müssen.

Der militärische Gruß ist das Anlegen der Hand an die eigene Kopfbedeckung / den Kopf - darauf besteht Anspruch.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: LwPersFw am 11. Oktober 2019, 11:16:52
Mir ist der Sachverhalt noch etwas dünn - kann man nachlesen, um welche Dienstpflichten es im Einzelnen ging?


"
Entlassung eines Soldaten auf Zeit wegen Verweigerung des Handschlags gegenüber Frauen

Das OVG Koblenz hat entschieden, dass die Weigerung eines Soldaten auf Zeit, aus religiösen Gründen Frauen die Hand zu geben, seine Entlassung rechtfertigt.

Der Kläger war seit 2015 Soldat auf Zeit. Im Jahr 2017 unterrichtete das Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr darüber,
dass über den Kläger Erkenntnisse mit Bezügen zum Extremismus vorlägen.
Er sei zum Islam konvertiert und habe damit einhergehend sein Erscheinungsbild bezüglich Bartwuchs und Bekleidung sowie sein Verhalten geändert.
Es bestehe der Verdacht, dass er sich in einem religiös motivierten Radikalisierungsprozess befinde.
Bei einer Befragung habe er unter anderem geäußert, wenn er Frauen nicht die Hand gebe, dann sei das seine Sache.

Nach Anhörung des Klägers wurde er mit Bescheid vom Mai 2018 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen.

Seine hiergegen erhobene Klage hatte das VG Koblenz abgewiesen.

Das OVG Koblenz hat diese Entscheidung bestätigt und den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Entlassungsbescheid zu Recht abgewiesen.

Es sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger durch seine auf religiösen Gründen beruhende Weigerung, Frauen die Hand zu geben,
gegen die sich aus dem Soldatengesetz (SG) ergebenden Pflichten zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie zu
achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (vgl. § 8 und § 17 Abs. 2 SG) schuldhaft verstoßen habe.

Beide Pflichten seien dem militärischen Kernbereich zuzuordnen, da sie unmittelbar die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr beträfen.

Deshalb lägen auch die übrigen Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 SG für die Entlassung des Klägers aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit vor,
nämlich eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung und des Ansehens der Bundeswehr im Falle seines Verbleibs in seinem Dienstverhältnis.

Dass der Kläger sich aus religiösen Gründen weigere, Frauen die Hand zu geben, werde nicht durch sein Vorbringen in Frage gestellt, er respektiere Frauen,
habe mit ihnen problemlos zusammengearbeitet und gebe aus hygienischen Gründen auch anderen Menschen nur in Ausnahmefällen die Hand.

Vielmehr bestätige dies gerade die ausnahmslose Weigerung, Frauen die Hand zu geben.

Der Hinweis des Klägers auf mögliche andere Gründe für sein Verhalten gegenüber Frauen sei angesichts seiner konsequenten Hinwendung zum Islam als bloße Schutzbehauptung anzusehen.

Die hinter der Verweigerung des Handschlags gegenüber Frauen stehende Einstellung des Klägers widerspreche der grundgesetzlich angeordneten Gleichstellung
von Mann und Frau (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) und stelle zugleich eine Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 8 SG dar.

Auch sei darin ein Verstoß gegen die Verpflichtung zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Sinne des § 17 Abs. 2 SG zu sehen.

Unabhängig davon, dass keine Vorschrift die Begrüßung per Handschlag gebiete, rechtfertige das Verhalten des Klägers die Annahme,
dass er Kameradinnen nicht ausreichend respektiere und dadurch den militärischen Zusammenhalt sowie die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr gefährde.

Insofern habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Weigerung, Frauen die Hand zu geben, die Erfüllung des grundgesetzmäßigen
Auftrags der Streitkräfte und die Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebes beeinträchtige
.

Entsprechendes gelte für die vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellte Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr, denn ein vernünftiger,
objektiv wertender Dritter werde darin, dass ein Soldat aus religiösen Gründen Soldatinnen nicht die Hand gebe, ohne Weiteres erhebliche Zweifel haben,
ob dieser bereit und in der Lage sei, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen und dabei insbesondere auch für Soldatinnen einzustehen.

Die Entlassung des Klägers beruhe demnach auf einer Verletzung militärischer Dienstpflichten und nicht – wie vom Kläger geltend gemacht – auf
einer "Vorverurteilung von Personen muslimischen Glaubens" und deren bloßer Religionsausübung."


Quelle: Pressemitteilung des OVG Koblenz Nr. 26/2019 v. 10.10.2019
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Kestrel am 11. Oktober 2019, 11:18:28
Es geht nicht um das "Handgeben", sondern die dahinterstehende Grundeinstellung dieses Mannes.
Und da sehe ich erhebliche Mängel in Bezug auf §7, §8 und §17 SG.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: F_K am 11. Oktober 2019, 12:23:19
Ja, so scheint es.

Seine Einlassungen als solche waren "blöd" - die Frage des "Handgebens" nur ein Indikator.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Andi am 12. Oktober 2019, 11:31:36
Entsprechendes gelte für die vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellte Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr, denn ein vernünftiger,
objektiv wertender Dritter werde darin, dass ein Soldat aus religiösen Gründen Soldatinnen nicht die Hand gebe, ohne Weiteres erhebliche Zweifel haben,
ob dieser bereit und in der Lage sei, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen und dabei insbesondere auch für Soldatinnen einzustehen.

Nur als Nebenfeststellung ist das eine - endlich - erfolgte Loslösung von der m.E. viel zu starren und unzeitgemäßen Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes, dass eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr erst ab dem Dienstgrad Oberstleutnant möglich sei.

Gruß Andi
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: LwLauch am 12. Oktober 2019, 20:54:05
[...] dass eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr erst ab dem Dienstgrad Oberstleutnant möglich sei.

Wir haben dieses Jahr erst noch die drei Möglichkeiten zum §17 (2) Satz 1 SG kennengelernt, wie man dem Ansehen der Bundeswehr nicht gerecht werden kann; exponierte Stellung (KpChef etc.), negatives Presseecho oder Repräsentant (ab Oberst aufwärts) der Bw sein.
Kann sicher aber nicht verallgemeinert werden und ist fallabhängig, meiner Meinung nach kann nämlich, wie Sie schon richtig gesagt haben, auch ein Oberstleutnant oder niedriger dem Ansehen schaden, s. negatives Presseecho.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: justice005 am 29. November 2019, 13:33:06
und es geht weiter...…

https://www.spiegel.de/karriere/karlsruhe-soldat-will-frauen-nicht-die-hand-geben-und-zieht-vor-verfassungsgericht-a-1298889.html

Hoffen wir mal, dass das BVerfG die Verfassungsbeschwerde gar nicht erst zur Entscheidung annimmt.

Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: schlammtreiber am 02. Dezember 2019, 08:07:39
Manchmal denke ich mir, als Jurist muss man schon eine Engelsgeduld und einen beachtlichen Fatalismus vorweisen können... wenn man sich ansieht, was für hanebücherne Fälle teils durch etliche Instanzen getrieben werden...
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: F_K am 02. Dezember 2019, 09:16:39
Offtopic:

@ Schlammtreiber:

Es soll Juristen geben, die nehmen dafür Geld - und eine zusätzliche Instanz sind dann zusätzliche Einnahmen ...
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: schlammtreiber am 02. Dezember 2019, 09:51:57
Es soll Juristen geben, die nehmen dafür Geld ...

Das halte ich für üble Nachrede. Die guten Menschen von Justitias Jüngern tun dies doch im Allgemeinen für die gerechte Sache  :)
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: F_K am 02. Dezember 2019, 09:56:57
Offtopic:

@ Schlammtreiber:

Nunja, "pro bono" gibt es, aber doch eher selten ...
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: wolverine am 02. Dezember 2019, 12:36:18
Ein weiser Gott hat es sogar über die Rechtsberatung hinaus verbieten lassen ... ;)
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: justice005 am 02. Dezember 2019, 19:39:09
Zitat
Manchmal denke ich mir, als Jurist muss man schon eine Engelsgeduld und einen beachtlichen Fatalismus vorweisen können... wenn man sich ansieht, was für hanebücherne Fälle teils durch etliche Instanzen getrieben werden...

Mir ist da ein Fall bekannt, da hat ein Chef gegenüber einem Soldaten nach Abschluss von disziplinaren Ermittlungen ein Dienstvergehen festgestellt, aber keine Disziplinarmaßnahme verhängt, weil die Sache harmlos war (Absehensverfügung).  Aber gegen die bloße Feststellung eines Dienstvergehens hat der Typ nicht nur Beschwerde eingelegt, sondern die Sache über die weitere Beschwerde beim Truppendienstgericht bis hin zur Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht getrieben, weil er es nicht eingesehen hat.... Der Typ hatte entweder keine Geldsorgen oder eine extrem geduldige Rechtsschutzversicherung...

Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: arcd008 am 03. Dezember 2019, 10:48:53
Hi,

Zitat
Der Typ hatte entweder keine Geldsorgen oder eine extrem geduldige Rechtsschutzversicherung...

"Geduldig" wäre hier wohl das falsche Wort, eher "spendabel". Eine Rechtsschutzversicherung gibt die jeweiligen Instanzen nur nach und nach frei und davor auch lediglich die Kosten für das außergerichtliche Pingpong-Spiel...
Keine Rechtsschutzversicherung zahlt alles und wägt natürlich auch ab, wie erfolgreich die Klage sein wird...
Im Übrigen übernimmt eine Rechtsschutzversicherung auch nur die Kosten nach RVG bzw. Streitwert. Rechnet der Anwalt nach Stunden ab, dann werden die Kosten nur bis zur Höhe gemäß RVG übernommen und danach darf/muss man selber zahlen.

so long

arcd008
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: dunstig am 03. Dezember 2019, 11:44:34
Kommt sowas nicht immer individuell auf die Versicherung an, die jeder einzelne abgeschlossen hat? ???
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: arcd008 am 03. Dezember 2019, 13:12:58
Hi dunstig,

das ist sicher richtig. Individuell gibt es ja verschiedene Pakete, was, wie versichert sein soll, bspw. Verkehrsrechtschutz, Arbeitsrechtschutz, etc. Es gibt verschiedene Höhen von Selbstbeteiligungen, etc.

Die Rechtsschutzversicherung gilt i.d.R. auch nicht außerhalb Europa, etc.

Prinzipiell ist allerdings das Vorgehen im Fall des Falles gleich, sprich man wendet sich an einen Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt wird daraufhin die RV kontaktieren, kurz die Erfolgsaussichten darlegen und um Kostenübernahme bitten. Diese wird i.d.R. für die im Zivilprozeß dann folgende außergerichtliche Korrespondenz gewährt. Scheitert diese muss erneut um Kostenübernahme, dann für eine Klage, bei der Versicherung nachgefragt werden. Lehnt diese ab, muss man selber zahlen (oder man kann seine RV auf Kostenübernahme verklagen, wobei für diese Klage dann die RV aber nicht in Anspruch genommen werden kann), ansonsten kann die Klage eingereicht werden. Liegt das Urteil vor, muss wieder angefragt werden, ob dann die Kosten für die Berufung übernommen werden.

Keine Versicherung wird schon aus Kostengründen einen Freibrief für alle Instanzen ausstellen. Im Unterliegensfall hat ja die Versicherung nicht nur die Kosten des eigenen Anwalts, sondern auch die des Gegners als auch die Gerichtskosten, Zeugengelder, etc. zu übernehmen.

so long

arcd008
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Captain Kugelfang am 03. Dezember 2019, 14:21:15
Was ich nicht verstehe ist, dass er bis zum Verfassungsgericht will. Er muss doch einsehen, dass er falsch liegt und der Anwalt ist doch verpflichtet, Ihm das auch mitzuteilen.

Mit so einer "Glaubenseinstellung", dass man Frauen aus Glaubensgründen nicht die hand reicht ist sowas von Mittelalter.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: DieEhefrau am 03. Dezember 2019, 14:43:12
Jetzt muss ich auch  mal meinen Senf dazu geben. Sorry, ich schau mir halt eher auch mal den Menschen und seine Bedürfnisse und Werte an.

Ich hab mir auch überlegt: "warum sieht er das nicht ein?" Dann ist mir ein Hinweis aus dem letzten Vortrag 'meines' geschätzten psychologischen Gutachters eingefallen. Der wies uns darauf hin, dass wir immer beachten sollten, ob die extreme Handlungsweise nur in einem Feld oder im kompletten Umfeld  vorkommt (Beruf, Familie, Freizeit, Freunde). ... also klar unterscheiden, ob man einfach nur eine radikale Ansicht in einer Ecke vertritt oder ob sich diese Ansicht im gesamten Leben breit gemacht hat.
Daraus kann man sich dann auch erklären, warum er nicht in der ersten Instanz zufrieden war. Er lebt es.

Extremismus/Radikalismus muss nicht automatisch psychisch krank bedeuten.

Ich zitiere mal den MDR "WAS MACHT EINEN MENSCHEN ZUM EXTREMISTEN?": "Bislang deuten allerdings alle Forschungsergebnisse darauf hin, dass es keiner krankhaften Persönlichkeit bedarf, um Extremist zu werden. Es reichen seelisch sensible Punkte, oder "psychologische Vulnerabilitäten", so der wissenschaftliche Fachbegriff, die einer radikalen Weltsicht Vorschub leisten. In der Regel sind es dann das soziale Umfeld und der Wunsch nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die den Einstieg in eine extremistische Szene erklären ... [..] ... Gewaltbereitschaft und Drogenmissbrauch, oft auch Impulsivität, zeigen ein Verhalten, das immer auf der Suche nach Sensationen ist. Solche Menschen mit sogenannten dissozialen Persönlichkeitsstilen spüren einen Drang nach ständig neuem Erleben und Aufregung. Das kann ein Antrieb sein, sich auf ein Leben im Untergrund einzulassen. Ein anderer sind Unsicherheitsgefühle über die eigene Rolle in der Welt oder die langjährige Erfahrung von Ungerechtigkeit gegenüber der eigenen Person oder sozialen Schicht. Gruppen, vor allem solche, die klar und autoritär strukturiert sind, können verunsicherten Menschen Halt bieten. ANERKENNUNG DER GRUPPE Das Gefühl dazuzugehören kann für Menschen Probleme lösen, etwa Sinn stiften, Gemeinschaft herstellen oder Anerkennung spenden. Wer als Kind Gewalt und Missbrauch erlebt hat oder vernachlässigt wurde, kann während der Pubertät empfänglich sein für das Angebot an Rückzugsräumen und Schutz, das extremistische Gruppen bieten, wenn alle anderen Instanzen wie die Familie oder soziale Einrichtungen versagen."
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: wolverine am 03. Dezember 2019, 14:56:59
Was ich nicht verstehe ist, dass er bis zum Verfassungsgericht will.
Ist doch klar: Freiheit der Religionsausübung. Hier wurde einer entlassen weil seine Vorstellung von Religiösität mit den Dienstpflichten der Bundeswehr unvereinbar erachtet wurde. Und das ist genau eine der Fragen, die das BVerfG zu klären hat.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Captain Kugelfang am 04. Dezember 2019, 07:30:19
Was ich nicht verstehe ist, dass er bis zum Verfassungsgericht will.
Ist doch klar: Freiheit der Religionsausübung. Hier wurde einer entlassen weil seine Vorstellung von Religiösität mit den Dienstpflichten der Bundeswehr unvereinbar erachtet wurde. Und das ist genau eine der Fragen, die das BVerfG zu klären hat.

Also im Koran steht nirgends, aber auch nirgends das man einer Frau nicht die hand geben darf. Daher verstehe ich das Argument nicht. Das ist dann keine Religionsfreiheit, dass ist Dummheit. Der wehrte Herr hätte mal einen Koran in die Hand nehmen sollen und nicht nur die "Weisheiten" seiner Freunde.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: wolverine am 04. Dezember 2019, 07:45:18
Sie bestimmen, was die religiöse Überzeugung eines anderen ist? Gut; merke ich mir. Vielleicht meldet sich auch das BVerfG wenn es einen Gutachter dazu braucht.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: Captain Kugelfang am 04. Dezember 2019, 08:19:32
Sie bestimmen, was die religiöse Überzeugung eines anderen ist? Gut; merke ich mir. Vielleicht meldet sich auch das BVerfG wenn es einen Gutachter dazu braucht.

Als Gutachter bin ich nicht qualifiziert ;).
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: DieEhefrau am 04. Dezember 2019, 08:58:22
Vielleicht interessiert es: Gesetzentwurf: "Richter ohne Kreuz und Kopftuch" (https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Gesetzentwurf-Richter-ohne-Kreuz-und-Kopftuch,justiz372.html) - Quelle: NDR 09-2019 ... "NDS-Justizgesetz - Entwurf Kap. 6 § 31 a: Neutrales Auftreten im Dienst" .... ist zwar nicht identisch, weil es hier nur um "sichtbare Symbole im Gerichtssaal" geht. ... muss mal schaun, ob ich etwas aktuelleres dazu finde.
Titel: Antw:Kein Handschlag für Frauen - Bundeswehr durfte Soldaten entlassen
Beitrag von: wolverine am 04. Dezember 2019, 15:25:45
Als Gutachter bin ich nicht qualifiziert ;).
Das ist grundsätzlich keiner. Jeder glaubt "individuell" und man kann die gewährten Glaubensfreiheiten nicht auf den Koran oder andere Schriften reduzieren. Viele heutige Christen haben ihren christlichen Glauben für sich modifiziert (Freitagsfasten/ Fastenzeit/ Kirchgang/ Ehescheidung). Warum soll das bei Muslimen anders sein? Oder wenn einer einer Druidenreligion anhängt?
Nur geht es eben im Kern darum ob die eigene Religiosität den dienstrechtlichen Pflichten entgegensteht und nicht durch eine praktische Konkordanz auflösbar ist.