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Zusammenfassung

Autor Andi8111
 - 26. September 2020, 21:48:17
Ich finde es schade, dass tagespolitisch gewollte Veränderungen in eine quasi Berufsordnung übernommen werden...
Autor LwPersFw
 - 25. September 2020, 18:20:44
Deutscher Bundestag

Drucksache 19/22826

Gesetzentwurf der  Bundesregierung Entwurf  eines  Gesetzes  zur  Änderung  soldatenrechtlicher  Vorschriften

25.09.2020

https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/228/1922862.pdf


"Sehr  geehrter  Herr  Präsident,

hiermit  übersende  ich  den von  der  Bundesregierung  beschlossenen Entwurf  eines  Gesetzes  zur  Änderung  soldatenrechtlicher  Vorschriften   mit  Begründung  und  Vorblatt  (Anlage).

Ich  bitte,  die  Beschlussfassung  des  Deutschen Bundestages  herbeizuführen.

Federführend  ist  das  Bundesministerium  der  Verteidigung.

Der  Bundesrat  hat  in seiner  993.  Sitzung  am  18.  September  2020 beschlossen,  gegen  den  Gesetzentwurf  gemäß  Artikel  76 Absatz  2  des  Grundgesetzes keine Einwendungen  zu erheben.

Mit  freundlichen Grüßen
Angela Merkel"



"Zu  Nummer  2

(§  55 Absatz  5)

Mit der  Änderung  wird  die  derzeit auf  die  ersten  vier  Dienstjahre  befristete  Möglichkeit zur  Entlassung von  Soldatinnen und Soldaten auf  Zeit, die  ihre  Dienstpflichten schuldhaft  verletzt  haben und  deren  Verbleiben in ihrem Dienstverhältnis  die  personelle  Funktionsfähigkeit  der  Streitkräfte  als  Teil  der  militärischen  Ordnung  oder  das Ansehen der  Bundeswehr  ernstlich  gefährden  würde,  für  besonders  schwere  Fälle auf  acht  Jahre  erweitert.  Zweck der  Regelung war  es  von Beginn an, Dienstverhältnisse  von Soldatinnen und Soldaten auf  Zeit  in den ersten Dienstjahren wegen  eines  wiederholten oder  schwerwiegenden  Dienstvergehens  unter  erleichterten  materiellrechtlichen  und  verfahrensrechtlichen  Voraussetzungen  beenden  zu  können,  als  zu  einem  späteren  Zeitpunkt  des Dienstverhältnisses.  Anstelle  einer  disziplinargerichtlichen  Entscheidung  tritt der  Erlass  eines  Verwaltungsaktes, gegen den  die  betroffene  Soldatin oder  der  betroffene  Soldat  verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz  suchen kann (vergleiche  Bundestagsdrucksache  II/1700, S.  34 zu  §  50 des  Entwurfs  des  Soldatengesetzes).

Im  Rahmen der materiellrechtlichen  Prüfung  anlässlich  eines Entlassungsverfahrens nach  §  55 Absatz  5  SG  bedarf  es  keiner  genauen  Prüfung der  Schuldform  (Vorsatz  oder  Fahrlässigkeit), wie  es  in  einem  gerichtlichen  Disziplinarverfahren erforderlich  wäre.   


Nach  bestehender  Rechtslage kann  eine  Beendigung des  Dienstverhältnisses  von Soldatinnen und  Soldaten auf Zeit  nach  dem  vierten  Dienstjahr  nur  noch  durch  eine strafrechtliche Verurteilung  (nach  Maßgabe  des  §  48  SG) oder  durch  Entfernung  aus  dem  Dienstverhältnis  im  Rahmen eines  gerichtlichen  Disziplinarverfahrens (§  58 Absatz  1  Nummer  5  WDO)  herbeigeführt  werden. 

Beide  Verfahren brachten es  regelmäßig  mit  sich,  die  Soldatin oder  den  Soldaten  noch  über  einen sehr  langen, häufig über  mehrere  Jahre  dauernden  Zeitraum  im  Dienstverhältnis  belassen  zu  müssen. Gerade  bei  schwerwiegenden  Dienstvergehen, die  die  militärische  Ordnung  oder  das Ansehen der  Bundeswehr  ernstlich gefährden, wie  beispielsweise  Fälle  von politischem  Extremismus  oder  von Straftaten von erheblicher  Bedeutung,  etwa  im  Zusammenhang mit  sexuellem  Missbrauch oder  Kinderpornographie, gewährt  die  Neuregelung dem  Dienstherrn  unter  besonderer  Berücksichtigung  des  Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes  mehr  Flexibilität  und über  einen längeren Zeitraum  die  Möglichkeit, mit  einer  schneller  wirksam werdenden  Maßnahme reagieren  zu  können.   


Weiterhin hat  sich der  Personalkörper  der  Bundeswehr  seit  dem  Aussetzen der  verpflichtenden Einberufung zum Grundwehrdienst  zum  1.  Juli  2011 von  Grund  auf  verändert:  Der  erhebliche  Anteil  an  Weiterverpflichtungen aus einem  vorangegangenen  Grundwehrdienst  oder  freiwilligen Wehrdienst  von jährlich rund 7  500 (2007 bis  2011) ermöglichte  es  bis  dahin, sich anhand der  zunächst  wahrgenommenen ausschließlich truppendienstlichen  Aufgaben ein  hinreichend  belastbares  Bild  über  die  Persönlichkeit  und die  charakterliche  Eignung  zu  verschaffen. Mit dem  Wandel  hin  zu  einer  reinen  Freiwilligenarmee  und  dem  damit  verbundenen  Bedarf  an  Spezialisten,  die  regelmäßig auf  Grund mehrjähriger  intensiver  Fachausbildungen in den ersten vier  Dienstjahren kaum  truppendienstliche  Aufgaben wahrnehmen, ist  diese  Möglichkeit  weitgehend entfallen.


Auch  die  der  Berufung  in  ein  Wehrdienstverhältnis  vorausgehenden  eignungsdiagnostischen  Auswahlverfahren einschließlich formaler  Prüfungen des  Führungszeugnisses oder  Auszugs aus dem  Bundeszentralregister sowie die  vor  der  erstmaligen Begründung eines  Wehrdienstverhältnisses  durchzuführenden  Sicherheitsüberprüfungen (§  37  Absatz  3  SG  und  §  58b  Absatz  2  in  Verbindung  mit  §  37  Absatz  3  SG)  reichen  oftmals  nicht  aus, um  ein abschließendes  und  umfassendes  Bild zu erlangen. Mit  dem  Wandel  der  Bundeswehr  zu einer  reinen Freiwilligenarmee  haben  sich insbesondere  auch  die  durchschnittlichen  Verpflichtungszeiten maßgeblich geändert.  Diese Zeiten  haben  sich  vor  allem  bei  Mannschaften  und  Fachunteroffizieren  in  den  letzten  Jahren  vergrößert,  angestrebte  Verpflichtungszeiten  von acht  Jahren  und  länger  sind die  Regel.  Dadurch erhöht  sich der  Anteil  der  Soldatinnen  und  Soldaten  auf  Zeit  mit  Dienstzeiten  über  vier  Jahren,  was  neben  allen  positiven  Effekten  auch  dazu führt, dass  der  Dienstherr  zur  Beendigung  des  Dienstverhältnisses  nach mehr  als  vierjähriger  Zugehörigkeit  regelmäßig auf  langwierige  gerichtliche  Disziplinarverfahren angewiesen ist, um  sich  von Personen zu trennen, deren  Verhalten  ein  weiteres  Verbleiben  im  Dienstverhältnis  einer  Soldatin  auf  Zeit  oder  eines  Soldaten  auf  Zeit nicht zulässt.


Die  Verlängerung der  Frist,  in der  Soldatinnen und Soldaten auf  Zeit  durch Verwaltungsakt  entlassen werden können, ist  auch verfassungsrechtlich  zulässig.  Insbesondere  stellt  die  Fristverlängerung keine  unverhältnismäßige  Beeinträchtigung  der  Interessen der  Soldatinnen  und  Soldaten  an einer  Verfestigung ihres  Dienstverhältnisses  dar.  Auch  nach  einer  Dienstzeit  von  bis  zu  acht  Jahren  bestehen keine  Gründe,  dass  das  Wehrdienstverhältnis allein  durch  straf-  oder  disziplinargerichtliches  Urteil  beendet  werden kann,  wenn  es  sich um  besonders  schwerwiegende  Fälle  handelt.

Mit  besonders  schweren Fällen sind hier  Fälle  gemeint, die  auch  in  einem  gerichtlichen Disziplinarverfahren zur  Beendigung  des  Dienstverhältnisses  führen würden, weil  andernfalls  die  Gefahr  eines schweren  Schadens  für  die  militärische  Ordnung  oder  das  Ansehen der  Bundeswehr  bestünde,  also Fälle  gravierender  Dienstpflichtverletzungen  wie  zum  Beispiel  verfassungsfeindliche,  rassistische oder  antisemitische Betätigung, schwere  Misshandlung  Untergebener  oder  schwere  Fälle  von sexuellem  Missbrauch oder  Umgang mit Kinderpornographie.


Die derzeit  geltende  Beschränkung der  Entlassungsmöglichkeit  auf  die  ersten  vier  Dienstjahre  wurde  ursprünglich damit  begründet,  dass  ,,bei  längerer  Dienstzeit  ...  die  Versorgungsrechte  des  Soldaten  stärker" seien  (Bundestagsdrucksache  II/1700, S.  34 zu  §  50). In diesem  Zusammenhang ist  festzustellen, dass  bis  zur  Novellierung der WDO durch  das  Gesetz  vom  9.  Juni  1961,  BGBl.  I S.  689)  nach  §  114  WDO  a.  F.  gerichtliche  Disziplinarverfahren gegen  Soldatinnen  und  Soldaten auf  Zeit, die  nach  §  55  Absatz  5  SG  entlassen  werden konnten,  unzulässig waren. Auf  Dienstvergehen,  die mit  einer  einfachen  Disziplinarmaßnahme  nicht  angemessen  geahndet  werden konnten, war  demzufolge  regelmäßig  mit  einer  Entlassung nach §  55 Absatz  5  SG  einschließlich  der  damit  verbundenen versorgungsrechtlichen Folgen zu  reagieren.  Auf  Grund  dieser  Exklusivität wurde  die  fristlose  Entlassung auf  die  ersten vier  Dienstjahre  beschränkt.

Mit  der  Änderung  der  WDO  ist  die  fristlose  Entlassung aber  nicht mehr  alternativlos. Vielmehr  lässt  sich unter  Anwendung  des  Verhältnismäßigkeitsprinzips  bei  einem  Dienstvergehen von einer  Entlassung  absehen  und stattdessen  auf  eine  gerichtliche  Disziplinarmaßnahme  unterhalb der Entfernung aus  dem  Dienst  hinwirken (vergleiche  BVerwGE  91, 62;  BVerwG,  NJW  1984, 938). 

Da  somit  nicht jedes  Dienstvergehen,  bei  dem  eine  einfache  Disziplinarmaßnahme  unzureichend  erscheint, zwingend zur  Entlassung führt, sondern auch mit  einer  anderen gerichtlichen  Disziplinarmaßnahme  ohne  einschneidende  versorgungsrechtliche  Konsequenzen geahndet  werden kann, sprechen  insoweit  versorgungsrechtliche  Aspekte  nicht  pauschal gegen die  Verlängerung der  Frist.  Vielmehr  ist  auch bei  Anwendung der  Entlassungsermächtigung des  §  55 Absatz  5  SG  die  Dauer  der  bereits  geleisteten  Dienstzeit  mit  in  die  Erwägungen  einzubeziehen.  Ist  dagegen  auch unter  Beachtung des  Verhältnismäßigkeitsprinzips  die  Entlassung geboten, sind insoweit  auch  die  damit  verbundenen versorgungsrechtlichen Konsequenzen  gerechtfertigt. 


Im  soldatischen Dienst  ist  der  Status  von Soldatinnen  und  Soldaten  auf  Zeit  –  nicht zuletzt  im  Interesse der  Gewährleistung  einer  ausgewogenen  Altersstruktur  in  den  Streitkräften  –  die  Regel.  Die  Mehrheit  der  Soldatinnen und Soldaten auf  Zeit  hat  weder  eine  Möglichkeit,  Berufssoldatin oder  Berufssoldat  zu werden, noch strebt  sie eine  Bindung an  die  Streitkräfte  für  die  gesamte  Dauer  ihres  Berufslebens  an.  Von vornherein haben  Soldatinnen und Soldaten auf  Zeit  deshalb in ihre  persönliche  Lebensplanung auch berufliche  Anschlussverwendungen außerhalb  der  Streitkräfte mit  einzubeziehen.


Die  fristlose  Entlassung nach §  55 Absatz  5 SG  dient  dem  Schutz  der  militärischen Ordnung oder  des  Ansehens der  Bundeswehr  und ist  keine  Disziplinarmaßnahme  zur  Erhaltung  der  beruflichen  Integrität  von Soldatinnen  und Soldaten auf  Zeit.   


§  55 Absatz  5  SG  ist  nur  anwendbar  auf  Soldatinnen und  Soldaten auf  Zeit, die  sich  gerade  nicht  wie  eine  Berufssoldatin oder  ein Berufssoldat  auf  Lebenszeit  an den Dienstherrn gebunden haben. Im  Rahmen der  erforderlichen Abwägung der  betroffenen  Interessen überwiegt  in gravierenden Fällen  das  Interesse des  Dienstherrn  am  Schutz der  militärischen Ordnung sowie  des  Ansehens  der  Bundeswehr  auch innerhalb von acht  Dienstjahren das  Interesse  einer  Soldatin  oder  eines  Soldaten  am  Erhalt  ihrer  oder  seiner  zwischenzeitlich  erworbenen  Versorgungsrechte.  Die  Einführung  des  ,,besonders  schweren  Falles"  im  Rahmen  des  neu  formulierten  §  55  Absatz  5  Satz  2 SG  als  Tatbestandsvoraussetzung für  eine  Entlassung  bis  zum  achten  Dienstjahr  stellt  zudem  sicher, dass  in  entsprechenden  Fällen  in  besonderer  Weise  dem  Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  Rechnung  getragen  wird.  Darüber hinaus  ist  die  Erstellung einer  Ausführungsbestimmung zu §  55 Absatz  5 SG  beabsichtigt, um  weiterhin eine rechtskonforme  Anwendung  durch die  zuständigen  Dienststellen sicherzustellen.


Anders  als  bei  Berufssoldatinnen  oder  Berufssoldaten ist  die  Rechtsstellung  einer  Soldatin auf  Zeit  oder  eines Soldaten  auf  Zeit  im  Rahmen  eines  lediglich  befristeten  Dienstverhältnisses,  welches  gleichzeitig  auch  das  Alleinstellungsmerkmal  dieser  Statusgruppe  ist,  auch  nach  acht  Jahren  noch  nicht  als  derart  gefestigt  anzusehen, dass  ihr  Dienstverhältnis  ausschließlich unter  den besonderen verfahrensrechtlichen  Voraussetzungen,  die  nach der  Wehrdisziplinarordnung  für  eine  Entfernung aus  dem  Dienstverhältnis  gelten,  beendet  werden  darf.  Das  Vertrauen auf  den Fortbestand eines  Dienstverhältnisses  ist  bei  Soldatinnen und Soldaten auf  Zeit  geringer  als  bei Berufssoldatinnen  und  Berufssoldaten.  Dies  rechtfertigt  bei  Soldatinnen  und  Soldaten auf  Zeit  in besonders schweren Fällen eine  Entlassungsmöglichkeit  in den ersten acht  Dienstjahren."


Autor LwPersFw
 - 24. September 2020, 21:41:33
Bundesrat Drucksache 444/20 (Beschluss)
18.09.20

Stellungnahme des  Bundesrates Entwurf  eines  Gesetzes  zur  Änderung  soldatenrechtlicher  Vorschriften

Der  Bundesrat  hat  in  seiner  993.  Sitzung  am  18. September  2020  gemäß  Artikel 76 Absatz 2  des  Grundgesetzes  beschlossen,  gegen  den  Gesetzentwurf  keine  Einwendungen zu  erheben.
Autor LwPersFw
 - 21. August 2020, 06:26:53
Im Anhang

"Bundesrat Drucksache 444/20

07.08.20

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung soldatenrechtlicher Vorschriften


A. Problem und Ziel

Die seit 2001 erfolgten Veränderungen im täglichen Dienst und in der Personalstruktur der
Bundeswehr haben aufgezeigt, dass die bestehenden Regelungen des Soldatengesetzes
und der Wehrdisziplinarordnung zur zeitnahen und angemessenen statusrechtlichen oder
disziplinarrechtlichen Reaktion auf Dienstvergehen, wie beispielsweise politischen oder
religiösen Extremismus oder Straftaten von erheblichem Gewicht, etwa im Zusammenhang
mit sexuellem Missbrauch oder Kinderpornographie, nicht mehr ausreichend effizient sind.

In den Jahren 2017 bis 2019 dauerte ein Disziplinarverfahren von Aufnahme der Vorermittlungen
bis zu dessen Beendigung durch eine gerichtliche Entscheidung durchschnittlich über 30 Monate.
Dies resultierte auch aus der hohen Belastung der Wehrdisziplinaranwaltschaften und der Truppendienstgerichte.
Im Ergebnis wurde so häufig eine schnelle und effektive Reaktion auf Dienstvergehen verhindert.

Auch die rechtliche Unzulässigkeit der dienstrechtlichen Entlassung von Soldatinnen und
Soldaten nach dem vierten Dienstjahr, sorgt im Ergebnis dafür, dass eine schnelle und
angemessene Reaktion auf einschlägige Dienstvergehen unmöglich gemacht wird.

B. Lösung

Die geplante Änderung des Soldatengesetzes eröffnet die Möglichkeit, auf besonders
schwere Dienstvergehen auch dann schnell und wirksam dienstrechtlich zu reagieren,
wenn sie von Soldatinnen und Soldaten auf Zeit begangen werden, die bereits länger als
vier Jahre dienen. Zukünftig kann auch bei bereits länger dienenden Soldatinnen und Soldaten
auf Zeit als Reaktion auf schuldhafte Dienstpflichtverletzungen das Dienstverhältnis
schnell und zeitnah beendet werden, sofern es sich um besonders schwere Fälle handelt
und das Dienstverhältnis noch nicht länger als acht Jahre besteht.

Durch die beabsichtigten Änderungen der Wehrdisziplinarordnung wird die Möglichkeit
geschaffen, bereits auf einfacher disziplinarrechtlicher Ebene und somit ohne Durchführung
eines langwierigen gerichtlichen Disziplinarverfahrens, unmittelbar und spürbar auf
Dienstvergehen zu reagieren.

Auch die Anwendbarkeit verfahrensbeschleunigender gerichtlicher Entscheidungen soll ausgeweitet werden, so dass die Truppendienstgerichte
insgesamt entlastet werden und gerichtliche Disziplinarverfahren im Ergebnis schneller bearbeitet werden können."


http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2657/265719.html

Autor LwPersFw
 - 06. Juni 2020, 22:42:09
Zitat von: justice005 am 06. Juni 2020, 20:51:50
Ich halte die Änderungen auch für groben Unfug.

Verlängerung der Entlassungsfrist auf 8 Jahre:

Das ist mit Sicherheit verfassungswidrig und ich gehe jede Wette ein, dass der Bundeswehrverband die erste Möglichkeit, die sich bietet, wahrnimmt, um das vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Beamte, Richter und Soldaten stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis, durch welches Person und Staat miteinander verbunden sind. Dazu gehört, dass eine Entlassung nicht durch eine einfache Verwaltungsverfügung ergehen darf, sondern nur durch ein Gericht! Deshalb gilt für Beamte ja auch - im Verhältnis zur freien Wirtschaft - eine extrem lange Probezeit von 3 Jahren. Die Möglichkeit, Soldaten sogar noch bis zu 4 Jahren nach Einstellung noch durch Verwaltungsakte entlassen zu können, ist schon eine echte Besonderheit. Und ich meine auch, mich erinnern zu können, dass das Bundesverfassungsgericht die jetzige 4-jahres-regelung nur grade so noch als verfassungskonform angesehen hat. 8 Jahre hingegen ist nicht mehr zu rechtfertigen, denn dann könnte man auch gleich sagen, dass man Soldaten grundsätzlich jederzeit einfach rauswerfen kann. Damit sind dann aber Grundprinzipien des Staates berührt.

Ich behaupte, das hält nicht!



Die Frage wird sein, ob die Rechtsgelehrten diese Vorgaben für max 4 ... oder dann 8 Jahre gelten lassen:


"Die fristlose Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG ist keine disziplinarische Maßnahme, sondern soll die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gewährleisten (BVerwG, B.v. 16.8.2010 - 2 B 33.10 - NVwZ-RR 2010, 896 - juris Rn. 6 ff.).

Sie stellt ein Mittel dar, um eine Beeinträchtigung der uneingeschränkten Einsatzbereitschaft zu vermeiden.

Bereits aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 5 SG ergibt sich, dass diese Gefahr gerade als Auswirkung einer Dienstpflichtverletzung des Soldaten drohen muss. Dies ist von den Verwaltungsgerichten aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen (siehe zum Ganzen: BVerwG, B.v. 28.1.2013 - 2 B 114.11 - juris Rn. 8; U.v. 28.7.2011 - 2 C 28.10 - juris Rn. 10)."


VG Augsburg, Urteil v. 09.08.2018 – Au 2 K 18.286


"Nach §  55 Abs.  5 SG  kann ein Soldat  auf  Zeit  während der  ersten vier  Dienstjahre fristlos  entlassen werden,  wenn er  seine  Dienstpflichten  schuldhaft  verletzt  hat  und sein Verbleiben in seinem  Dienstverhältnis  die  militärische  Ordnung oder  das  Ansehen der  Bundeswehr  ernstlich gefährden würde.  Die  Vorschrift  soll die  personelle und materielle Einsatzbereitschaft  der  Bundeswehr gewährleisten.  Die fristlose Entlassung stellt  ein Mittel  dar,  um  eine Beeinträchtigung der  uneingeschränkten Einsatzbereitschaft  zu vermeiden.  Bereits  aus dem  Wortlaut  des  § 55 Abs.  5 SG  ergibt  sich,  dass  diese Gefahr  gerade als Auswirkung einer  Dienstpflichtverletzung des  Soldaten drohen muss. 

Dies  ist von den Verwaltungsgerichten aufgrund einer  nachträglichen Prognose zu beurteilen."


BVerwG, B.v. 16.8.2010 - 2 B 33.10


"In diesen tatbestandlichen Voraussetzungen für eine fristlose Entlassung kommt deutlich zum Ausdruck, daß § 55 Abs. 5 SG allein dem Schutz der Bundeswehr dient und künftigen Schaden für sie verhindern soll.

Zweck der fristlosen Entlassung ist nicht eine disziplinare Sanktion, sondern die Abwendung einer drohenden ernstlichen Gefahr für die Bundeswehr, wobei die Gefahr sich allerdings als Auswirkung der Dienstpflichtverletzung darstellen muß."


BVerwG 6 C 2.81 v. 20.06.1983
Autor justice005
 - 06. Juni 2020, 20:51:50
Ich halte die Änderungen auch für groben Unfug.

Verlängerung der Entlassungsfrist auf 8 Jahre:

Das ist mit Sicherheit verfassungswidrig und ich gehe jede Wette ein, dass der Bundeswehrverband die erste Möglichkeit, die sich bietet, wahrnimmt, um das vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Beamte, Richter und Soldaten stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis, durch welches Person und Staat miteinander verbunden sind. Dazu gehört, dass eine Entlassung nicht durch eine einfache Verwaltungsverfügung ergehen darf, sondern nur durch ein Gericht! Deshalb gilt für Beamte ja auch - im Verhältnis zur freien Wirtschaft - eine extrem lange Probezeit von 3 Jahren. Die Möglichkeit, Soldaten sogar noch bis zu 4 Jahren nach Einstellung noch durch Verwaltungsakte entlassen zu können, ist schon eine echte Besonderheit. Und ich meine auch, mich erinnern zu können, dass das Bundesverfassungsgericht die jetzige 4-jahres-regelung nur grade so noch als verfassungskonform angesehen hat. 8 Jahre hingegen ist nicht mehr zu rechtfertigen, denn dann könnte man auch gleich sagen, dass man Soldaten grundsätzlich jederzeit einfach rauswerfen kann. Damit sind dann aber Grundprinzipien des Staates berührt. Ich behaupte, das hält nicht!


Disziplinarbuße von 2 Monatsgehältern:

Hier fehlt die Beachtung des Abstandsgebots zu den gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen. Eine Kürzung der Dienstbezüge als gerichtliche Disziplinarmaßnahme ist maximal möglich in Höhe von 20% der Dienstbezüge für die Dauer von maximal 5 Jahren. Um also durch eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme zwei Monatsgehälter zu verlieren, müsste ich also schonmal 20% für die Dauer von 10 Monaten bekommen. Das ist richtig viel !! und exakt das Gleiche kann also nunmehr auch ein kleiner Kompaniechef machen, wenn er zwei Monatsgehälter verhängt und 10 Raten gewährt? Das wird ebenfalls nicht halten. Und by the way: Auch bei Beamten gilt nur eine Höchstsumme von einem Monatsgehalt. Mit welcher Rechtfertigung soll bei Soldaten der doppelte Wert möglich sein?

Verlängerung der Verhängungsfrist auf ein Jahr:

Das hingegen finde ich gut und das unterstütze ich auch.


ZitatWie hat das denn früher funktioniert, als man noch Wehrpflicht, deutlich mehr Soldaten und damit maßgeblich auch deutlich mehr schwere - für das Truppendienstgericht maßgebliche - Verfehlungen hatte?

Die Truppendienstgerichte hatten mit Wehrpflichtigen im Grunde nichts zu tun, außer vielleicht mal eine Durchsuchung anzuordnen... Wehrpflichtige standen niemals vor dem Truppendienstgericht.

Nach meiner persönlichen Meinung liegt das Problem hauptsächlich bei den Richtern. Ich glaube, da sitzen einfach keine Leute, die kurz und bündig und vor allem pragmatisch mal ihre Akten abarbeiten. Stattdessen wird selbst bei jedem noch so eindeutigen klassischen Routinefall ein Aufhebens gemacht, dagegen ist eine Doktorarbeit gar nichts. Ich habe vor einiger Zeit einen Disziplinargerichtsbescheid gesehen (also ein rechtskräftiges (!!!) Urteil, mit welchem alle Beteiligten einverstanden (!) waren). Das wurde dann trotzdem noch auf 20 Seiten begründet, und das bei einem Routinefall.

Jeder Strafrichter, der 10 Verhandlungen am Tag runterspult, der würde sich kaputt lachen über die TDG. 



Autor Andi
 - 06. Juni 2020, 19:05:35
Zitat von: F_K am 04. Juni 2020, 19:38:50
An einer fristlosen Kündigung eines AN ist auch kein Richter beteiligt - auch hier muss der AN tätig werden.

Vielleicht liest du noch mal nach auf welcher deiner Aussagen ich mich direkt bezogen habe,

Zitat von: F_K am 04. Juni 2020, 19:38:50
" nicht so gute" Juristen gibt es schon auf dem Arbeitsmarkt - die freuen sich auch über A9.

Und das hilft jetzt inwiefern bzw. hat welche Relevanz für das Thema?
Das Problem ist ein generelles und nicht auf die Bundeswehr begrenzt. Es gibt bundesweit seit Jahren extreme Probleme bei der Einstellung von Richtern und Staatsanwälten.

Gruß Andi
Autor F_K
 - 04. Juni 2020, 20:13:02
@ Andi8111:

Schon klar - und für A13 bekommt man schon einem mittelprächtigen Juristen - ich kenne genug, die sich über A9 / A10 freuen ..
Autor Andi8111
 - 04. Juni 2020, 19:47:04
Zitat von: F_K am 04. Juni 2020, 19:38:50
" nicht so gute" Juristen gibt es schon auf dem Arbeitsmarkt - die freuen sich auch über A9.
Sofern ein Jurist ein zweites Staatsexamen gemacht hat und bestanden hat, wird er mit A13 eingestellt.
Egal wie "schlecht" er abgeschnitten hat, solange er bestanden hat, hat er die formale Befähigung für den höheren Verwaltungsdienst.
Autor F_K
 - 04. Juni 2020, 19:38:50
@ Andi:

An einer fristlosen Kündigung eines AN ist auch kein Richter beteiligt - auch hier muss der AN tätig werden.

" nicht so gute" Juristen gibt es schon auf dem Arbeitsmarkt - die freuen sich auch über A9.
Autor Andi
 - 04. Juni 2020, 18:59:28
Zitat von: dunstig am 03. Juni 2020, 12:50:06
Grundsätzlich begrüße ich es, den DV wieder mehr Verantwortung zuzugestehen. Aber die Argumentation hinkt für mich in diesem Fall ein wenig. Wenn die Truppendienstgerichte so überlastet sind, wäre es meiner Meinung nach angeraten, genau dort anzusetzen und die Überlastung abzubauen. So scheint es mir eher um Symptombekämpfung statt der Ursachenbeseitigung zu gehen.

Die Gesetzesänderung ist da tatsächlich "Symptombekämpfung", aber nicht aus bösem Willen, sondern weil sich strukturelle Änderungen als nicht realistisch möglich erwiesen haben.

Das Problem ist im Zuge der Strukturreform von 2010 entstanden - an sich mit Ansage, aber so weit hat wohl niemand gedacht - in der man ja den weniger brillianten Schritt getan hat die neuen Strukturen von "oben nach unten" aufzubauen. Also erst die neue Führungsstruktur schaffen und dann irgendwann Unterstellungswechsel, Neuaufbau, Aufgabenübernahme. Was erst mal lässig klingt geht aber schlicht nicht, weil das Personal für die neue Struktur ja aus der alten Struktur herausgeschwitzt werden musste. Effektiv hatte man dann also über ein, zwei Jahre z.B. nicht mehr handlungsfähige WBK und gleichzeitig personell nicht für die neuen Aufgaben aufgestellte Landeskommandos (das Personal war ja noch auf den alten Dienstposten).
Aber das nur als Hintergrund, denn im Zuge dieses Vorgehens wurde von einem Tag auf den anderen auch die Anzahl der (aktiven) Kammern an den Truppendienstgerichten und auch die Anzahl der Wehrdisziplinaranwälte spürbar reduziert - natürlich entsprechend der neuen Struktur (also auch weniger Juristendienstposten, ergo weniger Einstellungen). Logischer Weise stammten zu diesem Zeitpunkt aber alle Verfahren aus der alten Struktur (damalige Laufzeit eines Verfahrens war so im Schnitt ein bis anderthalb Jahre) und endeten nicht plötzlich an einem Stichtag, nur weil die Bundeswehr strukturell umgebaut wurde. Weiterhin wurde die Bundeswehr zwar um mehrere 10.000 Soldaten verkleinert, aber die Masse davon war durch den Wegfall des Grundwehrdienstes begründet. Die Anzahl der SaZ und BS, also derjenigen, die vor einem Truppendienstgericht landen können war relativ konstant und sank im Verhältnis kaum.
In der Konsequenz wurde mit einem Schlag - neben einem lustigen Zuständigkeitswechselbingo durch neue Kommandobehörden - die Kapazität der Truppendienstgerichte und Wehrdisziplinaranwaltschaften spürbar gesenkt. Nichtbesetzung von Dienstposten im Rechtswesen führten weiter zu Einschränkungen, die zu in Teilen völlig unhaltbaren zuständen durch nicht mehr zu vertretende Verfahrensdauern führten. Die genannten zweieinhalb Jahre sind ja das Mittel. Ich selbst habe Fälle erlebt mit Laufzeiten von über 5 Jahren bei absolut eindeutigen Sachverhalten - und das sind eben keine "Einzelfälle" mehr, sonden normal. Das führt nicht nur den Zweck von WDO und Disziplinierung ad absurdum, es ist ein für die betroffenen Beschuldigten belastender und unhaltbarer Zustand.

Nachdem des Rechtswesen dieses entstehende Chaos mehrere Jahre mit ansehen musste, hat man dann versucht die nicht besetzten Kammern zu aktivieren, um den Überhang langsam abzuarbeiten. Nur - man greife einem nackten Mann in die Taschen - musste man dann feststellen - was man schon wusste -, dass die Bundeswehr nicht genug Juristen einstellen kann und man somit nur mehr Dienstposten für Juristen hat, die man eh nicht besetzen kann.


Für mich ist die Gesetzesänderung der erste Beweis dafür, dass der öffentliche Dienst den Kampf um qualifiziertes Personal verliert und er insbesondere für Juristen gänzlich unattraktiv geworden ist.

Die Stärkung der Disziplinarvorgesetzten ist m.E. genau vor diesem Hintergrund zu sehen und bekommt insbesondere vor angesichts der Überlegung vdL vor drei Jahren, das Disziplinarrecht in der jetzigen Form abzuschaffen und ausschließlich Juristen zu überlassen, einen ziemlich üblen Nachgeschmack.

Zitat von: F_K am 04. Juni 2020, 08:06:26
Zusätzlich zu den mehreren Akteuren kommt bei fristloser Entlassung von Soldaten ja der in einem Rechtsstaat übliche ggf. mehrstufige Gerichtsweg dazu.

Also ein Rechtsweg steht zwar grundsätzlich jedem fristlos entlassenen Soldaten offen, aber der Normalfall ist er natürlich nicht, denn der Soldat muss ihn ja aktiv beschreiten. An einer Entlassung nach §55 (4) und (5) SG ist kein Richter beteiligt!

Zitat von: F_K am 04. Juni 2020, 08:06:26
Zusätzlich sollte mMn aber auch die Rechtspflege in der BW gestärkt werden, also:

- WDA Stellen dauerhaft besetzten ggf. erhöhen
- Bandbreite der Truppendienstgerichte erhöhen, um Durchlaufzeiten von Verfahren abzukürzen
- DV entlasten, ggf. zusätzlich schulen, damit diese mehr ihrem Erziehungsauftrag nachkommen können

Der Zug ist abgefahren und wird auf absehbare Zeit mangels interessierten Juristen nicht mehr in Sicht kommen.

Gruß Andi
Autor F_K
 - 04. Juni 2020, 08:06:26
Die fristlose oder fristgerechte Kündigung bei Arbeitnehmern gilt während der GESAMTEN Laufzeit des zivilen Arbeitsvertrages, nicht nur während der Probezeit.

Insoweit ist diese Einlassung des DBwV sachlich (wohl bewusst) falsch und (bewusst) irreführend.

Zusätzlich zu den mehreren Akteuren kommt bei fristloser Entlassung von Soldaten ja der in einem Rechtsstaat übliche ggf. mehrstufige Gerichtsweg dazu.

Zusätzlich sollte mMn aber auch die Rechtspflege in der BW gestärkt werden, also:

- WDA Stellen dauerhaft besetzten ggf. erhöhen
- Bandbreite der Truppendienstgerichte erhöhen, um Durchlaufzeiten von Verfahren abzukürzen
- DV entlasten, ggf. zusätzlich schulen, damit diese mehr ihrem Erziehungsauftrag nachkommen können
Autor tank1911
 - 04. Juni 2020, 06:05:53
Ich schätze den DBwV und meine Mitgliedschaft, aber hier klingt zumindest teilweise ein "Mimimi, wir sind nicht gehört worden" durch. Populistisch an dem Gesetzesentwurf ist höchstens die Tatsache, dass man dessen erhoffte Wirkung mit der aktuellen Extremismusdiskussion verknüpft.

ZitatHeute hat das Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der wesentliche Vorschriften im Soldatenrecht ändert – und zwar zum Nachteil der Soldatinnen und Soldaten.

Es muss heißen "und zwar zum Nachteil der Soldatinnen und Soldaten, die ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzen" Und das ist gut so.

ZitatTatsache ist aber: Keiner der spektakulären Fälle von Rechtsextremismus oder Kinderpornografie seit 2017 wäre unter die neuen Regelungen gefallen, Franco A. ebenso wenig wie Philipp Sch., der jüngst verhaftete Waffensammler vom KSK. Das neue Gesetz ist kein Werkzeug gegen Nazis, Reichsbürger, sexuelle Umtriebe oder Mobbing – es geht an der Sache vorbei und stellt Soldatinnen und Soldaten ohne Not schlechter.

Den Beispielen stimme ich zu, der Pauschalisierung "kein Werkzeug gegen Nazis, Reichsbürger, sexuelle Umtriebe oder Mobbing" jedoch nicht. Das wird die Zukunft sicherlich zeigen.

ZitatWenn jetzt die Entlassungsmöglichkeiten erweitert werden, geht es weniger darum, Verfahren zu verkürzen als vielmehr darum, sie ganz zu vermeiden.

Wenn ich viele Verfahre ganz vermeide, verkürze ich dann nicht die Laufzeit anderer Verfahren automatisch?

Ferner ensteht in dem Text auch der Eindruck von Willkür bzgl. der Entlassung. Vllt. mal ein Eindruck aus der Praxis dagegen:

Soldat X hat seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt und befindet sich in den ersten 4 Dienstjahren. Der DV prüft dann:

1. Reicht eine einfache Disziplinarmaßnahme aus, um die Pflichtverletzung gebührend zu sanktionieren? Wenn ja, dann wird das durchgezogen und gut ist.
2. Wenn nein, liegt ein Fall für die Einleitungsbehörde vor? Wenn ja, Abgabe, diese prüft dann, Einleitung truppendienstgerichtliches Verfahren oder ausdrücklicher Hinweis.
3. Ansonsten prüft der DV und/oder die WDA: "Wird das Verbleiben des Soldaten in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden?" (§55 (5) SG). Ggf wird dann ein Antrag auf Entlassung an die zuständige Stelle im BAPersBw gestellt. Von dem Antrag abgesehen, kann dies auch durch BAPersBw selbst erfolgen.
4. Soll der Soldat entlassen werden, wird ihm die beabsichtigte Entlassung eröffnet. Anhörung, Einverstanden ja/nein, Anhörung VP etc etc. Der Antrag wird durch zuständige Juristen im BAPersBw geprüft.
5. Bei positivem Entscheid wird der Soldat fristlos entlassen. Bis das soweit ist, wurde er durch den DV schon darauf vorbereitet, zum Sozialdienst geschickt etc.
6. Die Laufzeit bis zu einer Entlassung beträgt erfahrungsgemäß durchschnittlich 2 Monate.
7. Die Entlassung ist von der sonstigen Führung des Soldaten abhängig, dazu nehmen der DV und der nächsthörere DV Stellung.
8. Beispiele zur Einordnung:  Der einmalige Konsum von BTM führt i.d.R. nicht zur Entlassung, eher zum ausdrücklichen Hinweis. Unerlaubte Abwesenheiten auch nicht, Eigenmächtige Abwesenheiten (bei Wiederholung) schon. Bei "extremistischer" Auffälligkeit wird in der Regel kurzer Prozess gemacht.
9. Es gibt viele verschiedene Verfehlungen die in den ersten vier Jahren auftreten, aber nicht zur Entlassung führen. Einige davon werden kurz nach Überschreiten der vier Jahre erneut auffällig, hier wäre dann eine Entlassung geboten, was derzeit aber nicht mehr möglich ist.
10. Zusammengefasst ist die fristlosse Entlassung also kein willkürliches Instrument, was nach Gutdünken Anwendung findet, sondern ein scharfes Schwert, dass bedächtig durch mehrere Arme geschwungen wird.

ZitatWeder rechtfertigen die Zahlen entsprechender Verfehlungen in der Bundeswehr eine derart drastische Maßnahme, noch gibt es eine andere Berufsgruppe, sie sich faktisch einer achtjährigen ,,Probezeit" unterwerfen muss. Zudem scheint es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass beispielsweise ein Verfassungsfeind seine Gesinnung vier Jahre lang verbirgt, um dann erst auffällig zu werden. Hier gilt es, rechtzeitig und genau hinzuschauen.

Nein, Daimler, Lidl und die AOK haben keine 8 Jahre Probezeit, die interessiert es aber auch nicht, wenn deren Mitarbeiter beispielsweise abends Hasch rauchen und bei Verfehlungen die das Arbeitsverhältnis tangieren, ist dort eine Entlassung immernoch deutlich einfacher. Und wenn "Hier gilt es, rechtzeitig und genau hinzuschauen." nicht ein populistischer, völlig politisch-typischer Allgemeinplatz ist, dann weiß ich auch nicht.

ZitatWir empfehlen dazu, die notwendige Personalausstattung bei den Wehrdisziplinaranwaltschaften und ggf. den Truppendienstgerichten zu schaffen und ggf. die Verfahrensordnungen zu entschlacken.

+1

ZitatEs erfüllt keinen greifbaren Zweck, verschlechtert dafür aber die dienstlichen Rahmenbedingungen erheblich.

Eine Verschlechterung der dienstlichen Rahmenbedingungen sehe ich nicht. Alle Soldaten, die ihre Dienstpflichten ernst nehmen, haben weiter nichts zu befürchten. Zu dem greifbaren Zweck. Wer zu heutigen Zeiten das Vergnügen hat, als DV zu dienen, der sieht auf Anhieb einen greifbaren Zweck. Erste Gespräche mit den DV und nächsthören DV darüber, sprechen da eine gemeinsame deutliche Sprache. Wir erleben einen Wandel der Gesellschaft, der militärische Erziehung zu einem Wandel zwingt. Innere Führung, koopererative Menschenführung und dergleichen, rücken zum Glück in den Vordergrund, dem gegenüber stehen aber auch weniger konservative Erziehung, geringerer allgemeiner Leistungsdruck und Bedeutungsverlust von Werten und Normen. Das spürt man im Dienstbetrieb, gerade was den Nachwuchs angeht. Die nächsten DV merken, dass im Dreiklang Führung, Erziehung und Ausbildung, der Aspekt Erziehung leider wieder mehr in den Fokus rückt. Um dem zu begegnen, sind die beschlossenen Maßnahmen sicher nicht alleine zweckmäßig, aber ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Ich kann mich noch an den Aufschrei erinnern, als es unter UVdl hieß, wir schwächen die WDO ab und beschneiden die DV in ihren Kompetenzen. Gut, dass es jetzt anders kommt.
Autor Löwe von Eutin
 - 03. Juni 2020, 23:40:03
"Ungerecht und unverhältnismäßig: Neuer Gesetzentwurf stellt Soldaten schlechter

Berlin. Das ist kein guter Tag für die Bundeswehr! Heute hat das Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der wesentliche Vorschriften im Soldatenrecht ändert – und zwar zum Nachteil der Soldatinnen und Soldaten. Das geschah in dem Wissen, dass der DBwV die Veränderungen aus guten Gründen ablehnt. Und es geschah mit Begründungen, die nachweislich an der Sache vorbeigehen. ,,Kurzer Prozess mit Rechtsextremen" schreibt der ,,Spiegel" und zitiert Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer mit der Aussage, die Änderungen würden eine ,,schnellere und angemessene Reaktion" gegenüber Extremisten in der Bundeswehr ermöglichen.

Tatsache ist aber: Keiner der spektakulären Fälle von Rechtsextremismus oder Kinderpornografie seit 2017 wäre unter die neuen Regelungen gefallen, Franco A. ebenso wenig wie Philipp Sch., der jüngst verhaftete Waffensammler vom KSK. Das neue Gesetz ist kein Werkzeug gegen Nazis, Reichsbürger, sexuelle Umtriebe oder Mobbing – es geht an der Sache vorbei und stellt Soldatinnen und Soldaten ohne Not schlechter.

Aber im Einzelnen. Zeitsoldaten, die ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzen, sollen in Zukunft in besonders schweren Fällen innerhalb der ersten acht Jahre fristlos entlassen werden können, ohne viel Federlesens per Verwaltungsakt. Bislang geht das nur in den ersten vier Jahren, danach kann das Dienstverhältnis nur durch eine strafrechtliche Verurteilung oder im Rahmen eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens beendet werden. Mit dieser Änderung des Paragraphen 55 Absatz 5 sollen die regelmäßig mehrjährigen Verfahren vermieden werden.

Die Wehrdisziplinarordnung soll so geändert werden, dass einfache Disziplinarmaßnahmen auch noch nach 12 Monaten verhängt werden können. Derzeit beträgt die Verhängungsfrist sechs Monate. Außerdem wird die Obergrenze für Disziplinarbußen verdoppelt – von einem auf zwei Monatsbezüge.

Was kann man dagegen haben? Niemand – und ganz sicher nicht der DBwV - will Verfassungsfeinde, Rassisten oder Antisemiten schonen, wir alle verdammen Misshandlung Untergebener, Mobbing, sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie. Die Verfolgung, Bestrafung und gegebenenfalls Entfernung solcher Menschen ist selbstverständlich auch unser Anliegen. Wir glauben allerdings: Soldatengesetz und WDO bieten schon heute ausreichend Möglichkeiten, schwerem Fehlverhalten angemessen und auch angemessen hart zu begegnen. Über vier Jahre ist bei allen die fristlose Entlassung möglich, darüber hinaus kann allen schon am Tag der Pflichtverletzung die Dienstausübung verboten werden (§ 22 SG), und mit der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens (mit dem Ziel der Entfernung) kann jeder Soldat vorläufig des Dienstes enthoben werden (bei bis zu 50-prozentiger Bezügekürzung).

Blanker Populismus

Wenn jetzt die Entlassungsmöglichkeiten erweitert werden, geht es weniger darum, Verfahren zu verkürzen als vielmehr darum, sie ganz zu vermeiden. Weder rechtfertigen die Zahlen entsprechender Verfehlungen in der Bundeswehr eine derart drastische Maßnahme, noch gibt es eine andere Berufsgruppe, sie sich faktisch einer achtjährigen ,,Probezeit" unterwerfen muss. Zudem scheint es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass beispielsweise ein Verfassungsfeind seine Gesinnung vier Jahre lang verbirgt, um dann erst auffällig zu werden. Hier gilt es, rechtzeitig und genau hinzuschauen.

Wer allerdings die Dauer gerichtlicher Disziplinarverfahren verringern will, der hat die volle Unterstützung des DBwV. Wir empfehlen dazu, die notwendige Personalausstattung bei den Wehrdisziplinaranwaltschaften und ggf. den Truppendienstgerichten zu schaffen und ggf. die Verfahrensordnungen zu entschlacken.

Unterm Strich: Aus der Sicht des DBwV ist das Gesetz blanker Populismus. Es erfüllt keinen greifbaren Zweck, verschlechtert dafür aber die dienstlichen Rahmenbedingungen erheblich. Der DBwV hat deshalb von den ersten Überlegungen an massiven Widerstand gegen das Vorhaben geleistet und wird das auch weiter tun. Aber wir erkennen an: Dass der Anspruch auf unentgeltliches Bahnfahren in Uniform ins Soldatengesetz aufgenommen werden soll und diese Leistung dauerhaft steuerfrei bleiben soll, das findet natürlich unsere ausdrückliche Zustimmung."

-Jan Meyer (Pressesprecher und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DBwV) 03.06.2020

https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/politik-verband/beitrag/news/ungerecht-und-unverhaeltnismaessig-neuer-gesetzentwurf-stellt-soldaten-schlechter/
Autor LwPersFw
 - 03. Juni 2020, 21:23:10
ZitatSolange das Verfahren läuft und nicht abgeschlossen ist, können die betroffenen Soldatinnen und Soldaten nämlich beispielsweise nicht an Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen.

Das wurde doch schon erkannt und die Vorschriften angepasst...  ???

Während der Ermittlungen der Disziplinarvorgesetzten, disziplinarer Vorermittlungen gemäß § 92 WDO, eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens 
oder eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahrens sollen die Betroffenen nicht gefördert werden. 

Davon ausgenommen ist die Teilnahme an Laufbahnlehrgängen sowie Ausbildungen und Lehrgänge im jeweiligen Regelausbildungsgang. 

Darüber hinausgehende Ausnahmen sind nur in Härtefällen vertretbar.