Bundeswehrforum.de

Community => Mitglieder und Off-Topic => Thema gestartet von: HG_in_Reserve am 07. März 2004, 21:10:13

Titel: Krieg als Arbeit
Beitrag von: HG_in_Reserve am 07. März 2004, 21:10:13
Hallo Kameraden (auch wenn ich in Reserve bin),

nachdem ich meinen Wehrdienst beendet habe begann ich das Studium der Informatik & Politik. Ich schreibe im Moment eine Arbeit zum Thema "Krieg als Arbeit" und bin bei den Internetrecherchen über dieses Forum gestolpert.

Warum schreibe ich dies?

Nun, es würde mich interessieren, was ihr als aktive oder ehemalige Soldaten über das Thema "Krieg als Arbeit" denkt.

Ist die Armee eine reale Alternative gegenüber der eher hoffnungslosen Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt?

Aus welchen Gründen seid ihr dabei (bei der Armee)?

Aus welchen Gründen habt ihr Euch für den Dienst verpflichtet (Ua und Oa)?

Was war Eure Motivation, der Grund für diesen Schritt?

Spielte dabei der Aspekt der Ausbildung die ihr bei der Armee bekommt und die eventuell später im zivilen Leben von Vorteil sein könnte eine Rolle?

Oder wahr es eher das letzte was noch an Perspektive (arbeitsmarktmässig gesehen) für Euch existierte?

Wie ist Euer Selbstverständniss als "arbeitender" Mensch (Soldat) bei der Armee?

Für alle ehrlichen und ernst gemeinten Antworten habt Dank im Voraus.

Gruss aus Berlin, HG_in_Reserve.
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Piet am 07. März 2004, 23:33:03
Na ja, ich würde den Beruf "Soldat" nicht mit "Krieg" übersetzen wollen. Im Endeffekt ist der "Krieg" im herkömmlichen Sinne sicherlich momentan sehr sehr unwahrscheinlich, auch auf absehbare Zeit, und daher zielt das Soldatsein auch nicht auf den bevorstehenden Krieg ab, sondern eher auf Aspekte wie "Abschreckung" etc. ("Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen").

Die "scharfen" Einsätze der Bundeswehr (ISAF + SFOR/KFOR) haben IMHO mittlerweile Polizeicharakter, selbst Enduring Freedom ist in meinen Augen trotz aller äußeren Umstände kein Kriegseinsatz, sondern einer, bei dem das Hauptaugenmerk nicht auf der Kriegsführung liegt (von den KSK-Jungs mal abgesehen).

Alles in allem entscheidet sich Deine Frage daran, was Du genau mit "Krieg" meinst. Die Auslandseinsätze sind sicherlich gefährlicher als der Polizeidienst, aber Krieg assoziiere ich in erster Linie noch als Auseinandersetzung zweier oder mehrerer Staaten mit umfassenden militärischen Mitteln.

Diese Art von Krieg wird es im 21. Jahrhundert wohl so schnell nicht mehr für die Bundeswehr geben, und daher sehe ich die "Arbeit", wie Du schreibst, eher in den Bereichen Friedenssicherung im Ausland, Ausbildung für eben diese Bereiche (KRK-Kompanien etc.) und natürlich weiterhin der Landesverteidigung. Dass diese Landesverteidigung, sollte sie notwendig werden, natürlich Krieg voraussetzt/zur Folge hat, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der deutsche Soldat im Endeffekt zur Landesverteidugung ausgebildet und eingeplant wird, damit es gerade nicht zum Ernstfall kommt (Abschreckung). Das ist in meinen Augen etwas anderes, als "für den Krieg" auszubilden bzw zu arbeiten.

Ganz abgesehen davon sorgen die neuen Laufbahnen bzw. ihre Bestimmungen natürlich dafür, dass die Bundeswehr bei all ihren friedenssichernden Einsätzen etc. mittlerweile als "normaler" Arbeitgeber angesehen wird, d.h. es regiert teilweise das Motto "Ich geh zur Bundeswehr, damit ich meine Lehre/Ausbildung bekomm", kann man gar nicht abstreiten.

Ich war bei der Bundeswehr und bin Reservist, weil ich meinem Land dienen will und zur Abschreckungskulisse beitragen will, damit es nicht bzw. weniger wahrscheinlich zum V-Fall kommt. Aspekte eines Auslandseinsatzes oder Vorbereitung auf "den Krieg" spielen bei mir eine untergeordnete Rolle.

Horrido

Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: schlammtreiber am 08. März 2004, 09:12:58
Die Armee als Alternative zum "hoffnungslosen Arbeitsmarkt" existiert nicht. Schau Dir mal die monatlichen Bewerberzahlen der Bw an und vergleiche sie mit der Zahl der neu angestellten SaZ.  Man kommt zu dem Schluß, daß die Bw keinesfalls der Sammelhafen für Arbeitslose ist, als der sie manchmal hingestellt wird.

Ich persönlich habe mich (wie etwa 50% aller SaZ) aus dem GWD heraus verpflichtet, den ich nicht in der vorgefertigten Absicht antrat, SaZ zu werden. Warum? Weil mir der "Job" wirklich Spaß gemacht hat. Das Ausbilden und Führen einer Gruppe bietet einfach ein wesentlich abwechslungsreicheres und interessanteres Aufgabenfeld als z.B. ein gewöhnlicher Schreibtischjob (den ich jetzt als Zivilist ausübe).

Ansonsten kann ich mich meinem Vorredner anschließen: ich habe mich verpflichtet, weil ich meinem Land dienen will.

Auch wenn das heutzutage als Anachronismus oder geistige Verwirrung gilt  ;D
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Ben B am 08. März 2004, 09:53:12

Wenn du Literatur brauchst, da gibts einen ganzen Haufen:

Auch wenn dein Titel etwas "reißerisch" ist, und es eigentlich eher in den Bereich der Militärsoziologie übergeht:

Such mal im Internet nach:

Institutional/Occupational thesis von Charles Moskos

(Diskurs über die US Armee nach Abschaffung der Wehrpflicht)

Mehr Literaturhinweise folgen später, hatte letztes Jahr ein Seminar zur Militärsoziologie....

MkG,

Ben
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Ben B am 08. März 2004, 09:54:29
Kleiner Nachtrag:

AUCH Reservisten sind KAMERADEN
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: HG_in_Reserve am 08. März 2004, 12:41:25
Das ganze "Krieg als Arbeit" zu bennen scheint mir ein Faux Pas zu sein. In einem anderen Forum wo ich den gleichen Text gepostet habe, bekam ich ziemlich eins auf den Deckel, aber nicht zu unrecht. Es sollte eher "Bundeswehrdienst als Arbeit" "Soldat als Beruf" heissen.

@schlammtreiber, kennst du einen Link, der mich zu derart Statistiken führt? Ich habe schon gesucht, aber bin bis jetzt nicht wirklich fündig geworden.

@Ben Was immer du an Literaturtips hast, ich nehme sie dankend entgegen. Der Bereich Militärsoziologie ist sicherlich der Richtige, nur habe ich bis jetzt fast keine Literatur zum Thema "Militär als Arbeitgeber" gefunden.
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Ben B am 08. März 2004, 13:42:17
Zwei Schluesseltext zu Anfang:

** M Janowitz,
The Professional Soldier (New York: Free Press, 1973).

C Moskos & F R Wood,
The Military: More than Just a Job? (London: Brassey's, 1988)


Weitere Texte:

C Moskos,
'Institutional/Occupational Trends in Armed Forces: An Update', Armed Forces & Society, 12.3.1986,
pp.377-382.

D Segal,
'Measuring the Institutional/Occupational Change Thesis', Armed Forces & Society 12.3.1986, pp.351-
376.

H Sorensen,
'New Perspectives on the Military Profession: The I/O Model and Esprit de Corps Re-evaluated', Armed
Forces and Society, Vol. 20, No 4 (Summer 1994), pp.599-617.

M Janowitz,
'From Institutional to Occupational: The Need for Conceptual Continuity', Armed Forces & Society,
4.1.1977, pp.51-54.

G Caforio,
'The Military Profession: Theories of Change', Armed Forces & Society, 15.1.1988, pp.55-69.


Zur Postmodernen Debatte:

C Dandeker
'On the Need to be Different: Recent Trends in Military Culture', in H Strachan, British Army: Manpower
and Society. (London: Frank Cass, 1999)

P D Feaver and R H Kohn
Soldiers and Civilians: The Civil-Military Gap and American National Security
MIT Press 2001


Habe hier noch ein paar Ansaetze gesammelt, wie du deine Aufgabenstellung angehen koennest:

'From Warriors to Managers': Does this sum up accurately the recent development of the modern
military profession?

'The key weakness of Moskos's Institution/Occupation hypothesis is its overly romanticised
conception of the past.' Discuss


VIEL ERFOLG bei deiner Arbeit. Solltest du noch Fragen haben, schreib mir eine PM.

MkG,

Ben
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: schlammtreiber am 08. März 2004, 13:45:59
Zitat von: HG_in_Reserve am 08. März 2004, 12:41:25
@schlammtreiber, kennst du einen Link, der mich zu derart Statistiken führt? Ich habe schon gesucht, aber bin bis jetzt nicht wirklich fündig geworden.

Eine Statistik dazu kann ich nicht bieten, aber in ziemlich jeder Pro-Contra-Wehrdienst-Diskussion wird gebetsmühlenhaft auf die 50% SaZ verwiesen, die sich nicht von "außen" sondern aus der Truppe verpflichten, weshalb die Bw angeblich auf den GWD nicht verzichten könne etc p.p.
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: HG_in_Reserve am 08. März 2004, 14:40:26
Zitat von: Ben B am 08. März 2004, 13:42:17
Zwei Schluesseltext zu Anfang:

** M Janowitz,
The Professional Soldier (New York: Free Press, 1973).

C Moskos & F R Wood,
The Military: More than Just a Job? (London: Brassey's, 1988)


Weitere Texte:

C Moskos,
'Institutional/Occupational Trends in Armed Forces: An Update', Armed Forces & Society, 12.3.1986,
pp.377-382.

D Segal,
'Measuring the Institutional/Occupational Change Thesis', Armed Forces & Society 12.3.1986, pp.351-
376.

H Sorensen,
'New Perspectives on the Military Profession: The I/O Model and Esprit de Corps Re-evaluated', Armed
Forces and Society, Vol. 20, No 4 (Summer 1994), pp.599-617.

M Janowitz,
'From Institutional to Occupational: The Need for Conceptual Continuity', Armed Forces & Society,
4.1.1977, pp.51-54.

G Caforio,
'The Military Profession: Theories of Change', Armed Forces & Society, 15.1.1988, pp.55-69.


Zur Postmodernen Debatte:

C Dandeker
'On the Need to be Different: Recent Trends in Military Culture', in H Strachan, British Army: Manpower
and Society. (London: Frank Cass, 1999)

P D Feaver and R H Kohn
Soldiers and Civilians: The Civil-Military Gap and American National Security
MIT Press 2001


Habe hier noch ein paar Ansaetze gesammelt, wie du deine Aufgabenstellung angehen koennest:

'From Warriors to Managers': Does this sum up accurately the recent development of the modern
military profession?

'The key weakness of Moskos's Institution/Occupation hypothesis is its overly romanticised
conception of the past.' Discuss


VIEL ERFOLG bei deiner Arbeit. Solltest du noch Fragen haben, schreib mir eine PM.

MkG,

Ben


Vielen Dank. Das ist echt ne Hilfe!
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Timid am 08. März 2004, 15:07:11
@Schlammtreiber
Es sind weniger als 50%, eher 45%. Bei den OA sind es knapp 25%.

@HG_in_Reserve
Ich hab hier nur ein "Argumentationspapier des Führungsstabes der Streitkräfte zum Thema 'Weiterentwicklung der Wehrpflicht'" vorliegen, in dem eine Statistik dazu aufgeführt wird, wie viele SaZ sich aus Wehrdienstleistenden rekrutieren. Ist allerdings schon ein JAhr alt ...
Demnach waren 2002 42% aller neuen SaZ (ohne OA/ROA) und 25% aller neuen Offiziere Truppen- und Sanitätsdienst ehemalige Wehrdienstleistende.

Ich denke mal, es könnte helfen, wenn du dich an diesen Führungsstab wenden würdest, wenn du aktuellere oder genauer aufgeschlüsselte Angaben brauchst.
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: schlammtreiber am 09. März 2004, 08:48:53
Zitat von: Timid am 08. März 2004, 15:07:11
@Schlammtreiber
Es sind weniger als 50%, eher 45%. Bei den OA sind es knapp 25%.

*hoffentlich erschlägt er mich nicht gleich wegen 5%*  :P

;D
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Timid am 09. März 2004, 13:10:54
2002 waren es sogar 8% ;)

Und: Nein, macht er nicht - er wartet noch ein wenig damit ;)
(Und vermint das nächste Mal den Grenzübergang, an dem Schlammtreiber mit seinem Tiger wieder aus dem Urlaub zurück kommt  ;))
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: schlammtreiber am 09. März 2004, 14:02:25
Königstiger (*) bitte  >:(

Soviel Zeit muss sein  ;D

(*) ich weiß, das Ding hieß richtig "Tiger II"  :P
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: Ben B am 09. März 2004, 21:30:29
Wenn Schlammtreiber von seinem "Urlaub" in Frankreich wiederkommt, gibt es keine Grenzübergänge mehr.

Die LwFeldDiv lässt den Generalplan West zur Realität werden  ;D ;D
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: stuka am 09. März 2004, 22:14:57
Ich hab da noch so nen alten, verstaubten Plan in der Schublade, es steht vorne irgendwas von "Seelöwe" drauf. ;)

Kann den jemand gebrauchen?
Titel: Re:Krieg als Arbeit
Beitrag von: schlammtreiber am 10. März 2004, 08:37:42
Reich mal rüber, das Ding würde vielleicht erklären warum bei mir (und anderen Lw-Resis) seit Wochen so´n Verwirrter anruft und ins Telefon zischt "Noch XY bis Adlertag"  ;D