Hallo,
ich möchte mich kurz vorstellen, ich bin (ziviler) Medizinstudent, 25 Jahre alt, und werde dieses Studium 2015 abschließen. Da ich mir langsam konkreter Gedanken über den späteren beruflichen Werdegang und die Fachrichtung mache, kam ich unter anderem auch auf die Laufbahn als Sanitätsoffizier bei der Bundeswehr und würde mich sehr freuen, wenn hier anwesende Soldaten, Sanis, SanOAs und Ärzte mir vielleicht die eine oder andere Frage beantworten könnten, die ich noch nicht in anderen Themen oder auf Seiten der BW/Sanitätsdienst gefunden habe.
Zuerst ein paar allgemeine Fragen zum Thema Soldat auf Zeit:
Ich habe aufgrund des in Aussicht stehenden Muedizinstudiums damals Zivildienst geleistet - d.h. mir fehlt es jeglicher militärischer Ausbildung. Als Seiteinsteiger erhält man doch eine recht kurze und abgespeckte Ausbildung - insbesondere sieht es für mich so aus, dass recht pragmatisch darauf geachtet wird, den Stabsarzt in spe mit Hierarchie und Organisationsstruktur der BW vertraut zu machen, die militärische Ausbildung aber nur sehr rudimentär vorhanden ist. Da man ja durchaus den Einsatz im Ausland zu erwarten hat, wäre es mir aber wichtig, hierfür auch für den Ernstfall gut ausgebildet zu sein. Mein Frage ist, welche Ausbildung erhält man hier obligatorisch bzw. welche Möglichkeiten hat man auf freiwilliger Basis, an entsprechenden Ausbildungsmodulen teilzunehmen? (Auch realistisch gesehen - was bringt es mir z.B., wenn ich theoretisch die Möglichkeit habe, die normale AGA oder speziellere Module zu absolvieren, dafür aber niemals die Zeit haben werde bzw. freigestellt werde)
Die Auslandseinsätze sehe ich eher als Pluspunkt, da ich der Meinung bin, dass es gerade für Mediziner eine sinnvolle Erfahrung ist, mal abseits der hiesigen Verhältnisse tätig gewesen zu sein. Auch die damit verbundene, mehrmonatige Abwesenheit ist mir bewusst. Was mich eher abschreckt, ist die Möglichkeit, kurzfristig innerhalb von Deutschland versetzt werden zu können, da ich in den nächsten Jahren durchaus seßhaft werden wollte und eine auch Familie gründen möchte. Nicht, dass ich vollkommen unflexibel bin, aber auch meine Partnerin ist am Ende ihres Studiums und wird daher in der Weiterbildung nicht bedingungslos flexibel sein. Kann jemand für mich dieses Versetzungsrisiko beurteilen? Oder bleibe ich längere Zeit an dem BW-Krankenhaus, an dem ich begonnen habe? Da auch eine Zeit als Truppenarzt ansteht, wird man in räumlicher Nähe zugeteilt und kann dies Durchaus eine Distanz von 500km sein?
Nun noch etwas speziellere Fragen an die eventuell anwesenden Sanitätsoffiziere:
Gedanken mache ich mir auch über die Facharztausbildung. Oft hört man, dass BW-Ärzte trotz längerer Dienstzeit ihren Facharzt nicht fertig machen konnten. Wie viel Einfluss habe ich, gerade vielleicht als Seiteinsteiger mit anfänglich kurzer Dienstzeit, darauf? Ruht die Facharztausbildung zeitweise durch den Einsatz als Truppenarzt bzw. wie wird sie durch diesen beeinflusst?
Meine favorisierte Fachrichtung ist der Bereich Innere/Kardiologie. Definitiv möchte ich als Notarzt tätig sein, was bei der BW wohl eine obligatorische Weiterbildung ist. Auch den FA für Allgemeinmedizin schließe ich nicht aus, ebenso Anästhesie. Seht ihr in machnen dieser Bereiche besondere Chancen/Pflichten? Oder gibt sich das wenig?
Ich danke allen herzlich für ihr Interesse und ihre Antworten! Hoffe dass es nicht zu viel oder zu unbeholfen ist, allerdings ist dies doch eine Entscheidung, die man nicht von heute auf morgen treffen kann. Herzlichen Dank deshalb!
Zitat von: fragenfrager am 15. Februar 2014, 11:59:48
[...]Ich habe aufgrund des in Aussicht stehenden Muedizinstudiums damals Zivildienst geleistet[...]
Offene Frage dazu: Könnte es sein, dass dieses von Ihnen nur sehr am Rand angeschnittene Thema bei einer möglichen Entscheidung seitens der Bundeswehr für oder gegen Ihre Einstellung nicht ganz so nebensächlich werden dürfte?
Hallo,
vor gar nicht so langer Zeit wäre ich ebenfalls davon ausgegangen. Allerdings ist dies explizit kein Hindernis für zivile Ärzte, eine Laufbahn als Sanitätsoffizier einzuschlagen. Angeblich ist sogar bei Ausmusterung die Möglichkeit einer "Nachmusterung" gegeben. Bestimmt ist hierfür der Ärztemangel bei der BW nicht unverantwortlich.
Gerade in diesem Zusammenhang stelle ich mir eben die Frage, ob man überhaupt eine angemessene militärische Ausbildung erhält und vielleicht auch, wie andere Soldaten und Offiziere dies sehen.
Die Ableistung des Zivildienstes als Ersatzdienst für taugliche Wehrpflichtige seinerzeit ist ja was völlig anderes als eine erneute Feststellung der Diensttauglichkeit, wenn Hinderungsgründe gesundheitlicher Natur entfallen sind bzw. die zum Zeitpunkt der Feststellung bestehende Nichteignung durch Genesung usw. nicht mehr gegeben ist.
Zitat von: fragenfrager am 15. Februar 2014, 15:05:52
Hallo,
vor gar nicht so langer Zeit wäre ich ebenfalls davon ausgegangen. Allerdings ist dies explizit kein Hindernis für zivile Ärzte, eine Laufbahn als Sanitätsoffizier einzuschlagen. Angeblich ist sogar bei Ausmusterung die Möglichkeit einer "Nachmusterung" gegeben. Bestimmt ist hierfür der Ärztemangel bei der BW nicht unverantwortlich.
Danke für die Info - das war mir neu. Gibt's dazu irgendwo eine "offizielle" Aussage?
Zitat von: FrankP am 15. Februar 2014, 15:18:38
Danke für die Info - das war mir neu. Gibt's dazu irgendwo eine "offizielle" Aussage?
z.B. auf der Seite des Sanitätsdienstes (hier unter "Wir bieten Ihnen, 2. Absatz)
https://mil.bundeswehr-karriere.de/portal/a/milkarriere/!ut/p/c4/PccxDoAgDEDRs3gBurt5C3UrpLENFUwLmnh6mcwfXj7sMCp4y4FNakGFFbYkc3zCKZrRTMgoCBv9wzWxJ-6KcaDdPXgjVSpob4MrL9MH3DASYA!!/
Ah - tatsächlich. Vielen Dank! :)
Zu den Detailfragen werden sich die SanO's hier sicher äußern können.
Zitat von: fragenfrager am 15. Februar 2014, 15:52:22
Zitat von: FrankP am 15. Februar 2014, 15:18:38
Danke für die Info - das war mir neu. Gibt's dazu irgendwo eine "offizielle" Aussage?
z.B. auf der Seite des Sanitätsdienstes (hier unter "Wir bieten Ihnen, 2. Absatz)
https://mil.bundeswehr-karriere.de/portal/a/milkarriere/!ut/p/c4/PccxDoAgDEDRs3gBurt5C3UrpLENFUwLmnh6mcwfXj7sMCp4y4FNakGFFbYkc3zCKZrRTMgoCBv9wzWxJ-6KcaDdPXgjVSpob4MrL9MH3DASYA!!/
Wo steht da irgend etwas von Kriegsdienstverweigerern (und darauf bezog sich mMn die nachfrage)? So lange Sie anerkannter KDV sind, wird die Bundeswehr Sie nicht einstellen - auch nocht als SanStOffzArzt.
Es können auch ehemalige KDVler als SanOffz eingestellt werden. Dazu müssen sie aber ihre Verweigerung widerrufen und es wird sicher im Bewerbungsgespräch thematisiert.
Seiteneinsteiger bekommen tatsächlich einen Einweisungslehrgang und keine komplette Grundausbildung. Je nach geplantem Einsatz gibt es dann eine entsprechende Vorausbildung.
Die militärische Ausbildung ist jedoch nicht mit der von Offiziere. anderer Truppengattungen vergleichbar.
Wie viel Weiterbildung ein Seiteneinsteiger bekommt hängt u.a. von seiner Dienstzeit und seinem Vertrag ab. Ebenso was die Ausbildung zum Notarzt angeht.
Eine Truppenarztzeit ist inzwischen auch bei Seiteneinsteigern geplant-das hängt damit zusammen,dass sie Begutahtungsfragen der Truppenäzte beantworten müssen,was ohne jegliche Erfahrung im außerklinischen Bereich schwerer ist. In wie weit das umgesetzt wird,weiss ich nich.
Ob und wie oft du versetzt wirst,hängt u.a. von der Verpflichtungs-und Weiterbildungszeit ab. Seiteneinsteiger-Assistenzärzte bleiben aber in der Regel im gleichen BWK(abgesehen von der Truppenarztzeit).
KDV-Antrag kann man definitiv widerrufen, und das halte ich auch für sinnvoll. Dass sich von 17-18 bis Ende 20 die ein oder andere Einstellung zu der ein oder anderen Angelegenheit gewandelt hat, ist einfach mal realistisch. Und wenn man "damals" sich gesagt hat, hey, Zivi im Krankenhaus bringt's vorm'm Medizinstudium einfach mal eher als als Panzergrenadier die Wälder unsicher zu machen, kann ich das auch nachvollziehen. Ich kenne auch Seiteneinsteiger, die früher Zivi gemacht haben, das geht also.
Die Frage, warum es jetzt ausgerechnet die Bundeswehr sein soll (also mit Schießen und so), sollte man sich selbst gegenüber aber schon adäquat beantworten können.
Vielen Dank für die vielen Antworten. Das ich meinen KDV-Antrag widerrufen und dies ggf. auch rechtfertigen muss, ist mir natürlich bewusst.
ZitatDie Frage, warum es jetzt ausgerechnet die Bundeswehr sein soll (also mit Schießen und so), sollte man sich selbst gegenüber aber schon adäquat beantworten können.
Ja, die Frage habe ich mir natürlich gestellt. Es überwiegen natürlich die pragmatischen Gründe - jetzt hier etwas anderes zu behaupten, wäre auch einfach unglaubhaft.
Ich sehe die Möglichkeit einer fundierten, guten Ausbildung, die garantierte Notarzt-Ausbildung und vor allem die Möglichkeit, einfach noch Arzt sein zu können - an der hiesigen Uniklinik schaffen es die Assistenzärzte kaum, vor Papierkram das Arztzimmer zu verlassen und müssen sich nach Feierabend (zwischen 19 und 20 Uhr) noch um ihre Forschungsprojekte kümmern.
Allerdings sehe ich die anstehenden Auslandseinsätze als Möglichkeit, sich im Ausland zu engagieren. Dies verfolge ich schon länger, allerdings kam mir tatsächlich nie der Gedanke, dies über die BW zu tun.
Nicht falsch verstehen, ich bin jetzt nicht eines Tages morgens aufgewacht und habe beschlossen, dass ich zur Bundeswehr muss. Nach reiflicher Überlegung könnte ich mir diesen Weg aber mit allen Konsequenzen gut vorstellen und möchte mich eben weiter informieren.
Sehr freuen würde ich mich, wenn vielleicht noch jemand etwas sagen könnte zu:
-Welche Möglichkeiten habe ich, Ausbuldungsmodule zu besuchen, die mich auf einen eventuellen Gefechtseinsatz vorbereiten?
-Ob einer der anwesenden SanOs, der schon länger im Dienst ist, eine ehrliche Einschätzung zur Qualität und Vielseitigkeit der FA-Ausbildung im Bereich innere/Allgemeinmedizin abgeben könnte
Herzlichen Dank und schönen Sonntag!
ZitatAllerdings sehe ich die anstehenden Auslandseinsätze als Möglichkeit, sich im Ausland zu engagieren.
Wie stellen Sie sich das denn konkret vor? Im Auslandseinsatz sind Sie zuallererst für die deutschen Soldaten da.
Zitat von: fragenfrager am 16. Februar 2014, 15:48:25
Ich sehe die Möglichkeit einer fundierten, guten Ausbildung, die garantierte Notarzt-Ausbildung und vor allem die Möglichkeit, einfach noch Arzt sein zu können - an der hiesigen Uniklinik schaffen es die Assistenzärzte kaum, vor Papierkram das Arztzimmer zu verlassen und müssen sich nach Feierabend (zwischen 19 und 20 Uhr) noch um ihre Forschungsprojekte kümmern.
Papierkram hat jeder Arzt und zur Forschungsarbeit zwingt Sie niemand. Und an kommunalen KHs wäre das eh ein nicht existentes Problem.
Notarzt-Ausbildung können Sie auch zivil machen.
Zitat von: fragenfrager am 16. Februar 2014, 15:48:25
Allerdings sehe ich die anstehenden Auslandseinsätze als Möglichkeit, sich im Ausland zu engagieren. Dies verfolge ich schon länger, allerdings kam mir tatsächlich nie der Gedanke, dies über die BW zu tun.
Vielleicht dann doch lieber Ärzte Ohne Grenzen?
Als SanOffz Arzt helfen Sie, wie KlausP schon sagte, primär unseren Soldaten.
Auchbei der Bundeswehr hat man als Arzt ne Menge Papierkram an der Backe. Das unterscheidet sich nicht westentlich von Ärzten in zivilen Krankenhäusern.
Die Weiterbildung zum Allgemeinmediziner bei der Bundeswehr hat den Nachteil,dass das Patientengut in der truppenärztlichen Sprechstude erheblich von dem in einer zivilen Praxis unterscheidet. Ein halbes Jahr zivile Praxis ist durch die Ärztekammern gefordert und wird bei Zisage der vollen Weiterbildung durch die Bundeswehr finanziert. Ebenso alle Pflichtkurse.
Die Ausbildung ist genauso gut oder schlecht wie in zivilen Kliniken.
Grüne Ausbildungsmodule kann man nicht zusätzlich absolvieren.
Die Tätigkeit im Einsatz kann auch darin bestehen,dass man den ganzen Tag im Panzer sitzt und schläft,weil man eh nix sieht außer der gegenüberliegenden Bordwand und geschlossene Augen gegen Reiseübelkeit helfen. Ist zwar übelst langweilig,aber man sollte um jede Fahrt froh sein,auf der mab nicht gebraucht wurde.
Zitat von: ulli76 am 16. Februar 2014, 17:41:02
Die Tätigkeit im Einsatz kann auch darin bestehen,dass man den ganzen Tag im Panzer sitzt und schläft,weil man eh nix sieht außer der gegenüberliegenden Bordwand und geschlossene Augen gegen Reiseübelkeit helfen. Ist zwar übelst langweilig,aber man sollte um jede Fahrt froh sein,auf der mab nicht gebraucht wurde.
Auch wenn momentan nicht im aktiven Einsatz, kann ich bestätigen, wer schon einmal eine komplette Übung lang in einem Hägglund gesessen hat, weiß was Ulli meint O.o. Ich hoffe dass unsere Einsatzfahrzeuge etwas mehr Platz geboten haben
Vielleicht sollte man an dieser Stelle noch einmal erwähnen dass es auch LBAT Ärzte gibt, welche Mindestqualifikation, ob Facharzt und oder wie viele Stellen es überhaupt gibt, können ja nicht viele sein, weiß ich natürlich nicht. Der Grün Anteil liegt hier natürlich weitaus höher. Und alle die ich kenne, die diese Verwendung bekommen haben waren ist mit Leib und Seele dabei. Interessanterweise waren diese Ärzte nie sonderlich lange bei uns und oder sind kurze Zeit später Chef geworden?!
Fuchs- hat zwar genug Platz, hat aber das Problem, dass man auf seinem Doc-Platz sitzt und am sinnvollsten schläft oder sich was zu lesen mitnimmt und Eagle- aus dem kann man wenigstens beobachten (zumindest wenn man klein ist, mit Lucie auch kein Geschenk wegen der Positionierung des Seitenfensters) aber platzmäßig ein Alptraum.
Ja, LBAT-Ärzte (und die BtlÄrzte der FschJgBtl) gibt es auch noch. Den Unterschied gibt es im Einsatz aber nur bei speziellen Einsatzszenarien.
Solche Dienstposten macht man statt der Truppenarztzeit. Patienten sieht man in der Zeit entweder beim Sprungdienst oder wenn es auf Übungen Realausfälle gibt. Oder die Kollegen unterstützen das SanZ am Standort.
Da gebe ich dir recht, viele Patienten haben die nicht zu Gesicht bekommen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es irgendwie auf eine Facharzt Zeit angerechnet werden kann. Ich meine mich auch zu erinnern dass diese DP nicht sonderlich beliebt waren.
Was Übungen oder grün Anteil allgemein angeht ist das natürlich etwas völlig anderes zum normalen Arzt Alltag. Ebenso die Einsatz Belastung kam mir unheimlich hoch vor.
Ps: Unsere fahrenden RTW sind auch dunkle Blackboxen ;D Jeh nach Fahrer wird einem da schonmal schlecht :-)
Die Zeit kann nicht auf die Facharztausbildung angerechnet werden. Dafür ist ein Dienstposten bei einem Weiterbildungsermächtigten erforderlich und das ist für diese Stellen nicht möglich.
Die Stellen sind nicht gerade unbeliebt und können regelmäßig besetzt werden. Ist halt was anderes und die meisten Kollegen, die das machen, entscheiden sich aktiv dafür.
Die Einsatzbelastung ist nicht zwingend höher als die anderer SanOffze. Allerdings ist die Dienstbelastung durch Übungsplatzaufenthalte höher als die von Truppenärzten.