Bundeswehrforum.de

Fragen und Antworten => Allgemein => Thema gestartet von: Ralfnator am 16. November 2014, 18:56:54

Titel: Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: Ralfnator am 16. November 2014, 18:56:54
Moin Kameraden,

ich weiß, dass das Thema "Erfahrungsstufen" an anderer Stelle bereits diskutiert wurde. Ich habe allerdings ein Problem und vielleicht kann mir ja jemand eine verständliche Begründung liefern.

Folgender Sachverlauf

01.09.1999 - Diensteintritt

01.07.2009 - Überleitung in Erfahrungsstufe Ü3

01.01.2010 - Einweisung in Erfahrungsstufe 3 (wegen Geburtstag)

01.07.2010 - Beförderung - Rückstufung in Erfahrungsstufe 2 (warum das passiert, habe ich durchaus verstanden)

01.01.2012 - Einweisung in Erfahrungsstufe 3 (erneut)

01.01.2016 - voraussichtliche Einweisung in Stufe 4

So, jetzt das Problem:


Die Dienstzeit zum Erreichen einer Erfahrungsstufe wird ja erst am dem 21. Geburtstag gerechnet. Das bedeutet in meinem Fall, dass ich die Stufe 4 (gerechnet ab meinen 21. Geburtstag) nach 14 Dienstjahren erreiche.

Laut der Tabelle über die Erfahrungsstufen benötigt ein mit mir fiktiv gleichgestellter Soldat (außerhalb der Überleitungsphase) ab seinem 21. Geburtstag jedoch nur 10 Jahre und 3 Monate Dienstzeit zum Erreichen der Stufe 4, also satte 3 Jahre und 9 Monate weniger.

Kann mir bitte jemand erklären, warum diese extrem unterschiedliche Behandlung (und wir reden hier ja von insgesamt ein paar Tausend Euro) rechtens sein soll?

Ich bitte um sachliche Antworten. Dank im Voraus.

Ralf
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: dunstig am 16. November 2014, 19:48:22
Die Fragestellung habe ich auch schon an verschiedensten Stellen gestellt, allerdings noch keine wirklich zufriedenstellende Antwort erhalten.

Ich zum Beispiel bin mit 17 Jahren und 3 Monaten in die Bundeswehr eingetreten und da ich bereits vor der ersten Stufenerhöhung als A8 oder höher besoldet wurde, muss ich bis zu meinem 24. Lebensjahr warten, bis ich in Erfahrungsstufe 2 komme. Somit habe ich bei der ersten Erhöhung der Erfahrungsstufe bereits 6 Jahre und 9 Monate gedient, was mehr als meiner halben Verpflichtungszeit entspricht.
Jemand der mit 21 in der selben Laufbahn eingestellt wurde, kommt (nur ein halbes Jahr später) in der fast annähernd selben Dienstzeit schon fast in Erfahrungsstufe 4.

In meinem Fall kann ich deswegen immer nur ein wenig beschämt lächeln, wenn jemand von Erfahrungsstufen spricht.

Aber naja, dafür bin ich auch mit zarten 30 wieder draußen, was mit den Qualifikationen, die mir die Bundeswehr ermöglicht hat (M.Sc.), auch nicht allzu schlecht ist.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: KlausP am 16. November 2014, 19:54:29
ZitatKann mir bitte jemand erklären, warum diese extrem unterschiedliche Behandlung (und wir reden hier ja von insgesamt ein paar Tausend Euro) rechtens sein soll?

Diese Frage sollten Sie dem Gesetzgeber stellen, der hat das im Bundesbesoldungsgesetz so festgelegt. Die Bundeswehr muss das nur unsetzen.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: ToMA am 16. November 2014, 23:24:12
Recht ist, was Gesetz ist.  8)
Zum Thema Erfahrungsstufen gibt es ja im Netz schon einige Kommentare.
Man kann festhalten, dass diejenigen benachteiligt werden, die vor dem 21. Lebensjahr in die Bw eintreten/eingetreten sind.
Hierzu gab es auch schon einmal eine Petition, die das Problem noch einmal verdeutlicht:
https://www.openpetition.de/petition/online/besoldung-der-soldaten-beseitigung-der-altersbezogenen-diskriminierung-bei-der-besoldung-der-soldate
Zudem wurde ein vergleichbares Thema (bezüglich der Beamtenbesoldung) bereits dem EuGH zur Klärung vorgelegt (Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz).
Bleibt abzuwarten, ob das Gesetz dementsprechend geändert wird. Und wenn, kann das dauern.  ;)

Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: Ralf am 17. November 2014, 05:02:58
ZitatZudem wurde ein vergleichbares Thema (bezüglich der Beamtenbesoldung) bereits dem EuGH zur Klärung vorgelegt (Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz).
Und m.E. auch entscheiden wurde, dass es nicht dagegen verstößt.
https://www.dbwv.de/C12574E8003E04C8/CurrentBaseLink/W29LPDQU363DBWNDE

Ich denke nicht, dass man dann hier darüber hinaus Argumente finden kann, die den EuGH dazu veranlassen, das anders zu sehen.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: ToMA am 17. November 2014, 08:50:47
Danke für die Fundstelle.
Tja, würde dann mal sagen: c´est la vie.  :-\
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: Ralfnator am 17. November 2014, 09:56:00
Die Urteile sind als solches verstanden, beschäftigen sich jedoch nicht mit dem Kern meines Problems. Wurde ein Soldat in der Überleitungsphase befördert, wurde seine Erfahrungsstufe in bestimmten Fällen neu berechnet bzw. nach unten korrigiert, um einen ungerechtfertigten Vorteil zu vermeiden. Soweit klar. In meinem Fall (und es gibt bestimmt noch mehr betroffene Soldaten) führt diese Praxis zu einer Benachteiligung durch einen 3 Jahre und 9 Monate späteren Aufstieg, als es das Gesetz vorsieht. Meines Erachtens nach ist diese Rückstufungspraxis nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren.
Folglich ist das Überleitungssystem als solched nicht der Streitpunkt, sondern die Behandlung von Soldaten die im Überleitungszeitraum befördert wurden. Und wenn ich nach immer 16 Jahre und 4 Monate gerademal Stufe 4 erreiche, ist was faul.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: F_K am 17. November 2014, 10:19:58
Es geht hier nicht um Praxis, sondern die Anwendung von Gesetzen.

Wer die nicht "versteht", Frage seinen Bundestagsabgeordneten - ansonsten bleibt nur die Verfassungsklage.
Viel Spass.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: ToMA am 17. November 2014, 11:21:47
@Ralfnator
Sie haben verstanden, dass ab Besoldungsstufe A8 die Erfahrungsstufen neu berechnet werden (und länger dauern, als in den Besoldungsstufen A2 bis A7)?

Zitat von: Ralfnator am 16. November 2014, 18:56:54
01.07.2010 - Beförderung - Rückstufung in Erfahrungsstufe 2 (warum das passiert, habe ich durchaus verstanden)

Also bei einer Beförderung zum HptFw/Ofähnr sind die Erfahrungsstufen neu zu berechnen, ab dem 21. Lebensjahr. Punkt.
Ich verstehe somit Ihre Frage nicht.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: Ralfnator am 17. November 2014, 12:41:14
Lieber DadOA,

dann werde ich versuchen, das Problem nochmals zu erklären:

1. Natürlich weiß ich, dass die Stufenaufstiege bei A2-A7 nach anderen Zeiträumen erfolgen als bei A8-A16. Das hat aber nichts mit dem Thema zu tun. Es ist ja bekannt, dass die Zeiten für Stufenaufstiege erst ab dem 21. Geburtstag laufen.

MERKE: Es gibt Soldaten, die zu ihrem 21. Geburtstag bereits in der Besoldungsgruppe A8 sind (z. Bsp. OA's, wenn sie mit 18 zur Bundeswehr gegangen sind) und somit niemals von den Zeiten gem. der Tabelle A2-A7 betroffen sind.

2. Die Stufenaufstiege für A8-A16 erfolgen wie folgt:

3 Jahre bis Stufe 2
3 Jahre und 3 Monate bis Stufe 3
4 Jahre bis Stufe 4

Also, gerechnet ab dem 21. Geburtstag sollte ein Soldat nach 10 Jahren und 3 Monaten in der Stufe 4 sein.

ABER: Durch das Überleitungssystem und die Rückstufung auf Grund von Beförderung in der Überleitungsphase werde ich die Stufe 4 erst im Januar 2016 erreichen, spricht 14 (!!!) Jahre nach meinem 21. Geburtstag.

In meinen Augen werde ich somit gegenüber Soldaten, welche nach der Überleitung zur Bundeswehr gegangen sind, benachteiligt weil ich 3 Jahre und 9 Monate mehr Dienstzeit haben muss, um die Stufe 4 zu erreichen.

Für diesen Sachverhalt suche ich eine vernünftigen Erklärung. Ich hoffe, ich konnte das Problem nun verdeutlichen.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: F_K am 17. November 2014, 13:16:25
ISSO.

Gesetz ist Gesetz.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: ToMA am 17. November 2014, 13:18:47
Genau Ihr Problem war die Vorlage beim EuGH.
Den Link zur Entscheidung hatte Ralf bereits gepostet.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: Ralfnator am 17. November 2014, 13:25:02
Leider nicht.

Der EUGH hat sich damit befasst, dass die Überleitung zum Teil auf dem altem System beruhte. Und diesen Grundsatz für rechtmäßig befunden. Er hat sich nicht damit befasst, wie Soldaten zu behandeln sind, welche in der Überleitungsphase befördert wurden. Zumindest habe ich beim Überfliegen nichts zu diesem Thema lesen können.

Außerdem hat der EUGH nur die Grundsätze geprüft und nicht Verfahren im Detail, welche national eingerichtet wurden.

Aber ich denke, ich werde das hier langsam beenden. Ich bin leider etwas enttäuscht, denn ich hat gehofft von jemandem zu lesen, der etwas vertraut mit Besoldungsrecht ist. Leider bringen die meisten Posts hier keinen weiter. In diesem Sinne, Danke trotzdem.

Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: wolverine am 17. November 2014, 13:53:24
Zitat von: Ralfnator am 17. November 2014, 13:25:02
Ich bin leider etwas enttäuscht, denn ich hat gehofft von jemandem zu lesen, der etwas vertraut mit Besoldungsrecht ist.
Diese Enttäuschung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ein Internetforum ersetzt nun einmal keine rechtliche Beratung im Einzelfall und das insbesondere bei hochkomplexen Fragestellungen. Dass es sich hierbei um eine solche handelt, erkennt man doch schon daran, dass solche Fragen regelmäßig vor dem EuGH geklärt werden und hier noch dazu das Gericht von der Empfehlung des Generalanwalts abgewichen ist. Das ist sehr selten.

Ein normaler Sachbearbeiter im Besoldungsrecht kann hierzu wahrscheinlich auch nur die Linie des BVA wiedergeben. Zu den Grundlagen der Überleitung kann man wohl unterschiedlicher Auffassung sein - wie z. B. Generalanwalt und EuGH.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: ToMA am 17. November 2014, 15:00:43
Vielleicht hilft dem TE dieser Thread weiter? :
http://www.bundeswehrforum.de/forum/index.php?topic=38135.0
Dort findet er auch die vielleicht von ihm gesuchten Tabellen und Informationen.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: Ralfnator am 17. November 2014, 15:29:59
Danke für den Link.

Ich denke ja auch nicht, dass nach all den Urteilen es hier in meinem Fall rechtlich was rütteln gibt.

Ich finde es nur ziemlich krass, dass man ein System implementiert, in dem manche Soldaten derart benachteiligt werden. Auf meine Dienstzeit bis zur Pension gerechnet sind das mehrere zehntausend Euro, im Vergleich zu einem Soldaten der haargenau meine Laufbahn durchläuft, allerdings erst z. Bsp. nach der Überleitungsphase der Bundeswehr beigetreten ist und somit genau nach Tabelle die Erfahrungsstufen durchläuft.

Man möchte ja glauben, dass es trifftige Gründe gibt, solche Regelungen zu schaffen. Und ich bin dann auch gern bereit, diese zu akzeptieren. Wenn die Begründung aber am Ende ist "Pech gehabt", dann könnte ich platzen.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: F_K am 17. November 2014, 15:39:15
Ach, Du vergleichst Dich mit einem Soldaten, der später eingestellt ist.

Du kannst Dich auch mit einem Soldaten vergleichen, der vor 30 Jahren die Laufbahn hatte, als SU noch teilweise Züge geführt haben. ( und der nur halb so viel DM erhalten hat wie Du jetzt Euro)

Dies sind aber Vergleiche Äpfel mit Birnen - hat nichts mit Recht und schon gar nichts mit Gerechtigkeit zu tun.

Viel Spass beim Platzen.
Titel: Antw:Erfahrungsstufen - Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz?
Beitrag von: DerTommy86 am 17. November 2014, 15:59:02
Es gibt auch Mannschaftssoldaten, die im Zuge ihrer Verpflichtung im Monat X eine Verpflichtungsprämie in Höhe von 10.000 € bekommen haben, während andere Mannschafter im Monat X+1 eine Verpflichtungsprämie in Höhe von 0 € bekommen haben.

Ja, wir sind alle gleich, aber manche sind halt gleicher als andere.