Hallo Zusammen,
Hier mal mein Erfahrungsbericht vom AcFükrBw in Köln im Zeitraum vom 31.01.2018 bis zum 02.02.2018. Vorweg: Auch Seiteneinsteiger müssen immer noch das normale Assessmentcenter durchlaufen, bis auf den Mathe - und Mechaniktest (wird für die Studieneignung benötigt).
HintergrundIch habe mich als Seiteneinsteiger mit abgeschlossenem Studium (Informatik) bei der Bundeswehr beworben, somit für eine Einstellung mit höherem Dienstgrad (nach § 26 SLV). Die Bewerbung ging Anfang Dezember via E-Mail raus (war nicht im Karrierecenter, sondern direkt über die Seiteneinsteiger-Homepage beworben), kurz darauf habe ich per E-Mail eine Empfangsbestätigung bekommen mit dem Hinweis, dass die Bearbeitung etwas benötigen kann.
Mitte Januar habe ich dann per E-Mail eine positive Rückmeldung bekommen, dass man mich gerne zur Eignungsfeststellung einladen möchte. Also im Personalamt wie gefordert angerufen, Termin vereinbart (mir wurden drei Termine zur Auswahl angeboten) und kurz darauf kam dann auch per Post das Einladungsschreiben sowie Bahn-Gutscheine.
Anreisetag 31.01.Die Anreise erfolgte mit der Bahn sowie mit U-Bahn und Straßenbahn. Ungefähr 300m von der Kaserne befindet sich eine Straßenbahnhaltestelle (wird aber im Einladungsschreiben genau erklärt).
Am Anreisetag muss man sich bis 14:30 Uhr in der Kaserne eingefunden haben. Ich war jedoch schon um 13:00 Uhr Vorort.
Von der Wache wurde ich eingewiesen, wo ich mich zu melden habe. Also ab ins Offz-Bewerberheim, Bettwäsche & Co. in Empfang genommen und auf die Stube gegangen. Ich war auf einer 3-Mann Stube (Belegung ist normalerweise 2- oder 3-Mann pro Stube). Meine beiden Stuben-Mitbewerber kennengelernt, einer wollten auch als IT-Offz Seiteneinsteiger rein, der andere als ROA.
Um 14:40 Uhr ging es schon zum Einführungsvortrag. Da wurden die nächsten beiden Prüfungstage schon Recht genau erläutert und auch Hintergründe zum dem Verfahren (Bestenauslese etc.). Anschließend durfte man den biografischen Lebenslauf ausfüllen - davon gibt es zwei Versionen. Ich habe die "Seniorenversion" bekommen (Schule länger als 3 Jahre zurück) :) Da geht es mehr darum, was man bisher gemacht hat (Studium, Beruf, zivile Führungserfahrung, bisherige Tätigkeiten ...) sowie der allgemeine Teil (Stärken und Schwächen, Warum Offizier? etc). Also alles Sachen, die man sich vorher schon überlegt haben sollte und die man schon in anderen Erfahrungsberichten lesen konnte. Wichtig: Dies bildet unter anderem die Grundlage für das Interview am Ende des ersten Prüfungstages.
Es wurden auch die Laufzettel ausgeteilt.
Dann gab es noch eine Veranstaltung über das Studienangebot... nun gut, für mich: Interessant, aber nicht relevant. Aber war dennoch gut gemacht. Jedenfalls dürfte da wohl der ein oder andere Studienwunsch schon ins Wanken gekommen sein (Stichwort: knappes Studienplatzangebot).
Da an dem Tag keine kostenlose Truppenverpflegung gestellt wird, haben wir uns alle beim "Griechen" eingefunden. Also Bargeld sollte vorhanden sein. Und ganz wichtig: Die Essens-Bestellung dauert....sehr lange (Salate gehen schneller). ::)
Mein Tipp für den Tag: Nicht erst um 14:30 Uhr antanzen, sondern (deutlich) früher da sein. Damit kann man in Ruhe seine Stube beziehen und schon ein wenig die Stuben-Mitbewerber kennenlernen.
1. Prüfungstag 01.02.Der Prüfungstag ging knackig los:
- Aufstehen 05:00 Uhr
- Frühstück 05:45 Uhr
- Einfinden im Prüfungsraum 06:10 Uhr
Um 06:10 Uhr stand der erste Test an: Die schriftliche Arbeitsprobe. Hier im Forum wurde schon sehr viel geschrieben, was dran kommen kann. Es geht um das Vermögen, sich in der Schriftsprache ausdrücken zu können. Rechtschreibung, Grammatik, Stil und auch die Ausdrucksweise werden dabei bewertet. Auch die Aufbereitung des Textes ist wichtig, also z.B. mit Absätzen arbeiten. Zeiteinsatz waren 30 Minuten. Das sollte normalerweise keine Hürde darstellen.
Um 07:00 Uhr ging es dann für mich sofort weiter zum CAT. Also Wortanalogien lösen, wenig Mathe machen (Grundrechenarten, Prozentrechnung, Dreisatz, Geometrie, Potenzen) und zum Schluss die Matrizen. Ging schneller rum als erwartet (ob bei mir auch Rechtschreibefragen dran kamen, weiß ich nicht mehr). Dann schaltete das Gerät sofort zum "PMO" um. Also nochmals 116 Fragen zur Persönlichkeit bzw. den eigenen Wertvorstellungen. Ohne jetzt genau darauf einzugehen, sollte man sich unter anderem über folgende Themen Gedanken machen und wie die eigene Einstellung dazu ist: Drogen, Alkohol, Fremde Kulturen, Gewaltanwendung.
Danach wurde mein Laufzettel geändert und ich musste nun zum Arzt - zur Voruntersuchung. Also Hör - und Sehtests, Urinprobe, Gewicht und Körpergröße erfassen.
Wir schreiben 09:00 Uhr und das Gruppensituationsverfahren (GSV) stand auf dem Plan. Es besteht aus zwei Planspielen und ein Kurzvortrag. Wir waren zu 5 (ebenfalls ein "Senior" + 3 jüngere Bewerber). Die Auswahlkommission bestand aus einem Oberstleutnant (OTL) und einer Psychologin.
Beim ersten Planspiel geht es um eine Krisensituation und die Gruppe muss zu einer Entscheidung kommen. Es gab zwei Möglichkeiten, die sich jedoch ausschließen (Das Thema war Wattwanderung - im Forum findet man mehr Infos dazu). Hier sollte man zum einen seinen Standpunkt vertreten und auch argumentieren, wieso nun die eigene Lösung die bessere ist. Gleichzeitig sollte man immer das beste Ergebnis für die Gruppe im Auge behalten. Aber wichtig: Gutes Verhalten gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern zeigen, also z.B. ausreden lassen oder keinen 5 minütigen Monolog. Aber es lief bei uns ganz gut - wir hatten zum Schluss sogar einen Konsens.
Beim zweiten Planspiel gibt es eine knappe Ressource, die nicht jeder beanspruchen kann. Es ging um einen Tagesausflug, der Bus hatte nur 4 Plätze, wir waren aber zu 5. Auch hier: Argumentieren, wieso man einen Anspruch darauf hat bzw. diesen auch verteidigen können. Aber man muss auch hier das Wohl der Gruppe im Auge behalten.
Beim Kurzvortrag bekommt man ein Thema, hat 25 Minuten Zeit zur Vorbereitung (Zettel für Notizen wird gestellt, darf auch während des Vortrags benutzt werden) und dann anschließend in maximal 10 Minuten vor der Gruppe diesen zu präsentieren (kann auch nur 3 oder 4 Minuten dauern - ist auch legitim). Jedoch möglichst frei (d.h. nicht, dass man kurz drauf schauen darf), auch etwas auf Gestik achten, Blickkontakt, laut und deutlich und in einem "langsamen" Tempo (für einen langsam, für den Zuhörer ist es angenehm). Ich persönlich habe mir ca. 15 Minuten Zeit für das Konzept gegeben und 10 Minuten vor meinem geistigen Auge den Vortrag geübt.
Übrigens: Beim Thema darf man auch eigene Ideen einbringen und etwas über den Tellerrand schauen sowie eigene Argumente suchen (das war der einzige Kritikpunkt von der Auswahlkommission ::))
Gegen 10:30 Uhr war ich fertig mit dem GSV und wurde vom PvD (Personalberater vom Dienst) wieder zum Arzt geschickt: Hauptuntersuchung. Zunächst wird man ausführlich befragt (Anamnese) - wahrheitsgemäß antworten!!! Danach heißt es frei machen bis auf die Unterhose. Anschließend wird man gründlichst untersucht. Es wird auch mehrmals der Blutdruck gemessen (Ruhe, Belastung, Erholung). Nach der Untersuchung stellt der Arzt dann die Tauglichkeit fest und die Verwendungsausschlüsse.
Die Untersuchung war für mich absolut in Ordnung und überhaupt nicht unangenehm. Er hat mir auch alles erklärt und und auch zu den Verwendungsausschlüssen (ja, zu der Jägertruppe darf ich nicht - dürfte ich als Seiteneinsteiger ohnehin nicht und wollte ich auch nicht hin, also alles green ;D).
Danach war Mittagspause. Mittlerweile war es 11:30 Uhr. Alle Tests und Arztbesuche hatte ich hinter mir. Also konnte ich nach dem Mittagessen etwas auf der Stube entspannen, bevor die größte Hürde vor der Tür stand. Es war 13:15 Uhr, das Interview stand auf dem Plan.
Zunächst hieß es, im Warteraum Platz zu nehmen. Dort waren auch die anderen Mitbewerber. Nach einer kurzen Weile holte mich der Herr Oberstleutnant ab und wir gingen in das Büro, in dem auch das GSV stattfand. Das Interview führten die gleichen Personen, die auch die GSV beobachtet und bewertet hatten (muss aber nicht so sein), bei mir also der OTL und eine Psychologin. Das Interview wurde absolut fair und höflich geführt. Die Fragen selbst waren fordernd und die Auswahlkommission wollte alles sehr genau wissen. Auf die einzelnen Fragen gehe hier nicht ein (die können doch erheblich variieren). Nur so viel sei gesagt: Man sollte sich sehr genau(!) mit der Bundeswehr und mit dem Soldatenberuf an sich befasst haben. Auch die eigene, intrinsische Motivation sollte klar zur Geltung kommen.
Nach dem Interview wurde ich dann in den Warteraum geschickt, da sich die Kommission nun beraten wollte. Nach ungefähr 2 Minuten holte mich der Herr OTL wieder ins Büro, um mir nun die Entscheidung mitzuteilen ("Geeignet" oder "derzeit nicht geeignet"). Ich wurde zum Glück für "geeignet" gehalten. :D Anschließend habe ich noch um Feedback zu den bisherigen Testergebnissen gebeten (CAT, Arbeitsprobe, GSV).
Damit war der erste Prüfungstag vorbei und ich durfte bis zum zweiten Prüfungstag bleiben. Diejenigen, die "derzeit nicht geeignet" oder aus medizinischer Sicht untauglich sind, mussten unmittelbar am Ende des Prüfungstages abreisen. Dieses Schicksal ereilten rund 30% der Bewerber an diesem Tag. Auch der Stuben-Mitbewerber, der ebenfalls IT-Offz im Seiteneinstieg werden wollte, war schon abgereist, als ich zurück kam.
2. Prüfungstag 02.02.Der zweite Prüfungstag bestand für mich nur aus dem Sporttest und dem Einplanungsgespräch. Aber zunächst hieß es: 05:30 Uhr aufstehen, Bett abziehen bis spätestens 06:15 Uhr abgeben. Danach war frühstücken angesagt.
Um 07:15 Uhr fanden wir uns in der Sporthalle ein. Haben uns dann selbstständig aufgewärmt. Gegen 07:45 Uhr kamen dann die Prüfer. Ich wurde dem dritten Durchlauf zugeteilt, also war wieder warten angesagt.
Ansonsten sollte der Sporttest bekannt sein: Sprint, Klimhang und Ergometer. Die genauen Zeiten wurde uns dort nicht mitgeteilt, die bekam ich erst später beim Einplaner. Hätte man nicht bestanden, wäre uns das gesagt worden. Sollte man den Sporttest nicht bestehen, hat man nach einer Frist von 6 Wochen die Möglichkeit, diesen heimatnah zu wiederholen. Man bekommt also noch eine zweite Chance.
Gegen 09:30 Uhr war ich dann wieder auf Stube. Schnell duschen, alles packen und Schlüssel & Co. bei der Heimleitung abgeben. Dann ging es zum Einplaner.
Für Seiteneinsteiger gibt es einen extra Einplaner, der uns zunächst einen kleinen Vortrag über die generellen Möglichkeiten, Einstufungen, Dienstgrade etc. für Seiteneinsteiger hielt. Als Seiteneinsteiger mit Master/Diplom wird man als Hauptmann eingestellt, mit Berufserfahrung von mind. 2,5 Jahren
wäre auch Major möglich (hängt aber vom Bedarf, Verpflichtungszeit und den konkreten Dienstposten ab). Als Bachelor wird man Oberleutnant bzw. als Bachelor mit mind. 2 Jahren Berufserfahrung
kann auch Hauptmann drin sein.
Es wurde auch noch die Ausbildung angesprochen. Zum einen gibt es die klassische Offz-Ausbildung von Heer, Luftwaffe und Marine, die in der Regel 2,5 Jahre - 3 Jahre dauert. Wobei hier überlegt wird, ein Truppenpraktikum relativ am Anfang für die Seiteneinsteiger einzuschieben - noch während der Eignungsübung. Es gibt auch ein neues Modell für die Bereiche Cyber und OrgBer, die deutlich abgespeckt und komprimiert ist, so dass man nach ca. einem Jahr mit der Ausbildung fertig ist (Ziel: Man möchte die Seiteneinsteiger so schnell wie möglich auf ihre Dienstposten einsetzen). Einstellungstermin wäre für alle TSKs der 01.07.
Danach wurden noch Einzelgespräche geführt, in denen die Verwendungen besprochen wurden. Eine Zusage gab es nicht, dieses findet erst am Ende der Bewerbungsphase statt, nachdem die Eignungsreihenfolge gebildet werden konnte und die Personalführer sich für die passenden Bewerber entschieden haben.
Noch ein Hinweis zur Eignungsübung: Die Bundeswehr informiert nun den Arbeitgeber automatisch von einer Eignungsübung, wenn diese ansteht. Man muss (und sollte) den Arbeitgeber zwar selbst informieren, jedoch scheint sich die Bundeswehr darauf nicht mehr zu verlassen.
FazitEs waren sehr schöne, aber auch fordernde Tage. Es lief alles einwandfrei und fair zu. Jeder wird absolut gleich behandelt, egal ob der Bewerber 17 oder 39 Jahre war. Jede Kleinigkeit wird erklärt, so dass man immer weiß, was man konkret zu machen hat und was von einem erwartet wird. Da können sich nicht wenige zivile Assessments eine Scheibe davon abschneiden.
Hallo TomTom. Meine frage bei Ergometer wieviel Watt und Umdrehung muss haben..? Beim ersten mal habe ich nicht so drauf geachtet. Muss jetzt nochmal Sport wiederholen und würde gerne wissen wie ist es bei Ergometer ..
edit: Zitat (erneut) getrennt
Die Verwendung wird eine Verwendung im Inland sein, die für eine Erstbesetzung (Erst- oder Grund-/Aufbauverwendung) geeignet ist und zwingend deinen Studienabschluss erfordert.
Zitat von: Feldjäger07 am 23. Juli 2018, 20:56:48In den Einsatz zu gehen bspw. in die Westsahara zu MINURSO würde mich ebenso reizen.
Ich musste gerade erst einmal herzhaft lachen ;D ! MINURSO in der Westsahara ist der letzte "klassische" (also unbewaffnete!) Militärbeobachtereinsatz und in den werden Sie nur dann gehen, wenn Sie als Militärbeobachter ausgebildet sind! Das ist natürlich für einen Quereinsteiger nicht der erste Ausbildungsabschnitt, weil dessen Ausbildung zum Besetzen der Stelle, für die er eingestellt wurde, Vorrang hat. Weiterhin ist der deutsche Anteil an MINURSO sehr, sehr klein und es finden sich immer genügend (ausgebildete und erfahrene!) Freiwillige für diesen Einsatz, so dass hier wohl eher keine Abfrage an die Truppe gehen wird, wer das hin gehen möchte!
Sie sollten sich nach einer eventuellen Wiedereinstellung zunächst darum kümmern, Ihre Laufbahnausbildung, Ihre Sprachnachweise in Form von ggf. Sprachsonderprüfungen, Ihre sportlichen Leistungen, etc. auf einen aktuellen Stand zu bringen. Dann werden Sie wohl eher zunächst an einem "klassischen" Kontingenteinsatz, also z. B. an KFOR, MINUSMA, EUTM MLI, RS, etc. teilnehmen, bevor man überhaupt daran denken wird, Sie zum UNMEoM auszubilden! Die Dauer einer eventuellen Sicherheitsüberprüfung, ggf. bis hin zur SÜ3, ist auch nicht zu unterschätzen, weil das BAMAD hier chronisch "Land unter!" meldet ...
Fazit: fangen Sie erst einmal schwach an, bevor Sie stark nachlassen ;D ! Eine Abstellung zur OSCE (Organisation for Scandals and Corruption in Europe) kommt aktuell nur für die SMM in der Ukraine in Frage und dies auch nur, wenn Sie russisch sprechen!
Das sind alles Dinge die mir bewusst sind, Herr Tommie. 5 Jahre aktiver Dienst bevor man dafür überhaupt in Betracht gezogen wird dafür ausgebildet werden zu dürfen etc. Es ist ein langfristiges(!) Ziel, wenn überhaupt.
Mein Ziel war es hier nicht meinen Beitrag hier ins Lächerliche ziehen zu lassen, indem man mir Unwissenheit vorwirft.
Grüße
Wie wahrscheinlich wäre eine 6 Jahresvereinbarung (3 Jahre Ausbildungs- & 3 Jahre Nutzungszeit)?
Das ist auch Verhandlungssache. Wenn kein oder wenig Bedarf besteht dürfte es schwierig werden. Wenn freie Stellen sonst nicht besetzt werden können stehen die Chancen besser.