Im Rahmen meiner Aktivitäten für die Cyberreserve hat dieser Tage wieder einmal ein Kamerad seine Hilfe angeboten, jedoch darauf verwiesen, dass er nun auch bald 65 Jahre alt würde und damit ,,draußen" wäre. Etwa zur gleichen Zeit ist im Verbandsmagazin ,,loyal" des Reservistenverbands ein recht allgemein gehaltener Artikel zum Thema der ,,lebensälteren" Reservisten erschienen, in denen neue Ausführungen des Kompetenzzentrums für Reservistenangelegenheiten angekündigt werden.
Ich arbeite als Betroffener selbst seit über einem Jahr an dem Thema und will aus diesem Anlass meinen Informationsstand mit Ihnen teilen. Sie stammen aus Kontakten mit der Bundesverwaltung und Abgeordneten, in denen ich versucht habe über eine Aufhebung der Altersgrenze zu sprechen. Zu den Ansprechpartnern gehören teils hochrangige Vertreter des BMVg (Abteilungen FüSk, P und Ministerbüro), des BAPersBw und des BMI. Die Antworten waren meist ,,Schweigen" bzw. deutliche Statements, dass man das Thema derzeit nicht bearbeiten werde bzw. entsprechende Prüfaufträge ,,in der untersten Schublade" halten würde. Der Hintergrund ist eine entsprechende Vereinbarung im aktuellen Koalitionsvertrag nach der das Thema derzeit nicht angefasst wird. Dazu muss man wissen, dass zur Altersgrenze für Reservisten ein Junktim mit den politisch sensiblen Pensionierungsregeln der Bundesbeamten und aktiven Soldaten besteht, deren Änderung interessanterweise bereits mehrfach vom Wehrbeauftragten angemahnt wurde. So lässt sich auch erklären, dass z.B. ein Abgeordneter mit seinem Versuch gescheitert ist, ein Gespräch mit einem der parlamentarischen Staatssekretäre und dem ehemaligen Reservistenverbandspräsidenten zu organisieren.
Anders ist die Situation übrigens in einigen Bundesländern, wie z.B. Baden-Württemberg, die die Altersgrenzen in ihrem Beamtenrecht teilweise bereits flexibilisiert haben und nun u.a. beginnen auch die entsprechenden Regelungen für die Alters- und Ehrenabteilungen ihrer freiwilligen Feuerwehren zu ändern. Vergleichbare Regelungen finden sich z.B. auch im Bereich des Einsatzes von Senior Experten in der Entwicklungshilfe, in der Wissenschaft und in der Rechtspflege. Und auch in den Parlamenten und Regierungen findet sich so manches Mitglied, das seinen 65. Geburtstag zum Teil schon vor eine ganzen Reihe von Jahren gefeiert hat.
Im Gespräch mit lebensälteren Kameraden aus anderen NATO-bzw. EU-Staaten erfahre ich, dass dort Altersgrenzen teilweise neu diskutiert werden bzw. bereits geändert wurden. Und es sind hier nicht zuletzt Träger der so gesuchen Fähigkeiten im Cyber- und Informationsraum, die in diesen Jahren als ,,erste Kinder des Informationszeitalters" die Pensionsgrenze erreichen und sich häufig noch für neue Projekte gewinnen ließen.
Vor diesem Hintergrund sind die betroffenen Reservisten gefordert, sich verstärkt selbst im direkten Kontakt mit der Politik und den Medien für eine Änderung einzusetzen, die im Zeichen des demographischen Wandels längst überfällig ist.
Alles gut und recht und ich gönne jedem, dass er gesund und fit ist und seine Erfüllung in seiner Arbeit findet. Aber in gewissen Tätigkeiten kann das Ziel nicht Vergreisung sein.
In Stabstätigkeiten oder It mag es im Alter noch gehen. Dafür gibt es aber für Qualifizierte auch Ausnahmemöglichkeiten. Alles andere kann aber nicht mit der Anpassung an die Demografie gerechtfertigt werden.
Ich selbst war Infanterist und wirklich fit. Trotzdem bin ich mit 50+ nun nicht mehr so leistungsfähig wie mit 25. Alles andere wäre glatt gelogen.
@ Wolverine:
Du BIST Infanterist (weil es eine Einstellungsfrage ist), und nun bist Du erfahren geworden, eher in einer Stabsverwendung, und lässt anderen den Vortritt "ganz vorne", bist aber sicherlich noch fit, oder?
Ich werde dieses Jahr 55 Jahre alt und die meisten 25 jährigen bleiben hinter mir. Zeigt sich vor allem beim BFT.
Trotzdem schwindet das Interesse ganz vorne zu sein.
Ja, in infanteristischer Verwendung tut man sich ab 40+ zunehmend schwer, mit trainierten 20jährigen mitzuhalten.
Man fragt sich dann öfter, wie lange man den Job noch machen kann. Sicher nicht bis 65...
Zitat von: mkrempel am 10. März 2020, 20:01:43
Und es sind hier nicht zuletzt Träger der so gesuchen Fähigkeiten im Cyber- und Informationsraum, die in diesen Jahren als ,,erste Kinder des Informationszeitalters" die Pensionsgrenze erreichen und
hoffentlich weiten Abstand von unserer Cybertruppe halten. Wem wollen sie weiß machen, dass Siegbert, gelernter Elektroniker und als Hobby "irgendwas mit Telefon und Coden in HTML", auch nur annähernd mit einem gelernten Systeminformatiker oder gar studiertem Master of Engineering oder Science mithalten kann.
Ich kann mir keine Verwendung vorstellen, in denen ein Rentner und Pensionär im Cyberkommando besser aufgehoben wäre als in einer Infanterie-Kompanie, nämlich am besten gar nicht.
Beunruhigend, dass Du so wenig Fachwissen hast, um den nicht vorhandenen Ausbildungsberuf des Systeminformatikers zu kennen. Auch mit Deinem Vorstellungsvermögen ist es nicht weit hin, wie Du selbst schreibst. Dennoch hat Dich das leider nicht davon abgehalten, das hier zu schreiben.
Dummerweise haben die Personen, die über das Wissen verfügen, was die "Cybertruppe" benötigt, auch ein höheres Alter und eben keine formellen Qualifikationen. Das schon alleine deshalb, weil es sie zum Zeitpunkt des Erwerbs keine derartigen Qualifikationsmöglichkeiten gab und teilweise heute noch gibt. Zum anderen ist die Tatsache, dass es zum Erwerb dieses Wissen eine gehörige Portion intrinsische Motivation gehört, die einem die standardisierte Vermittlung, sei es Ausbildung oder Studium, versauern kann. Den Punkt, dass es nur wenige Dozenten mit den benötigten Qualifikationen gibt, gar nicht erst betrachtet.
Wenn man allerdings die Arroganz besitzt/besitzen sollte, sich nach Deiner Maßgabe zu verhalten, wird man eben nicht das Personal bekommen, was es braucht.
Den "Fachinformatiker Systemintegration" gibt es seit Juli 1997 als Berufsausbildung! Da werden jetzt nicht in Kürze einige davon in Rente gehen ;) !
Ansonsten ist es in der Tat so, dass der erste, der zu Hause ein PC hatte, ganz schnell zum Administrator in der Firma "gekürt" wurde. Habe das selbst schon live und in Farbe miterlebt ;) ! Erst in Richtung Jahrtausendwende wurden hier neue Ausbildungsberufe geschaffen und mit Inhalten hinterlegt. Diejenigen, die hier wohl bald in Rente gehen, sind mehr die oben erwähnte Klientel ;) !
Zitat von: WirdMaHellImHals am 11. März 2020, 22:47:07
Wem wollen sie weiß machen, dass Siegbert, gelernter Elektroniker und als Hobby "irgendwas mit Telefon und Coden in HTML", auch nur annähernd mit einem gelernten Systeminformatiker oder gar studiertem Master of Engineering oder Science mithalten kann.
Auch, wenn ein nennswerter Anteil, der mit bekannten "ITler" in dem Alter eher deinem Siegbert ähnelt, trifft das nicht auf alle zu.
Ich war auch schon einem mit Kameraden im Einsatz, der seine Pensionierung schon hinter sich hatte und als Reservist im Einsatz als ITFw voll überzeugt hat.
Das ist halt einer der Kameraden, die von der Geisteshaltung eher erfahren statt alt sind.
Zitat von: Seltsam am 12. März 2020, 13:48:15
Das schon alleine deshalb, weil es sie zum Zeitpunkt des Erwerbs keine derartigen Qualifikationsmöglichkeiten gab und teilweise heute noch gibt
Lässt sich über die Externenprüfung zum IT-Systemelektroniker oder Fachinformatiker relativ leicht nachholen.
Auch für die ZAWs meldet der Bund bzw BfD die Soldaten zur Externenprüfung bei der IHK.
Zitat von: Tommie am 12. März 2020, 14:10:44
Ansonsten ist es in der Tat so, dass der erste, der zu Hause ein PC hatte, ganz schnell zum Administrator in der Firma "gekürt" wurde. Habe das selbst schon live und in Farbe miterlebt ;)
Ja...oft mit Ergebnissen, die alles andere als schön sind.
Manch gelernter Dachdecker wird auf Grund von Interesse und Motivation zu einem Super ITler...die Mehrheit allerdings nicht.
@Tommie
@funker07
Ist mir bekannt, den Beruf Fachinformatiker und IT-Systemelektroniker bilde ich selbst aus. Den Systeminformatiker gibt es allerdings nicht.
Ich finde es nur äußerst gewagt, wenn man nicht vom Fach ist und auch sonst keine Leute aus dem Metier kennt, sich dazu herabzulassen, die Personen, die seit Anfang an die Entwicklung begeleitet haben, als unwissend und zu alt zu bezeichnen. Vll. fehlt da die eigene Qualifikation andere in dem Fachbereich bewerten zu können.
Wenn man allerdings schon aufgegeben hat, das hochqualifizierte Personal auch höheren Alters für die Bundeswehr zu gewinnen, weil man erkannt hat, dass man ihnen nicht viel bieten kann, dann, ja, dann wird sich die Aussage von @WirdMaHellImHals erfüllen.
Allerdings nicht aktiv durch das Fernhalten, eher passiv durch das Fernbleiben der Fachexpertise, wie teilweise selbst erlebt, u.a. auch hier im Forum geschildert.
Ich muss leider einigen meiner Vorredner zustimmen. Die "Cyberreservisten" um die es hier geht, sind "reservistenverbandsnah", was schon mal die latente Gefahr birgt, es mit "Gschaftlern" zu tun zu kriegen (wie man in Bayern sagt). Leider ist hier der Anteil an Siegberts sehr hoch, also Kompetenz aufgrund eigener Erklärung. Deswegen muss für die auch eine neue Kategorie der Reserve geschaffen werden, so nach dem Motto : "ich habe ja keinen formalen Abschluss, und ich habe auch keine Zeit/Lust/körperliche Eignung um mich als Soldat ausbilden zu lassen aber ich will trotzdem in Uniform und mit möglichst hohem Dienstgrad als Reservist tätig sein, aber nur 3 Tage im Jahr". Wenn die unbedingt der Bundeswehr freiwillig dienen wollen, könnten sie ja auch als Zivilist freiwillige Arbeitsstunden leisten, aber das macht ja keiner.
Reservisten die der Bundeswehr wirklich nutzen sind beorderte Fachleute, die möglichst vorher Soldat (Zeitsoldat) waren, denn jeder IT-Fachmann muss auch seine "Branche" kennen, in dem Fall die Bundeswehr. Allerdings sind diese Leute auch rar, weil die zivilen Arbeitgeber sie nicht gehen lassen, solche Leute wären in einem möglichen V-Fall oder auch hybriden Verteidigungszenario bei Ihren zivilen Arbeitgebern (z.B. Telekom, IBM, Google) unabkömmlich.
Ich selbst setze erfolgreich Reservisten ein, die aber über die ganz normale Schiene (Spiegeldienstposten) kommen, die bei mir auch ihre militärische Heimat haben (KLF, Schießen, EEH-A). Die machen auch ganz normal Karriere, je nach Ihrer Qualifikation bis zum Stabsoffizier, eben nach Eignung, Leistung und Befähigung. Es gibt keine Dienstgrade ehrenhalber, wie sich das vielleicht manche vorstellen ("Was der kann, kann ich schon lange, ich sollte also mindestens Major sein").
Und zum TE: du hast das ja richtig beschrieben: an der Altersgrenze für Reservisten rum zu basteln macht erst Sinn, wenn die Altersgrenze bei den Aktiven nach oben geht.. auch Aktive Können ja im Moment bis maximal (!) 65 dienen
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/cyber-und-informationsraum/aktuelles/mdb-alexander-mueller-beim-cir-5705536DATUM: 15.11.2023
ZitatOberstleutnant der Reserve Alexander Müller, Mitglied des Deutschen Bundestags sowie Verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und Obmann des Verteidigungsausschusses, zog für zwei Wochen seine Uniform an und übte als Reservedienstleistender im Kommando CIRCyber- und Informationsraum.
(...)
"Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel. Das Höchstalter der Reserve mit 65 Jahren ist ein großes Ärgernis für viele Reservedienstleistenden, die gerne über die 65 hinaus noch freiwillig Dienst leisten würden. Das habe ich als Problem wahrgenommen. Deshalb arbeiten wir jetzt konkret an einem Gesetz, dass man auch über die Altersgrenze von 65 Jahren hinaus in Zukunft Reservedienst leisten kann. Wir haben die Absicht dies noch in dieser Legislaturperiode zu ändern. Das sind konkrete Dinge, die ich hier aus einer Übung mitnehmen kann und in Berlin dann tatsächlich als Verbesserung für die Soldatinnen und Soldaten umgesetzt werden."
@ PzPiKp:
Wie immer bei solchen Artikeln: Wer ist "wir", der da ein Gesetz noch in dieser Legislaturperiode umsetzen möchte?
.. und zwar von der "Idee" bis zum Gesetz, in einer Koalition, die das sicher nicht im Koalitionsvertrag stehen hat und deutlich größere Probleme zu bewältigen hat.
(Meine Einschätzung: Dies wird eher nichts werden, jedenfalls nicht in dem Zeitrahmen).
wobei ich jetzt auf dem Feld de KVK´s feststelle - das ein Großteil der DP gar nicht mehr besetzt werden können, da de Nachwuchs fehlt
Für viele frischentlassene ist der Dienst im KVK ja auch keine Herausforderung - die wollen halt lieber weiter grün sein ;) , falls sie überhaupt noch für die BW sind und nicht bereits damit abgeschlossen haben
im Gegenzug werden bei uns jetzt viele Kameraden der 1. Generation mit erreichen der Altersgrenze ausgeplant OHNE das es Nachfolger gibt
und gerade bei uns ist Altersgrenze eigentlich komplett sinnlos - solang man noch aufrecht ins Büro gehen kann und nicht vergisst was der Auftrag ist ;)
aber nein - da werden lieber die Leute - selbst wenn sie erklären sie wollen noch weitermachen und uns dann noch als Zivilisten unterstützen) entlassen - und die DP nicht besetzt - ich warte ja nur das wieder ein Flächenlage kommt wenn sich die Nachbar-KVK´s nicht untereinander unterstützen können in einem längeren Einsatz
@ Bayern Bazi:
Ich stimme zu, dass ein "fitter" Ü65 noch auf einigen Dienstposten einen Beitrag leisten kann - sehe aber die Umsetzung nicht so schnell.