Guten Abend,
Ich spiele mit dem Gedanken mich bei der Bundeswehr für die Feldwebel Laufbahn oder
Unteroffizierslaufbahn im Fachdienst verpflichten zu lassen.
Kurze Info zu mir: Ich bin 33J, habe eine abgeschlossene Ausbildung als
als Fachkraft für Lagerlogistik. In diesem Bereich oder Tätigkeitsverwandten Bereich
würde ich gerne eingesetzt werden, wenn die Bundeswehr mich den nehmen würde.
Ich habe mit 19J ein Kriegsdienstverweigerungsantrag gestellt und mich für den
Zivildienst entschieden. Soweit ich weiß kann man den Antrag ja zurückziehen, jedoch
habe ich den Zivildienst abgebrochen (Totalverweigerung) und würde zu 1Jahr auf Freiheitsstrafe
auf Bewährung verurteilt. Desweiteren habe ich früher de öfteren Cannabis und
Amphetamine konsumiert. Habe damals meine Fahrerlaubnis abgeben müssen
weil ich als Beifahrer Amphetamine konsumiert und eine geringe Menge dabei hatte.
Mittlerweile habe ich mein Führerschein durch ein positives Mpu Gutachten zurück habe eine Therapie gemacht
Und seid mehreren Jahren Drogenfrei.
Wäre meine Vorstrafe Zivildienst Verweigerung, und meine Eintragungen im
Bzrg, bzw Behördliche Führungszeugnis etc. Ein Hindernis beim Bewerbungsprozess
Bzw. beim Psychologische Gespräch im Assessment Center?
Nein,du bist raus.
Zitat von: ulli76 am 05. März 2021, 23:06:45
Nein,du bist raus.
Wegen der Totalverweigerung oder der Mpu?
Es arbeiten doch auch ehemalige Sträflinge bei der Bundeswehr?
Das sind zwar Einzelfälle aber wenn man sich gut verkauft werden
auch Ausnahmen gemacht oder nicht?
1 Jahr Strafe ist absolutes Einstellungshindernis.
Hatte nun gelesen das diese Strafe nach 5 Jahren aus dem Bundeszentralregister
gelöscht wird, also müsste die Eintragung ja schon längst raus sein?
1 Jahr Haftstrafe sind ein absolutes Einstellungshindernis.
Deine Drogenkarriere ist ein medizinisches Hindernis.
Zitat von: Max291 am 05. März 2021, 23:39:08
Hatte nun gelesen das diese Strafe nach 5 Jahren aus dem Bundeszentralregister
gelöscht wird, also müsste die Eintragung ja schon längst raus sein?
Dann lesen Sie bitte im Bundeszentralregistergesetz was die Bundeswehr im Rahmen einer
unbeschränkten Auskunft aus dem BZR erfährt. Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ist ein absolutes Einstellungshindernis nicht nur für die Bw.
Zitat von: KlausP am 06. März 2021, 06:41:07
Zitat von: Max291 am 05. März 2021, 23:39:08
Hatte nun gelesen das diese Strafe nach 5 Jahren aus dem Bundeszentralregister
gelöscht wird, also müsste die Eintragung ja schon längst raus sein?
Dann lesen Sie bitte im Bundeszentralregistergesetz was die Bundeswehr im Rahmen einer unbeschränkten Auskunft aus dem BZR erfährt. Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ist ein absolutes Einstellungshindernis nicht nur für die Bw.
Zum Verständnis für den TE§ 46 BZRG
Länge der Tilgungsfrist
In diesem Fall:
"2. zehn Jahre
bei Verurteilungen zu
b)Freiheitsstrafe oder Strafarrest von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt worden und im Register nicht außerdem Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe eingetragen ist,"
D.h. lag keine weitere Verurteilung vor, IST die Strafe getilgt (bzw. tilgungsreif), wenn die Rechtskraft mehr als 10 Jahre zurück liegt.
Damit darf sich der TE als nicht vorbestraft bezeichnen und muss die Verurteilung auch nicht im Bewerbungsbogen angeben.
Zitat2) Bewerber/innen für sonstige Laufbahnen (SaZ für die Laufbahnen Uffz, Fw, Offz)
Vom Dienst als SaZ in den sonstigen Laufbahnen (z.B. Uffz, Fw, Offz) sind Bewerber/innen ausgeschlossen, sofern sie strafrechtlich in Erscheinung getreten sind und sich aus der Straftat deren Nichteignung als Soldat/in ergibt.
Aus diesem Grund müssen Bewerber/innen Angaben zum Inhalt des Bundeszentralregisters in Bezug auf sich Angaben machen (Verurteilungen wegen eines Vergehens/Verbrechens (Straftaten) einschl. Strafbefehle, auch wenn eine Eintragung ins Führungszeugnis nach § 30 Abs. 1 BZRG nicht erfolgt(e), z.B. Strafbefehle/Verurteilungen, mit denen auf Geldstrafe von bis einschließlich 90 Tagessätze bzw. Freiheitsstrafe bis einschließlich drei Monate erkannt wurde).
Bei Verschweigen von solchen Strafbefehlen / Verurteilungen wird grundsätzlich von einer Nichteignung ausgegangen.
Die Eintragungen aus dem Erziehungsregister müssen dagegen nicht offenbart werden.
Ferner brauchen die Verurteilungen etc., die im Bundeszentralregister getilgt oder tilgungsreif sind, nicht anzugeben werden.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat als oberste Bundesbehörde ein Recht auf unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 BZRG); die Kosten trägt die Bundeswehr.
Die Einsichtnahme in Strafakten erfolgt nur nach einer Einwilligung durch den/die Bewerber/in.
Für jede Verurteilung im obigen Sinne ist hierfür eine separate Einwilligungserklärung erforderlich.
ABER
"§ 52 BZRG Ausnahmen
(1) Die frühere Tat darf abweichend von § 51 Abs. 1 nur berücksichtigt werden, wenn
4.
die betroffene Person (...) die Einstellung in den öffentlichen Dienst (...) beantragt, (...),"
In Verbindung mit
"§ 38 Soldatengesetz
Hindernisse der Berufung
(1) In das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit darf nicht berufen werden, wer
1.
durch ein deutsches Gericht wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit strafbar ist, zu Freiheitsstrafe verurteilt ist,
(2) Das Bundesministerium der Verteidigung kann in Einzelfällen Ausnahmen von Absatz 1 Nr. 1 zulassen."
Wie zu lesen, sind Ausnahmen möglich, aber nur in Einzelfällen.
z.B. wenn der Bewerber
herausragende Qualifikationen mitbringt.
Und was wie immer nicht fehlen darf - das mit dem Verpflichten übernimmt keiner für Sie. Wenn, dann verpflichten Sie sich. Sich verpflichten LASSEN ist so nicht vorgesehen.
Zitat von: LwPersFw am 06. März 2021, 10:34:15
1.
durch ein deutsches Gericht wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit strafbar ist, zu Freiheitsstrafe verurteilt ist,
Hierbei sollte noch auf das Stichwort Verbrechen geachtet werden.
Ein Verbrechen ist eine Straftat die ein Mindestmaß von 1 Jahr Freiheitsstrafe vorsieht.
Für die Straftat der Dienstflucht sieht der Gesetzgeber in §53 Zivildienstgesetz kein Mindestmaß sondern nur ein Höchstmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor.
Das bedeutet, dass der zitierte Teil des §38 nicht relevant ist.
Lieber Rekrut,
dann bitte auch den 48 SG lesen.
Rein Praktisch ist es so, dass schon bei Freiheitsstrafen grösser 6 Monaten von einer charakterlichen Nichteignung ausgegangen wird - ohne Bezug auf die gesetzlichen Regelungen.
Der TE ist weder gesundheitlich, noch charakterlich geeignet, dazu kommt die fehlende wehrrechtliche Verfügbarkeit.
Zitat aus der ZDv zur Einstellung, Berufung...
ZitatDie charakterliche Eignung für eine Einstellung in ein Dienstverhältnis ist nicht gegeben,
wenn die Bewerberin oder der Bewerber wegen einer Straftat, die ihn oder sie der Berufung in ein
Dienstverhältnis unwürdig erscheinen lässt, rechtskräftig verurteilt worden ist.
Lieber F_K,
an dieser Stelle der freundliche Hinweis bitte richtig zu lesen.
Mit meiner vorigen Aussage bezog ich mich das Einstellungshindernisses des §38 SG, welches LwPersFw zitiert hatte, da es sich bei dem Straftat der Dienstflucht um ein Vergehen und nicht um ein Vebrechen handelt.
Der von Ihnen genannte §48 SG steht im Unterabschnitt ,,Beendigung des Dienstverhältnisses" Unterpunkt a) ,,Beendigung des Dienstverhältnisses eines Berufssoldaten", §38 hingegen im Unterabschnitt ,,Begründung des Dienstverhältnisses". Mit der Unterteilung in verschiedene Unterabschnitte möchte der Gesetzgeber auf die Ungleichheit der Sachverhalte hinweisen.
Während es bei dem Unterabschnitt ,,Begründung des Dienstverhältnisses" darum geht unter welchen Bedingungen eine Berufung in des Dienstverhältnisses eines Soldaten möglich oder ausgeschlossen ist, regelt der Unterabschnitt ,,Beendigung des Dienstverhältnisses" die Voraussetzung der Beendigung der Dienstverhältnisse von Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit.
Zur Beendigung eines Dienstverhältnisses muss ein Dienstverhältnis vorliegen.
Zur Beendigung eines Dienstverhältnisses eines Berufssoldaten, muss ein Dienstverhältnis eines Berufssoldaten vorliegen.
Im vorliegenden Fall liegt weder das eine noch das andere vor. Der TE begehrt ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit, daher ist der von Ihnen genannte §48 SG nicht einschlägig.
Unter Punkt b) werden die Beendigungsgründe für ein Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit in §54 SG genannt. Hier wird eine analoge Anwendung des §48 SG bestimmt.
§48 SG lautet:
,,
Der Berufssoldat verliert seine Rechtsstellung, wenn gegen ihn durch Urteil eines deutschen Gerichts im Geltungsbereich des Grundgesetzes erkannt ist
...
2.
auf Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen vorsätzlich begangener Tat
..."
Hier haben Sie offensichtlich das Wort ,,verliert" übersehen.
Um eben das Dienstverhältnis und damit die Rechtsstellung eines Soldaten verlieren zu können, muss dieses erst einmal zum Zeitpunkt der Verurteilung bestehen.
Das ist vorliegend nicht der Fall.
Der §48 SG kann also denklogisch nur Verurteilungen meinen, die nach der Begründung des Dienstverhältnisses eines Soldaten rechtskräftig geworden sind, was schon an der Einteilung im oben genannten Unterabschnitt zu erkennen ist.
Hätte der Gesetzgeber eine Anwendung des §48 SG auf die Begründung eines Dienstverhältnisses gewollt, würde ein entsprechender Passus in §38 zu finden sein, was nicht der Fall ist.
Die Feststellung der aktuellen charakterlichen Eignung oder Nichteignung überlassen wir dann doch lieber den Menschen deren Beruf das ist.
Lieber Rekrut,
Die von Ralf zitierte Vorschrift wurde gelesen?
Der 48iger gilt auch für.SaZ, ja, der TE ist kein SaZ und wird es auch nicht werden.
.. zur med. Eignung haben ja schon Ärzte etwas gesagt, und dies können auch Laien einfach erkennen.
Offtopic:
@F_K: Es ist schon interessant, kaum wird eine deiner aufgestellten Behauptungen sachlich und mit einer Quellenangabe kritisiert und ggf. widerlegt, werden von dir einfach neue Behauptungen aufgestellt, ohne sachlich auf die vorherigen Beiträge einzugehen, geschweige denn anderen Diskussionsteilnehmern einfach mal recht zu geben. Dies ist der Diskussionskultur eines Forums nicht sonderlich zuträglich und ist in letzter Zeit vermehrt in deinen Beiträgen festzustellen.
Ontopic:
Das jemand mit dieser Vita quasi keine Einstellungschance hat, bedarf doch eigentlich garkeiner Diskussion. Das entspricht auch zu 100 % meiner Meinung.
Falls der TE der hier dargelegten Einschätzung nicht glaubt, steht es ihm natürlich dennoch frei sich zu bewerben.
MkG
Zebra
Ich will da den letzten Absatz nochmal stützen. Das SG §38 (1) zählt die Voraussetzungen auf, die für eine Einstellung als Berufs- oder Zeitsoldat nicht vorliegen dürfen. Es handelt sich um persönliche Ausschlussgründe für den Fall einer früheren Verurteilung des Bewerbers.
Zu beachten ist, dass die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe im Sinne des Abs. 1 Nr. 1 regelmäßig auch die charakterliche Eignung nach §§ 3 Abs. 1, 37 Abs. 1 Nr. 3 ausschließt. Auch wenn ein Hindernisgrund nach Abs. 1 Nr. 1 nicht (mehr) vorliegen sollte, z. B. weil die Strafe aus dem Bundeszentralregister getilgt wurde oder es sich um eine Jugendstrafe handelte, wird die zuständige Dienststelle die charakterliche Eignung sehr kritisch überprüfen.
Es ist also grds. davon auszugehen, dass Bewerber, die zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wurden (auch wenn dieses nicht aufgrund eines Verbrechens erfolgte), keine Einstellungszusage bekommen; wenn sie eine sehr begehrte Qualifikation mitbringen (und damit meine ich nicht irgendeinen Gesellen-/Meisterberuf), dann würde man sicherlich hier eine Einzelfallprüfung anstreben, ansonsten erfolgt meistens schon die Vorabablehnung.
Zur Wechselwirkung mit § 48: Satz 1 Nr. 1 wiederholt die Berufungshindernisse des § 38. Während § 38 die Ernennung zum Berufssoldaten bei Vorliegen eines Hindernisses vor der Ernennung unzulässig macht, regelt § 48 Satz 1 Nr. 1 den Fall, dass das Hindernis erst nach der Ernennung entsteht. Straftat und Urteil oder nur das Urteil müssen also zeitlich nach der Ernennung liegen. Lag das Hindernis (Tat und Urteil) schon vor der Ernennung vor und war es der einstellenden Dienststelle nur nicht bekannt, ist der Soldat nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 zu entlassen.
Um @Ralf noch zu ergänzen...
Ralf hat ja die Anwendung der genannten Rechtsnormen erläutert.
Da hier im Forum aber nicht Diejenigen sitzen, die über diese Sachverhalte zu entscheiden haben, gilt genauso wie bei medizinischen Fragen:
Ja ... man kann hier nach Informationen fragen, ABER wer Gewissheit für sich persönlich haben möchte, MUSS seine formale Bewerbung auf den Weg bringen.
Dann wird sein/ihr Einzelfall geprüft und man erhält von der zuständigen Stelle eine Antwort.
Und auf die Bewerbung des TE bedeutet dies:
IST die Strafe getilgt, bzw. tilgungsreif muss diese im Bewerbungsbogen nicht angegeben werden.
Sollte er zum Prüfverfahren der Bw eingeladen werden, muss er die Strafe im Gespräch nicht erwähnen und auf Nachfrage darf er sich als NICHT vorbestraft bezeichnen.
Warum ?
Weil wir in einem Rechtsstaat leben und JEDER Bürger dieses Recht nach Tilgung hat.
(Um den noch vorzubeugen:
Bei der Polizei gelten andere Regeln.
Dort sind aber auch schon die Fragen im Bewerbungsbogen anders formuliert.)
Sollte die Bw über den Weg unbeschränkte BZR-Auskunft die Strafe mitgeteilt bekommen, wird sie diese bewerten und für sich eine Entscheidung treffen.
Und hierzu als Ergänzung:
Ist die Verurteilung nach § 45 ff. BZRG aus dem Bundeszentralregister getilgt worden, ist sie gemäß § 51 BZRG kein Berufungshindernis mehr. Ausnahmen gibt es bspw. nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG, wenn die Einstellung des Bewerbers zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde.
Zitat...die betroffene Person die Zulassung zu einem Beruf oder einem Gewerbe, die Einstellung in den öffentlichen Dienst oder die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, eines Munitionserwerbscheins, Waffenscheins, Jagdscheins oder einer Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes beantragt, falls die Zulassung, Einstellung oder Erteilung der Erlaubnis sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde; das gleiche gilt, wenn die betroffene Person die Aufhebung einer die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes untersagenden Entscheidung beantragt
Zitat von: F_K am 06. März 2021, 22:21:01
Die von Ralf zitierte Vorschrift wurde gelesen?
Auch wenn manch andere Forenteilnehmer die Beiträge Anderer nicht liest, so mache ich das sehr wohl.
Was ich bei dem von Ralf zitierten Passus lese ist, dass nicht generell von einer Straftat gesprochen wird, sondern von ,,einer Straftat, die ihn ... der Berufung in ein Dienstverhältnis unwürdig erscheinen lässt, ...".
Das impliziert, dass es auch Straftaten geben muss, die einer Berufung nicht im Wege stehen. Ein weiteres Indiz hierfür ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber an obiger Stelle explizit auf Straftaten die als Verbrechen eingestuft sind verweist.
Da ich leider derzeit keine Einblick in die Vorschriftenlage habe, kann ich nicht beurteilen ob es hierbei einen Katalog an Straftaten gibt, die unter diesen Passus fallen, ich wage mich mal aus dem Fenster zu behaupten, dass die Dienstflucht nicht dazu zählen wird, ist ihr doch der Gedanke der absoluten Wehrdienstverweigerung zu Grunde gelegt. Durch die Bewerbung bei der Bundeswehr wird zumindest deutlich, dass dieser Grundgedanke nicht mehr vorliegt.
Dass es hierzu einen Katalog an Straftaten oder zumindest einen Ermessensspielraum geben muss, stüzt sich darauf, dass ich selbst jemanden bei der Eignungsfeststellung kennengelernt habe, der mit einer Vorstrafe wegen Körperverletzung, die mutmaßlich offen kommuniziert worden ist, vom dortigen Psychologen eine Feldwebeleignung für eine Verwendung bei den Feldjägern bekommen hatte. Eine Meinung habe ich auch dazu, behalte sie aber für mich.
Wie LwPersFw es richtig gesagt hat, leben wir in einem Rechtsstaat, zu diesem gehört der Grundgedanke der Rehabilitation von Straftätern, was unter anderem an der Tilgung von Straftaten im BZR zu erkennen ist.
An eben jene Rehabilitation glaubt eben auch der Dienstherr, denn sonst hätte er in seinem Fragebogen diesbezügliche Fragen anders formuliert, wie bspw es bei der Polizei der Fall ist.
Ebenso wurde korrekt ausgeführt, dass der TE sich zu Recht als nicht vorbestraft bezeichnen darf, und diese Verurteilung nicht in der Bewerbung und im Gespräch nennen muss.
Hierüber kann man anderer Meinung sein, ich habe auch eine Meinung dazu, letztlich zählt das was der Gesetzgeber und der Dienstherr vorgeben.
Eine charakterliche Eignung maße ich mir nicht an zu treffen, weil ich dazu weder qualifiziert bin, noch es meine Aufgabe ist.
Sich das Recht in einem Forum anzumaßen ohne entsprechende Qualifikation einen unbekannten Menschen anhand von wenigen Fakten die charakterliche Eignung für den Dienst in der Bundeswehr abzusprechen und demjenigen von vornherein von einer Bewerbung abzuraten, finde ich nicht richtig.
Wer findet die Bewerbungsbögen oder die Rechtslage sollte geändert werden, der kennt die rechtsstaatlichen Mittel um dies anzuregen.
Daher schließe ich mich LwPersFw an:
Wer in einer solchen Situation wie der TE es genau wissen möchte, der soll sich bewerben und das Ergebnis abwarten.
Übrigens führt schon der einmalige Konsum harter Drogen (und da gehören Amphetamine zu) zur medizinischen Untauglichkeit. Ebenso der regelmäßige Konsum von THC. die Therapie wäre- je nach zeitlicher Frist- ebenfalls anzugeben.
Und zur Frage was ein Verbrechen ist, um das Thema nun zu erschlagen:
Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind (§ 12 Abs. 1 StGB). Wegen dieser Definition wäre der Zusatz ,,zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr" überflüssig. Jedoch kann sich bei besonderen gesetzliche Milderungsgründen das Mindestmaß einer Freiheitsstrafe auf weniger als ein Jahr vermindern (§ 49 StGB).
Abs. 1 Nr. 1 erfasst auch Taten im Versuchsstadium und der Beteiligung an einer Straftat (Anstiftung und Beihilfe, §§ 26, 27 StGB), da es sich dabei ebenso um eigenständige Verurteilungen wegen einer Straftat handelt. Auch die versuchte Tat oder die Beteiligung sind Straftaten.
Der § erfasst die Urteile wegen eines Verbrechens auf Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr der deutschen Gerichte aller Instanzen, vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof. Dazu gehören auch Urteile zu Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, was gemä § 56 Abs. 2 StGB bis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren möglich ist. Die Strafaussetzung ist lediglich eine Maßnahme der Spezialprävention, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte auch ohne Vollstreckung keine weiteren Straftaten begehen wird. Der Tenor des Urteils lautet dabei auf Freiheitsstrafe von einem Jahr oder höher.
Ergänzung zu Ralf:
Auch getilgte Strafen führen regelmäßig zur Unzuverlässigkeit für den Umgang mit Waffen, und damit auch zur mangelnden Eignung als Soldat / Beamter, wenn dort Waffen geführt werden sollen.
Deswegen wird ja eine unbeschränkte Auskunft aus dem BZR eingeholt.
Ansonsten: Der TE soll sich bewerben, dann bekommt er es schriftlich.
Zitat von: F_K am 07. März 2021, 11:20:06
Ergänzung zu Ralf:
Auch getilgte Strafen führen regelmäßig zur Unzuverlässigkeit für den Umgang mit Waffen, und damit auch zur mangelnden Eignung als Soldat / Beamter, wenn dort Waffen geführt werden sollen.
Deswegen wird ja eine unbeschränkte Auskunft aus dem BZR eingeholt.
Ansonsten: Der TE soll sich bewerben, dann bekommt er es schriftlich.
Getilgte Strafen müssen im Bewerbungsverfahren nicht angegeben werden und sind in der unbeschränkten Auskunft im BZR auch nicht ersichtlich. Das ist schließlich der Sinn der Tilgung. Somit kann eine getilgte Strafe nicht pauschal zu Unzuverlässigkeit führen, da sie gar nicht in der Auskunft enthalten sein kann. Ihre Aussage ist damit haltlos.
Ich will mich hier gar nicht groß einmischen kann aber garantieren das getilgte Strafen in der unbeschränkten Auskunft des BZR für den MAD ersichtlich sind.
@ rekrut:
Du hast das Prinzip der Tilgung nichtverstanden.
Auch getilgte Strafen sind in einer unbeschränkten Auskunft aus dem BZR enthalten.
Sonst wäre nicht sicher zu stellen, dass solche Straftäter NIE wieder Zugang zu Waffen erhalten.
Lieber F_K,
Auch hier findet sich wieder eine pauschale Aussage die so nicht stimmt.
Es gibt im BZR genau zwo Auskunftsarten:
-das Führungszeugnis, dieses gliedert sich das einfache und erweiterte Führungszeugnis
-die unbeschränkte Auskunft aus dem Register
Berechtige Behörden zur Beantragung sind in §41 abschließend aufgezählt und müssen den Zweck der Auskunft nennen.
Sobald Verurteilungen die Tilgungsfrist erreichen werden diese im BZR gesperrt und dürfen gemäß § 51 BRZG ,, ... im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden."
§52 Regelt hiervon Ausnahmen.
,, (1) Die frühere Tat darf abweichend von § 51 Abs. 1 nur berücksichtigt werden, wenn
1.
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder eine Ausnahme zwingend gebietet,"
Diese Ausnahme sieht vor, dass eine gesperrte Verurteilung bei berechtigten Interesse dennoch im Rahmen der unbeschränkten Auskunft übermittelt werden darf.
1 Jahr nach der Tilgungsreife wird die Verurteilung endgültig aus dem BZR gelöscht.
§ 45 BZRG
,, (2) Eine zu tilgende Eintragung wird ein Jahr nach Eintritt der Tilgungsreife aus dem Register entfernt. Während dieser Zeit darf über die Eintragung nur der betroffenen Person Auskunft erteilt werden."
Ausgenommen von der Tilgungsfrist sind Verurteilung zu Lebenslanger Freiheitsstrafe, Anordnung der Unterbringung der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Man differenziere hier zwischen tilgungsreif/zu tilgen und entfernen. Tilgungsreife oder zu tilgenden Einträge können über die Ausnahmen aus §52 dennoch verwertet werden.
Entfernte Einträge sind entfernt. Dies ist dem Grundgedanken der Resozialisierung geschuldet.
Ihre Aussage unterstellt, dass es neben dem von mir beschriebenen Prozedere noch eine weitere Form der unbeschränkten Auskunft gibt, in der selbst alle nach der Rechtslage gelöschten Einträge enthalten seien. Hierfür fehlt die gesetzliche Grundlage. Auch bei der Durchsicht der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BZRG und den Richtlinien zur Übermittlung der unbeschränkten Auskunft aus dem Register, habe ich keinen Hinweis hierauf gefunden.
Sollten Sie oder jemand anderes hierzu etwas finden, wäre ich dankbar dafür.
Soweit ist das aus den Annalen meiner Zeit in der PersFhrg noch weiß (cave: Damals hat ein Brot noch eine Reichsmark gekostet ;)) gilt §52(1) in Fragen der Personalgewinnung und Führung fast immer... aber: Ich kann mich täuschen...
Zitat von: Andi8111 am 07. März 2021, 20:32:07
Soweit ist das aus den Annalen meiner Zeit in der PersFhrg noch weiß (cave: Damals hat ein Brot noch eine Reichsmark gekostet ;)) gilt §52(1) in Fragen der Personalgewinnung und Führung fast immer... aber: Ich kann mich täuschen...
BTW: Was ist mit §52(4):
§ 52 Ausnahmen
4. die betroffene Person die Zulassung zu einem Beruf oder einem Gewerbe,
die Einstellung in den öffentlichen Dienst oder die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, eines Munitionserwerbscheins, Waffenscheins, Jagdscheins oder einer Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes beantragt, falls die Zulassung, Einstellung oder Erteilung der Erlaubnis sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde; das gleiche gilt, wenn die betroffene Person die Aufhebung einer die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes untersagenden Entscheidung beantragt oder
@ Rekrut:
Wie soll dann der 52 umgesetzt werden, wenn die Ausnahme gegeben ist?
Die Gesetzeskette / Verwaltungsvorschriften eruiere ich jetzt nicht im Detail- kann dir aber aus praktischer Erfahrung mitteilen (wie 2cent und Andi auch), dass die entsprechenden BZR Auszüge solche Auskünfte enthalten.
Das Prinzip der Resozialisierung wird damit nicht berüht - es geht um Staatssicherheit.
Zitat von: Rekrut84 am 07. März 2021, 20:17:09
1 Jahr nach der Tilgungsreife wird die Verurteilung endgültig aus dem BZR gelöscht.
§ 45 BZRG
,, (2) Eine zu tilgende Eintragung wird ein Jahr nach Eintritt der Tilgungsreife aus dem Register entfernt. Während dieser Zeit darf über die Eintragung nur der betroffenen Person Auskunft erteilt werden."
Ausgenommen von der Tilgungsfrist sind Verurteilung zu Lebenslanger Freiheitsstrafe, Anordnung der Unterbringung der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Man differenziere hier zwischen tilgungsreif/zu tilgen und entfernen. Tilgungsreife oder zu tilgenden Einträge können über die Ausnahmen aus §52 dennoch verwertet werden.
Entfernte Einträge sind entfernt. Dies ist dem Grundgedanken der Resozialisierung geschuldet.
Ihre Aussage unterstellt, dass es neben dem von mir beschriebenen Prozedere noch eine weitere Form der unbeschränkten Auskunft gibt, in der selbst alle nach der Rechtslage gelöschten Einträge enthalten seien. Hierfür fehlt die gesetzliche Grundlage. Auch bei der Durchsicht der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BZRG und den Richtlinien zur Übermittlung der unbeschränkten Auskunft aus dem Register, habe ich keinen Hinweis hierauf gefunden.
Sollten Sie oder jemand anderes hierzu etwas finden, wäre ich dankbar dafür.
Diese Aussage kann ich nicht so stehen lassen. Wenn es so wäre, wie vom Rekruten beschrieben, dann wären die §§ 26, 50 BZRG nicht umsetzbar, durch die zu Unrecht entfernte/getilgte Einträge wieder aufgenommen werden müssen.
Nochmal - entfernt ist nicht "endgültig gelöscht" - bei entsprechend begründeter Anfrage (gesetzliche Grundlage) sind im Auszug die Angaben enthalten.
Es geht hier um Sicherheitsfragen - bei der entsprechenden SÜ werden z. B. auch Polizeidienststellen angefragt - da geht es dann um Ermittlungsverfahren - die es ggf. nie ins Gericht "geschafft haben" - und auch diese Informationen werden einbezogen in die Betrachtung.
Nochmal: Es geht nicht um Rehabilitation - sondern um Sicherheit.
Eine zu unrecht entfernte Eintragung wird, dann im Falle wieder eingetragen. Die Urteile und Gerichtsakten verschwinden hierbei schließlich nicht. Bei Kenntnis über Aktenzeichen, Urteil, Datum etc. Ist eine erneute Eintragung problemlos möglich. Somit sind §§ 26 und 50 auch bei einer vollständigen Löschung umsetzbar.
@F_K
Die Funktionsweise von §52 hatte ich erläutert, wiederhole ich aber gerne nochmal.
Eine Verurteilung deren Tilgungsfrist erreicht ist, darf gemäß §51 bei einer unbeschränkten Auskunft nicht übermittelt werden. Hierbei gibt es die in §52 genannten Ausnahmen, die besagen, dass bei einem berechtigten Interesse diese noch nicht gelöschten Einträge dennoch übermittelt werden dürfen, und zwar nur zu diesem Zweck.
Was vielleicht noch zu erwähnen sei ist, dass die Entfernung erst erfolgt, wenn die Tilgungsfrist und das zusätzliche Jahr aus §45 Abs. 2 verstrichen ist, wenn für alle im BZR Eintragungen erfüllt ist. Siehe §47 Abs. 3
Heißt: so kann es sein, dass eine Verurteilung die bereits nach 5 bzw. 6 Jahren gelöscht werden müsste, dennoch im Rahmen der unbeschränkten Auskunft in Verbindung mit der Ausnahme nach §52 übermittelt wird, weil noch eine weitere Verurteilung vorhanden ist, deren Tilgungsfrist zzgl Jahresfrist nicht erreicht ist. Theoretisch lassen sich so auch Verurteilungen über mehrere Jahrzehnte im BZR fortführen. Das Prinzip kennt der eine oder andere noch vom alten Punktesystem in Flensburg, bei dem auch erst alle Punkte auf einmal gelöscht wurden wenn keine neuen dazu gekommen waren.
Es ist unbestreitbar, dass im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung auch bei den Polizeibehörden des Wohnsitzes oder der ehemaligen Wohnsitze Anfragen gestellt werden. Das hat aber nichts mit dem BZR zu tun.
Lieber F_K,
Wie wäre es denn zur Abwechslung mal damit Quellen für Ihre Behauptungen zu bringen.
Für meine Aussagen, dass die Vorstrafen endgültig aus dem BZR gelöscht werden, verweise ich auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 20.03.2014 - 2 AZR 1071/12.
Im besagtem Urteil hatte ein Justizvollzugsbediensteter gegen seine Entlassung geklagt. Dieser war in der Vergangenheit vorbestraft. Zum Zeitpunkt seiner Bewerbung waren diese jedoch getilgt und der Betroffene hatte diese aus den schon hier genannten gesetzlichen Gründen nicht angegeben, zu recht wie das BAG feststellte. Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung wurden diese dann jedoch über andere Wege bekannt. Zum Thema endgültige Löschung von Verurteilungen führt das Gericht in diesem Fall aus:
,,Gemäß § 53 Abs. 2 BZRG kann sich der Verurteilte zwar - falls er hierüber belehrt wurde - gegenüber Gerichten oder Behörden nicht auf seine Rechte aus § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG berufen, soweit diese einen Anspruch auf unbeschränkte Auskunft haben. Die Ausnahme vom sog. Verschweigerecht bezieht sich nach der klaren gesetzlichen Vorgabe aber nur auf die von Abs. 1 Nr. 1 der Vorschrift erfassten Sachverhalte, nicht auf Verurteilungen iSv. § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG, dh. auf tilgungsreife oder bereits getilgte Vorstrafen. Um eine solche Verurteilung handelt es sich hier. Das Amtsgericht Köln hatte gegen den Kläger am 29. Juli 2003 eine Jugendstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verhängt. Die Verurteilung unterlag gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BZRG einer Tilgungsfrist von fünf Jahren. Diese Frist war zu Beginn des Bewerbungsverfahrens verstrichen. Die Vorstrafe war überdies bereits aus dem Register entfernt (§ 45 Abs. 2 BZRG). Sie unterlag damit auch nicht mehr einer unbeschränkten Auskunft iSv. § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG, die Justizvollzugsbehörden für Zwecke des Strafvollzugs einschließlich der Überprüfung aller im Strafvollzug tätigen Personen beanspruchen können (vgl. Hase BZRG § 41 Rn. 1)."
Zur Erinnerung: Die Justizvollzugsbehörden sind im Rahmen der Überprüfung ihres Personals von der Ausnahme aus §52 berechtigt. Dennoch führt das Gericht aus:
,,Im Übrigen ist ein schutzwürdiges berechtigtes Interesse des beklagten Landes, Auskunft über getilgte oder tilgungsreife Verurteilungen zu erhalten, nicht zu erkennen."
Das Bundesarbeitsgericht erkennt bei der Einstellung von Personen die im Justizvollzugsdienst tätig sein sollen, kein berechtigtes Interesse Auskunft über bereits getilgte Verurteilungen zu erlangen, also darüber ob derjenige selbst schon mal in einer Justizvollzugsanstalt unterbracht war.
Ja, lieber F_K es geht um die Sicherheit dieser Bundesrepublik, dennoch gilt auch hierbei, dass die Resozialisierung und Befreiung vom Strafmakel bei entsprechendem Verhalten für Jedermann eintreten kann. Auch das gehört zu einem Rechtsstaat.
Weiter führte das BAG im besagtem Urteil aus:
,,Handelt es sich um Bewerbungen für Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, sind bei der vorzunehmenden Abwägung die Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG zu berücksichtigen. Geeignet im Sinne der Bestimmung ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist. Zur Eignung gehören die Fähigkeit und innere Bereitschaft, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten (BAG 15. November 2012 - 6 AZR 339/11 - Rn. 22, BAGE 143, 343; 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 296).
(e) In Anbetracht dessen erscheint es erwägenswert, den öffentlichen Arbeitgeber als berechtigt anzusehen, Bewerber für eine Tätigkeit im Justizvollzugsdienst ohne gegenständliche Einschränkung nach Vorstrafen zu fragen. Strafrechtliche Verurteilungen sind unabhängig von dem ihnen zugrunde liegenden Delikt geeignet, Zweifel an der Rechtstreue und damit der Eignung des Bewerbers zu begründen. Das gilt allerdings nur für Verurteilungen, die nicht bereits der Tilgung unterliegen. Ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse des beklagten Landes, vom Kläger auch Auskunft über getilgte und zu tilgende Vorstrafen zu erlangen, ist nicht zu erkennen.
(aa) Hinsichtlich getilgter oder tilgungsreifer Verurteilungen steht dem Betroffenen nicht nur das "Verschweigerecht" aus § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG zu. Er kann sich außerdem auf § 51 Abs. 1 BZRG berufen. Danach darf dem Betroffenen die Tat und die Verurteilung im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung über die Verurteilung im Strafregister getilgt worden oder zu tilgen ist. Auf diese Weise soll der Verurteilte vom Strafmakel befreit und seine Resozialisierung gefördert oder manifestiert werden (Kuhn JA 2011, 855, 856). Das Verbot erfasst alle Bereiche des Rechtslebens (Hase BZRG § 51 Rn. 2). Es ist auch im privatrechtlichen Bereich zu achten.
(bb) Zwar sieht das Gesetz in § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG eine Ausnahme vom Vorhalte- und Verwertungsverbot vor, wenn die Einstellung des Betroffenen in den öffentlichen Dienst sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Das erweitert aber nicht dessen Auskunftspflicht. Dem öffentlichen Arbeitgeber wird vielmehr nur die Möglichkeit eingeräumt, die Verurteilung in Fällen zu berücksichtigen, in denen ihm getilgte oder tilgungsreife Verurteilungen auf andere Weise als durch eine Registerauskunft bekannt geworden sind, und auch dies nur wenn schwerwiegende Gründe vorliegen. Die Begrenzung der Offenbarungspflichten des Betroffenen durch das "Verschweigerecht" gemäß § 53 BZRG wird hierdurch nicht berührt (BeckOK StPO/Bücherl BZRG § 52 Rn. 7; Hase BZRG § 52 Rn. 2"
@ Rekrut:
Danke für Deine Mühen, hier die Rechtslage darzustellen - ich lerne gerne dazu.
Ich kenne die (Sicherheits-) Bedingungen im ÖD / Justizvollzug nicht im Detail, weiß aber aus dem Vollzug von "Disziplinarhaft" (hatte den Fall als Wachhabender) - dass diese Tätigkeit grundsätzlich ohne Waffen ausgeführt wird.
Ebenso gehe ich davon aus, dass die Anzahl und Einstufung von VS deutlich geringer ist als in der Bundeswehr - also kann Justizvollzug in einem Bundesland nicht mit der Bundeswehr bezüglich des Sicherheitsbedürfnisses vergleichbar sein.
Bei SÜs ist es ja ggf. so, dass die "falsche" Herkunft des Ehepartners / Lebensgefährten / whatever, ohne überhaupt von Straftaten zu reden, zu einem Sicherheitsrisiko führen kann - mit der Versagung einer Freigabe.
Damit wird deutlich, dass Strafen / Resozialisierung / Schuld nicht ausschließlich maßgeblich für so eine Entscheidung sind.
Ansonsten kann ich nur praktisch wiederholen, was halt ggf. im BZR in Sicherheitshandakten enthalten ist (so ja auch 2Cent und Andi für den Personalteil).
Es tut mir leid, dass ich dazu keine Rechtsquellen liefern kann - ist halt anekdotische Evidenz - da ich jetzt nicht mehr als MilSichh(St)Offz eingesetzt bin, habe ich habe keinen aktuellen Zugang zu den Kameraden vom Amt, um dort nachzufragen.
Zitatdass diese Tätigkeit grundsätzlich ohne Waffen ausgeführt wird.
Das ist leider je nach Bundesland nicht korrekt. Die Turmwache ist sehr oft bewaffenet (G36 Variante) zusätzlich ist man bei Ausführungen/Vorführungen und Krankenhausbewachung auch bewaffnet. Auf "Station" nicht das ist korrekt.
Tatsache ist: gelöscht ist gelöscht.
Ein solcher Eintrag ist dann physisch nicht mehr vorhanden, egal ob der MAD oder die Justizbehörden eine unbeschränkte Auskunft aus dem BZR anfordern. Diese Verurteilungen können dann nicht mehr übermittelt werden.
Unter welchen Umständen auch Verurteilungen über die Tilgungsfrist hinaus im BZR erscheinen können habe ich erläutert, was somit auch die Aussagen von 2Cent und Andi abdeckt. Es findet sich hierbei kein Widerspruch zu meinen Aussagen bzgl der endgültigen Löschung der Einträge.
Für Frage des Sicherheitsbedürfnisses und damit ob ein berechtigtes Interesse für die Ausnahme vom Verwertungsverbot aus §52 BZR vorliegt ist unerheblich, welche berechtigte Behörden die uneingeschränkt Auskunft anfordert, hier werden auf Seiten des BZR alle berechtigten Behörden gleich gestellt, es gibt keine ,,besonderen" Auskünfte für den MAD oder die Bw, in denen auch gelöschte Verurteilungen stehen, dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Zumal, wie ebenfalls im Urteil zu lesen, dieses berechtigte Interesse nur für die Frage interessant ist, ob eine getilgte Verurteilung dennoch berücksichtigt werden darf oder nicht, wenn Sie der Behörde bekannt wird. Von Seiten des BZR kann eine gelöschte Verurteilung einfach nicht übermittelt werden.
Der MAD hat sicherlich umfangreichere Möglichkeiten zur Durchführung der Sicherheitsüberprüfung, als bspw die Justizbehörden der Länder. Dennoch wird er bei einer unbeschränkten Auskunft aus dem BZR die gleichen Informationen erhalten, wie jede andere berechtigte Behörde.
Weil Sie auch auf Ermittlungsverfahren bei den Polizeibehörden zu sprechen gekommen waren:
,, Dabei ist unerheblich, welcher Sachverhalt den Ermittlungen zugrunde lag. Endet ein Strafverfahren durch Einstellung nach §§ 153 ff. StPO, steht der Betroffene weiter unter dem Schutz der Unschuldsvermutung (für eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO vgl. BVerfG 19. Dezember 1983 - 2 BvR 1731/82 - zu II 3 b (2) der Gründe; Moldenhauer in Karlsruher Kommentar zur StPO 7. Aufl. § 170 Rn. 18).
...
Es kommt hinzu, dass Ermittlungsverfahren, die mangels hinreichenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage eingestellt wurden, typischerweise keine geeignete Grundlage für eine Beurteilung der Eignung des Bewerbers bieten. Entsprechendes gilt, wenn die Verfahren auf den Privatklageweg verwiesen wurden. Der Arbeitgeber hat kein schützenswertes Interesse, den Bewerber nach Ermittlungsverfahren zu befragen, in deren Verlauf die Ermittlungsbehörden einen hinreichenden Tatverdacht oder angesichts geringer Schuld ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung nicht erkannt haben. Für sicherheitsempfindliche Tätigkeiten gilt, wie die Wertungen in § 9 SÜG NRW zeigen, nichts anderes."
Im behandelten Fall war für den Bediensteten eine einfache Sicherheitsüberprüfung nach §9 SÜG NRW mit den Zugang zu VS-VERTRAULICH nötig. Eine Sicherheitsüberprüfung wie sie für jeden Soldaten mindestens nötig ist. Insofern lassen sich Analogien herstellen.
Die Aussage von IT_Aspirant kann bestätigen.
@Rekrut84
Grundsätzlich lese ich die Gesetze ähnlich wie du, aber meine Erfahrungen zeigen halt etwas anderes.
Keine Ahnung ob das BAMAD ne Schattenkopie des BZR führt oder wie es das macht aber ich habe es selbst bereits 2 Mal miterlebt.
offtopic:
Nur zur Klarstellung: Dass es ggf. bewaffnete Justizbeamte gibt, wollte und habe ich nicht verneint.
Auf "Station" ist der Justizbeamte nicht bewaffnet, dass war der Kern meiner Aussage.
(Der Wachhabende führt in der Regel auch eine Waffe, muss diese dann aber ablegen, wenn er zum "inhaftierten" Soldaten in die "Zelle" möchte).
Ansonsten, lieber Rekrut, was sagte mal ein Polizeibeamter zu mir - wenn man jedes Wochenende "besoffen" in irgendeinem Vorgarten liegt, mag das nicht strafbar sein - für die Frage der Zuverlässigkeit ist es aber durchaus erheblich.
.. und wer sich etwas in der Rechtspflege auskennt, kann bestätigen, dass viele Verfahren trotz quasi geführtem Tatnachweis aus Gründen (z. B. Überlastung, Ersttäter, öffentliches Interesse) eingestellt werden - Rückschlüsse auf Zuverlässigkeit und Charakter kann man dann aus den Akten, basierend auf Tatsachen, trotzdem rechtssicher ziehen.
Ansonsten:
Danke für die ausführliche Darstellung der Rechtslage - in der Praxis kann ich die Beobachtungen von 2Cent bestätigen.
Hatten wir das Ganze nicht schon oft genug? Inzwischen geht es doch mal wieder nur in Richtung Rechthaberei eines einzelnen Users.
Deshalb mache ich hier auch zu.
Für den TE bleibt nur relevant:
+ IST die Straftat im BZR getilgt oder tilgungsreif...
+ muss er diese nicht im Bewerbungsbogen angeben
+ muss er diese nicht im Gespräch beim KC/AC angeben
+ darf er sich auf Nachfrage als NICHT-vorbestraft bezeichnen
Sollte man ihm später deswegen Einstellungsbetrug vorhalten, wäre dies rechtswidrig, wenn das BMVg bestimmte Pflichten vor Einstellung unterlassen hat.
Dazu gibt es Urteile zu Soldaten im Internet.
z.B.
VG Augsburg, Urteil v. 26.10.2017 – Au 2 K 17.600
VG München, Urteil v. 13.11.2012 - M 21 K 10.3378
Und DARUM -sprich den Vorwurf der Täuschung- ging es z.B. auch im von Rekrut84 genannten Urteil des BAG.
Wie die Bw damit umgeht, hat @Ralf ja erläutert.
Grundsätzlich gilt bei Tilgung:
"7. Welche Rechtsfolgen hat die Tilgung einer Eintragung?
Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten oder zu ihrem Nachteil verwertet werden (§ 51 Abs. 1 BZRG).
Ausnahmen von diesem Verwertungsverbot regelt § 52 BZRG.
Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben von der Tilgung unberührt."
Quelle: BfJ