Zitat von: Ralf am 17. August 2019, 11:59:27
Die gesetzl. Mindestverpflichtungszeit beträgt 3 Jahre.
Ich muss den Thread hoch holen, weil ich die Info gerade recht dringend benötige:
- In welchem Gesetz ist die Mindestverpflichtungszeit definiert?
- Sollte ich dann leichter finden, aber wie viele Jahre betrug sie zum 01.09.2009?
Die Gründe für diese Fragen folgen sehr sicher zeitnah in einem passenden Thread...
Unterschiedliche Dinge: es gibt einmal in der SLV Mindestverpflichtungszeiten, unter die darf der Bedarfsträger nicht gehen.
In der Folge legen die Bedarfsträger ihre eigenen Mindest- und Regelverpflichtungszeiten fest, dieses steht ihnen zu gem a-1420/13. Da sind i.d.R. die Mindestverpflichtungszeiten schon höher als in der SLV, ganz zu schweigen von den Regelverpflichtungszeiten.
ZitatDie Mindestverpflichtungszeit für die verschiedenen Laufbahnen und Verwendungen legen
das Kommando Heer, das Kommando Luftwaffe, das Marinekommando und das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr nach Maßgabe der spezifischen Ausbildungserfordernisse für ihre Bereiche fest.
Danke für die Antwort!
So richtig bringt mich das aber doch nicht weiter, da die SLV doch nur Einzelfälle vorgibt?!
Also ein wenig detaillierter:
Man verweigert mir die Anrechnung meiner Dienstzeit im Rahmen der Verlängerung der Krankenversicherung der Studenten (KVdS), weil diese über 3 Jahre betrug. Ich bräuchte also den Nachweis bzw. die Fundstelle, um ggf. Gegenteiliges belegen zu können (m. E. lag die Mindestverpflichtungszeit seinerzeit bei 4 Jahren) und vor allem um entscheiden zu können, wie ich weiter verfahren soll (Widerspruchsverfahren läuft seit fast einem Jahr; nun werde ich gezwungen, zeitnah Klage zu erheben, sonst wird die Ablehnung bindend).
Also, wie war die (wirklich geringste) Mindestverpflichtungszeit als Zeitsoldat, unabhängig von Laufbahn, TSK oder Voraussetzungen zum 01.09.2009?
Die SLV gibt gerade nicht Einzelfälle vor, sondern gibt die absolute Untergrenze, schau halt mal bspw. § 15 (2).
Mein Hinweis auf die durch die Bedarfsträger abweichend davon zu regelnde MVZ gilt weiterhin.
Wenn du etwas nachweisen sollst, warum nicht eine offizielle Antwort nehmen? BAPersBw fragen, was zu deiner Zeit die MVZ war.
Aus Paragraph 5(1) Satz neun SGB V kommen Sie nicht heraus, da Sie die Verpflichtung bei der Bundeswehr freiwillig eingegangen sind. Nur durch die Argumentation, dass der Wehrdienst und eventuelle Ausbildungen zur Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung nötig waren. Die ist regelhaft dann nicht der Fall, wenn man das Abitur vor dem Wehrdienst bereits hatte und in den übrigen Fällen ist meiner Kenntnis nach keine Argumentation durchgegangen.
Eine nach dem Abitur aufgenommene Berufsausbildung mit anschließender mehrjähriger Be- rufstätigkeit rechtfertigt auch dann kein Hinausschieben der Altersgrenze für die Kranken- versicherung der Studenten, wenn der Eintritt ins Berufsleben Erfahrungen vermittelt, die in einem Studium nützlich sein und später die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt verbessern kön- nen (vgl. Urteil des BSG vom 30.09.1992 - 12 RK 40/91 -, USK 92114).
Die Aufnahme eines Studiums nach Vollendung des 30. Lebensjahres führt nicht zu einem Hinausschieben der Altersgrenze, da grundsätzlich eine zuvor ausgeübte Beschäftigung und nicht der Zweite Bildungsweg für den späten Studienbeginn kausal war (vgl. Urteil des BSG vom 23.06.1994 - 12 RK 71/93 -, USK 9419).
Gesetzliche Dienstpflicht (Wehr- und Zivildienst) und Dienstverpflichtung als Zeitsol- dat:
Die Altersgrenze wird um die Dauer der Dienstverpflichtung verlängert.
Bei einer Dienstverpflichtung als Zeitsoldat von mehr als drei Jahren ist jedoch eine Verlängerung der Krankenversicherungspflicht nicht mehr möglich; diese Bewertung ist angelehnt an die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Bundeskindergeldgesetz.
Es hat also nichts mit der Regelverpflichtungszeit zu tun.
Um Andi8111 zu ergänzen...
... siehe Anhang
Grundsätzliche Hinweise
Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten, Praktikanten und Auszubildenden ohne Arbeitsentgelt sowie Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs
vom 20. März 2020
Vorab @Mods: Die Antworten gehen nun zufällig genau in Richtung meines Themas, entfernen sich aber vom eigentlichen "Topic" hier. Kann hier bitte vorläufig offen gelassen werden, bis ich vermutlich morgen in einem passenden Thread weitermache. Die Beiträge könnten dann dorthin verschoben werdenZitat von: Ralf am 29. November 2021, 18:38:48
Die SLV gibt gerade nicht Einzelfälle vor, sondern gibt die absolute Untergrenze, schau halt mal bspw. § 15 (2).
Danke nochmal @Ralf. Aber der § 15 (2) bezieht sich doch nur auf die Einstellung mit höherem Dienstgrad und dabei auch nur auf Fachunteroffiziere. Für mich gilt er damit nicht automatisch für andere Fälle, sogar im Gegenteil. Ich bin halt kein Jurist, aber liege ich damit wirklich so falsch? Oder reden wir nur aneinander vorbei?
Zitat von: Ralf am 29. November 2021, 18:38:48
Wenn du etwas nachweisen sollst, warum nicht eine offizielle Antwort nehmen? BAPersBw fragen, was zu deiner Zeit die MVZ war.
Auch danke für den Hinweis. Kann ich natürlich machen. Ich dachte nur, dass das wirklich gesetzlich irgendwo geregelt ist. Und ein Gesetz nehme ich halt lieber als "nur" eine offizielle Antwort (die eventuell auch nur auf entsprechendes Gesetz verweist).
Danke auch @Andi8111!
Damit kommen wir jetzt wirklich genau in die richtige Richtung.
Aber Schritt für Schritt:
Zitat von: Andi8111 am 29. November 2021, 18:48:48
Gesetzliche Dienstpflicht (Wehr- und Zivildienst) und Dienstverpflichtung als Zeitsoldat:
Die Altersgrenze wird um die Dauer der Dienstverpflichtung verlängert.
Das ist der erste key fact und genau darum geht es. Es besteht also grundsätzlich die Absicht des Gesetzgebers, ehemalige SaZ mit der KVdS zu entlasten.
Zitat von: Andi8111 am 29. November 2021, 18:48:48
Bei einer Dienstverpflichtung als Zeitsoldat von mehr als drei Jahren ist jedoch eine Verlängerung der Krankenversicherungspflicht nicht mehr möglich
Gesetz, ja, aber exakt der Punkt, an dem ich mich als Betroffener extrem störe (und den ich ggf. versuche anzufechten).
Es ist doch ungerecht, jenen, die sich für drei Jahre verpflichten volle drei Jahre und jenen, die sich noch länger verpflichten gar nichts anzurechnen.
Bisher blieben mir die Gründe für diese Regelung bzw. die Herkunft der Festlegung mit den 3 Jahren verborgen. Dementsprechend auch danke für den Verweis auf das BKGG.
Dennoch:
- wenn Entlastung für ehemalige SaZ grundsätzlich gesetzlich verankert ist,
- die sich nur auf Verpflichtungen von nicht mehr als 3 Jahre beschränkt,
- die Mindestverpflichtungszeit gleichzeitig aber 4 Jahre betrug,
wären die 3 Jahre in meinen Augen eine Art "Formfehler", zumindest für die damalige Zeit, weil die Regelung faktisch in keinem Fall anwendbar gewesen wäre.
Und genau deswegen bin ich auf der Suche nach dem entsprechenden Beleg.
Es hab auch immer SAZ 2 Jahre - die ggf. auf 3 Jahre verlängern konnten.
Der Gesetzgeber macht Gesetze - für von ihm angenommene "Regelfälle".
Der eine Regelfall sind GWDL / FWDL und "Kurzdiener" - denen soll durch den Wehrdienst kein Nachteil entstehen.
Der andere Fall sind "Langdiener", die ggf. bei der BW studieren oder eine Ausbildung machen, diese benötigen nach ANSICHT des Gesetzgebers diesen Vorteil nicht.
... und damit gibt es dann eine Grenze, die diese Gruppen teilt.
Kein "Formfeler" - sondern Absicht des Gesetzgebers, unterschiedliche (normierte) Sachverhalte unterschiedlich zu regeln.
Er soll mal schön fechten. Diese Regel wurde seit sie besteht etwa 27 mal vom Bundessozialgericht und sogar zwei mal vom Bundesverfassungsgericht bestätigt :) Aber mal sehen, ob der durch kommt. Ich drücke die Daumen!
Ich erachte alle Gesetzesvorbehalte in der Causa als unumstößlich und die entsprechenden Begründungen in den Entscheidungen des BSG immer zutreffend und nachvollziehbar.
Obwohl ich damals selber betroffen war. Habe selber damals die TK verklagt und nur teilweise ist die Klage begründet gewesen, nämlich um den damaligen Umfang von 15 Monaten Wehrdienst. Die wurden tatsächlich im Nachhinein noch angerechnet und nur weil meine Verpflichtungserklärung für die Verlängerung auf SAZ 6 in der letzten Woche des 15 Monats gegengezeichnet wurde.
Seitdem es keine Wehrpflicht mehr gibt, ist auch diese Lücke geschlossen.
Andersherum haben auch zivile Arbeitnehmer keinen Vorteil in der GKVdS, wenn deren Arbeitstätigkeit nicht zur Erlangung einer Hochschulzugangsberechtigung gedient hat.
Und nochmal: Den Hint mit der Mindestverpflichtungszeit können sie sich schenken. Die alleinige Bereitschaft eine freiwillige Verpflichtung einzugehen, die zu Einkommen führt und am Ende nicht in der Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung mündet, bedeutet bereits, dass diese Zeiten nicht zur Verlängerung der GKVdS führt. Im Übrigen möchte der Gesetzgeber nicht ehemalige SAZ entlasten, sondern Menschen, die einen Grundwehrdienst oder ein Äquivalent geleistet haben. Bei SAZ gab es nie einen Grund zur Entlastung.
Für den anstehenden Rechtsstreit wünsche ich einen langen Atem. Und wenn ein Urteil vorliegen sollte, bitte ich um Auszüge. Auch, wenn ich dann vielleicht schon in Pension bin.....
Der Anhang ist zwar von 2012, aber seitdem sind die entsprechenden Gesetze nur marginal verändert worden. Die Entscheidungen des BSG zu den Fußnoten 80ff dürften interessant sein, die gibts aber nur per Hardcopy, wenn man sie bei der Landesjustizbehörde anfordert.
Zitat von: LwPersFw am 29. November 2021, 19:38:32
... siehe Anhang
Vielen Dank dafür! Sehr Informativ. Zeigt mir endlich, wo viele "Argumente" der Krankenkasse herkommen. Damit beschäftige ich mich gerne weiter.
Zitat von: F_K am 29. November 2021, 21:38:09
Der eine Regelfall sind GWDL / FWDL und "Kurzdiener" - denen soll durch den Wehrdienst kein Nachteil entstehen.
Der andere Fall sind "Langdiener", die ggf. bei der BW studieren oder eine Ausbildung machen, diese benötigen nach ANSICHT des Gesetzgebers diesen Vorteil nicht.
Verstehe ich im Grundsatz. Was ich nicht verstehe: Auch in den verlinkten Hinweisen ist z. B. beschrieben, dass die Krankenkassen jeden Fall einzeln zu bewerten haben, im Gesetz sind aber, wie du schreibst, nur "Regelfälle" konstruiert. Und von diesen wird dann ausgegangen. Das passt einfach nicht zusammen.
Ebenfalls ist es das eine, in dem Beispiel den "Langdienern" Vorteile abzusprechen. Das mag sogar teilweise begründet sein. Für mich werden damit aber sogar noch extra Nachteile geschaffen. Ich habe z. B. auch weitere, von der Krankenkasse bereits anerkannte Zeiten als Hinderungsgründe. Immerhin 29 Monate. Meine Dienstzeit als Zeitsoldat wird auf diese aber sogar negativ angerechnet, weswegen davon nichts über bleibt. Und dafür fehlt mit tatsächlich jedwedes Verständnis... Mit welchen Gründen wird das gerechtfertigt?
@Andi8111: Danke für Ihre Sichtweise! Ich teile zwar (noch) nicht alles, aber die Beiträge helfen mir doch irgendwie sehr.
Meine Dienstzeit als SaZ ist wie gerade erwähnt ja nur ein Teil der ganzen Geschichte. Und auch das sehe ich zumindest noch minimal anders. Geld verdienen schön und gut, aber zwischen SaZ und GWD bzw. FWD wird doch explizit unterschieden.
Für heute hat mein Kopf allerdings genug. Ich hab noch einiges an Recherchearbeit vor mir. Deswegen melde ich mich morgen wieder.
Ein Rechtsanwaltsfreund hat mir einen Auszug aus dem Urteil geschickt: (Streiche: Allgemeiner Arbeitsmarkt, setze freiwillger Dienst als Soldat auf Zeit) Dann hast du deinen Fall!
"Welche Tatsachen im einzelnen als Hinderungsgründe das Überschreiten der Altersgrenze rechtfertigen, braucht im vorliegenden Verfahren nicht näher geklärt zu werden. Jedenfalls gehört die nach dem Abitur aufgenommene Berufsausbildung mit anschließender Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (in einer Gesamtdauer von hier fast acht Jahren) nicht dazu, auch dann nicht, wenn der Eintritt ins Berufsleben Erfahrungen in der Arbeitswelt vermittelt, die in einem Studium nützlich sein und später die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt verbessern können. Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn die Aufnahme der Berufstätigkeit durch besonders schwierige familiäre oder persönliche Verhältnisse erzwungen worden ist, kann offen bleiben, weil hierfür bei der Klägerin nichts erkennbar ist. In einem anderen Verfahren behandelt der Senat mit Urteil vom 30. September 1992 (12 RK 50/91, zur Veröffentlichung bestimmt) den Hinderungsgrund der Nichtzulassung zum Studium und Fragen der Ursächlichkeit für das Überschreiten der Altersgrenze. Bei Studenten, die die Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs erworben haben, wird mit weiterem Urteil vom 30. September 1992 (12 RK 3/91, zur Veröffentlichung bestimmt) nur die in einer solchen Ausbildungsstätte verbrachte Zeit als Hinderungszeit angesehen, in der Regel jedoch nicht die Zeit der Berufstätigkeit vor dem Beschreiten des Zweiten Bildungswegs."
" Studenten wie die Klägerin haben als Minderjährige die Gelegenheit zum Besuch einer weiterführenden Schule erhalten und mit dem Abitur im Alter von etwa 19 bis 20 Jahren die Zugangsvoraussetzungen für ein Hochschulstudium geschaffen. Für dieses hatten sie dann bis zur Altersgrenze von 30 Jahren etwa zehn Jahre Zeit. In diesen Zeitraum fällt bei Absolventen des Zweiten Bildungswegs die Zeit des Besuchs einer Ausbildungsstätte, die für ein Studium nicht zur Verfügung steht, was das Überschreiten der Altersgrenze bis zu einem Zeitraum rechtfertigt, der der Dauer des Zweiten Bildungswegs entspricht. Eine längere, vor dem Besuch der Ausbildungsstätte liegende Berufstätigkeit ist als solche demgegenüber bei Absolventen des Zweiten Bildungswegs ebensowenig ein Hinderungsgrund wie bei Studenten, die das Abitur sogleich nach dem Schulbesuch abgelegt haben und anschließend bis zur Aufnahme des Studiums zunächst berufstätig gewesen sind."
Im Bundesgesetzblatt online müsste doch alles zur SLV zu finden sein.
Nach nun weiteren Stunden der Recherche und dem Versuch verschiedene Auffassungen zu begreifen, ist mir nun (insbesondere auf Grund des Urteils des BSG vom 30.09.1992 - 12 RK 52/92 -, USK 92129) immerhin eine Sache klar(er) geworden:
Ungeachtet meines meines Lebenslaufes bis dato, HÄTTE ich womöglich, statt sich als Zeitsoldat zu verpflichten, früher mein Studium aufnehmen können und wäre dann eventuell nicht über die Altersgrenze gekommen.
Von dem Gesichtspunkt her kann ich es nun also noch irgendwie verstehen, wenn diese Zeit nicht berücksichtigt wird (wobei ich auch das immer noch als diskussionswürdig erachte).
Unabhängig davon hatte ich aber zuvor, von der Kasse bereits festgestellte Hinderungszeiten von 29 Monaten.
Es tut mir wirklich leid, aber noch bin ich nicht in der Lage zu begreifen, wieso meine Dienstzeit als Zeitsoldat nicht nur nicht berücksichtigt, sondern sogar negativ auf diese 29 Monate angerechnet wird. Bitte seht es mir nach, aber mein Horizont scheint derweil noch zu begrenzt, um nachvollziehen zu können, wie Krankenkassen, Entscheider, Gesetzgeber, Richter, ja einfache Menschen das moralisch rechtfertigen und vertreten können. Oftmals fehlt mir dazu aber nur der richtige Denkanstoß, ggf. in Form der Sichtweise lebenserfahrener Mitmenschen. Kann mir den hier jemand liefern, @Andi8111 vielleicht?
Das gilt auch für die Frage, wieso wie oben beschrieben von einer Fiktion ausgegangen wird (wie es hätte sein können)? Wieso kann nicht einfach der faktische Werdegang berücksichtigt werden (wie es wirklich war)? Eventuell hätte ich vorher studieren und fertig sein können, klar. Mein gewählter Weg war aber nun mal anders. Ich war noch gesetzlich zum Wehrdienst verpflichtet und habe mich darüber hinaus freiwillig dazu entschieden, länger dem Land zu dienen. Das wird nun nicht honoriert, sondern sogar bestraft. Moralisch sehe ich das sehr fragwürdig. Sehe ich das wirklich nur als Betroffener so? Ist das für andere wirklich nicht nachvollziehbar?
Ja - Du hast als Betroffener eine "eigene" Sichtweise.
Ja - diese "eigene, spezielle" Sichtweise kann man zwar "nachvollziehen", aber diese Sichtweise bleibt falsch.
Der Gesetzgeber will Menschen, die einen gewissen Weg (Studium nach Abitur in jungen Jahren) gehen, in der Krankenkasse (der Studenten) bevorzugen.
Menschen, die vorher jahrelang arbeiten, können / sollen z. B. Ersparnisse sammeln, wenn später ein Studium geplant ist. Diese werden vom Gesetzgeber NICHT in der GKV bevorzugt.
Der Soldat ist hier genauso wie ein "normaler" Arbeitnehmer zu behandeln - diese Gruppe ist auch sachgerecht gebildet.
Die Gruppe "Kurzzeitdiener" ist ebenfalls sachgerecht gebildet und diese wird vom Gesetzgeber halt bei der ersten Gruppe gesehen.
Es ist so, dass das Privileg der KVdS eben eng angelegt wird. Die Gründe sind in den verlinkten Dokumenten auch ausgeführt. Warum die 29 Monate getilgt werden, kann ich ohne den entsprechenden Bescheid nicht ergründen. Dazu müsste ja etwas ausgeführt sein.
Zitat von: Andi8111 am 30. November 2021, 13:35:31
Warum die 29 Monate getilgt werden, kann ich ohne den entsprechenden Bescheid nicht ergründen. Dazu müsste ja etwas ausgeführt sein.
Zitat dazu aus dem Bescheid:
ZitatSofern die Hinderungszeiten deutlich, d. h., mindestens für 6 Monate (1 Semester), überwiegen, erfolgt eine Verlängerung der KVdS.
Darauf folgt die Feststellung der 29 Monate Hinderungszeit nebst 58 Monaten Nichthinderungszeit. Ergo: Kein Übergewicht. Ergo: keine Verlängerung.
Analog dazu ein Auszug aus den Grundsätzlichen Hinweisen zur KVdS:
ZitatDie gebotene konkrete Untersuchung der Ursächlichkeit ergibt bei Sachverhalten wie dem vorliegenden, in dem nach dem Abitur allenfalls eine gewisse Hinderungszeit vorliegt, der jedoch eine weit längere Zeit der Nichtverhinderung folgt, dass für die Überschreitung der Altersgrenze nicht der Hinderungsgrund, sondern die lange Berufstätigkeit maßgebend gewesen ist (vgl. Urteil des BSG vom 30.09.1992 - 12 RK 52/92 -, USK 92129).
Ich verstehe nicht, warum hier die Maßgeblichkeit eine Rolle spielen soll.
Das mit der "eigenen Sichtweise" ist ja nur natürlich. Ich versuche das ja trotzdem von anderen Blickwinkeln her zu sehen. Aber ich erkenne derzeit nur einen Grund für solche Festlegungen, nämlich reine Schikane.
Man muss nicht alles verstehen, aber somit ist es komplett gesetzlich und auf Entscheidungen des BSG, welches ja das Recht auslegt, begründet.
.. und es geht nicht um "Schikane" - es geht um ein Privileg, dass Du eben nicht bekommst.
Zusammengefasst ist es also aus eurer Sicht, bezogen auf meinen Fall, gerecht?
Davor bitte ich noch einmal folgendes zu Bedenken:
Die 30-Jahresgrenze beruht auf dem Gedanken der Missbrauchsabwehr. Durch diese Einschränkung will man nur Studenten das Privileg der günstigen KVdS einräumen, die die Hochschulreife zügig erreichen und ihr Studium konsequent zu Ende führen (sinngemäß zitiert aus einem Schreiben der Krankenkasse an mich vom 05.02.2021).
Hätte ich sofort nach meinen 29 anerkannten Hinderungsmonaten mein Studium aufgenommen und hätte es noch immer nicht beendet, und würde damit seit fast 12 Jahren studieren, also auch viel länger wie nun tatsächlich der Fall, wäre die Grenze per Gesetz verschoben wurden und ich würde heute noch davon profitieren.
Ich habe zwischenzeitlich aber, statt nur den Studentenstauts auszunutzen, dem Land gedient und das Studium in Summe konsequenter durchgezogen.
Abgesehen davon, dass ich immer noch nicht begreifen kann, wie der Dienst als Nachteil gesehen werden kann, steht hier doch maximal im erstgenannten Fall ein Missbrauch im Raum.
Das ganze widerspricht doch in sich dem zuvor genannten Gedanken?!
Ich weiß es wirklich nicht. Die entscheidenden Urteile sind nun um die 30 Jahre alt. Vielleicht hat sich das Mindset allgemein ja mittlerweile komplett verändert und die Richter sehen es heute anders?
Darüber hinaus erachte ich es zumindest als kleinen Unterschied, ob wie im für mich wichtigsten Urteil bezogen auf meinen Fall von einer, ohne es abwerten zu wollen, "normalen" Arbeitstätigkeit die Rede ist, oder um es um einen Dienst für das Land geht.
PS: Warum ich überhaupt so auf die KVdS poche und und es dem ein oder anderen wahrscheinlich gar nicht klar ist:
Der KV-Beitrag beträgt für mich 216 € monatlich.
Eine schöne Summe für jemanden, der natürlich auch noch andere Lebenshaltungskosten zu stemmen hat und kein Einkommen besitzt.
@ Jay-C:
Es geht nicht um "gefühlte Gerechtigkeit", sondern um die Anwendung von Gesetzen (und ja, die Begriffe sind nicht deckungsgleich).
Ein (längerer) Wehrdienst ist in diesem Fall GENAUSO zu behandeln wie der Dienst als Polizeibeamter, als Feuerwehrmann, als Mitarbeiter im Gesundheitsdienst - eben wie alle abhängigen Beschäftigten.
Zitat von: F_K am 01. Dezember 2021, 10:46:37
Es geht ... um die Anwendung von Gesetzen ...
Eben drum. Gesetzlich geregelt sind die Hinderungszeiten, die ich ja auch anerkannt bekommen habe.
Die Gegenrechnung der Nichthinderungszeiten wiederum ist in keinem Gesetz beschrieben. Das sind lediglich Meinungen von Richtern, die ich in dem Fall in Frage stelle und dich ich nicht ausreichend begründet sehe. Vor allem eben das "Maßgeblichkeitsprinzip".
Bitte nicht falsch verstehen, aber auch hier kann ich nicht erkennen, dass jemand die Lage sachlich begründet. In Summe basieren die Antworten doch eher auf dem allzeit bekannten "ISSO".
Diese
ZitatMeinungen von Richtern
nennt man in einem Rechtsstaat (in diesem Fall) rechtskräftige Urteile, die eben in einem Rechtsstaat dazu dienen, Gesetze auf Einzelfälle anzuwenden.
Damit sind es dann keine "Meinungen" mehr, sondern ggf. vollstreckbare Rechtssprechung.
Aus meiner Sicht hast Du Dich massiv "verrannt" - ggf. liegt sogar ein Behandlungsbedarf, zumindest ein Erklärungsbedarf, vor.
Schließe dass Studium ab, dann benötigst Du die (teure) Versicherung nicht mehr.
Viel Erfolg.
Wenn es BVerwG oder BSozG Urteile gibt, werden sich die Untergerichte mit 99%iger Wahrscheinlichkeit daran orientieren. Das 1% sind die Fälle, wo eine Rechtsprechung sich einmal ändert. Hierzu muss man eine sensationelle Argumentation vortragen, die eben die bisherige Rechtsprechung vollständig widerlegt und noch Gerichte finden, die mutig genug sind und von entgegenstehender Rechtsprechung der oberen Instanzen abweichen. Und damit ist 1% eigentlich ein Euphemismus.
Völlig überflüssige Diskussion. Der Gesetzgeber in seiner unermesslichen Weisheit hat das so definiert. Es wurde höchstrichterlich festgestellt, die Regelung ist verfassungskonform.
Entweder kann ich es mir leisten in Vollzeit zu studieren, wenn ich älter bin, oder ich lasse es oder suche mir eine werkstudentische Tätigkeit, wo ich genug Geld verdiene um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder ich flenne hier rum, wie ungerecht die Welt ist und wie teuer das deutsche Gesundheitssystem ist und wie scheiße ich es finde, dass das Sozialsystem Grenzen hat.
Das Leben ist nun mal hart und ungerecht und es läuft nicht immer gerade, rund oder ohne Probleme ab. Arschbacken zusammen, Kopf aufrecht und Brust raus und sich den Problemen gestellt und eine Lösung suchen.
@christoph1972: Im Grunde kann ich deine Meinung nachvollziehen, aber du pauschalisierst bzw. blendest persönliche und konkrete Einzelheiten aus (die ich hier zwar auch nicht alle offenbart habe, das aber auch nicht möchte).
Zitat von: christoph1972 am 01. Dezember 2021, 16:58:25
... sich den Problemen gestellt und eine Lösung suchen.
Das habe ich im Grunde gemacht. Eine Lösung wurde gefunden, um meinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Für diese habe ich das Studium aber zeitweise unterbrechen müssen, was mitunter zur Überschreitung der Altersgrenze beigetragen hat.
@all: Danke für die Meinungen und Kommentare. Ich habe mir die Bedenken zu Herzen genommen und die Klage schon fast ausgeschlossen. In den letzten Wochen hatte ich jedoch mehrere kostenlose Erstberatungsgespräche mit Fachanwälten, da mich einfach weitere, fachkundige Meinungen interessiert haben. Trotz natürlich nur eingeschränkter Sicht auf die Dinge, haben die alle einen überraschend kompetenten Eindruck hinterlassen, den Fall eindeutig verstanden und zu meiner Überraschung, jeder für sich grundsätzlich Erfolgsaussichten ausgesprochen.
Das hat mich dazu animiert, nochmal Kontakt mit einer lokalen Kanzlei aufzunehmen. Die bewertet die Chancen nach einer etwas gründlicheren Betrachtung der Sachlage mit 50:50.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Klage wird erhoben.
Ich werde berichten...
Hallo zusammen,
bald vier Jahre sind vergangen (@Andi8111 ist mittlerweile vermutlich wirklich in Pension), aber das Urteil liegt auch erst seit Kurzem vor.
Die lange Dauer des Verfahrens alleine dürfte zeigen, dass die Sache keineswegs so eindeutig und einfach zu entscheiden war, wie manch einer es hier darstellen wollte.
Zum Ergebnis: Meine Klage wurde nach langem Hin und Her abgewiesen.
Wichtig ist mir aber gerade hier, wo ggf. andere ehemalige Soldaten mit ähnlicher Fragestellung mitlesen, mitzuteilen, dass ich in einem zentralen Punkt recht bekommen habe:
Die Dienstzeit ist als Hinderungsgrund grundsätzlich anzuerkennen.Entgegen einiger Meinungen hier ist eine mindestens achtjährige Verpflichtung als Zeitsoldat sogar ausdrücklich in den Gesetzesmaterialien als persönlicher Grund genannt, der die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigt (siehe BT-Drs. 11/2237 S.159).
Diese Auffassung wurde auch mehrfach in Urteilen bestätigt (z. B. SG Kassel, 30.11.2017 – S 8 KR 23/17 ER oder SG Hamburg, 02.10.2015 – S 33 KR 1300/12). Konsequenterweise auch in dem zu meiner Klage.
Ebenso recht behalten sollte ich mit meiner Ansicht, dass der ,,Dienst am Land" nicht mit einer normalen Berufstätigkeit vergleichbar ist. Ein Zitat dazu aus dem o. g. Urteil des SG Hamburg:
ZitatDer Fall einer mindestens achtjährigen Dienstzeit hat den Kläger objektiv an der Durchführung eines Studiums gehindert. [...] Die von der Beklagten angeführte Vergleichbarkeit mit einer normalen beruflichen Tätigkeit, die gerade keinen Rechtfertigungsgrund darstellt, ist nicht gegeben.
Warum wurde meine Klage dann trotzdem abgewiesen?
Das Gericht war nicht überzeugt, dass meine Dienstzeit kausal für die Überschreitung der Altersgrenze war.
Zur Einordnung:
- Studienaufnahme trotz Dienstzeit in 10/2014
- Vollendung des 30. Lebensjahres im 05/2019
Die mehrfachen Studienunterbrechungen zur Einkommenserzielung wurden diesbezüglich zwar auch gewürdigt, führten allerdings nicht zu einer anderen Bewertung des Gerichts.
Fazit:
Die grundsätzliche Anerkennung der Dienstzeit als Hinderungsgrund ist gegeben. Ob sie zur Verlängerung der KVdS führt, hängt aber vom Einzelfall, insbesondere der Kausalität ab. Ein Punkt, den ich nun endgültig akzeptieren muss.
Abschließend bitte ich noch zu beachten, dass es weitere Dienstzeit-Konstellationen gibt, die angerechnet werden können – das ergibt sich aber aus anderen Regelungen und Urteilen (teilweise schon vormals hier im Thread genannt).
Viele Grüße