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EA Verständnisfrage

Begonnen von Thomas069, 18. Juni 2021, 21:03:59

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Thomas069

Hallo Kameraden,

Ich hab mich vor kurzem ein bisschen in die Thematik ,,Eigenmächtige Abwesenheit" eingelesen und habe eine Verständnisfrage.

Folgendes fiktives Beispiel:

Soldat ist am Freitag EA, erscheint also den ganzen Tag nicht zum Dienst. Da volle Kalendertage und eben auch dienstfreie Tage wie das Wochenende zählen würde er meinem Verständnis nach ab Montag 00:00 Uhr den Straftatbestand erfüllen. Verstehe ich das bis hier hin richtig? Er müsste sich also um zumindest keine Straftat zu begehen am Wochenende mit seinem DV in Verbindung setzen. (wobei ja eigentlich die Abwesenheit erst aufhört wenn man wieder körperlich anwesend ist)

Jetzt spinne ich das Beispiel mal weiter: Was wenn der Soldat am Montag erlaubt abwesend (z.B. Urlaub) wäre? Ich denke die drei Kalendertage sind mit Freitag, Samstag und Sonntag voll.

Wie seht ihr das?

Gruß

Thomas

KlausP

Kommt drauf an, wann Freitag Dienstbeginn ist. Ist der z.B. um 07.00 Uhr ist er am Freitag keinen vollen Kalendertage abwesend und zählt also nicht. Der Wehrstraftatbestand ,,eigenmächtige Abwesenheit" gem. §15 WStG ist erst nach mehr als drei vollen Kalendertagen (also von 00.00 bis 24.00 Uhr) erfüllt.
StOFä (NVA) a.D., StFw a.D.
aktiver Soldat vom 01.11.71 bis 30.06.06, gedient in zwei Armeen

KlausP

Ergänzung: Es liegt aber ein Dienstvergehen vor, nämlich eine unerlaubte Abwesenheit.
StOFä (NVA) a.D., StFw a.D.
aktiver Soldat vom 01.11.71 bis 30.06.06, gedient in zwei Armeen

Thomas069

Danke für deine Antwort.

Bist du dir da sicher? Denn wenn das so ist bräuchte man ja eigentlich immer 4 Tage, es sei denn Dienstbeginn ist im 00:00 Uhr.


KlausP

Ja, da bin ich mir sicher, bei so vielen BV-Meldungen und Abgaben an die Staatsanwaltschaft wegen EA, die über meinen Tisch als Spieß gegangen sind.

Zitat... (1) Wer eigenmächtig seine Truppe oder Dienststelle verläßt oder ihr fernbleibt und vorsätzlich oder fahrlässig länger als drei volle Kalendertage abwesend ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. ...
von hier: http://www.gesetze-im-internet.de/wstrg/__15.html
StOFä (NVA) a.D., StFw a.D.
aktiver Soldat vom 01.11.71 bis 30.06.06, gedient in zwei Armeen

Thomas069

Danke Klaus, jetzt blicke ich da auch durch :D

Interessant wäre jetzt noch, wie es sich verhält wenn die unerlaubte Abwesenheit durch z.B. Urlaub ,,unterbrochen" wird bevor die drei Tage vergangen sind. Aber ich schätze dafür müsste es erstmal ein Urteil geben, oder ist dir sowas schonmal untergekommen?

Thomi35

Ich habe mir zwei Urteile durchgelesen. Demnach werden die Tage eigenmächtiger Abwesenheit, die nicht zusammenhängend sein müssen, zusammengerechnet. Ich interpretiere das einmal so, daß Wochenenden ohne Dienst nicht dazugehören, weil dort die Abwesenheit ja nicht unerlaubt ist. Entsprechendes gilt auch für Urlaubstage.

Urteile:
https://ra.de/urteil/bverwg/2-wd-317-2017-11-02
https://ra.de/urteil/vg-munchen/urteil-m-21-k-16292-2017-04-24

LwPersFw

Grundsätzlich sollte man nicht dem Dienst unentschuldigt fernbleiben, egal ob im Sinne des § 15 Abs. 1 WStG, oder nicht.

Denn auch ohne ein ziviles Strafverfahren, können die Folgen gravierend sein.

"In Fällen des vorsätzlichen eigenmächtigen Fernbleibens eines Soldaten von der Truppe ist dies aus spezial- und generalpräventiven Gründen bei einer kürzeren unerlaubten Abwesenheit grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad; bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht wiegt das Dienstvergehen so schwer, dass es regelmäßig die Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder den Ausspruch der sonst gebotenen Höchstmaßnahme indiziert.


Im vorliegenden Fall eines wiederholten vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst an sechs über mehr als ein Jahr verteilten einzelnen Tagen hält der Senat als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Höchstmaßnahme für angemessen, die hier nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 WDO in der Aberkennung des Ruhegehalts besteht. Zwar liegt nicht die Fallgruppe einer längeren Abwesenheit vor, weil es an einem zusammenhängenden Zeitraum fehlt und sechs Tage keine längere Dauer begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 2 WD 3.17 - Die Bundeswehr 2020, Sept. 2020, S. 80 Rn. 71 m.w.N.). Auch hat der frühere Soldat nicht wiederholt eine eigenmächtige Abwesenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 WStG begangen, da er nicht länger als drei volle Kalendertage durchgehend abwesend gewesen ist. Jedoch besteht aus disziplinarischer Sicht eine Wertungsparallele. Denn sechs Fehltage bewegen sich in der Größenordnung einer zweimaligen eigenmächtigen Abwesenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 WStG. Im Vergleich zu einer ununterbrochenen Abwesenheit von längerer Dauer hat der frühere Soldat zwar an einer geringeren Anzahl von Tagen gefehlt. Während aber bei ersterer die Hemmschwelle zur Fortsetzung infolge des "Gewöhnungseffekts" immer mehr abnimmt, hat der frühere Soldat aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses die Hemmschwelle zur Verletzung der Kernpflicht zur militärischen Dienstleistung sechs Mal in Folge über ein Jahr hinweg überschritten."


BVerwG 2 WD 22.19 v. 08.10.2020
aktiver Berufssoldat im Bereich Personalwesen

KlausP

In meiner Erinnerung ist das so, dass Zeiten, zu denen für den Soldaten kein Dienst angesetzt ist nur eingerechnet werden, wenn sie von Zeiten der unerlaubten Abwesenheit eingeschlossen sind. Also um bei dem Ausgangsbeispiel zu bleiben:

Fall 1:
- der Soldat erscheint am Freitag nicht zum Dienst
- Samstag und Sonntag ist kein Dienst angesetzt
- Montag ist er pünktlich zu Dienst anwesend
= Dienstvergehen der unerlaubten Abwesenheit für Freitag.

Fall 2:
- erste und zweite Strichaufzählung wie Fall 1
- Montag erscheint er nicht zum Dienst
- Dienstagmittag trudelt er ein
= Samstag, Sonntag und Montag sind drei volle Kalendertage, das WE zählt bei der Rechnung mit, weil es von Zeiten unerlaubter Abwesenheit eingeschlossen ist - Wehrstraftat nach §15 WStG
StOFä (NVA) a.D., StFw a.D.
aktiver Soldat vom 01.11.71 bis 30.06.06, gedient in zwei Armeen

SGBunny

Wegen der Frage ob "durch Urlaub unterbrochen", es handelt sich aber nicht um den Fragesteller aus https://www.bundeswehrforum.de/forum/index.php/topic,70481.0.html oder?

Den das ganze klingt ein wenig wie dieses "Das Kind die letzten Tage vor den Ferien aus der Schule nehmen damit man früher in den Urlaub kann"

LwPersFw

Zitat von: KlausP am 19. Juni 2021, 13:59:25
In meiner Erinnerung ist das so, dass Zeiten, zu denen für den Soldaten kein Dienst angesetzt ist nur eingerechnet werden, wenn sie von Zeiten der unerlaubten Abwesenheit eingeschlossen sind. Also um bei dem Ausgangsbeispiel zu bleiben:

Fall 1:
- der Soldat erscheint am Freitag nicht zum Dienst
- Samstag und Sonntag ist kein Dienst angesetzt
- Montag ist er pünktlich zu Dienst anwesend
= Dienstvergehen der unerlaubten Abwesenheit für Freitag.

Fall 2:
- erste und zweite Strichaufzählung wie Fall 1
- Montag erscheint er nicht zum Dienst
- Dienstagmittag trudelt er ein
= Samstag, Sonntag und Montag sind drei volle Kalendertage, das WE zählt bei der Rechnung mit, weil es von Zeiten unerlaubter Abwesenheit eingeschlossen ist - Wehrstraftat nach §15 WStG


Richtig in Erinnerung, Klaus.

"Für die Dauer der Abwesenheit stellt das Wehrstrafgesetz auf volle Kalendertage ab. Mit dem Abwesendsein ist der Zustand der räumlichen Lösung von der Truppe und der Verfügungsgewalt ihres Befehlshabers gemeint (vgl. Lingens/Korte, WStG, 5. Aufl. 2012, § 15 Rn. 15). Dabei kommt es für die Dauer der Abwesenheit nicht auf die entgangene Dienstzeit an. Die Norm unterscheidet nach ihrem Wortlaut nicht zwischen Tagen mit Dienstbetrieb und dienstfreien Tagen oder zwischen Werk- und Feiertagen. Sie zählt die vollen Kalendertage, in denen der Soldat sein Unterstellungsverhältnis zur Truppe durch das eigenmächtige Fernbleiben gelöst hat. Demzufolge ist es - anders als das Truppendienstgericht meint - nicht möglich, Samstage und Sonntage generell bei der Frist unberücksichtigt zu lassen. Denn die strafbare Lösung aus dem Truppenverband dauert jedenfalls in den von der Abwesenheit eingeschlossenen Feiertagen und Wochenenden an (BayObLG, Urteil vom 17. August 1982 - RReg 4 St 83/82 - NZWehrr 1982, 231 <233 f.>).

Im vorliegenden Fall war der Soldat die gesamten zwei Wochen abwesend. Eine explizite Genehmigung dafür, an den Wochenenden nicht zumindest im Bedarfsfall abrufbar zu sein, gab es nicht. Da zum Tatzeitpunkt die Verordnung über die Arbeitszeit der Soldatinnen und Soldaten (Soldatenarbeitszeitverordnung - SAZV) vom 16. November 2015 (BGBl. I S. 1995) noch nicht galt, bedarf die Frage keiner Klärung, ob wegen § 8 Satz 1 SAZV nunmehr eine Rechtfertigung für die Abwesenheit und Unerreichbarkeit an den Wochenenden gegeben wäre oder ob dies weiterhin wegen der in § 30c Abs. 4 SG zum Ausdruck kommenden Besonderheiten des verfassungsmäßigen Auftrags der Streitkräfte nicht der Fall ist (vgl. dazu BT-Drs. 18/3697 S. 53 f.).

Auch hatte der Soldat aufgrund der Krankschreibung durch Oberstabsarzt C für die Zeit vom 8. bis 11. September 2014 keine Erlaubnis zum Fernbleiben vom Dienst. Ein Soldat, der sich außerhalb des Standorts krank fühlt, muss sich nach Nr. 412 ZDv 10/5 "Leben in der militärischen Gemeinschaft" (Stand Februar 2014) dem nächst erreichbaren Truppenarzt vorstellen. Hält der Truppenarzt die Befreiung des Soldaten von allen Dienstverrichtungen für angezeigt, teilt er dies dem Disziplinarvorgesetzten mit, der aufgrund der Empfehlung "krank zu Hause" über den Aufenthaltsort des Soldaten entscheidet. Erst im Rahmen dieser Entscheidung entfällt die Verpflichtung des Soldaten zum Erscheinen am Dienstort und zur Dienstleistung (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1986 - 2 WD 48.85 - BVerwGE 83, 265). Eine solche die Dienstbefreiung bewirkende Entscheidung ist weder vom damaligen Disziplinarvorgesetzten Major E noch in seinem Auftrag vom Kompaniefeldwebel erteilt worden.

Daher lag eine strafbare eigenmächtige Abwesenheit an mindestens zwölf Tagen vor. Dabei kann offen bleiben, ob man bei der Auslegung des § 15 Abs. 1 WStG das von der unerlaubten Abwesenheit nicht eingeschlossene letzte Wochenende nicht mitzählt (Lingens, NStZ 1989, 561; Zetzsche, NZWehrr 2009, 259 <260>) oder ob man es mitrechnet und dann sogar auf 14 Tage käme (Dau, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand März 2019, § 15 WStG Rn. 12). Denn disziplinarrechtlich bleibt die unerlaubte Lösung vom Truppenverband bis zur Rückmeldung bei der Einheit pflichtwidrig."


BVerwG Urteil v. 18.07.2019 - 2 WD 19/18

aktiver Berufssoldat im Bereich Personalwesen

Thomas069

Zitat von: SGBunny am 19. Juni 2021, 14:23:06
Wegen der Frage ob "durch Urlaub unterbrochen", es handelt sich aber nicht um den Fragesteller aus https://www.bundeswehrforum.de/forum/index.php/topic,70481.0.html oder?

Den das ganze klingt ein wenig wie dieses "Das Kind die letzten Tage vor den Ferien aus der Schule nehmen damit man früher in den Urlaub kann"

Nein aber danke für deine Besorgnis  ::)
Ich bin lediglich jemand der bei geringer Auftragslage Selbststudium betreibt  ;D


Herzlichen Dank an alle die sich beteiligt haben! Ich bin nun ein Stück schlauer und denke hier kann geschlossen werden  :)

Ralf

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