Neuigkeiten:

ZUR INFORMATION:

Das Forum wurde auf die aktuelle Version 2.1.6 von SMF aktualisiert. Es sollte soweit alles laufen, bei Problemen bitten wir um Nachsicht und eine kurze Information.

Wer "vergeblich" auf Mails des Forums wartet (Registrierung bestätigen/Passwort zurücksetzen), sollte bitte in den Spam-Ordner seines Mailpostfachs schauen. Wenn eine Mail im Spam-Ordner liegt, bitte als "Kein Spam" markieren, damit wird allen geholfen.

AUS AKTUELLEM ANLASS:

In letzter Zeit häufen sich in Beiträgen identifizierbare Informationen. Es werden Standorte, Dienstposten, Dienstpostennummern und andere detailierte Beschreibungen angegeben. Denkt bitte an OPSec - und veröffentlicht nur das, was Allgemein zugänglich ist - wir werden darauf achten und gegebenenfalls auch löschen

Außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht / Angemessenes Strafmaß

Begonnen von matthias2302, 30. Oktober 2022, 21:07:19

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

matthias2302

Hallo zusammen.

Tatbestand:
Vor einigen Monaten wurden 2 Polizeibeamte nachts am Wochenende von einem Soldaten (DG FJ) mit den Worten "Wichser" & "Hurensohn" beleidigt.
Der Soldat war betrunken in seiner Heimatstadt mit Freunden unterwegs(Blutalkoholwert: 2,3 Promille) und wurde nur als Soldat identifiziert, da er seinen Personalausweis nicht mit hatte und somit nur den Truppendienstausweis vorzeigen konnte. Der Soldat wurde anschließend zur Ausnüchterung in Polizeigewahrsam genommen. Der Soldat war vorher weder Zivil noch militärisch negativ aufgefallen und nahm die ihm erteilten Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit wahr. Der Soldat legte einige Zeit später bei der zuständigen örtlichen Polizeibehörde ein Geständnis ab und zeigte aufrichtig Reuhe. Er erhielt anschließend einen Strafbefehl und wurde zur Zahlung einer Geldstrafe von 750€ verurteilt. Später leitete das zuständige Gericht den Beschluss und die Verfahrensunterlagen an einen Wehrdisziplinaranwalt weiter. Dieser begann mit den Ermittlungen und leitete daraufhin einige Zeit später ein gerichtliches Disziplinarverfahren ein. Zur Last gelegt wird dem Soldaten Dienstvergehen nach §17 Abs. 2 S.3 sowie §10 Abs. 1 (SG). Der ermittelnde WDA strebt eine Beförderungssperre von 12 - 24 Monaten an.

Frage:
Ist das angestrebte Strafmaß tolerierbar oder unverhältnismäßig?

Gerne ausführlich begründete Antworten.
Danke

SolSim

Das wird dann wohl das Truppendienstgericht entscheiden.

Ich würde mir einen Rechtsanwalt nehmen.

F_K

Dies wird ein Gericht entscheiden.

Ist der Strafbefehl denn rechtskräftig? Wieviel Tagessätze?

Der Sachverhalt erscheint nicht vollständig - Warum war Polizei vor Ort? Warum wurde beleidigt? Widerstandshandlungen?
Warum 2,3 Promille? Alkoholproblem?

2Cent

Wer als angehender Offizier mit 2,3 Promille Polizisten beleidigt kann sehr froh sein wenn es nicht auf eine Entlassung heraus läuft.

Sind die ersten 4 Jahre denn schon rum?

ulli76

Geständnis ist dann wohl auch nicht entscheidend wenn er direkt die Polizisten beleidigt hat. Was soll da noch gestanden werden? Und mit den Promillen hat er sich noch erinnert?
•Medals are OK, but having your body and all your friends in one piece at the end of the day is better.
http://www.murphys-laws.com/murphy/murphy-war.html

justice005

Kein Dienstvergehen!

Beleidigung hat eine theoretische Höchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe. Es ist eine Straftat im Bereich der niedrigsten Kriminalität.

Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht bei Straftaten erst dann verletzt, wenn es sich mindestens um eine Straftat von mittlerer Kriminalität handelt. Das ist der Fall bei Straftaten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren bedroht sind.

Ich finde die Rechtsprechung zwar falsch und sehe ganz persönlich im vorliegenden Fall tatsächlich ein für einen Offiziersanwärter äußerst unwürdiges Benehmen. Aber es ändert nun mal nichts an der Rechtsprechung.

Der WDA müsste das eigentlich wissen. Wahrscheinlich stinkt ihm die Rechtsprechung auch und er will es einfach mal probieren. Aber ich bezweifle, dass es ein Urteil gibt.


2Cent

@justice
Eine Entlassung nach 55 4 SG müsste aber trotzdem drin sein wenn die ersten 4 Jahre noch nicht vorbei sind, oder?

justice005

Für ne außerdienstliche beleidigung? Kann sein, dass das BAPersBw es versucht, aber ob das vor einem Verwaltungsgericht hält? Zumal bei den Promillen noch ne verminderte Schuldfähigkeit zu berücksichtigen ist... Bin (leider) skeptisch.

F_K


Bewerber Offizier

Muss eine verminderte Schuldfähigkeit im Disziplinarrecht überhaupt als solche gewürdigt werden?


Deepflight

Ein StUffz bei mir hat für eine ähnliche Sache mal 3 Jahre Beförderungssperre bekommen nach einem Fußballspiel inkl. Wiederstand bei der Gewahrsamnahme.

Aber ich sehe es wie @F_K, hier sind vermutlich nicht alle Fakten benannt worden. Kann natürlich sein das es -wie auf vielwn Partymeilen üblich - die Präsenzstreife der Polizei war ohne das es einen konkreten Anlass für Polizeianwesenheit gab, aber die Beleidigung erklärt sich dann nicht schlüssig. Oder aber, wenn einfach die vor Ort gemütlich chillende Präsenzstreife beleidigt wurde machts das eher noch schlimmer.

Trennung.

Beleidigung (egal gegen wen, denn einen eigenen Tatbestandteil gibt es im Geltungsbereich des StGB nicht) regelt der 185 StGB.
Dafür gibt es standartmäßig gem. 1. Halbsatz bis zu ein Jahr.
Der 2. Halbsatz droht aber Strafe bis zu 2 Jahren an wenn die Beleidigung beispielsweise "öffentlich vorgebracht" wurde.

@Justice005 hat mit seiner Einwände und dem zitierten Urteil zwar generell recht, was die Würdigung eines ausserdienstlichen Fehlverhaltens angeht. Der Tenor der Urteils bezieht sich aber explizit auf die Strafandrohung und nicht das tatsächliche Strafmaß.
Siehe Zusammenfassung zum Beispiel hier:
https://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/beamtenrecht/ausserdienstliches-fehlverhalten-eines-soldaten-377318
Da die Beleidigung aber "in der Heimatstadt unterwegs" erfolgt ist liegt der Verdacht nahe das 17 Abs 2 SG tangiert ist. Der Soldat ist OA und zeigt hier deutliche Hinweise auf charakterliche Nichteignung, plus es bleibt dir Frage wie lange er schon Soldat ist und welche sonstigen Umstände bei der Tat noch im Spiel waren.
Was am Ende dabei rum kommt muss dann das Truppendienstgericht entscheiden sofern überhaupt eingeleitet wird nach den Vorermittlungen des WDA.
Aber nach dem was hier geschrieben wurde kann ich mir durchaus vorstellen das da etwas bei rauskommt und das dann auch vor einem Verwaltungsgericht standhalten würde.

justice005

Zitatinkl. Widerstand bei der Gewahrsamnahme.

Jep. Das wiederum reicht für ein gerichtliches Disziplinarverfahren. Denn diese Straftat hat im Gegensatz zur Beleidigung auch einen deutlich höheren Strafrahmen, vergl. § 113 StGB.

Lange Rede kurzer Sinn: Wenn es wirklich NUR eine Beleidigung war, dann war es kein Dienstvergehen. Wenn noch mehr dazu kam (Widerstand, Körperverletzung etc.) dann war es sehr wohl ein Dienstvergehen.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Strafbefehl nur 750,- Euro waren (wobei wir die Anzhal der Tagessätze leider nicht kennen), vermute ich aber ganz stark, dass es wirklich nur eine Beleidigung war. Wäre noch Widerstand dazugekommen, wäre auch der Strafbefehl vermutlich höher gewesen.

ZitatMuss eine verminderte Schuldfähigkeit im Disziplinarrecht überhaupt als solche gewürdigt werden?

Klar. Wer unter Hypnose aufgrund eines hypnotischen Befehls seinem Chef eins überbrät, begeht kein Dienstvergehen mangels Schuldfähigkeit :-) Und wer aufgrund von Alkohol, Drogen oder anderen Substanzen enthemmt ist und demzufolge nur über eine geringere Steuerungsfähigkeit in seinem Handeln verfügt, begeht ein weniger schweres Dienstvergehen als jemand, der es nüchtern tut. Hintergrund ist, dass es im Rechtsstaat auf das persönliche Verschulden ankommt und nicht nur auf die Außenwirkung der Tat.

matthias2302

Guten Abend.
Erstaunlich viele Antworten.
Ich versuche soweit es mir bekannt bzw. erlaubt ist den Tatbestand zu präzisieren.

Zitat von: F_K am 30. Oktober 2022, 21:15:30
Dies wird ein Gericht entscheiden.

Ist der Strafbefehl denn rechtskräftig? Wieviel Tagessätze?

Der Sachverhalt erscheint nicht vollständig - Warum war Polizei vor Ort? Warum wurde beleidigt? Widerstandshandlungen?
Warum 2,3 Promille? Alkoholproblem?

> Gemäß Aussage Soldat: Strafbefehl rechtskräftig (einige Monate her) 30 Tagessätze a 25€ - bezahlt hat er diese anscheinend auch schon.
Der Soldat hielt sich an einem belebten Platz in der Innenstadt auf. Die Polizei war aufgrund nächtlicher Kontrollen und einer Festnahme schon vor Ort (diese stand in keinem direkten Zusammenhang mit dem Soldaten ).
Widerstandshandlungen sind keine aufgeführt. Allerdings wurde dem Soldaten ein Platzverweis ausgesprochen, welchem er jedoch nicht nachkam.
Zu dem Promillegehalt war die Aussage, dass es sich um seinen letzten Abend im Rahmen seines Geburtstages unter Freunden gehandelt habe.


Zitat von: 2Cent am 30. Oktober 2022, 21:25:12
Wer als angehender Offizier mit 2,3 Promille Polizisten beleidigt kann sehr froh sein wenn es nicht auf eine Entlassung heraus läuft.

Sind die ersten 4 Jahre denn schon rum?

> Soldat befindet sich innerhalb der ersten 4 Dienstjahre.

Zitat von: ulli76 am 30. Oktober 2022, 21:26:41
Geständnis ist dann wohl auch nicht entscheidend wenn er direkt die Polizisten beleidigt hat. Was soll da noch gestanden werden? Und mit den Promillen hat er sich noch erinnert?

> Erinnerungsvermögen nicht vollständig. Einige Ereignisse waren ihm nicht mehr bekannt.


- Wie bereits beschrieben: Die Vorermittlungen wurden abgeschlossen, der WDA hat ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet. -

F_K

Nachtigal ...

Es gibt also (dokumentierte, wenn auch nicht abgeurteilte) Straftaten / Fehlverhalten über die Beleidigung hinaus - nämlich "passiver" (aktiver?) Widerstand gegen den Platzverweis - je nach Fallgestaltung kann das sehr problematisch sein - dann ggf. "abzüglich" der geminderten Steuerungsfähigkeiten.

... und zur genauen Sachverhaltsklärung gibt es ja ein rechtsstaatlichen Verfahren.

(Schuss ins Blaue, Volltreffer ... )

wolverine

Bundeswehrforum.de-Seit 20 Jahren werbefrei!
Helft mit, dass es so bleiben kann