Die Aufmerksamkeit für ein sorgsameres planerisches, organisatorisches und befehlendes Denken und Handeln gegenüber unseren Soldaten wurde definitiv erhöht.
Tja, da bin ich leider einer völlig anderen Auffassung. Die unterschwellige bis offensichtliche Unterstellung, dass Disziplinarvorgesetzte der Einheits- und Verbandsebene eben dieser Verantwortung nicht gerecht geworden wären war schon Teil des letzten Dienstzeitausgleichserlasses und war bereits damals Grund für eine klare Spaltung von Vorgesetzten innerhalb der Bundeswehr. Auf der einen Seite standen die, die im Tagesgeschäft noch Truppe oder Einheiten und Verbände führen und wissen, was los ist, auf der anderen Seite diejenigen, die zwar der Meinung sind alles zu wissen, effektiv aber mit Jahrzehnte alten Bildern im Kopf völlig frei schwebend jede relevante Entwicklung (bis hin zu den Auslandseinsätzen) nicht mehr erlebt (oder schnell vergessen) haben.
"Sorgsameres planerisches, organisatorisches und befehlendes Denken und Handeln" habe ich übrigens seit ich in dieser Bundeswehr bin oberhalb der Verbandsebene und in den letzten Jahren eigentlich auch nicht mehr oberhalb der Einheitsebene wahrgenommen. Im Gegenteil: Durch "Prozessorientierung" wird der militärische Führungsprozess, der stets mit Weitblick und umfassendem Lagebild agierte konterkariert, mit Bürokratiewustauswüchsen wie z.B. BGM, SAZV, Arbeitsschutz, dem neuen SBG und Co. wird im Gegenteil "sorgsameres planerisches, organisatorisches und befehlendes Denken und Handeln" - da wo es noch stattfindet - unmöglich!
Auf meine Leute kann ich nur aufpassen und mich um sie kümmern, wenn ich sie sehe, mit ihnen spreche und für sie da bin. Das gilt für den Divisionskommandeur genauso, wie für den Zugführer oder Kompaniechef. Nur leider ist das systemisch schlicht nicht mehr möglich oder gewollt.
Ich erlebe leider, dass Innere Führung und Fürsorge ab Verbandsebene flächendeckend nicht mehr stattfindet. Und die Degradierung des Soldaten zur "41-Wochenstunden Dienstleistung" hilft da nicht weiter.
Die TSK/orgBer haben die SAZV dafür genutzt, eine strukturierte Bestandsaufnahme darüber angestellt, was zwingend erforderlich ist, was wichtig, wünschenswert und entbehrlich ist, um ihre gestellten Aufträge sicherzustellen. Und sie haben auf Basis dieser Bestandsaufnahme Vieles justiert, was zuvor jahrzehntelang nicht mehr reflektierte Praxis war..
Wenn man davon ausgehen würde, dass die MilOrgBer wirklich ein sauberes Lagebild hätten könnte ich dieser Aussage folgen, aber das haben sie schlicht und einfach nicht.
Z.B. alleine die Kräftebindungen beim BAMF stellen so eine große Unbekannte an Einfluss auf den Dienst in den Einheiten dar, dass eine saubere Bestandsaufnahme gar nicht möglich ist. Und an der Tendenz Probleme nicht an die übergeordnete Führung zu melden (siehe auch Vorfälle in Pfuhlendorf) hat sich nichts geändert.
Die OrgBer haben also ein Lagebild, aber definitiv kein sauberes, sondern ein aus der Erforderlichkeit von schnellen Ergebnissen basierendes.
Ich gehe aber absolut konform damit, dass vieles überdacht wurde und einer Überprüfung unterzogen wurde. Mal mit einem gefühlt zweckmäßigen, mal mit einem gefühlt unzweckmäßigen Ergebnis - letzteres gerade im Bereich Traditionspflege. Aber aus meinem Erleben heraus sind wir auch da erst am Anfang. Aber in einem Jahr - vor allem einem Jahr mit so vielen zusätzlichen Bindungen - ist da vielleicht auch noch nicht so viel zu erwarten. Zudem wird m.E. wieder mal der Fehler gemacht davon auszugehen, dass die Bindung der Bundeswehr wirklich sauber planbar wäre. Dort wo es das wäre machen wir es nicht mehr wirklich (Einsätze, Ausbildung, Übung), dort wo wir es nicht können versuchen wir es nicht mal mehr.
Dass Liegenschaften mittlerweile fast ausnahmslos von zivilen Wachen beacht werden.
Ist aus meiner Sicht fachlich betrachtet eine Teilaufgabe der militärischen Sicherheit mit Masse durch das Prinzip, das der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält. Aber auch das ist systemisch so gewollt. Es darf halt nichts passieren.
Dass sich Einheitsführer und KTF bei der Dienstplangestaltung noch mehr Gedanken um die jeweiligen Notwendigkeiten machen und vieles Mehr.
Diese Gedanken machen sich leider mit Masse diejenigen, die das, was zu leisten ist nicht mehr und die von dir angesprochenen Personen können nur noch abwägen welche Befehle sie nicht befolgen, weil die Masse der Vorgaben nicht mehr zu erfüllen ist...
Und auch wenn das sicherlich nicht deine Intention ist, aber: Mit dieser Aussage unterstellst du, dass sich diese Gedanken nicht bereits auch vorher gemacht wurden.
Lustiges Beispiel: Alle Feldwebel Truppendienst (HUT) bekommen die Schießausbilder-ATN. Nachdem man nun nachhaltig in der Truppe festgestellt hat, dass die Kameraden im Normalfall am Ende ihrer Ausbildung vielleicht gerademal unfallfrei ihre eigene Waffe bedienen, aber kaum als Schießausbilder eingesetzt werden können hat die SKB jetzt reagiert und für ihren Bereich festgelegt: Die ATN wird auch weiter verliehen (obwohl nachweislich ohne ausreichende Ausbildung) und jetzt haben die Kompanien den Auftrag bei jedem Jungfeldwebel festzustellen, ob er die Ausbildungshöhe für die ATN hat und wenn nicht (also im Normalfall) haben sie nachzuschulen. Früher wurde erst ausgebildet und dann eine ATN verliehen...und die Kompanien haben für solche Spiele ja so viele Kapazitäten...
Das alles löst das Kernproblem nicht, dass die SAZV für Streitkräfte erlassen wurde, deren Personaldecke noch auf Kante genäht ist - hinsichtlich der geforderten Aufträge. Sie hat bisher auch noch nicht für die nötige Sensibilität in allen Bereichen der Führung ab Großverbands- vor allem aber Kommando- und ministeriellen Ebene gesorgt, Entlastungen im administrativen Bereich zu schaffen, der auf allen untergelagerrten Ebenen zu viele Ressourcen bindet. Aber auch hier bin ich zuversichtlich, dass letzten Endes Beschwerden und Eingaben "von Unten nach Oben" auch erfolgreich sein werden.
Da durch Absicherungsmentalität - eben auf diesen Ebenen - und die unnötige (fachlich, wie sachlich) freiwillige Selbstverpflichtung der Bundeswehr im Bereich Arbeitsschutz, BGM, SAZV usw. täglich neue Bürokratiemonster geschaffen werden, ich aber z.B. noch nie gefragt wurde, wie viel mich das tatsächlich bindet teile ich deinen Optimismus leider nicht mal im Ansatz.
Gruß Andi