Lieber F_K,
es geht hierbei nicht um gutes Benehmen, sondern darum, dass jemand verbal und nonverbal ungefragt und unaufgefordert in die Intimsphäre eines anderen Menschen eingedrungen ist. Dies ist schlicht ein Eingriff in die Selbstbestimmung eines Menschen. Der daraufhin eine Strafanzeige gegen den Täter stellte. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat diese Anzeige geprft und das Ermittlungsverfahren eingestellt. Das Einstellen dieser Ermittlungssache ist die eine Seite, die von der Ministerin nicht kritisiert wurde. Ob dies ggf. Vorgesetzte des entscheidenden Staatsanwalts anders sehen und behandeln, liegt im Ermessen dieser Personen. Ich neige zur selben Ansicht wie Andi, und als Leitender Oberstaatsanwalt hätte ich zumindest disziplinare Ermittlungen gegen diesen Unterstellten aufgenommen.
Da nun dieser Fall der Soldatin öffentlich wurde, sah sich unsere Ministerin gleich in zweifacher Hinsicht in der Pflicht: Einmal als Staatsbürgerin, die einfach fassungslos ist, dass ein/e Staatsanwalt/wältin ein ungefragtes und unerwünschtes Betatschen des Körpers eines anderen Menschen als "Interessenbekundung" mit einem etwas anzüglichen, blöden Spruch gleichsetzt. Wobei es doch völlig egal ist, wo dieser Körper betatscht wird, ob nun Gesäß oder Brust. Nach vorherrschender rechtssprechung ist dies schlicht ein unerlaubter Eingriff in das (sexuelle) Selbstbestimmungsrecht eines Menschen. Das geht schlicht über ein "schlechtes Benehmen" oder "dumme Anmache", mit dem Sie Ihre krude Haltung versuchen zu begründen, deutlich hinaus. Sie sah sich aber auch als IBUK in der Pflicht, ihre Soldatinnen öffentlich in Schutz zu nehmen und deutlich zu machen, dass sie eben nicht die Aufassung der Staatsanwaltschaft teilt und im gegenteil ein solches Verhalten unter Soldaten nicht zu dulden bereit ist.
Um nun gleichzeitig nach Innen und Außen zu wirken, entschloss sie sich zu der einzig richtigen Maßnahme, diesen Offenen Brief zu formulieren. Und eben klar zu machen, dass Sie die Einstellung des Verfahrens überhaupt nicht kritisiert, sondern die Art und Weise, wie diese Einstellun gegenüber der Anzeigenden (und dem Angezeigten) begründete. Eben nicht mit den von Andi vorgebrachten Entscheidungsgründen, sondern mit Gründen, die der Anzeigenden als Hohn vorkommen müssen.
Das Sie das nicht erkennen wollen, lässt tief blicken - in Ihre Haltung gegenüber Frauen im Alltag.
Und, nein, ich nehme für mich in Anspruch, dass ich meine früheren Freundinnen erst dann entsprechend berührte, wenn ich von deren Einverständnis ausgehen durfte, weil es geklärt war. Denn vor derartigen Berührungen erfolgt ja allgemein ein Dialog, der so etwas klärt und durch den ein gegenseitiges Einverständnis deutlich wird.