Am Wochenende sah ich mehrere blaue Wahlplakate einer gewissen Partei die ich hier nicht nennen werde.
Ich vermute, es kann sich trotzdem jeder denken, welche Partei solche Slogans verwenden würde ...
Auf solche Wahlkampfparolen sollte man, denke ich, nicht zuviel geben. Was im Wahlkampf gesagt wird und was davon sich nachher umsetzen lässt, wenn eine Partei wirklich in der Regierungsverantwortung steht, dürfte ja in den seltensten Fällen absolut identisch sein. Nicht einmal mehr in Bayern wird ein Bundesland von einer einzelnen Partei regiert, insofern gibt es notgedrungen immer Kompromisse. Und gerade solche Themen wie ein (kurz- oder auch nur mittelfristiger) Rückzug aus Afghanistan wird eine einzelne Partei in den Koalitionsverhandlungen vermutlich nicht durchgedrückt bekommen.
Man muss ja auch nur mal 10 Jahre zurückdenken. 1999, Kosovo, der erste "Krieg", an dem Bundeswehrsoldaten aktiv teilgenommen haben. Wer hat mitregiert? Die Grünen ... Eine Partei, deren allgemeines Verhältnis zu Militär und Krieg man wohl getrost als "ablehnend" bezeichnen kann ...
Dadurch haben es ja auch gerade die kleinen Parteien leichter, mit "ungewöhnlichen" Wahlversprechen für sich zu werben, die eine Regierungspartei, die wiedergewählt werden will, niemals machen könnte. Und mit solchen Themen kann man vielleicht die "Unzufriedenen" für sich gewinnen - "wenn diese Partei zu einem guten Teil das Gegenteil von dem verspricht, was die derzeitige Regierung macht und mir gerade diese Maßnahmen der Regierung gegen den Strich gehen, dann könnte ich doch mein Kreuz auch für diese Partei machen ..."
So ein "Protestverhalten" einzelner Wähler kann dann vielleicht auch dazu führen, dass Parteien in ein Parlament einziehen können, die man selbst dort am liebsten nicht sehen würde.
Von daher sind solche Slogans sicherlich nicht für jeden Bürger schön (wobei "Raus aus Afghanistan" ja auch nichts über den Zeitrahmen sagt und die entsprechende Partei es, im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der Wahl, schon als Erfolg verkaufen könnte, wenn erstmal nur eine langfristige "Exit-Strategie" vereinbart wird ...), aber wohl auch nicht wirklich unerwartet.
Ansonsten würde ich auch nicht unbedingt sagen, dass die betreffenden Entscheidungsträger "noch nicht viel von internationaler Politik" gehört hätten - es kann auch einfach sein, dass sie eine andere Meinung zu dem Thema haben
Auch in dem Bereich gibt es immer unterschiedliche und sich ändernde Meinungen (siehe die Haltung der deutschen Regierung 1999 zum Kosovo und 2001 zu Afghanistan im Vergleich zum Irak 2003), so dass letztlich wenige Dinge wirklich für alle Zeiten festgelegt sind. China und Taiwan nähern sich in kleinen Schritten an. Zwischen Nord- und Südkorea gibt es immer mal Ansätze zur "Normalisierung" der Beziehung beider Staaten. Und wie die derzeitige US-Regierung sich z.B. gegenüber Kuba oder dem Iran verhält, wäre noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen.
Insofern würde ich nicht unbedingt sagen, dass die Leute keine Ahnung hätten von dem, was sie da von sich geben. Sie haben eventuell eine andere Sicht der Dinge und daher eine andere Meinung, die in dem Fall auch vollkommen legitim sein mag (was bei Aussagen von Politikern nicht immer der Fall ist - dafür gibt es dann die Staatsanwaltschaft und z.B. den Straftatbestand der Volksverhetzung). Diese Meinung muss nicht richtig sein, ist es meiner Ansicht nach auch nicht (wie auch einige andere Aussagen und Ansichten der Partei). Aber es ist halt eine Meinung, und damit durch die verfassungsmäßigen Grundrechte abgedeckt ...