Wir sprechen von verschiedenen Dingen, bzw in verschiedenen Bereichen.
insoweit ist die (durchaus wertende) Bezeichnung Terrorist wohl zutreffend (aus unserem Werteverständnis heraus).
Natürlich ist jede (ab)wertende Bezeichnung, sei es "Terrorist", "Extremist", "Massenmörder" oder "Steinzeitfanatiker", aus unserem Werteverständnis heraus zutreffend und angemessen. Exakt aber darum geht es mir hier nicht, sondern um einen wertungsfreien technischen Terminus. Die mir im Hinterkopf sitzende Unterscheidung, mit welcher die Bezeichnung "Terrorist" sich beißt, orientiert sich an Mao Tse Tungs 3-Phasen-Theorem des revolutionären Kampfes (nachzulesen in "On Guerrilla Warfare"). Es orientiert sich an der Art der
Kampfführung, die zunehmend offener wird:
Phase 1, Terrorismus: eigene Kräfte sind so schwach und zahlenmäßig klein, dass Kampf nicht in Frage kommt, nur Anschläge. Diese haben meist eher symbolische Wirkung, können den Gegner an sich nicht bezwingen. Es handelt sich weniger um eine militärische als um eine Kommunikationsstrategie.
Phase 2, Guerillakampf: eigene Kräfte sind stärker als in Phase 1, aber noch zu schwach zum regulären Kampf. Gegner wird dort angegriffen, wo er schwach ist. Gebiet kann nur in abgelegenen, schwer zugänglichen Refugien kontrolliert werden, ansonsten bewegliche Kampfführung ohne Gebietskontrolle.
Phase 3, regulärer Krieg: eigene Kräfte sind so stark, dass nun der offene Kampf mit dem Gegner aufgenommen werden und dieser geschlagen werden kann. Übergang zu (nicht im strikten Sinne) "konventioneller, regulärer" Kriegführung. Nur diese Kampfform kann laut Mao den Sieg bringen.
Das sind natürlich Archetypen, und laut Mao begleiten jede Phase auch weiter Elemente aus den vorherigen Phasen, aber mein Punkt hier ist: "Terrorist" beschreibt hier nur den Akteur der Phase 1, während ISIS sich schon weitestgehend (mit Abzügen) in Phase 3 befindet. Und in den Bereichen der Politologen-SiPo-Zunft bezeichnet man sie daher auch nicht als solche (ohne sie damit moralisch aufwerten zu wollen), weil es eben nicht dieser Art der technischen Differenzierung entspricht.
Andere Punkte fallen deshalb aus der Definition:
ISIS / IS / whatssoever hat zwar eine "politische Agenda",
Eine politische Agenda haben auch Terroristen, genau so wie Guerillas, Rebellen, Regierungen, etc.... wird daher nicht zur Unterscheidung herangezogen.
markiert aber die Kämpfer nicht im militärischen Sinn (Uniform, Dienstgrade, Ausweise, ...)
Das ist die Unterscheidung des HVR zwischen regulären Kombattanten und anderen. Taugt auch hier nicht zur Unterscheidung, da z.B. auch viele Guerillas keine solchen Merkmale tragen, trotzdem keine Terroristen sind, und andere Guerillas, die dies tun, trotzdem keine konventionellen Kämpfer sind. Zudem operiert ISIS mittlerweile offen, trägt die Waffen offen, operiert unter Kennzeichen (z.B. Fahnen) und nähert sich damit schon der Definition.
und herrscht aber vor allem mit massiven TERROR in den beherrschten Gebieten -
Hier wird fein unterschieden zwischen "Terror" (als Herrschaftsinstrument, z.B. durch Regime) und "Terrorismus" (aus der Schwäche geborene Kommunikationsstrategie). Der Terrorist muss seine Anschläge verdeckt ausführen, ein Terrorapparat agiert ganz offen, denn man ist ja i.d.R. "der Staat". Oder, um es einfach zu sagen: Hitler war kein Terrorist, trotz allem Terror.
Noch mal sicherheitshalber: obiger Unterscheidung liegt explizit keine Wertung zugrunde, sie ist rein technisch. Ein "Guerilla" ist hierbei nicht besser oder schlechter als ein "Terrorist", obwohl das Wort "Guerilla" (der romantische Freiheitskämpfer) natürlich landläufig eine wesentlich positivere Konnotation hat als das Wort "Terrorist" (der Mörder und Verbrecher). Und dass die breite Masse das auch so versteht ist mir durchaus klar, deswegen ja:
Aber das ist wahrscheinlich für die Allgemeinheit eine zu technische Unterscheidung
Nur bin ich persönlich eben durch langwierige Beschäftigung mit der Thematik etwas in den "professionellen" Termini konditioniert, was zu o.g. Irritation führt