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in letzte Zeit häufen sich in  Beitragen einige identifizierbaren Daten:

 Standorte, Dienstposten, Dienstpostennummern und detailierten Beschreibungen welche angegeben werden

Denkt bitte an OPSec - und veröffentlicht nur das was allgemein ist - wir werden dies in nächster Zeit besser im Auge behalten und gegebenenfalls auch löschen

Autor Thema: Anekdoten aus der Zeit beim Bund  (Gelesen 72907 mal)

AriFuSchr

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #150 am: 22. Dezember 2010, 18:55:11 »

Man schreibt das Jahr 1979 und auf dem TrUbPl Grafenwöhr hat sich ein FArtBtl einquartiert. Es ist ein recht strenger Winter und jetzt im Februar sind Minusgrade von 15 bis 18 Grad in der Nacht zu messen.
Die beiden Schreibfunktrupps der 4. Batterie werden bei Übungen im scharfen Schuss nicht so wirklich gebraucht und so macht ein Trupp Funkverstärkung für die Geschützstaffel und der zweite Trupp verstärkt den Funk für die VB’s. Um die Mittagszeit kommt dann der Befehl für den FuSchrTrp bei den VB’s: zurück ins Zeltlager.
Wir also zurück über die Panzerstrasse auf den Kfz-Abstellplatz beim Lager. Eigentlich möchte ich gleich noch zu den Sprittis um „meinen“ Unimog gleich wieder aufzutanken, da winkt uns unser Oberfähnrich heran.
Er hält mir einen Fahrbefehl unter die Nase der noch vervollständigt werden muss und macht Stress nach dem Motto, warum sind wir noch nicht am Ziel. Mit Blick auf die Benzinanzeige melde ich Bedenken bezüglich der Reichweite des Tankinhalts und der Entfernung zum Ziel an. Der Herr OFR musste raus zur Geschützstaffel, war wohl spät dran und teilt mir ziemlich unwirsch mit, dass dafür keine Zeit wäre und ich zusehen soll, dass ich auf die Panzerstrasse komme.

Bei Sonnenschein und entsprechend milderen Temperaturen um die Mittagszeit war diese Panzerstrasse ein Genuss für jeden MKF. Aufgeweicht und von zig Rad- und Kettenfahrzeugen auf- und durchgewühlt,  die Riesenpfützen im schattigen Bereich noch mit Eis überzogen. Einfach lecker.
Ich presche also los, Herr OFR hinten im Funkkoffer, mein Uffz als Beifahrer und bin sehr darauf bedacht, diese Pfützen als Deckung zu nutzen. Es kam wie es kommen musste. Mitten im schönsten Drive erstarb der Motor mangels Kraftstoff und ich musste aus den Kanistern betanken. Irgendwie gelang es mir, den Sabber der Strasse nicht in den Tank zu bekommen und dabei noch darauf zu achten, dass mir die braune Brühe nicht oben in Kampfstiefel lief.
Herrn OFR dauerte die ganze Prozedur zu lange, er öffnete die hintere Schwingtür und ergoss verbal seinen Ärger auf die lahmen Funkschreiber denen er bei der nächsten IGA das Tanken unter Gefechtsbedingungen und so manch andere soldatischen Fähigkeiten beibringen wollte.

Ich verstaute die Kanister an ihrem vorgesehenen Platz, meldete den Vollzug der Tankaktion, schwang mich auf den Fahrerplatz und ließ den Motor an. Mein Uffz quäkte über das Sprachrohr nach hinten und fragte ob wir los könnten. Das Gebrüll von hinten war auch für mich zu hören und übereinstimmend hörten wir: Fahrt doch endlich los. Herr OFR meinte später, er hätte gesagt: Was ist jetzt eigentlich los.
Naja, ich habe einen niedrigen Gang ins Getriebe geschoben und flott Gas gegeben, beschleunigt und gleich den nächsten Gang eingelegt, einen richtig flotten Start hingelegt.
Was ich dann im Außenspiegel zu sehen bekam, war einerseits erheiternd, andererseits erschreckend. An der weit offen stehenden Koffertüre hing zunächst ein sportlich-agiler schmucker OFR, der sich dann aber nicht halten konnte und längs, sein Gesicht im Panzerstrassenschlamm vergrabend in den Schmodder fiel. Danach sah er gar nicht mehr schmuck aus. Ich vergleiche diesen Anblick bis heute mit den Gestalten von Max und Moritz als sie aus dem Teig gezogen wurden, nur eben eine viel dunklere aber geschmeidige Masse.
Sobald der Mund vom Schlamm befreit war überzog uns Funkschreiber ein verbales Gewitter welches hier wegen Zensur nicht wieder gegeben werden kann. Wir klärten den Herrn OFR darüber auf, was wir gehört hatten und boten ihm aus den Tiefen unseres Funkkoffers Möglichkeiten an, um sich und seinen Anzug wenigstens notdürftig zu reinigen. Glücklicherweise hatte er sich nicht verletzt und wir konnten die Fahrt zur Geschützstaffel fortsetzen. Irgendwie schien er einen Narren an unserem Schreibfunktrupp (und vor allem der Schwingfeuerheizung) gefunden zu haben, denn wir mussten dableiben und zwischen den Batterieschießübungen wärmte und trocknete sich der Herr OFR im geheizten Koffer.

Wie der Wind hat sich die sportive Stellungs-Einlage unseres OFR in der Geschützstaffel
herumgesprochen – das abends in der Schneebar/Zeltbar von den Kameraden angebotene Freibier für mich konnte ich aufgrund der Genußbeschränkungen für alkohol Getränke leider nicht vollständig annehmen.
Unser Chef ließ mich natürlich antanzen und hörte sich den Vorgang nochmals aus meiner Sicht an. Da das Ganze glimpflich ausgegangen war beließ er es bei einer Belehrung, ich solle mich auch und gerade bei drängelnden  Dienstgraden als Fahrgästen trotzdem persönlich davon überzeugen, dass die Hecktüren richtig verschlossen sind, bevor ich losfahre.
Und manchmal später, wenn unser Chef oder unser Olt gut gelaunt waren und die Batterie mit Fahrzeugen ausrückte, dann ging nach dem Antreten und Befehlsausgabe so eine kleine Frage an den OFR: Wollen Sie bei den Funkschreibern mitfahren? – und die angetretene Batterie griente.
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Kameradschaftliche Grüsse 
 
                            




AriFuSchr

Fitsch

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #151 am: 23. Dezember 2010, 16:10:33 »

klasse - und auch noch nett geschrieben. Danke dafür. Das erhellt meinen trostlosen Arbeitstag!!!!
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snake99

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #152 am: 23. Dezember 2010, 16:52:22 »

@AriFuSchr

Einfach nur herrlich  ;D ;D ;D
Ich sehe den OFR bildlich vor mir. Da wäre ich sehr gerne bei gewesen  ;D
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Oscar Golf Mike

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #153 am: 23. Dezember 2010, 18:19:37 »

Mit OA's kann man ne menge erleben, wenn ich da nur an unseren südkoreanischen Fähnrich denke. ;)
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snake99

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #154 am: 23. Dezember 2010, 18:33:19 »

Die Damen und Herren heißen ja nicht umsonst "Zauberlehrlinge"  ;D
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Tokee

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #155 am: 31. Dezember 2010, 19:27:27 »

Ich habe eben einen Link gefunden, der vielleicht für den Einen oder Anderen Altgedienten recht interessant sein könnte.
Dort berichtet ein Soldat von seinen Erfahrungen während der ersten Jahre der Bundeswehr in recht informativer und gut nachzuvollziehender Art und Weise. http://www.regionalgeschichte.net/fileadmin/Rheinhessenportal/pdf-Dokumente/HinkelBundeswehr2004.pdf

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Das Lorupaeum

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #156 am: 07. März 2011, 18:02:50 »

Ich hatte diese Geschichte zwar schon an anderer Stelle platziert, aber hier gehört sie hin:

Wir bekamen einen neuen GeZi-Soldaten: Schütze Müller. Damals wurden Schützen erst nach mindestens 6 Monaten zum Gefreiten befördert.
Nun denn, es kam, wie es immer kam, der Spieß schickte den Schützen Müller los, um den Schlüssel für den Verfügungsraum aus dem FJgDstKdo zu holen, das sich vorne im Gebäude befand. Schütze Müller ging ins DstKdo, machte Meldung und verlangte den Schlüssel für den Verfügungsraum. Leider, so antwortete der FJgEinsOffz. liege der jetzt beim VU. Und so lernte der Schütze Müller neben der Kompanie auch gleich den ganzen Block kennen: Vom VU zum GerUffz, vom GerUffz zum InstFw, von dort zu mir, dem SanTrpFhr und ich schickte ihn ein Stock höher, zum VKK. Vom VKK ging es zum BerFmFhr und schließlich war unser Schütze wieder im GeZi wo wir ihn natürlich mit schallendem Gelächter empfingen. Das war auch nicht böse gemeint.

Im GeZi befand sich seinerzeit ein Ordner im Aktenbock mit der Beschriftung Bw-Schlüssel. Der Bundeswehr reicht es einfach nicht, alles irgendwie abzukürzen, es gibt auch noch alle möglichen Ziffern um Dinge, hauptsächlich in Formularen darzustellen.  Drei Tage, nach unserer "Schlüssel-für-den-Verfügungsraum-Aktion" rief der KpChef aus seinem Büro: "Schütze Müller, bringen Sie mir mal den Bw-Schlüssel!" Der wiederum ging auf die Tür des Chefs zu, schaute kurz um die Ecke zum Chef und sagte grinsend: "Kenne ich schon..."
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Das Lorupaeum

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #157 am: 07. März 2011, 18:38:09 »

Während meiner aktiven Zeit nahm ich noch an zwei sogenannten freilaufenden Übungen teil. Ältere Kameraden werden mir beipflichten, dass solche Großmanöver der ideale Nährboden für so manche Anekdoten sind. Folgendes (und weiteres) passierte während der Gefechtsübung des 1. Korps "Trutzige Sachsen" 1985:

Die Übung begann für uns, dass die Kompanie zunächst in den Verfügungsraum verlegte (wer immer nun auch den Schlüssel hatte ;) ) Das war irgendwo im westlichen Niedersachsen. Im Laufe der Übung wurden auch die Soldaten der KpFüGrp routinierter, egalisierter und auch müder. Und so manchem musste genau erklärt werden, was er zu tun hatte. Wir zogen im Laufe der Übung weiter Richtung Osten und der letzte Kompaniegefechtsstand, den wir einrichteten, lag in der Nähe von Celle, auf einem Bauernhof direkt an der Aller. Aus einer scharfen Linkskurve lief geradeaus eine kleine geteerte Straße ca. 500 Meter abschüssig herunter in dieses Gehöft und endete direkt am Flussdeich.

Der KpFw teilte Posten ein, die mit Parole und Winkerkelle die Einfahrt in dieses Gehöft "sicherten". Irgendwann war auch "Hermann" an der Reihe. Ich weiß seinen richtigen Namen nicht mehr, denn jeder (inkl. KpChef und KpFw) nannte ihn Hermann, ohne Dienstgrad, ohne Herr, ohne Nachnamen. Einfach Hermann! Und Hermann wurde eingewiesen. "Hermann", belehrte der Spieß, "wenn hier jemand die Straße herunter kommt, dann hebst Du die Winkerkelle deutlich nach oben und stoppst das Fahrzeug. Dann erfragst Du die Parole. Du gibst das erste Wort vor und wartest auf die richtige Antwort! Verstanden?" "Ja, Spieß!" Hermann war so und niemand nahm es Hermann krumm, wenn er den KpFw mit Spieß anredete. Und Hermann nahm seinen Posten ein.

Es dauerte nicht lange, und wir sahen Hermann mitten auf der Straße stehen, aufrechter als man sich den besten Soldaten nicht vorstellen kann, die Winkerkelle hochhaltend, als wäre er die Freiheitsstatue von New York. Wir konnte nicht sehen, was die Straße herunter kam, aber das Rasseln von Panzerketten und das Motorgeräusch, dass deutlich an einen Panzer erinnerte, der volle Fahrt aufgenommen hatte, lies uns aufschrecken. Wir schauten uns kurz an, der Spieß rief so laut er konnte: HERMANN!", und der VU machte geistesgegenwärtig eine Satz und riss Hermann von der Straße herunter. Das war alles was wir noch sahen, bevor ein Marder in voller Fahrt auf die Aller zu hielt und erst am Flussdeich massiv abstoppte, um einen Haufen PzGren abzusetzen und Stellung einzunehmen.

Es hätte tödlich enden könne, aber nachdem der Schrecken verflogen war, wir Hermann eindringlich erklärt hatten, dass es zwar Befehle gibt, aber auch Situationen, denen man begegnen muss und dass Marder ein etwas eingeschränktes Sichtfeld haben und leicht einen einzelnen Posten übersehen können, konnten wir darüber auch lachen. Und die Geschichte von Hermann und dem Marder wurde die Geschichte von David und Goliath in der Kompanie: Hermann nimmt es auch mit Panzern auf - Befehl ist nun mal Befehl!
« Letzte Änderung: 07. März 2011, 18:50:22 von Das Lorupaeum »
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PrideOfBrittan

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #158 am: 03. Juni 2011, 18:17:46 »

Meine Cousine hat mir auch so einiges erzählt, was mehr oder minder Kluge Sprücke betrifft:

ein Offizier hat es sich irgendwann angewöhnt sie MyLady zu nennen (als einzige Frau -sollte wohl als Privileg gemeint sein :))
das klang dann so: "Männer, Mylady - ich sollte alle wohl darauf hinweisen das es drausen knapp 21 grad mius sind..."

oder auch ganz toll: ein anderer offizier begrüßt alle in der Grundausbildung, zu ihr meint er: "als frau braucht man hier ein sehr dickes fell" er schweigt einen moment, meint dann so spasshalber zum kameraden neben ihr: "Ich finde frauen mit dickem fell ja am gefährlichsten..."
sie: "Lieber dickes fell aus kleine eier, oder?"
er (total stolz auf sie): " So lob ich mir das" er will ihr freundschaftlich auf die schulter klopfen, sie ist aber nicht darauf vorbereitet, gerät ins straucheln und kann sich nur noch mit beherztem festhalten am benachbarten kameraden vor einem sturz retten...
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Lotec

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #159 am: 15. Juni 2011, 23:02:42 »

Der musste dann bestimmt dran arbeiten, um weiterhin als Autoritätsperson für die zu zählen.
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paulprivate

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Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #160 am: 07. Juli 2011, 15:56:44 »

Mach ruhig, sowas ist immer nett zu lesen - zumal mir da auch direkt mehrere Geschichten aus meiner Dienstzeit wieder eingefallen sind  ;D


Rekrutenbesichtigung, oder: Erste Hilfe unter erschwerten Bedingungen I

Wir (ein Kamerad und ich, beide OGs) hatten die (un-?)dankbare Aufgabe erhalten, eine andere Kompanie bei der Rekrutenbesichtigung zu unterstützen. Dort wurden wir der Station "Erste Hilfe" zugeteilt. Leitender (Leidender??) war ein StUffz, der Vierte im Bunde war ein G der entsprechenden Einheit.

Was genau passierte an der Station? Nun, wir (die beiden OGs) waren mit unserem Lkw auf einem Feldweg unterwegs, als wir vom Feind (der G) unter Gewehrfeuer genommen wurden. Meinereiner (der Fahrer) wurde am Arm verwundet, bremste den Lkw mehr weniger elegant an einem zufällig am Wegesrand stehenden Baum ab, erlitt einen Schock.
Mein Beifahrer ließ sich auf der (vom Feind nicht einsehbaren) rechten Seite aus der Fahrerkabine fallen, begab sich nach hinten zur Ladefläche, öffnete die Bordwand, kletterte dort hoch. Dazu muss man sagen, dass auf der Ladefläche, neben unserer persönlichen Ausrüstung (Rucksack etc.) auch Verbandszeug und einige der Stangen lagen, mit denen man die Tarnnetze aufspannt - genug Material, um Verwundete notdürftig zu verbinden und Tragen zu bauen.
Wie auch immer, mein Beifahrer kletterte auf die Ladefläche, um das Verbandszeug zu holen, der böse Feind schoss jedoch währenddessen einfach durch die Plane über der Ladefläche, woraufhin besagter Beifahrer rückwärts abstieg und sich beim Aufschlag das Bein brach.

Die Aufgabe der Rekruten bestand also darin, sich ein Bild von der Lage zu machen, den verletzten Beifahrer zu bergen und kurz zu befragen, was passiert war, anschließend den Fahrer (und dessen links hinter ihm in der dafür vorgesehenen Halterung befindliches G36) zu bergen, beide halbwegs in Sicherheit zu bringen und dort notdürftig zu "verarzten".


Gut, erste Gruppe. Alles läuft wunderbar - der Leitende der vorherigen Station gab per Funke eine kurze Meldung durch, dass die Gruppe unterwegs ist. Alles auf Position, Feind schießt, schießt nochmal, Beifahrer fängt lauthals an zu schreien, Fahrer ist schockiert ;)

Nach nur zwei, drei Minuten ist der Beifahrer aus der Gefahrensituation geborgen, der erste Rekrut hechtet in die Fahrerkabine, um den Fahrzeugführer zu bergen. Gut, hätte man mittels Rettungsgriff machen können, geht aber auch durch einen beherzten Zug am Schultergurt des Tragegestells ... Wer das Gestell kennt, kennt auch die beiden (!) Verschlüsse auf der vorderen Seite, einen am Hüftgurt, einen so im Brustbereich - den man durchaus hätte öffnen können, wodurch der Fahrer nicht stranguliert worden wäre ... >:(
Jedenfalls wurde ich anschließend von zwei Rekruten an Armen und Beinen in den Wald getragen, dort untersucht und verarztet.
Ende vom Lied: Gute Note, auch wenn sich mehrere Leute in eine Position brachten, in der sie nur sehr begrenzt oder gar keine Deckung hatten.

Nächste Gruppe: Zwei kurze Feuerstöße, ein schreiender Beifahrer, ein Fahrer im Schockzustand. Ähnliches Ergebnis wie zuvor.


Ungefährt 5, 6 Gruppen später lief es dann etwas aus dem Ruder. Was damit anfing, dass der Beifahrer zwar geborgen, jedoch nicht verarztet wurde. Und sich nach mehreren Minuten der Nicht-Beachtung kriechend auf den Weg zur Fahrerkabine machte  ;D  Einen (zum Glück nur angedeuteten  ::) ) Schlag mit einem Gewehrkolben später war er dann auch ruhig ...
Was ein paar Punkte Abzug in der B-Note gab.

Nächste Gruppe: Der Beschuss war offensichtlich nicht laut genug, denn direkt zwei helfenhafte Rekruten begaben sich in aller Seelenruhe auf der Fahrerseite des Fahrzeugs zur Kabine und fingen an, den Fahrer aus selbiger befreien zu wollen. Wir erinnern uns - der Feind lag auf der selben Seite, sie damit in idealer Abschussposition ...
Mehr Punkte Abzug in der B-Note. Plus zwei "tote" Ersthelfer am Unfallort.


Die folgende Gruppe war die kleinste der gesamten Kompanie, hatte dafür den größten Rekruten (wie es ihn wohl in jeder AGA gibt: 2 Meter groß, 1 Meter Schulterbreite, 100 Kilo und mehr) dabei. Das Schreien des Beifahrers änderte sich auch sehr schnell von "Helft mir" zu "Lass mich runter!", als sich ihn dieser Rekrut, wie einen großen Sack Kartoffeln, einfach über die Schulter warf und in den Wald trabte  ;D  Das Vergnügen hatte ich anschließend auch noch.
Durch diese etwas ... unkonventionelle Art des Bergens hatten jedenfalls alle ihren Spaß (besonders unser StUffz  ;D), die Gruppe hatte nichts großartig falsch gemacht und bekam volle Punktzahl.


Aber die nächste Gruppe schoss den Vogel komplett ab ...
Alles fing wieder wie gewohnt an: Zwei Feuerstöße, ein schreiender Beifahrer, ein Fahrer im Schockzustand. Ein noch länger schreiender Beifahrer, ein StUffz mit langsam aber sicher anschwellendem Hals.
Geschlagene 20 Minuten später schlug dann auch der erste Soldat aus der Gruppe an der Station auf. Der Beifahrer war mittlerweile heiser, der StUffz auf 140. :o
Der Beifahrer wurde daraufhin von einem einzelnen Gruppenmitglied mittels Rettungsgriff in Sicherheit gebracht, dort dann unbeaufsichtigt liegengelassen. Eine Halbgruppe hatte in der Zwischenzeit die Straße überquert und sicherte die Unfallstelle ab - allerdings drehte dabei JEDER dieser Soldaten dem Feind (der lustig weiter mit seinem Gewehr rumschoss) den Rücken zu ... Der (mittlerweile ohnmächtige) Fahrer wurde zwar geborgen, sein Gewehr verblieb aber (wie bei den meisten anderen Gruppen) in der Kabine. ::)
Anschließend ging es zur "Lagebesprechung", bei der unser StUffz schon etwas lauter wurde, da die Gruppe die (mit Abstand) schlechteste Leistung des gesamten Tages abgeliefert hatte. Aber er bekam noch mehr Grund, sich aufzuregen ...
Denn 1. fing nun die Gruppe an, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen und lauthals zu streiten, und 2. waren sämtliche Unterlagen, die sie bei sich zu führen hatten (u.a. auch den "Punktezettel", auf dem jeder Stationsleitende gegenzeichnen und die Benotung eintragen musste), nicht mehr am Mann, was den Streit noch weiter anheizte ... Schon eine Viertelstunde später fand sich dieser Packen allerdings wieder, er war schlicht und ergreifend an der letzten Station vergessen worden ...  ::)

Naja, nur wenige Gruppen später durften wir dann endlich die Zelte abbrechen und zurück in die Kaserne. Bis dahin war ich von jeder Gruppe (mit einer Ausnahme ;) ) mit meinem eigenen Koppel beim Bergen aus dem Fahrzeug etwas gewürgt worden ::), mein "Beifahrer" wurde von jeder Gruppe (mit einer Ausnahme ;) ) durch ein offensichtliches und leicht zu umgehendes Schlammloch gezogen und war anschließend von oben bis unten vollgesaut mit Schlamm  ;D  "Mein" Gewehr verblieb die meiste Zeit unbeachtet in seiner Halterung in der Fahrerkabine, ebenso blieben der Verbandskasten und die (für eine Trage nutzbaren) Stangen den gesamten Tag über auf der Ladefläche liegen. Unser "Feind" hätte bald einen vollen Zug Rekruten "erschossen" gehabt und unser Leitender war mehrfach drauf und dran, entweder loszubrüllen oder -zuweinen auf Grund der gezeigten Leistungen ...

kommt mir teilweise sehr bekannt vor!:)
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Shokk

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Antw:Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #161 am: 09. September 2011, 12:16:00 »

Mein Kamerad und ich (beide Uffz) waren auf den Weg von der Kantine
in die Unterkunft. Mit uns drei Rekruten und ein mir bekannter Gefreiter.
Sein Name: Bollmann gen. " Bolle " Bollmann hat uns angesprochen, he
Uffze, kann ick mit euch jehn, in die Stuben?  Nun muss man erklären.
Bollmann kommt aus Gelsenkirchen, hat aber einen herrlichen Berliner Dialekt.
Bollmann:" Mein Vadder hat es vor fuffzn Jahrn wegen die Knatterei nach
Jelsenkirchen verschlan" Übrigens hatte ich UvD. Natürlich können sie mit
uns gehen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Bolle: " Ach du Scheisse, nu kiek
dir dette an. Wat is dat denn für ener, ick jlob det nich. Na det is ja ma nen hohet
Tier wat uns da entjejen kommt. Ne, och noch ener vonne Post mit jelben Spiegeln
und wat für´n Lametta der uff de Brust hat, ja leck mir doch im ....Bollmann und
auch ihr Rekruten: " Der Major wird vorschriftsmässig gegrüßt, ist das klar ?" Jawoll
Herr Unteroffizier,  Bollmann ? "Ja, ma kieken" Wir haben erklärt, dass der fremde Major
an einer Tagung im Stab wegen Manöver teilnimmt. Alle, ausser Bollmann haben korrekt
gegrüßt. Das hat der Major natürlich umgehend bemerkt, und sein "Achtung" erschallen
lassen. "Wieso haben sie mich nicht gegrüßt?" Bolle:" Janz ehrlich, ick habe jedacht wegen
det ville Jedöns da uff der Brust, sie wär´n vom Zirkus.
" Der Major: " Unverschämtheit, wie
heissen sie?.
Ick bin der Edelreservist Bollmann aus der Mondscheinkompanie und ick habe noch drei
Tage und den Rest von heute, wa? Der Major: " Sie hören noch von mir"  Bolle: " Lassen se
sich ruhig Zeit" Am nächsten Tag hatte mein Kamerad Uffz Z UvD. Das gleiche Prozedere. Nur
waren es heute sechs Rekruten und Bolle. " Kann ick wieder mit euch jehn ?" so Bolle. Ja,
aber nur wenn sie keinen Mist machen. Ist das angekommen? Jau ! Bollmann im Trainingsanzug
(angeblich wurden seine " Zivisilationsklamotten" versteckt oder geklaut). Ach nee, kiek ma, da
kommt uns ja der Zirkusdirektor wieder entjejen. Diesmal grüßen alle. ist das klar? Bolle:"Jau"
Wir haben alle, (ausser Bollmann ) vorschriftsmässig gegrüßt. " Achtung"  Das darf doch nicht wahr
sein, sie haben mich ja schon wieder nicht gegrüßt, warum nicht ? Na ja weil ick mir jedacht habe,
det se mir noch böse sind von jestern. Übrijens, noch zwe Tage und der Rest von heute, wa?.
Wir hätten uns fast beömmelt. Wir meinen, auch beim Major ein leichtes, verschmitztes Lachen
um die Mundwinkel herum, erkannt zu haben. Übrigens, nach seiner Entlassung vom Bund, hat
Bolle eine gut gehende Boutique geführt. Das allerschärfste aber war, dass die Tochter vom Major S
dort Kundin war, aber lang, lang ist´s her.

 ;D ;D
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Si vis pacem, para bellum

Pericranium

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Antw:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #162 am: 04. September 2012, 14:26:06 »

Ich belebe hier mal wieder ;D

Wer von euch kennt die braune Zündschnur, welche ungefähr mit einer Geschwindigkeit von 1 Meter pro Minute brennt?

Naja, auf jeden Fall beim Sprengen habe ich ebendiese Schnur ordnungsgemäß entzündet und bin mit dem Sprengleiter in die Deckung.
Es vergeht eine Minute und nix passiert....der Sprengleiter meint daraufhin, dass vermutlich einfach die Zündkapsel nicht gezündet hat.
Er geht also flugs aus der Deckung hervor und läuft auf die Sprengladung zu, aber plötzlich wird er doch langsam, als er sieht, dass die braune
Zündschnur nicht komplett abgebrannt ist.

Er hat dann zu mir gesagt, dass er es in 20 Jahren Dienstzeit nie erlebt hat, dass die braune Zündschnur nicht bis zum Ende durchgebrannt ist ;D
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TazD

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Antw:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #163 am: 04. September 2012, 14:33:51 »

Am Anschleusungstag beim Ausfüllen der Personalbögen:

Rekrut schreibt bei "Familienstand" eine "5" hin. Auf Nachfragen erklärte er dann:  "Naja... Mama, Papa, meine zwei Schwestern und ich."
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PeerGero

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Antw:Re:Anekdoten aus der Zeit beim Bund
« Antwort #164 am: 05. September 2012, 16:30:12 »

Ich habe eben einen Link gefunden, der vielleicht für den Einen oder Anderen Altgedienten recht interessant sein könnte.
Dort berichtet ein Soldat von seinen Erfahrungen während der ersten Jahre der Bundeswehr in recht informativer und gut nachzuvollziehender Art und Weise. http://www.regionalgeschichte.net/fileadmin/Rheinhessenportal/pdf-Dokumente/HinkelBundeswehr2004.pdf

Der Link tuts leider nicht mehr, hast Du das PDF-Dokument noch vorliegen?
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