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Gesetz zur schnelleren Entlassung von Extremisten aus der Bundeswehr

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LwPersFw:
"12.01.2022 | 15:16 Uhr

Bundeswehr wirft Fanatiker raus
Mehr als 200 extremistische Soldaten entlassen

Die Bundeswehr verschärft ihren Kurs gegen Neonazis und andere Radikale. 2021 wurden mehr Extremisten entlassen als in jedem der fünf Jahre zuvor.

Die Bundeswehr greift offenbar in den eigenen Reihen härter gegen politische Fanatiker durch. Im vergangenen Jahr wurden nach Informationen des Tagesspiegels bis zum Stichtag 30. September insgesamt 60 Soldaten wegen extremistischer Bestrebungen entlassen. Damit wurde bereits in den neun Monaten eine höhere Zahl erreicht als in jedem vollständigen Jahr seit 2016. Die Angaben finden sich in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner und seiner Fraktion.

Bei den meisten Entlassenen, insgesamt 57, handelt es sich um Uniformträger, die als Rechtsextremisten in Erscheinung getreten waren. Drei weitere Soldaten fielen als Islamisten auf. Fast alle Entlassenen sind Männer, nur eine Soldatin wurde in den ersten neun Monaten 2021 wegen extremistischer Umtriebe aus der Bundeswehr entfernt.
Von 2016 an hat die Bundeswehr bis zum September 2021 insgesamt 225 Soldaten entlassen, darunter vier Frauen. Die große Mehrheit, 204 Soldaten, musste sich wegen rechtsextremistischer Umtriebe verabschieden. Weitere 17 waren Islamisten, die restlichen vier wurden als linksextrem eingestuft.

"Extremisten unverzüglich entfernen"

Das Bundesverteidigungsministerium gehe „jedem Fall eines Extremismusverdachtes in der Bundeswehr entschieden nach“, heißt es in der Antwort der Regierung. Ziel sei es, „erkannte Extremisten unverzüglich aus der Bundeswehr zu entfernen“. Ein Sprecher des Ministeriums verwies auf den Zuwachs beim Personal für die Erkennung von Extremisten. Seit einigen Jahren gehe die Bundeswehr "mehr denn je" mit der im Bundesverteidigungsministerium angesiedelten Koordinierungsstelle für Extremismusverdachtsfälle "wie auch durch einen signifikanten Stellenaufwuchs im Bereich Extremismusabwehr beim Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst aktiv und präventiv gegen jegliche Erscheinungsformen extremistischer Natur vor". Außerdem trage eine "erhöhte Sensibilität in der Truppe" zur Abwehr von Extremismus "positiv bei".

2016 wurden nur sechs Extremisten entfernt

Die Zahlen zu den entlassenen Soldaten und Soldatinnen waren zunächst gering. 2016 entfernte die Bundeswehr nur sechs Extremisten (fünf Rechte, ein Islamist) aus dem Dienst. 2017 waren es 36 (28 Rechte, zwei Linksextreme, sechs Islamisten), 2018 insgesamt 32 Soldaten (30 Rechtsextreme, zwei Islamisten).

Auch Angestellte mussten die Bundeswehr verlassen

Im Jahr 2019 stieg die Zahl auf 55 Soldaten, deren Dienst in der Bundeswehr vorzeitig beendet wurde. Auch damals mussten die meisten, insgesamt 49 Soldaten, wegen rechtsextremer Machenschaften die Uniform ausziehen. Die anderen waren vier Islamisten und zwei Linksextreme.

2020 gingen die Zahlen wieder deutlich zurück. Die Bundeswehr warf 34 Soldaten und zwei Soldatinnen raus. Bis auf einen Islamisten handelte es sich um Rechtsextreme. Für 2020 teilt das Ministerium zudem auf seiner Website mit, es sei auch „elf Tarifbeschäftigten das Arbeitsverhältnis aufgrund rechtsextremistischer Verfehlungen gekündigt“ worden. Außerdem sei ein „Beamter des mittleren Dienstes mit Bezug zum Rechtsextremismus“ entlassen worden."

www.tagesspiegel.de/politik/bundeswehr-wirft-fanatiker-raus-mehr-als-200-extremistische-soldaten-entlassen/27968070.html

LwPersFw:
Ein aktuelles Urteil das zum Themenkreis passt:

VGH München: 6 CS 22.689 vom 22.06.2022

"Gegenstand

Soldatenrecht, Soldat auf Zeit, Fristlose Entlassung, Schuldhafte Dienstpflichtverletzung, politische Treuepflicht (soldatische Kernpflicht), Ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung und des Ansehens der Bundeswehr, Unmittelbare oder mittelbare Unterstützung der PKK vor der Einberufung, Eindruck der Nähe und Befürwortung der verbotenen PKK, Facebook-Post, Fehlende Distanzierung"

https://rewis.io/s/u/Byv/


Auszug:

"Nach § 8 SG ist der Soldat verpflichtet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung anzuerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Einhaltung einzutreten.

Diese Kernpflicht des Soldaten gebietet es, sich mit der Idee der freiheitlich-demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, der er dienen soll, zu identifizieren. Identifizieren bedeutet dabei nicht nur, die Grundordnung dieses Staates anzuerkennen, sondern verlangt ein Mehr an staatsbürgerlicher Verpflichtung, das dem Soldaten wie auch dem Richter und Beamten auferlegt ist.

Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie, die von ihren Bürgern die Verteidigung der freiheitlichen Ordnung erwartet. Das Prinzip der streitbaren Demokratie gilt auch für die innere Ordnung der Bundeswehr. Dementsprechend verlangt die politische Treuepflicht von jedem Soldaten die Bereitschaft, sich zu der Idee des Staates, dem er dient, zu bekennen und aktiv für ihn einzutreten.

Die Vorgabe des § 8 SG ist als eine einheitliche soldatische Pflicht zu qualifizieren, die im Kern darin besteht, nach außen keinerlei Distanz oder Ablehnung zur verfassungsmäßigen Ordnung erkennen zu lassen, unabhängig von der dahinterstehenden Motivation oder Überzeugung (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2017 - 2 WD 16/16 - juris Rn. 66; OVG LSA, B.v. 28.1.2019 - 1 M 119/19 - juris Rn. 9).

Bei § 8 SG geht es somit in erster Linie nicht um Gesinnung, sondern um das objektivierbare Verhalten nach außen.

Die Verletzung der politischen Treuepflicht gehört zu den schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten.

Ein solcher Verstoß liegt dann vor, wenn sich ein Soldat für Ziele einsetzt, die geeignet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung auszuhöhlen, oder wenn er sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerwG, B.v. 10.10.2019 - 2 WDB 2/19 - juris Rn. 25; U.v. 23.3.2017 - 2 WD 16/16 - juris Rn. 66 f m.w.N.)."


Ralf:
Pressemitteilung  50/2022

13.12.2022

Extremistische Bestrebungen haben in der Bundeswehr keinen Platz - das hat das Bundesministerium der Verteidigung immer wieder betont und in den vergangenen Monaten Vorbereitungen dafür getroffen, extremistische Soldatinnen und Soldaten schnellstmöglich aus dem Dienst entlassen zu können. In den vergangenen Monaten wurde an einem neuen Entlassungstatbestand gearbeitet, der noch deutlich über das hinausgeht, was der Deutsche Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr beschlossen hat. Erfasst werden sollen nunmehr neben allen Soldatinnen und Soldaten auf Zeit auch Berufssoldatinnen und -soldaten. Eine Entlassung soll hiernach durch Verwaltungsakt ohne Durchführung eines zeitintensiven gerichtlichen Disziplinarverfahrens möglich sein.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht betont hierzu:
"Die jüngsten Durchsuchungen und Festnahmen im Reichsbürger-Milieu zeigen, wie wichtig es ist, wachsam zu sein und konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen Extremisten und Verfassungsfeinde vorzugehen.
 Auch in der Bundeswehr hat die Bekämpfung von Extremismus höchste Priorität.  Zusätzlich zu den zahlreichen bereits ergriffenen Maßnahmen arbeiten wir mit Hochdruck an einer Anpassung des Dienstrechts, um Extremistinnen und Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst entlassen zu können. Der im BMVg erstellte Gesetzentwurf sieht hierzu einen eigenständigen Entlassungstatbestand der fehlenden Verfassungstreue vor. Damit können Soldatinnen und Soldaten entlassen werden, wenn sich herausstellt, dass sie das Grundgesetz und unserer freiheitlich demokratische Grundordnung ablehnen. Dadurch wird es möglich sein, das bisherige langwierige Verfahren zur Entfernung von Extremisten aus dem Soldatenverhältnis deutlich zu beschleunigen - natürlich unter Wahrung aller Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens.
Wir werden jetzt den Gesetzentwurf mit dem Entlassungstatbestand Extremismus schnellstmöglich zwischen den Ressorts abstimmen, damit er zügig ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden kann. Es ist von größter Bedeutung, jedem einzelnen Fall eines Extremismusverdachts in der Bundeswehr nachzugehen. Alle Angehörigen der Bundeswehr müssen fest mit beiden Beinen auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen, daran darf es überhaupt keinen Zweifel geben."

LwPersFw:
Hier findet man den alten Gesetzentwurf zum Thema, der dann nicht weiter verfolgt wurde...

Link


Definitiv neu wäre, dass auch Berufssoldaten dann ohne gerichtliches Verfahren entlassen werden könnten...

SolSim:
Da bin ich mal gespannt, wie der Gesetzgeber dies bei Berufssoldaten

„unter Wahrung aller Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens“ umsetzen will.

Weiterhin interessant wird es, wie hier mit Richtern und Beamten verfahren werden soll.

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