Da mir die hier bereits verfassten Erfahrungsberichte bei der Vorbereitung sehr geholfen haben, will ich ebenfalls zukünftigen Bewerbern die Möglichkeit geben sich vor Reiseantritt mit dem Verfahren am Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr auseinanderzusetzen. Zu meiner Person: Ich komme aus dem schönen Städtchen Munster (relativ bekannt als Standort der Bundeswehr), bin 18 Jahre jung, Brillenträger und zurzeit dabei mein Abitur zu machen. Ich reiste an mit dem Wunsch Aufklärer, Panzertruppler oder Heeresflieger zu werden und Politikwissenschaft oder Bauingenieurwesen/Umweltwissenschaft zu studieren. Ein Bericht zu diesem Zeitraum findet ihr bereits, doch wollte ich es mir nicht nehmen lassen, ebenfalls meine Erfahrungen zu teilen.
1. Tag: AnreiseAm 04.03. ging die Reise für mich um kurz nach 7 los. Endlich in Köln angekommen, so gegen 12 Uhr, waren auch schon die ersten Jecken zu erspähen (allerdings habe ich keine "Kölle Alaaf"-Rufe vernommen).
Der Wegbeschreibung des Einladungsschreibens folgend, erreichte ich gegen etwa 13 Uhr die Mudra-Kaserne, wo ich auch schon auf die ersten zwei Mitbewerber traf. Nach kurzem Vorstellen ging es die letzten Meter zusammen zum Wachhaus zur Anmeldung. In der Kaserne angekommen folgte recht schnell das Bettenbauen und Sachen auspacken. Dabei trifft man auch seine Zimmerkameraden für die nächsten 2 Tage bzw. den nächsten Tag. Um 14:55 wurden alle Bewerber vor dem Unterkunftsgebäude abgeholt und zu dem gegenüberliegendem Prüfungsgebäude begleitet, in dem auch die Prüfungen stattfanden. Die meisten Bewerber, wie auch ich, trugen bereits jetzt angemessene Kleidung (Anzug). Es folgte ein Einführungsvortrag zum grundlegenden Ablauf, vorgetragen von einem gut gelaunten Oberstleutnant. Im Zuge dessen wurden auch die angereisten Betreuer, jeweils ein Offizier aus den 3 Teilstreitkräften, kurz vorgestellt. Ebenso wurden die Laufzettel mit dem Überblick der Uhrzeiten und Räume der jeweiligen Prüfungsstationen ausgeteilt. Es musste des weitern ein Fragebogen ausgefüllt werden, in dem neben Freizeitaktivität und Engagement auch nach dem Grund der Bewerbung gefragt wurde( Warum BW / Offizier?) Nach dem Vortrag gingen die meisten von uns hinüber zum "Griechen", um ihren Hunger zu stillen (am Anreisetag gibt es nicht die Möglichkeit in der Truppenküche zu essen) und mit den Offizieren zu plaudern. Scheut euch nicht Fragen zu stellen! Für viele ging es, mit Blick auf den folgenden Tag, zeitig ins Bett, sodass um 22:00 Uhr bei uns im Zimmer die Lichter aus waren.
2. Tag: Aufsatz, Mathetest & GruppensituationsverfahrenUm 5 Uhr gingen diese wieder an: Eine ,der Aufregung wegen, eher unruhige Nacht war vorüber. Duschen und Morgenwäsche folgten. Nach einem kurzen Frühstück ging es, wieder im Anzug, zur ersten Prüfung: Ein Aufsatz in dem ein Wortpaar erst definiert und dann verglichen werden sollte, dazu noch eine abschließende Zusammenfassung. Ich habe darauf geachtet klar zu formulieren und vor allem mit Hypotaxe, sprich längeren und verschachtelten Sätzen, zu arbeiten. Auch habe ich auf eine etwas "gehobene" Ausdrucksweise geachtet.
Danach ging es für ein Paar andere und mich zum Mathe-Test. Ich habe Mathe auf erhöhtem Anforderungsniveau im Unterricht, muss aber dennoch zugeben, dass es dieser Test wirklich in sich hat. Außer Stochastik kamen alle Themen der Oberstufe (analytische Geometrie, Analysis, lineare Algebra,Arithmetik) vor, wobei die 5 Antwortmöglichkeiten, genauso wie die Aufgabe selbst, mit Wurzeln, Potenzen, Faktoren oder Bruchstrichen "verschönert" wurden. Dementsprechend waren die Aufgaben recht anspruchsvoll. Hinzu kommt noch, dass man außer Stift und Schmierblatt keinerlei Hilfsmittel hat. Ich habe aufgrund der begrenzten Zeit mich dazu entschieden die Aufgaben mit denen ich weniger anfangen kann mit dem Ausschlussverfahren zu lösen, da ein bis zwei Antworten in der Regel nicht passend sein konnten.
Es folgte das Gruppensituationsverfahren und der Vortrag. Die Aufgabe unser Vierergruppe war es, eine Touristengruppe vor einem in 45 Minuten brechenden Staudamm zu retten, wobei es die Möglichkeit gab entweder 5km zu laufen, oder einen nicht ganz ungefährlichen Aufstieg zu wagen. Die zweite Aufgabe bezog sich darauf, dass wir eine Reise gewonnen haben, jedoch aus gewissen Gründen eine Karte zu wenig vorhanden war. Ziel war eine gerechte Einigung, vor dem Hintergrund, dass jeder gerne eine dieser Karten hätte. Wichtig ist bei beiden, dass man seine Meinung begründet und selbstbewusst einbringt und sich dabei jedoch nicht zu sehr in den Vordergrund stellt oder sich zu sehr zurücknimmt. Der Vortrag wird in 20 Minuten Stillarbeit vorbereitet und, vergleichbar mit einem Referat in der Schule, präsentiert. Man sollte kurz das Problem schildern, dann Für und Wider abwägen und schließlich zu einem argumentativ begründetem Ergebnis kommen. Hier ist die richtige Wirkung nach Außen wichtig: Stehst du fest oder tippelst du ununterbrochen? Hältst du Blickkontakt mit den Zuhörern (Man spricht nicht zu den Prüfern, sondern zu den Mitbewerbern)? Sprichst du klar und deutlich? Natürlich ist es auch wichtig zu einem guten Ergebnis zu kommen. "Gut" im Sinne von nachvollziehbar begründet.
2. Tag: PMO, Arzt & CATDer anschließende PMO (Persönlichkeitsmerkmal Offizier) umfasste 140 Fragen zu Themen wie Alkoholkonsum, Drogenkonsum, Meinung zu anderen Kulturen, Arbeitsweise (Team- oder eher Einzelarbeit). Es ist wichtig, dass man alles spontan und ehrlich beantwortet, da die Fragen sich in ähnlicher Bedeutung wiederholen und man sich sonst unnötig in Unstimmigkeiten verwickelt, welche im Interview mit Sicherheit zu unangenehmen Fragen führen.
Im Anschluss durfte ich bereits die ein oder andere ärztliche Untersuchung über mich ergehen lassen, so zum Beispiel einen Sehtest (3D-Fähigeit, Sehstärke, Sichtfeld, Rot-Grün-Schwäche) und den Hörtest.
Nach dieser Vielzahl an Prüfungen kam das Mittagessen in der Truppenküche wie gerufen. Aufgrund der knapp bemessenen Zeit (30Minuten) ist es durchaus sinnig, dass die Bewerber den Vorrang in der Warteschlange bekamen. Das heißt in der Praxis, dass man als kleiner Bewerber an den doch recht hochrangigen Soldaten vorbeimarschiert ist. Die Soldaten sind das gewohnt und nehmen es gelassen hin, man sollte dieses Privileg also ohne Bedenken nutzen.
Der CAT (Computer Assisted Test), einen allgemeiner Intelligenztest folgte. Dieser ist mit den Beispielaufgaben der Bundeswehr-Karriere-Seite vergleichbar (Verbaler Analogietest, Rechentest, Matrizentest):
https://mil.bundeswehr-karriere.de/portal/a/milkarriere/ut/p/c4/DcUxDoAwCADAt_gB2N38hboYakglRWoo2u_b3HC442D0SaaQaqS44nbKnDrcooXchZ1BLufEnT29loEl27gFt4BqekQLfMoy_c66UHc!/.
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