Vorstellungsgespräch Teil 1Blaues Hemd, schwarzes Jackett, schwarze Clownstreter, eine schwarze Strech Jeans und etwas Wachs in den Haaren. Das sollte es nun sein, damit werde ich gleich eine lebensverändernde Entscheidung festmachen oder auch nicht.
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Alter du willst Soldat werden, voll krass man. Weist du überhaupt warum? Und was ist wenn sie dich Fragen ob du auch Mannschafter machen würdest, hast du dich da mittlerweile mal entschieden? Du kannst denen zwar erzählen wie ne Schützenreihe aussieht und das der Verfügungsraum keine Tür hat, aber weist du denn gerade eben welche Parteien seit wann und warum auf der Welt gegeneinander kämpfen? Wie viel Staaten sind noch gleich in der Nato? 28? Tja, ich hab keine Ahnung was fragst du mich? Du willst doch hier her! Und wie rennst du überhaupt rum? Sieht du noch irgend jemanden mit nem Jackett hier rumrennen? Willst du wieder nur auffallen oder was? Gugg mal da kommt schon nen Hauptgefreiter mit nem Lächeln auf dich zu. Alter, der lacht dich gerade aus, ganz eindeutig! Warum sollte er das tun? Weil hier sonst keiner so rumrennt wie du! Und jetzt hör auf dumm zu fragen, ich will hören wie er dich feiert!"
Richtig erkannt, reinstes Kopfkino in den zäh schwindenden Minuten vor einem Vorstellungsgespräch, für welches man fast 4 Monate so gut wie jeden Tag etwas dafür getan hat. Sei es Mathe gelernt, Sport gemacht, mit Politik befasst oder einfach nur ALLE Youtube Videos und Reportagen der Bundeswehr aufzusaugen die man im Netz finden kann. Ganz zu schweigen davon, "4 Tage im November" gelesen zu haben, obwohl ich Bücher nicht leiden kann! "
Was soll dir das Buch jetzt noch helfen? Willst du denen jetzt erzählen, dass du was von psychischer Belastung verstehst, nur weil du ein Buch gelesen hast? Schonmal dran gedacht bei MC Donalds zu arbeiten? Dir gefällts doch dort so!"
Der HG ist auf dem Weg zum Raucherplatz, an dem ich seit 10 Minuten alleine stehe obwohl ich seit 6 Monaten gar nicht mehr Rauche.
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Na und was haben sie vor?"
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Alter ich habs dir doch gesagt, der Junge feiert dich Grad aufs übelste weil hier keiner so übertrieben rum läuft wie du!"
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Ah, hey ich ehm… ich will FachUffz werden, bei der OpInfo wenns gut läuft."
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Hmm, so wie sie angezogen sind..."
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HAHAHA, was hab ich dir gesagt! Gott bist du peinlich. Wo ist dein Selbstbewusstsein jetzt, ha?"
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...seh ich da keine Probleme. Damit Punkten sie hier auf jeden Fall."
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Ah? Danke. Ja hab schon gemerkt das ich hier etwas aus der Masse steche."
Fast schon wie als wäre ich im Vorstellungsgespräch erzählte ich ihm locker von meinen Absichten und Überzeugungen sowie dem Gedanken bei der OpInfo mich am besten aufgehoben zu wissen, da man dort aus erster Hand Feedback auf seine Arbeit bekommt und in 2. Reihe ohne Waffen am stärksten zur Weltverbesserung beitragen kann, indem man die Möglichkeit bekommt den Einheimischen mit Radio oder Videobeiträgen die Augen zu öffnen oder sie zumindest für die Zeit eines interessanten Videobeitrages vom Bombenbauen abhalten kann. Etwa 15 Minuten später beim Vorstellungsgespräch, zeigte sich jedoch sehr schnell, dass meine Überzeugungen reichlich egal waren, da es typisch militärisch nach Protokoll vorging und ich so gut wie kaum die Möglichkeit hatte frei zu sprechen.
Obwohl ich rückblickend gern etwas freier gesprochen hätte, hatte ich die meisten Bedenken davor was passiert, wenn ich dort rein komme und als erstes wird mir entgegnet: "
Erzählen sie mal etwas über sich, Herr Elec". Keine Ahnung wie lange ich mich auf diesen Moment vorbereitet habe, er trat jedenfalls nicht ein.
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Herr Elec, wir haben ja schon ein wenig über sie in ihrer Bewerbung in Erfahrung bringen können, in der sie ihre Stärken verdeutlichten. In erster Linie geht es nun darum, festzustellen ob sie als Soldat geeignet sind." Von hier an verlief das Vorstellungs- oder Psychologengespräch nur noch wie eine mündliche Prüfung. Der Herr Hauptmann hat mir Fragen gestellt oder Situationen beschrieben und wollte immer die richtigen Wörter in meinen Antwortsätzen hören. Das einzige was dabei im Ansatz an Psychologie erinnerte, waren Fragen über die Familie und deren Ansichten über mich als Soldat. Aber selbst hier wurde mir indirekt deutlich gemacht, dass ich im Grunde nur "
das passt schon" sagen brauchte obwohl die Realität vielleicht ganz anders aussieht.
Ein anderes Beispiel: "
Haben oder hatten sie Kontakt zu, politisch rechts- oder linksgerichteten Vereinigungen?" Dieser Frage begegnet man in der ganzen Bewerbungszeit mindestens 4 mal in leicht abgewandelter Form. Schnell ließ ich mir ein Beispiel einfallen welches meine Abneigung gegen radikale Lager dieser Art verdeutlichte. "
Grade als Dresdner komm ich ja unfreiwillig des öfteren damit in Kontakt wenn es zum Beispiel darum geht, wo ich heute durch die Stadt fahre weil wieder ne Demonstration der Rechten stattfindet und irgendjemand dieses monströse Polizeiaufgebot dazu bezahlen muss." Aber das interessierte weder die Psychologin noch den Herrn Hauptmann. "
Ja oder Nein, Herr Elec?" Ich frage mich bis heute, wie an so einer Stelle, mit ja- oder nein- Antworten psychologisch sichergestellt werden kann, dass ich diese oder jene Überzeugung habe?
Später ging es dann um das Führen. Ich sollte z.B. wissen wie viel Mann ich als Unteroffizier etwa führen würde. Ich erinnerte mich dabei an einen Satz aus einer FachUffz Broschüre, in der stand, Zitat: "Als Unteroffizier im Fachtechnischen Dienst werden sie nur äußerst selten Führungsaufgaben übernehmen." Was mit dem Gedanken, an den Wegfall der Wehrpflicht durchaus Logisch erscheint, da ja seit dem -vom hören sagen- die Unteroffiziere o.P. nur bessere Mannschafter sind. Die Antwort sollte hier jedoch eine Andere sein. Ich lag wohl mit 5 Mann grob richtig, obwohl ich da immer noch nicht sicher bin. Grob könnte man denken: Uffze führen eine Gruppe, also etwa 4-12 Mann, Feldwebel Züge oder Kompanien (wenn man an den Kompaniefeldwebel denkt) und alles darüber erledigen die Offiziere. Die Realität sieht da aber teilweise komplett anders aus. Denkt man an ein EKT (Einsatz Kammera Trupp) so wird dieser Trupp mit maximal 5 Mann von einem Offizier geführt.
Nach Erzählungen aus dem Truppendienst, dienen Uffze o. P. sogar als Hilfsausbilder für ganze Gruppen. Also woher soll man dann die Antwort herleiten? Auf die Frage ob ich Mannschafter machen würde, antwortete ich dann doch mit einem entschlossenem. "
Nein!" Mit der Begründung, nicht noch mehr Zeit ohne eine Ausbildung verstreichen zu lassen. Jedenfalls dauerte diese "mündliche Prüfung" bei mir anderthalb Stunden, so wie bei allen anderen Bewerbern, mit denen ich Kontakt hatte auch. Weitere mögliche Fragen sind ebenfalls in
diesem Beitrag gut aufgelistet.
Nach dem Gespräch fühlte ich mich zwar wie durch den Fleischwolf gepresst, aber einfach nur weil es recht anstrengen war die ganze Zeit entschlossen und voller Überzeugung, mündlich "Lückentexte" zu füllen. Das Gefühl ausmanövriert geworden zu sein, hatte ich dementsprechend nicht. Grob zusammengefasst kann man also behaupten, dass man sich mit sich selbst und den dazugehörigen kritischen Fragen befassen sollte. Wie zum Beispiel, sich die Situation wirklich vorzustellen, das ein MENSCH vor einem steht und man diesem im Ernstfall DAS LEBEN NEHMEN MUSS INDEM ICH IHM IN DIE BRUST SCHIESSE um mich und meine Kameraden zu schützen. Diese Direktheit ist es, die von einem angehenden Soldaten in dieser Situation verlangt wird. Da man sich in einem Vorstellungsgespräch befindet, kann es da schon mal passieren, dass man sich etwas zu defensiv verhält, um bloß nicht das Gefühl aufkommen zu lassen man wäre schießgeil, oder gewalthunrig. Und genau da, liegt offensichtlich auch der Psychologische Teil, wie mir beim schreiben gerade auffällt.
Das Gespräch läuft, bis auf den Frage-Antwort-Teil wie ein normales Vorstellungsgespräch ab, wie es im Buche steht. Ihr solltet also euch die Tipps dazu im Netz zu Herzen nehmen!!! Die Vorbereitung auf dieses Vorstellungsgespräch ist in meinen Augen, das A und O! Dort wird anhand eurer Aussagen und mit welcher Überzeugung ihr sie rüber bringt, letztendlich entschieden ob Ihr fähig seid Feldwebel zu werden oder nur freiwilligen Wehrdienst leisten dürft. Alle anderen Test und Checks sind lediglich Dinge die zu bestehen sind, um keine Ausschlüsse zu erhalten. ich will nicht sagen, dass es komplett egal ist wie viele Sekunden man an der Stange hängen kann. Aber wenn jemand über eine Minute schafft aber keine Ahnung hat was der Kernauftrag der Bundeswehr ist, wird dieser jemand mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit kein Feldwebel, so einfach ist das. Die Ergebnisse aus den Test wirken also allerhöchstens Kritik-mildernd wenn es auf der Kippe steht!
Nun steh ich also im Nebenzimmer, alleine und auf die Entscheidung wartend und versuche das eben erlebte Einzuordnen und mich anhand meines, -komischerweise- noch immer recht deutlichem Selbstwertgefühl zu beruhigen. Ein recht junger Mitbewerber kommt ebenfalls ins Zimmer. "
Hey, na und bei dir? Weist du’s schon?" frag ich ihn. "
Ja, is erst mal SaZ4!" "
Und auf was Beworben?" Bohre ich nach. "
Naja Feldwebel, aber Manschafter is auch erst mal gut. Die meinten ich kann es dann ja nach den 4 Jahren noch mal versuchen." Sinnloser Weise hatte ich mir erhofft, mit seiner Antwort ein Ergebnis meinerseits besser abzuschätzen, was folglich nicht gelang.
Nach etwa 7 Minuten im Wartezimmer, wurde ich vom Herrn Hauptmann wieder abgeholt und ins Zimmer geladen. Während er mir erklärte, dass ich sie davon überzeugen konnte mich als FachUffz zu nehmen, durchforstete die Psychologin am Computer bereits die möglichen ZAW Stellen. "
Elektroniker für Geräte und Systeme" rief sie von weiter hinten im Zimmer dem Hauptmann zu. Etwas zögerlich fragte ich, ob es keine ZAW als Mediengestalter gäbe. Beide schauen mich mit großen Augen an, wie als wollten sie mir ohne Worte klar machen, dass ich hier bei der falschen Firma sitze. "
Ne also in der Richtung ist leider nix dabei." Ich wurde zwar das Gefühl nicht los, dass sie mich in die Elektroniker Ecke drücken wollten um den hohen Bedarf in diesem Bereich zu decken, konnte aber in diesem Moment, hin und hergerissen von Zusage und alternativen Ausbildungsberuf, logischerweise auch nicht "
nein" sagen. "
Ja natürlich mach ich das." sagte ich etwas leiser als man es hätte erwarten können. "
Gut, wir müssen jetzt ein Haufen Papierkram erledigen, und sie bleiben noch eine Nacht hier! Denn morgen gibt es den ZAW-Test am Computer für sie."
Ich weiß noch wie ich in dem Moment einfach nur mit großen Augen und starrem Blick vor dem Hauptmann gesessen haben muss und ich mir dabei dachte: "
WTF! Extra Test? ZAW? Elektroniker? Darauf hast du dich ja mal überhaupt nicht vorbereitet! Pass auf, du hast die Zusage und verka**st jetzt beim ZAW Test und dort hat die Achterbahnfahrt ihr Ende! Du wirst genau dort rauskommen wo du eingestiegen bist. Ganz unten!" Von Schreckgedanken erfüllt, schaffte ich es dennoch recht locker und mit einem aufgesetztem lächeln zu äußern: "
Ah? Noch ein Tag? Ja is ja kein Problem, ich hab Zeit und das Essen ist auch lecker!" "
Sie kommen dann morgen nach dem Test noch mal zu uns, und wir werten diesen gemeinsam aus und werden dann sehen wie es weiter geht!" mehr als ein unbetontes "
Ok.. gut, bis Morgen dann..." hab ich an der Stelle nicht mehr von mir geben können.
Während ich über das Kasernengelände in Richtung Unterkünfte lief, suchte ich nach einer Einordnung der Ereignüsse. Das dabei wieder nur Kopfkino entsteht, war an dieser Stelle abzusehen. "
Junge, hast du in irgend einem Erfahrungsbericht gelesen, dass jemand aus dem Vorstellungsgespräch raus kommt und danach nicht zum Einplaner geht, außer er hat keine Eignung? Und warum hast du von dem Test noch nirgends gelesen? Oder warst du nur wieder nicht gründlich genug? Du kannst es ja nur versemmeln, denn wer besteht schon unvorbereitet einen Fachtest bei der Bundeswehr, von dem du noch nie was gehört hast, ich bitte dich! Und davon mal ganz abgesehen, Elektroniker? Ist das überhaupt dein Ding?"
Die Anspannung in mir, konnte ich nur mit Gesprächen zwischen uns Mitbewerbern auf der Stube am Abend ganz gut abbauen, währenddessen ich versuchte auf meinem Smartphone, Google zu entlocken, was in einem ZAW Test dran kommt. Aber immer wenn es schnell gehen muss, landet man zwar bei den Themen, wo User das selbe wissen wollen, aber die Antworten lediglich ein Verweis auf die Suchfunktion enthalten!