Das klingt auf so vielen Ebenen falsch...
1) Führt es den Begriff "Reserve" endgültig ad absurdum. Das ist dann Soldatsein auf dauernder Befristung, ähnlich wie wissenschaftlich Beschäftigte, welche sich über Jahre ohne längerfristige Perspektive von Befristung zu Befristung hangeln.
2) Man erhöht noch den Grad der ohnehin schon problematischen Selbstselektion. Aktive Reservisten kommen nicht aus allen Schichten und Branchen, sondern vor allem aus ganz bestimmten Berufsgruppen und aus, entschuldigung, offenbar massiver Unzufriedenheit mit dem eigenen Privat- und/oder Berufsleben, sodass man sich möglichst viele Monate im Jahr in eine "Parallelidentität" flieht. Bei 12 Monaten kommt man ja entgültig nicht mehr aus dieser Traumblase heraus. "Das ganze Paket", also gleich aktiver Soldat sein, will man aber trotzdem nicht.
3) Man dehnt die Spanne zwischen Reservisten 1. und 2. Klasse noch weiter aus. Aufgrund der genannten Selektion finden sich immer welche, die begeistert bei jedem Lehrgang "hier" schreien, Laufbahnwechsel machen können, etc. pp., schlicht und einfach, weil sie immer verfügbar sind. Feldwebel und Offiziere d.R. sind dann in vielen Fällen nicht die "besten", sondern die mit dem scheinbar am wenigsten fordernden Zivilleben.
4) "Kriegstüchtig" wird man auch nicht, wenn man neben dem Sektor Aktive Soldaten noch einen kleinen Nebensektor "Befristete semiaktive Soldaten ohne Pensions-/Rentenanspruch" aufbaut und für die breite Masse Bundeswehr immer noch etwas wie von einem anderen Stern ist.
5) Wahrscheinlich kann man sich die Welt in den behördeninternen Statistiken damit auch schönreden. Nachdem man noch ein paar mehr entgültig aus dem Zivilleben entfernt hat, kann man wahrscheinlich danach sagen, dass mehr DP erfolgreich besetzt werden - dass das dann aber aus einem immer kleineren Pool ist, ist egal.
Ich würde mal einen wahrscheinlich ebenso überzogenen, aber disruptiven Vorschlag von der anderen Seite machen: Reservistendienst ist nicht mehr als 6 Monate im Jahr gestattet. Jede/r Reservist/in ist verpflichtet, den eigenen Status als Kommunikator in der Zivilgesellschaft aufrecht zu erhalten und sich aktiv um diesen zu bemühen. 500.000 Reservisten (sinnbildlich, ich kenne die Statistik nicht), die in einem Jahr ein paar Wochen gedient haben sind besser als 100.000, die das ganze Jahr irgendwo durchgeschleust werden. Und sollte sich in der Bevölkerung die Bereitschaft dazu nicht finden, muss die Bundeswehr aktiv ihre Strukturen evaluieren