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Politik und Zeitgeschehen => Aus Presse und Medien => Thema gestartet von: Timid am 16. September 2007, 11:09:53

Titel: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 16. September 2007, 11:09:53
Spiegel Online meldet heute: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen. Meinungen dazu?
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 16. September 2007, 11:46:50
Die Gründe für den Entschluss von BMVg Jung sind für mich nachvollziehbar, ebenso wie der Versuch von InMin Schäuble, den "Tatbestand" verfassungsrechtlich regeln zu wollen. Der Zufall wollte es, dass ich bei der Abstimmung über das Luftsicherungsgesetz, welches dann vom BVerfG gekippt wurde, neben "meinem" Ja-stimmenden SPD-Abgeordneten auf der Pressetribüne des Bundestages saß und meinen Arm (ganz diskret ;)) ebenfalls gehoben habe.

Im konkreten Fall entscheidet der Verteidigungsminister zwischen den 100 bis 300 Menschen in einem Flugzeug und womöglich einigen tausend Toten am Zielort eines Flugzeugattentats. Der BMVg erteilt am Boden einen Befehl, den ein Pilot - rekrutiert aus Freiwilligen - dann vollziehen müsste. 
Das unterscheidet sich auf den ersten Blick zwar nicht von anderen Einsätzen, wird aber auch dadurch zum Sonderfall, weil der Auftrag über dem Inland ausgeführt wird und weil er mit einem ganz konkreten Tötungsbefehl verbunden ist, der Unschuldige das Leben kosten wird, - so oder so. 
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: marinewolfi am 16. September 2007, 12:29:49
Gut das er das nicht befehlen kann .-Noch nicht da die Rechtsgrundlagen noch nicht da sind.
Es kommt für mich darauf an was das für Ziel sind wo die sich hin stürzen wollen.
Zb auf ein Kernkraftwerk . Da sage ich klar abschießen
Aber einfach so ne
wolfi
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 16. September 2007, 13:08:45
Zitat von: StOPfr am 16. September 2007, 11:46:50neben "meinem" Ja-stimmenden SPD-Abgeordneten auf der Pressetribüne des Bundestages saß und meinen Arm (ganz diskret ;)) ebenfalls gehoben habe.

;D

ZitatIm konkreten Fall entscheidet der Verteidigungsminister zwischen den 100 bis 300 Menschen in einem Flugzeug und womöglich einigen tausend Toten am Zielort eines Flugzeugattentats. Der BMVg erteilt am Boden einen Befehl, den ein Pilot - rekrutiert aus Freiwilligen - dann vollziehen müsste.
Das unterscheidet sich auf den ersten Blick zwar nicht von anderen Einsätzen, wird aber auch dadurch zum Sonderfall, weil der Auftrag über dem Inland ausgeführt wird und weil er mit einem ganz konkreten Tötungsbefehl verbunden ist, der Unschuldige das Leben kosten wird, - so oder so. 

Wobei die Frage ist, ob der Verteidigungsminister in einem solchen Fall bei der derzeitigen Gesetzeslage überhaupt den Befehl erteilen dürfte, oder ob dieser unrechtmäßig wäre und nicht ausgeführt würden dürfte. Eben auf Grund der Tatsache, dass in einem solchen Fall Leben gegen Leben aufgewogen würde, was schon zum Scheitern des Gesetzes führte.

Momentan bin ich mir noch nicht so ganz sicher, ob ich den Artikel jetzt positiv oder nur mit einem Kopfschütteln aufnehmen sollte - auch wenn ich ihm in der Sache zustimme, die Äußerung, sich im Zweifelsfall über geltende Gesetze und Urteile hinwegzusetzen, ist wenig glücklich ...


Zitat von: marinewolfi am 16. September 2007, 12:29:49Gut das er das nicht befehlen kann .

Er kann schon. Fraglich ist hingegen, ob der Befehl ausgeführt und überhaupt erteilt werden dürfte.

ZitatZb auf ein Kernkraftwerk . Da sage ich klar abschießen
Aber einfach so ne

Das große Problem in Deutschland ist halt auch, dass sich viele Ziele bieten würden und eine Entscheidung damit sehr schwer fallen würde. Ein Flugzeug, das über Köln entführt würde, könnte innerhalb weniger Minuten z.B. Ziele im Ruhrpott, Bonn, Frankfurt oder eines der AKWs Westdeutschlands erreichen.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: HeeresStUffz am 16. September 2007, 17:39:09
Das Schwierigste dürfte die Einordnung der Verhältnismäßigkeit sein. Wo ist denn die Obergrenze der Passagierzahl, die man töten darf, um eine eventuelle Bedrohung ausserhalb des Flugzeuges zu vermeiden, gibt es eine etwa derart, daß man als Passagier eines A380 sicher sein kann im Falle einer Entführung nicht abgeschossen zu werden? Dürfte ja nicht, sonst wäre die Regelung inkonsequent. Es steht also im ungünstigsten Fall die Entscheidung an, mehrere Hundert Insassen zu töten um die latente Gefahr die von dem Flugzeug ausgeht auszuschalten. Weiterhin riskiert man mit dem Abschuss eines Flugzeuges in Deutschland in nahezu jeder Umgegend "Kollateralschäden" durch den Absturz der entführten Maschine.
Der Vorgang an sich birgt weitere Probleme. Der Befehlende muss innerhalb von kürzester Zeit über die Entführung aufgeklärt werden, einen Abschuss genehmigen, daß ganze einer überwachenden Stelle mitteilen, die bereits im Vorfeld für ganz Deutschland eine Art Gefährdungsraster erarbeitet hat (wo kann ich was abstürzen lassen) und darf dann zuschauen, wie ein u.U. vollbesetzter Urlaubsflieger (am besten aus einem Fremdstaat) über Deutschland abgeschossen wird. Immer unter der Prämisse, daß der/die Entführer tatsächlich ein solches Ziel verfolgt, daß die Tötung der Insassen rechtfertigt.
Ist denn diese verbindlich, MUSS eine solche Maschine abgeschossen werden? Wenn nein, wer legt die Kriterien fest?
Diese Regelung könnte Terroristen dazu verleiten, Deutschland zu zwingen eine solche Maschine abschiessen zu lassen. Der Effekt dürfte immens sein und technisch leichter zu erringen als ein Flugzeug tatsächlich auf ein solches Ziel zu lenken.

Ich sehe es positiv, daß das Gesetz 2006 nicht wie gewünscht geändert wurde und erwarte eigentlich von Bundesministern, daß sie sich an solche Gesetze halten.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 16. September 2007, 17:58:56
Zitat von: marinewolfi am 16. September 2007, 12:29:49
Aber einfach so ne
Darauf, dass das nicht einfach so möglich sein sollte, können wir uns sicher ganz schnell einigen. Das wird hoffentlich auch in Berlin niemand wollen.
Dass es in unserem dicht besiedelten Land relativ leicht ist, schnell ein wichtiges Ziel anzusteuern, hat Timid deutlich gemacht. Dass es viel schwieriger ist, in kurzer Zeit noch Argumente auszutauschen und Risiken abzuwägen, macht m.E. deutlich, dass Klärungsbedarf besteht. Auf jeden Fall ist fast überall in Deutschland mit vielen Opfern am Boden zu rechnen, wenn das Flugzeug über Land abgeschossen werden muss.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 16. September 2007, 18:08:28
Zitat von: HeeresStUffz am 16. September 2007, 17:39:09Der Vorgang an sich birgt weitere Probleme. Der Befehlende muss innerhalb von kürzester Zeit über die Entführung aufgeklärt werden, einen Abschuss genehmigen, daß ganze einer überwachenden Stelle mitteilen, die bereits im Vorfeld für ganz Deutschland eine Art Gefährdungsraster erarbeitet hat (wo kann ich was abstürzen lassen) und darf dann zuschauen, wie ein u.U. vollbesetzter Urlaubsflieger (am besten aus einem Fremdstaat) über Deutschland abgeschossen wird.

Der Ablauf dürfte etwas anders sein. Sobald bekannt ist, dass mit einer Maschine etwas nicht stimmt, wird eine Alarmrotte aufsteigen und das Flugzeug anfliegen. Gleichzeitig kann versucht werden, die Person zu kontaktieren, die letztlich die Entscheidung über einen Abschuss treffen muss, sowie sie über den aktuellen Kenntnisstand aufzuklären. Bei einer derartig wichtigen Angelegenheit unterstelle ich einfach mal, dass sichergestellt wurde, dass dies alles zeitnah innerhalb von Minuten nach Alarmierung der Alarmrotte passieren kann.
Wenn die Alarmrotte zum Flugzeug aufgeschlossen und versucht hat, mit der Besatzung Kontakt aufzunehmen - dann kann über einen Abschuss entschieden werden. Bzw. dann, wenn offensichtlich ist, dass die Maschine entführt wurde. Und wenn der Befehl zum Abschuss erfolgt ist, wird die Übermittlung und Ausführung im Zweifelsfall innerhalb weniger Sekunden passiert sein ...

Ist schon seit einigen Jahren gängige Praxis und wohl vielfach erprobt. Bislang noch ohne jeden Abschuss.

ZitatWenn nein, wer legt die Kriterien fest?

Der Bundesminister der Verteidigung, basierend auf den Daten, die durch Alarmrotte und das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum in der kurzen Zeit gesammelt werden konnten. Wobei ich davon ausgehen würde, dass für den Fall, dass die Meldekette nicht funktioniert, in diesem Zentrum jemand sitzt, der entsprechende Entscheidungen fällen dürfte/würde.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: HeeresStUffz am 16. September 2007, 18:35:13
Hm, Teil eins sehe ich eher also feinere Darstellung des selben Vorgangs, vielleicht von einem anderen Standpunkt. Das spielt aber keine so wichtige Rolle. Teil zwo habe ich etwas anders gemeint. Es ging mir um die Einschätzung der Rechtmässigkeit des Abschusses. Wenn der Bundesminister für Verteidigung diese festlegt und anschliessend fallweise beurteilt ob das in Ordnung geht oder nicht fände ich das für eine so wichtige Angelegenheit einem Rechtsstaat nicht angemessen. Es müsste eine allgemeine Möglichkeit der Kategorisierung geben, da das Parlament nicht jedesmal eigens abstimmen kann. Diese Möglichkeit sehe ich aber nicht. Unter anderem deshalb schliesse ich mich dem Schluss des Gerichtes an und bin gegen die Festschreibung der Möglichkeit des Abschusses.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Dennis812 am 16. September 2007, 20:29:16
Das Problem ist an sich sehr weitgehend.

Auf der einen Seite würde ich fast schon polemisch sagen: "Ja, sofort Abschuss", wenn eine konkrete Gefahr besteht.
Wie aber ist eine Gefahr definiert - man bedenke dabei, dass nicht wenige bis zum 2.(!!) Einschlag in den Südturm des WTC von einem Unfall ausgingen, auch weil z.B. JFK nicht zu den einfachsten anzufliegenden Airports gehören soll.

Des Weiteren finde ich das hier
Zitat[...]Diese Regelung könnte Terroristen dazu verleiten, Deutschland zu zwingen eine solche Maschine abschiessen zu lassen. Der Effekt dürfte immens sein und technisch leichter zu erringen als ein Flugzeug tatsächlich auf ein solches Ziel zu lenken[...]
sehr interessant, und halte es ebenfalls für durchaus möglich.

Ein zusätzliches Problem stellt wie erwähnt die Besiedlungsdichte dar - so ein Flugzeug kann man nicht einfach "herunterfallen" lassen.
Demnach müsste m.E.n. ein Abdrängungsmanöver bis auf die Nord-/Ostsee erfolgen, und ob das funktioniert, wage ich zu bezweifeln.

Bei aller Betrachtung sollte man aber auch hier nicht vergessen, wer wieder in erster Reihe stünde und wild rumdiskutiert/-gestikuliert, wenn denn tatsächlich Deutschland Ziel eines Angriffs wie in NY wird - und der Bundesminister der Verteidigung augenscheinlich tatenlos zusähe...

Alles in allem also wie erwartet sehr komplex. Grundsätzlich bin ich BM Jungs Meinung, allein schon um die Macht der BRD zu demonstrieren. Und ich meine das hier unter Heranziehung der gleichen Erwartungshaltung und Kalkulation, wie man damals den Tod von Hanns-Martin Schleyer billigend in Kauf nahm, um zu verdeutlichen, dass die BRD nicht erpressbar ist und erst Recht nicht mit Terrosristen verhandelt. Der Kollateralschaden (scheiß Bezeichnung an sich...) ist sicher größer - nämlich x + ~300 - aber... --> siehe oben.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Dennis812 am 17. September 2007, 08:10:40
Und zum Nachlesen:

Jung verteidigt seine Äußerungen
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: schlammtreiber am 17. September 2007, 08:30:48
Zwei Gedanken dazu:

1.)
Die Argumentation des BVerfG, man dürfe Menschenleben  nicht gegeneinander aufrechnen und das Recht auf Leben evtl Passagiere sei höher zu bewerten als das Recht auf Sicherheit der Allgemeinheit, ist im abstrakten, allgemeinen Fall nachvollziehbar, kann aber in einem konkreten Fall schnell absurd wirken. Man konstruiere mal einen Fall, in dem eine mit 120 Passagieren besetzte Maschine auf ein Ziel zurast wo ein Einschlag tausende Tote fordern würde. Lass es die Innenstadt von Berlin, Köln oder Frankfurt sein. Das Ziel lässt sich nicht mehr evakuieren, die Maschine nicht mehr (ohne Abschuss) aufhalten.

Soll jetzt das Recht der 120 Passagiere auf 15 Minuten Restlebenszeit (mehr bleibt nicht denn sie sterben so oder so) höher zu bewerten sein als das Recht auf Leben tausender anderer Menschen (die gerettet werden könnten)?

2.)
Da es offenbar schwierig ist, eine allgemeinverbindliche Regelung für alle denkbaren Fälle zu finden, könnte es eine Tages tatsächlich zur dummen Situation kommen, daß sich ein BMVg und ein mutiger Pilot strafbar machen, indem sie xy Menschenleben retten und damit gegen die geltende Rechtsprechung des BVerfG verstoßen. In solch einem Fall denke ich kann man mit dem Begnadigungsrecht des Bundespräsidenten einiges regeln  ::)
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: marinewolfi am 17. September 2007, 11:30:21
Heute morgen wurde in den Nachrichten gemeldet, daß Jung trotz des Verbotes durch das Bundesverfassungsgericht solche Maschinen zum Abschuß freigeben würde. 

Struck hat sich von der Aussage Jungs distanziert. 

Unverständlich so etwas. Ist Jung amtsmüde? Oder Schäuble 2
Wolfi
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Dennis812 am 17. September 2007, 12:38:07
Naja, rechtlich dürfte er dies aufgrund des "rechtfertigenden Notstands":

Quelle

Die Frage DANACH, ist jedoch die Frage der Verhältnismäßigkeit.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 17. September 2007, 13:17:56
Zitat von: marinewolfi am 17. September 2007, 11:30:21
Unverständlich so etwas. Ist Jung amtsmüde? Oder Schäuble 2
Schwierig, schwierig. Einen solchen "Gesetzesverstoß" anzukündigen ist recht problematisch. Andererseits erwarte ich als Staatsbürger, dass im Falle eines "gerechtfertigten Notstandes" eine Entscheidung getroffen wird. Diese ist oft unverzüglich zu treffen. Zeit für ein auf den aktuellen Fall bezogenes Rechtsgutachten wird auch kaum bleiben.
Derjenige, der im Ernstfall diese Entscheidung zu treffen hat - in unserem Fall der BMVg - ist gut beraten, sich vorher mit denkbaren Szenarien zu beschäftigen.

Wie schwierig eine rechtliche Würdigung nach einem Ereignis wird, kann auch davon abhängen, wie laut vorher nachgedacht wurde und wie vorhersehbar die Entscheidung war.
Ich bin übrigens der Meinung, dass Struck in seiner Zeit als Verteidigungsminister gar nicht anders hätte handeln können. Welche Schuld würde er denn im Zweifel auf seine Schultern laden!?
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Dennis812 am 17. September 2007, 15:12:13
Bütikofer fordert Jungs Rücktritt
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 17. September 2007, 16:01:08
Das kommt dabei heraus, wenn Leute unterbeschäftigt sind bzw. darunter leiden, dass sie keine Regierungsverantwortung mehr tragen. Einen wichtigen Diskussionsbeitrag, der hilfreich für eine Lösung des Problems wäre, hat Bütikofer damit nicht geliefert, - es ist wohl mehr ein Reflex.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 17. September 2007, 16:07:41
Hatte selbiger Bütikofer nicht erst an diesem Wochenende eine schwere Schlappe auf dem Parteitag der Grünen erlitten bei der Abstimmung über den Afghanistan-Einsatz deutscher Soldaten/Tornados? Vielleicht steckt da mehr dahinter als Reflex - Ablenkung von dieser kleinen Negativschlagzeile beispielsweise ...
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Dennis812 am 18. September 2007, 20:52:30

Standpunktäußerung von Angela Merkel erwartet;
Gysi fordert Abberufung von FJJ;
Interview mit Thomas Wassmann (12 Jahre F4-Pilot), Vorsitzender des Verbandes der Kampfjet-Besatzungen (VBSK)


Unterdessen ist zu lesen, dass GenLt Stieglitz sich hinter FJJ stellt und Ausführung von eindeutigen Befehlen fordert - hier: Zweiter Absatz
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegner am 19. September 2007, 11:24:51
ZitatSoll jetzt das Recht der 120 Passagiere auf 15 Minuten Restlebenszeit (mehr bleibt nicht denn sie sterben so oder so) höher zu bewerten sein als das Recht auf Leben tausender anderer Menschen (die gerettet werden könnten)?
Die Argumentation hat was, ganz ohne Zweifel. Aber dennoch muss ich zwei ABERs los werden:

1.) Selbst wenn es in der konkreten Situation so ist wie von schlammtreiber beschrieben, finde ich es - sagen wir mal - diplomatisch ungeschickt, wenn ein Bundesminister vor den Fernsehkameras äußert eine Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts ignorieren zu wollen.
Der übergesetztliche Notstand ist schließlich dazu gedacht, dass man in einer vorher undenkbaren (!!) Situation handlungsfähig bleibt. Wenn man aber vorher schon fertig überlegt hat, dann ist das kein Notstand in diesem SInne mehr.
Darüberhinaus scheint dieser "übergesetzliche Notstand" nicht unumstritten:
ZitatAnerkannt ist die Figur des übergesetzlichen Notstands in der Praxis nicht. Dogmatisch ist sie höchst umstritten und wird im Widerspruch gesehen zu dem Verbot der Abwägung Leben gegen Leben, dem Legalitätsprinzip, dem Akkusationsgrundsatz und dem Vorrang der Verfassung.
(Wikipedia),http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbergesetzlicher_Notstand
Aber ich bin kein Jurist.

2.) Woher soll Herr Jung wissen, dass die entführte maschine als Bombe verwendet werden soll ?
Es gab mehr als genug Flugzeugentführungen, bei denen die Maschine nicht als Bombe sondern als "normale" Geiselnahme gekapert wurde.
Als Beispiel, fiele mir hier die Landshut ein. Hätte Schmidt sie abschießen lassen sollen ??
Ich finde die gefundene Lösung mit Befreiung von allen Geiseln - leider außer dem Piloten - irgendwie sinnvoller.

3.) Woher soll Herr Jung wissen, ob eine verdächtige Machine tatsächlich in krimineller Hand ist ?
Was wenn einfach nur Rader und oder Funk ausgefallen sind und die Machine absolut keine Bedrohung darstellt ?
So war es - wie man gestern Abend in Frontal21 sehen oder hier http://www.sueddeutsche.de/,tt1l2/deutschland/artikel/855/96759/ in der Süddeutschen nachlesen kann, ja auch 1972 bei der Eröffnungsfeier der olympischen Spiele, als der damalige Minster kurz davor stand eine Machine der Finnair abschießen zulassen, bei der schlicht der Funk defekt war.

Ich kenne bisher nur einen Fall, indem entfürhte Flugzeuge als Waffe eingesetzt wurden, aber mehr als genug Fälle, in denen entführte Passagiere befreit werden konnten oder es sich um Fehlalarm handelte.
Daher finde ich absolut gut, dass sich die Jetpiloten einem solchen Befehl hoffentlich widersetzen werden.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 19. September 2007, 11:59:57
Geht doch nicht immer direkt vom schlimmsten aus ...

Zitat von: Jungs_Gegner am 19. September 2007, 11:24:512.) Woher soll Herr Jung wissen, dass die entführte maschine als Bombe verwendet werden soll ?

Auch dafür sind die Alarmrotten zuständig - erst Informationsbeschaffung/Kontaktaufnahme, anschließend (wie auch immer geartete) weitere Schritte. Und bei "vernünftigen" Geiselnehmern sollte sich deren Absicht irgendwie ermitteln lassen, z.B. via Funk. In so einem Fall dürfte der Geiselnehmer der Aufforderung des Piloten, doch bitteschön mit dem Piloten des Kampfjets ein paar Meter weiter links oder rechts, der offensichtlich genug Waffen dabei hat, um die Maschine dreimal zu zerstören, und anscheinend nicht zum Spaß hier rumfliegt, Kontakt aufzunehmen, nachkommen. Hoffentlich ...

Zitat3.) Woher soll Herr Jung wissen, ob eine verdächtige Machine tatsächlich in krimineller Hand ist ?
Was wenn einfach nur Rader und oder Funk ausgefallen sind und die Machine absolut keine Bedrohung darstellt ?

Zum ersten Teil der Frage: Dazu gibt es Mittel und Wege ...
Zweiter Teil: Dafür gibt es die Alarmrotte! Diese schießt, wie schon mehrfach geschrieben, nicht aus Jux und Dollerei erstmal das Flugzeug ab ("erst schießen, dann fragen"), sondern wird vorher noch diverse Schritte unternehmen, um Informationen zu sammeln und Kontakt aufzunehmen. Bei einer Maschine, bei der nur der Funk ausgefallen ist, wird der Pilot ganz schnell ins rotieren kommen, wenn neben ihm auf einmal ein Phantom-Kampfjet auftaucht und ihm Zeichen gibt, insofern wird solch ein Flugzeug kaum abgeschossen werden!
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: marinewolfi am 19. September 2007, 12:04:35
Sagt mal ehrlich wie würdet ihr euch fühlen wenn ihr der Pilot währt der abdrücken müsste.
Damit vielleicht 200 Leute in den Tod schickt?
Ich möchte so eine Verantwortung nicht haben.
wolfi
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 19. September 2007, 13:48:28
Zitat von: marinewolfi am 19. September 2007, 12:04:35
Sagt mal ehrlich wie würdet ihr euch fühlen wenn ihr der Pilot währt der abdrücken müsste.
Also Wolfi, ganz ehrlich: Auch Jung wird sich kaum danach sehnen, so eine Entscheidung irgendwann einmal treffen zu müssen. Er verlangt mit seiner Provokation eine öffentliche Debatte über die Möglichkeit, dem Fall der Fälle rechtzeitig juristisch begegnen zu können. Die Debatte hat er, die Grundgesetzänderung wird er wohl nicht bekommen.

Ich bin sicher, dass Piloten so ausgebildet werden, dass sie mit Flügelbewegungen, Lichtsignalen etc. Botschaften an Alarmrotten abgeben können, wenn der Funk ausgefallen ist. Die Tatsache, dass Terroristen wahrscheinlich nicht mehr ins Cockpit gelangen können, beruhigt mich nicht. Sie haben unter Umständen Hunderte von Passagieren in der Gewalt und zudem meist mit ihrem Leben abgeschlossen.

Ein besonders schlimmes Szenario droht dann, wenn der Abschuss verweigert würde, die Insassen des Flugzeugs ums Leben kommen und viele weitere Opfer am Boden. Dann würden die Hinterbliebenen der Opfer in der Maschine gegen die Regierung klagen (Ihr habt das Leben unserer Angehörigen vernichtet) und die Hinterbliebenen der Opfer am Boden ebenso (Ihr habt das Leben unserer Angehörigen nicht geschützt).

Ich hoffe und bete, dass es nie soweit kommen möge.

>> Und nochmal: Weder ich noch sonst jemand dürfte eine solche Entscheidung treffen wollen.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegner am 19. September 2007, 13:56:45
@Timid: Schön und gut, aber was machst du, wenn sich die Geiselnehmer nicht "vernünftig" verhalten ? In einem solchen Fall dürfte die Informationsbeschaffung an ihre Grenzen stoßen.

Es ist sicherlich richtig, dass man ein Flugzeug lieber abschießt, ehe es in ein AKW gesteuert wird, aber das sagt sich viel leichter daher, als es dann real sein wird.
Denn wo soll die Grenze liegen, ab der man davon ausgehen darf, dass der Flieger als Waffe genutzt werden soll ?
Ich meine wenn ein deutscher Minister den Tod von Unbeteiligten inkauf nimmt, dann muss er doch wirklich absolut sicher sein damit auch tatsächlich schlimmeres zu verhindern. Die bloße Möglichkeit damit unter Umständen schlimmeres verhindert zuhaben kann doch hier nicht Tötungsgrundlage für Zivilisten sein.

Ich glaube, dass das eher der Bevölkerung suggerieren soll "seht her, wir tun was !", wie die reflexartigen Rufe nach mehr Kameras, wenn wieder irgendwas passiert ist.
Das wirkliche Problem ist doch ein anderes:
Wie kann es einem Highjacker gelingen ein Flugzeug überhaupt zu kapern ?
In meinen Augen sollte man eingreifen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und dafür sorgen, dass wirklich absolut nichts gefährliches mehr in's Handgepäck kommt.
Da hat man doch bisher auch eher Show als Nutzen gestiftet: Dass nicht mehr beliebige Flüssigkeiten mitgenommen werden dürfen ist ja schon gut (wenn es aber offensichtlich Lebensmittel - -->Fluggast trinkt die Flüssigkeit - sind, dann können die doch mit).
Aber mir kommt nicht in den Sinn, warum es möglich ist im Duty-Free-Shop Spirituosen in GLASflaschen zu erwerben, während die Mitnahme von Glasflaschen wegen der Einsetzbarkeit als Waffe unzulässig ist.
Warum dürfen mehrere Feuerzeuge oder Streicholzschachteln mitgenommen werden ? Müssen die Raucher halt draußen bleiben.
Warum gelingt es Reportern immer wieder was einzuschmuggeln ?
Warum ist die Frachtannahme von Flughäfen derart schlecht gesichert, wie es vor einigen Wochen Report Mainz aufdeckte ?
Wieso führt nicht mehr die Bundespolizei Personenkontrollen durch, sondern irgendein Sicherheitsdienst, der dann auch noch der billigste ist und oftmals 400-EUR-Jobber mit langen Arbeitszeiten ausbeutet ? Deren Motivation kann sich doch wohl jeder vorstellen, oder ?

Wenn man sich um diese Dinge, die keineswegs verfassungswidrig sind und die absolut niemanden töten, kümmern würde, dann wäre die Gefahr deutlich weiter gebannt, als mit dieser albernen Abschussdebatte.

Kurzum: Wenn ein Kidnapper gar nicht erst in den Flieger reinkommt, dann muss ich ihn hinterher auch nicht abschießen ;)
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 19. September 2007, 14:05:15
Zitat von: Jungs_Gegner am 19. September 2007, 13:56:45
Kurzum: Wenn ein Kidnapper gar nicht erst in den Flieger reinkommt, dann muss ich ihn hinterher auch nicht abschießen ;)
So schön einfach sollte es tatsächlich sein  ;). Leider hält sich das Drehbuch des Lebens nicht immer an so überzeugende Vorgaben...

Was die Sicherheitsdienste angeht, gebe ich Dir Recht. Aber weil wir alle preiswert fliegen wollen, sind die Flughafengebühren so knapp kalkuliert, dass die Bundespolizei nicht mehr mithalten kann.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 19. September 2007, 14:49:15
Zitat von: Jungs_Gegner am 19. September 2007, 13:56:45@Timid: Schön und gut, aber was machst du, wenn sich die Geiselnehmer nicht "vernünftig" verhalten ?

Dann wird es unter Umständen zum Abschuss kommen. Wenn sich das Flugzeug nicht zur Landung zwingen lässt, keine Kontaktaufnahme möglich und eine Gefährdung beispielsweise eines AKWs wahrscheinlich ist ...
Wobei ein wortwörtlicher "Schuss vor den Bug" in dem Fall helfen könnte. Die meisten "normalen" Flugzeugentführer sind keineswegs lebensmüde, sondern gehen davon aus, lebend aus der Geschichte herauszukommen. Wenn ihnen recht eindeutig aufgezeigt wird, dass sie dieses Ziel nicht erreichen werden, wenn sie nicht umgehend mit den Sicherheitsbehörden kommunizieren, dürfte das die meisten von ihnen wohl zu einem Wechsel ihrer Strategie verleiten.

ZitatDenn wo soll die Grenze liegen, ab der man davon ausgehen darf, dass der Flieger als Waffe genutzt werden soll ?

Es wird so oder so eine Einzelfallentscheidung sein. Regeln oder Grenzen können dementsprechend vorher nicht wirklich gesetzt werden. Aber wenn ein Flugzeug einen eindeutigen Kurs einschlägt und sich durch entsprechend auffällige Maßnahmen (wie z.B. der genannte Schuss vor den Bug) oder Abdrängversuche nicht davon abbringen lässt, dürfte die Wahrscheinlichkeit recht hoch sein, dass es sich um keine "gewöhnliche" Entführung mehr handelt.

ZitatIch meine wenn ein deutscher Minister den Tod von Unbeteiligten inkauf nimmt, dann muss er doch wirklich absolut sicher sein damit auch tatsächlich schlimmeres zu verhindern. Die bloße Möglichkeit damit unter Umständen schlimmeres verhindert zuhaben kann doch hier nicht Tötungsgrundlage für Zivilisten sein.

Da stimme ich dir durchaus zu.

ZitatAber mir kommt nicht in den Sinn, warum es möglich ist im Duty-Free-Shop Spirituosen in GLASflaschen zu erwerben, während die Mitnahme von Glasflaschen wegen der Einsetzbarkeit als Waffe unzulässig ist.

Vielleicht handelt es sich um spezielles Duty-Free-Sicherheitsglas, das sich nicht zum Einsatz als Waffe eignet? ;D

ZitatWarum dürfen mehrere Feuerzeuge oder Streicholzschachteln mitgenommen werden ? Müssen die Raucher halt draußen bleiben.
Warum gelingt es Reportern immer wieder was einzuschmuggeln ?
Warum ist die Frachtannahme von Flughäfen derart schlecht gesichert, wie es vor einigen Wochen Report Mainz aufdeckte ?
Wieso führt nicht mehr die Bundespolizei Personenkontrollen durch, sondern irgendein Sicherheitsdienst, der dann auch noch der billigste ist und oftmals 400-EUR-Jobber mit langen Arbeitszeiten ausbeutet ? Deren Motivation kann sich doch wohl jeder vorstellen, oder ?

Das mag zwar alles sein - aber ein ausreichend motivierter und trainierter Attentäter wird kein einziges Hilfsmittel von außerhalb benötigen, um ein Flugzeug in seine Gewalt zu bekommen ...

ZitatWenn man sich um diese Dinge, die keineswegs verfassungswidrig sind und die absolut niemanden töten, kümmern würde, dann wäre die Gefahr deutlich weiter gebannt, als mit dieser albernen Abschussdebatte.

Diese ist allerdings keineswegs albern! Im Idealfall wird dabei ein Konzept herauskommen, wie zur Vorbeugung von solchen Fällen verfahren werden kann. Ob das zu einer Grundgesetzänderung führen wird (was ich für relativ unwahrscheinlich halte), zu noch schärferen Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen, oder zu einem völlig anderen Konzept - keine Ahnung. Aber eine solche Debatte, so unglücklich die Argumente auch sein mögen, ist letztlich wesentlich konstruktiver, als keine Debatte.


Zitat von: StOPfr am 19. September 2007, 13:48:28Ich bin sicher, dass Piloten so ausgebildet werden, dass sie mit Flügelbewegungen, Lichtsignalen etc. Botschaften an Alarmrotten abgeben können, wenn der Funk ausgefallen ist.

Oder etwas ganz triviales - Handzeichen ;)
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegener am 19. September 2007, 15:52:11
@Timid: Im großen und ganzen stimme ich dir durchaus zu, dass man einen - oder auch mehrere - Gedanken daran verschwenden muss, was man denn in einem solchen Falle tun möchte.
Die Verwendung des Wortes "albern" meinerseits bezog sich auch viel mehr darauf sich zunächst auf die Abschussfrage zu stürzen und den Rest außen vorzulassen. Möglichweise ungeschickt formuliert gewesen. Sorry.

ZitatEs wird so oder so eine Einzelfallentscheidung sein. Regeln oder Grenzen können dementsprechend vorher nicht wirklich gesetzt werden. Aber wenn ein Flugzeug einen eindeutigen Kurs einschlägt und sich durch entsprechend auffällige Maßnahmen (wie z.B. der genannte Schuss vor den Bug) oder Abdrängversuche nicht davon abbringen lässt, dürfte die Wahrscheinlichkeit recht hoch sein, dass es sich um keine "gewöhnliche" Entführung mehr handelt.

Eben, das ist die Sache: Es handelt sich um EInzelfälle. In einem solchen Einzelfall möchte ich bitte nicht Entscheidungsträger sein, denn unter Zeitdruck eine solche Entscheidung treffen zumüssen fänd ich nicht wirklich schön.
Aber weil es eine absolute Einzelfallentscheidung ist und sein muss, sehe ich nicht wie man pauschal mal eben das Grundgesetz ändern soll um damit alles zu regeln. Was ich bisher aus diesem Arbeitspapier des Innenministers zu Änderungen im GG gehört habe, klingt das eher nach Bundeswehreinsatz im Innern und den lehne ich ansich ab, weil's Polizeisache ist.
Die Väter des Grundgesetzes haben sich schon was dabei gedacht, dass die BW NUR auf Anforderung der Länder im Innern tätig werden darf und diesen Gedanken finde ich richtig.

Gut, die Polizeien haben keine Abfangjäger, aber deshalb steigt die BW ja schon heute in solchen Fällen auf. Dass die BW dann versucht Kontakt aufzunehmen, abzudrängen oder meinetwegen auch WARN(!!!!)schüsse abgibt, finde ich ja auch durchaus legitim zumal niemand verletzt wird.
Die Frage ist aber doch tatsächlich: Wann ist die Grenze zum Abschuss gegeben ?
Das kann man einfach nicht vorher regeln, weil es zu einzelfallabhängig ist.

Bei "normalen" Geiselnahmen am Boden gibt es ja auch keinen festen Punkt, ab dem der finale Rettungsschuss erlaubt ist, sondern es liegt in der Einschätzung der Polizisten vor Ort. Wenn die Abdrücken, obwohl nicht zweifelsfrei sicher war, dass sonst Unschuldige Schaden nehmen, bekommen sie ein unschönes STrafverfahren. Und so sollte es in meinen Augen hier auch sein:
Wenn der Jetpilot sieht, wie das Flugzeug auf's AKW zufliegt und den Kollisionskurs nicht mehr ändern kann, dann ist die Entscheidung es abzuschießen ja legitim. Aber auch nur, weil dann fest steht, dass die Passagiere erstens ohnehin totgeweiht sind und dies dann zweitens auch wirklich absolut sicher ist und keine Missverstäöndnisse zu befürchten sind.
Man kann doch nicht eine Maschine abknallen, die zufällig irgendwie in der Nähe eines möglichen Ziels ist.

@StOPfr:
ZitatWas die Sicherheitsdienste angeht, gebe ich Dir Recht. Aber weil wir alle preiswert fliegen wollen, sind die Flughafengebühren so knapp kalkuliert, dass die Bundespolizei nicht mehr mithalten kann.

Die Kalkulation von Flughafengebühren und Ticketpreisen kann in meinen Augen kein Maßstab für hoheitliche Aufgaben der Bundespolizei sein.
Wenn's so ginge, dann könnten wir Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen demnächst abschaffen  ;D
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 19. September 2007, 16:41:14
Zitat von: Jungs_Gegener am 19. September 2007, 15:52:11Die Verwendung des Wortes "albern" meinerseits bezog sich auch viel mehr darauf sich zunächst auf die Abschussfrage zu stürzen und den Rest außen vorzulassen.

Ah, okay.

ZitatDie Väter des Grundgesetzes haben sich schon was dabei gedacht, dass die BW NUR auf Anforderung der Länder im Innern tätig werden darf und diesen Gedanken finde ich richtig.

Was so pauschal allerdings nicht stimmt ;)  Der Artikel 87a (4) spricht etwa davon, dass bei Gefahr für Bestand oder FDGO des Bundes oder eines Landes die Bundesregierung die Armee einsetzen könnte, wenn die Polizeikräfte nicht ausreichen - eine Anforderung durch das Land ist damit jedoch nicht zwingend vorausgesetzt.

ZitatWenn die Abdrücken, obwohl nicht zweifelsfrei sicher war, dass sonst Unschuldige Schaden nehmen, bekommen sie ein unschönes STrafverfahren.

Der Staatsanwalt wird in jedem Fall aktiv werden.

Allerdings ist der finale Rettungsschuss absolut nicht mit dem Abschuss eines entführten Flugzeugs zu vergleichen! Bei ersterem wird gezielt eine Person getötet, die eine andere mit dem Tode bedroht - absolut legitime Nothilfe. Wie auch der Abschuss eines Flugzeugs, in dem sich ausschließlich Terroristen befinden.
Beim Abschuss eines Flugzeugs mit Passagieren an Bord hingegen handelt es sich nicht mehr nur um Nothilfe, da auch Unschuldige getötet werden. Insofern sind diese beiden Vorgänge doch ziemlich verschieden.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegner am 19. September 2007, 17:03:35
ZitatWas so pauschal allerdings nicht stimmt Zwinkernd  Der Artikel 87a (4) spricht etwa davon, dass bei Gefahr für Bestand oder FDGO des Bundes oder eines Landes die Bundesregierung die Armee einsetzen könnte, wenn die Polizeikräfte nicht ausreichen - eine Anforderung durch das Land ist damit jedoch nicht zwingend vorausgesetzt.
Jaja. Damit dürfte aber eher der Kriegsfall gemeint sein. Und dass man im Krieg einen Streifenbeamten lieber keiner Panzerbrigade entgegen stellt macht ja auch Sinn.
Ein entführtes Flugzeug ist aber nach meinem Verständnis noch kein Krieg.
ZitatDer Staatsanwalt wird in jedem Fall aktiv werden.
Natürlich, gemeint war aber, dass dieses Verfahren im Falle zu unberechtigten Abdrückens für den Schützen unschön, also mit Strafe, ausgehen wird.
ZitatAllerdings ist der finale Rettungsschuss absolut nicht mit dem Abschuss eines entführten Flugzeugs zu vergleichen! Bei ersterem wird gezielt eine Person getötet, die eine andere mit dem Tode bedroht - absolut legitime Nothilfe. Wie auch der Abschuss eines Flugzeugs, in dem sich ausschließlich Terroristen befinden.
Beim Abschuss eines Flugzeugs mit Passagieren an Bord hingegen handelt es sich nicht mehr nur um Nothilfe, da auch Unschuldige getötet werden. Insofern sind diese beiden Vorgänge doch ziemlich verschieden.
Ja, in der Stärke der Konsequenzen ist das absolut unvergleichbar. Hab ich deswegen auch nicht gemacht.
Aber das "man muss sich absolut sicher sein, dass es notwendig ist und nicht anders geht" ist in beiden Fällen in meinen Augen absolut vergleichbar.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 19. September 2007, 17:53:58
Zitat von: Jungs_Gegener am 19. September 2007, 15:52:11
Die Kalkulation von Flughafengebühren und Ticketpreisen kann in meinen Augen kein Maßstab für hoheitliche Aufgaben der Bundespolizei sein.
Das sehe ich auch so; "andere Augen" betrachten das aber nur noch unter finanziellen Gesichtspunkten. Sicherheit kostet nun einmal Geld und dürfte sich daher m.E. auch mit einigen Euros zusätzlich auf einem Supersupersonderticketpreis noch niederschlagen... 


Edit zu aktuellen Meldungen von heute (19.9.).
Die Tagesschau berichtet, dass Opposition und SPD den Bundesverteidigungsminister ins Kreuzfeuer nehmen:
http://www.tagesschau.de/inland/inneresicherheit14.html 
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: snake99 am 19. September 2007, 22:10:35
Hallo zusammen,

um es kurz zu machen:
Ja, ich finde der Bundesverteidigungsminister sollte den Abschußbefehl erteilen dürfen, wenn dadurch NACHWEISLICH größerer Schaden abgewendet werden kann und sämltiche Diplomatie versagt hat.

Es klingt zwar absurd, doch wenn ein Flugzeug mit Anzahl "x" Passagieren Kurs auf ein AKW oder einer Großstadt genommen hat, um dort nachweislich zum Absturz seitens der Entführer gebracht zu werden, dann muss dort nichts mehr diskutiert werden ...

Das was ich jetzt sage wird mich wahrscheinlich einiges an Sympathie kosten und klingt sehr gefühllos, doch die Menschen im Flugzeug werden sowieso sterben, ob dies beim Abschuss passiert oder beim Crash auf das Ziel, das spielt dann keine Rolle mehr.

Abschliessend bleibt mir nur zu sagen, dass ich ebenfalls dafür bete, dass sich ein Szenario wie am 11.09.2001 in New York NIE WIEDER auf der Welt wiederholt.   
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Piet am 19. September 2007, 22:39:30
Ich habe heute noch mal das Urteil des BVerfG nachgelesen. Die Richter haben klargestellt, dass gerade der Gedanke, dass die Menschen im Flugzeug "eh verloren" sind, falsch sei, und dass gerade diese Menschen den Beistand ihres Staates brauchen.

Interessanterweise war das Gesetz schon aus formellen Gründen verfassungswidrig, aber das BVerfG hatte trotzdem in materieller Hinsicht Stellung genommen.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 19. September 2007, 23:04:14
Zitat von: Piet am 19. September 2007, 22:39:30
...Die Richter haben klargestellt, dass gerade der Gedanke, dass die Menschen im Flugzeug "eh verloren" sind, falsch sei, und dass gerade diese Menschen den Beistand ihres Staates brauchen.
Das ist absolut richtig, denn wen sollten die Grundrechte auch sonst schützen als jene, die wirklich Hilfe in höchster Not erwarten. Handlungen und Begründungen müssen einem anderen Gedankengang folgen. Unschuldige sind fast immer an Bord (Besatzung). Wäre dem nicht so, wäre die Entscheidung ja denkbar einfach. Auch das hat das BVerfG deutlich gemacht.   
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: revolvermann am 19. September 2007, 23:17:10
Ich weiss....ist/wird ein wenig Offtopic.....aber egal

Prinzipiel bin ich fuer einen Abschuss, allerdings stelle ich mir das in einem dichtbesiedelten Land wie Deutschland doch recht schwierig wenn nicht gar unmoeglich vor. Desweiteren kann ich mir nicht wirklich vorstelllen dass die "boesen Buben" soetwas in der "naechsten" Zeit erneut versuchen, sowas klappt meist nur beim ersten mal. Nichts destotrotz ist die Gefahr latent vorhanden.

Nun zu Jung: Irgendwie habe ich das Gefuehl der will nur seinen Kopf durchsetzen....nach dem Motto: Ich will das so also machen wir das so bzw. also macht ihr mal alle damit ich kann. Dies sah man meiner Meinung nach schon beim Ehrenmal und nun schon wieder. Aber evtl. gibt es ja dieses Jahr statt einem Sommerloch auch ein Herbstloch.....

Gruss aus Bremen
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: schlammtreiber am 20. September 2007, 08:48:01
Seht das Ganze doch mal locker: das Problem wird sich eben WEGEN dieser Diskussion in Zukunft selbst lösen.

Die Passagiere werden nämlich wohl kaum wie die Lämmchen im Flieger sitzen und auf Ihre Himmelfahrt warten. Wenn die gekapert werden und das Auftauchen einer F-4 Phantom neben der Tragfläche macht ihnen klar, daß sie evtl die Wahl zwischen Abschuß durch die Luftwaffe oder Crash in ein AKW haben (sie haben ja die Diskussion verfolgt) kommt es eben zu einer weiteren Philadelphia-Rebellion... danach haben wir entweder tote Terroristen oder tote Passagiere, evtl beides, aber alles ohne staatliche Beihilfe...eben WEIL der Staat diese Sterbehilfe laut und vernehmlich angeboten hat  ;)
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 20. September 2007, 17:36:51
Passend zur Diskussion ein Beitrag auf Spiegel Online: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,506918,00.html
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegner am 21. September 2007, 16:16:15
Wie ich in Punkt 3 meines ersten Beitrags schon sagte, bin ich u.a. deshalb dagegen.

In dem damaligen Fall passte alles um einen Abschuss zu rechtfertigen:
1. kein Kontakt zum Flieger
2. bereits Anschläge von palästinesischen Terroristen geschehen
3. "Erkenntnisse der Geheimdienste" über weitere Anschläge
4. Kurs des Fliegers passt
5. Abfangjäger haben den Flieger auch nicht gestoppt

Nach dem, was ich bisher von den Herren Schäuble und Jung gehört habe, wäre hier ein Abschuss erfolgt. Ich denke wir sind unhs einig, dass es sich hier um einen äußerst fatalen Fehler gehandelt hat, oder ?

Von Jung und Schäuble ist es schon eine ziemliche Dreistigkeit ausgerechnet diesen Fall als Begründung für die Notwendigkeit einer Abschusserlaubnis eines verdächtigen Fleigers als Beispiel heranzuziehen.
Denn gerade dieser Fall zeigt doch, wie fatal falsch eine solche ENtscheidung sein kann - gesetzlich legitimiert oder nicht.

Wer mag kann einen Beitrag hier zu nochmal in der ZDF-Mediathek nachsehen: http://wstreaming.zdf.de/zdf/veryhigh/070918_jung_f21.asx Er lief am 18.9. in Frontal21.
(Ich hoffe der Link vom FOrum in die Mediathek funktioniert......)

Zitieren wir mal Bernhard Gertz aus dem Beitrag: "Leber hat nie nach einer gesetzlichen Regelung gerufen, weil er weiß dass dieses Dilemma nicht gesetzlich regelbar ist".
Dem schließe ich mich unumwunden an. Man kann für eine solche ENtscheidung in ihrer gesamten Komplexität kein Gesetz erlassen. Ebenso gibt es kein Gesetz für ein pauschales Verfahren im Falle eines Angriffskriegs, etc.
Soclhe Horrorszenarien lassen sich schlicht nicht om Vorab regeln. Hierfür haben wir Entscheidungsträger in Politik und Militär, die die akute Lage erfassen und bewerten müssen um dann eine Handlung festzulegen die möglichst richtig ist.
Eine solche Verantwortung kann einem Verteidigungsminister kein Gesetz abnehmen, er muss selbst damit klar kommen und wird für dieses Risiko ja auch anständig entlohnt.


In meinen Augen ist die Abschussdebatte - so wichtig sie auch ist - eine Alibiveranstaltung für das eigentliche Ziel der Union, nämlich dem Bundeswehreinsatz im Innern grünes Licht zu geben, obwohl die SPD dies wohl - zum Glück - in der gewünschetn Form nie mitmnachen wird.
Erhellend ist hierzu folgender Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger KStA: http://www.ksta.de/html/artikel/1190178479235.shtml
Hier werden die geplanten Grundgesetzänderungen zur legalisierung des Flugzeugabschusses zitiert
(Bei der Rheinischen Post übrigens auch: http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/politik/deutschland/481471).
Die Ergänzung des Art 87a sehe ich ja noch im Zusammenhang zum Flugzeugabschuss, obwohl man das auch enger formulieren könnte.
Aber die Änderung von Art 35 ist ja wohl ganz starker Tobak:
Zitatdie Bundesregierung im besonders schweren Unglücksfall den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln anordnen kann, wenn polizeiliche Mittel nicht ausreichen
Was ist ein besonders schwerer Unglücksfall ?
Wo bleibt hier die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ?
ZitatAußerdem solle eine "Eilkompetenz" für Bundesinnen- und Bundesverteidigungsminister geschaffen werden, um derartige Einsätze im Notfall allein anordnen zu können.
Das ist ja wohl der Gipfel: Zwei Minister sollen den Einsatz des Militärs im Inneren im Alleingang anordnen können.

Ich sage es ernaut: Die strikter Trennung der Kompetenzen in puncto innerer und äußerer Sicherheit ist ein wesentliches Element unserer Verfassung.
In meinen AUgen ist eine solche Änderung des Art 35 schon zu nahe an Änderungen der FDGO, auch wenn das ein wenig radikal klingen mag.

By the way: Wieso soll diese Grundgesetzänderung nicht mit der Menschenwürde in Konflikt stehen wie es das Luftsicherheitsgesetz tut ?
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 21. September 2007, 16:49:18
Zitat von: Jungs_Gegner am 21. September 2007, 16:16:155. Abfangjäger haben den Flieger auch nicht gestoppt

Dazu steht allerdings auch der Grund in dem Artikel - die Abfangjäger hatte keinerlei Berührung mit dem betreffenden Flugzeug. Sie verblieben zuerst über ihrem Fliegerhorst, anschließend dem "Zielgebiet", auf das dieses Flugzeug zusteuerte.

ZitatNach dem, was ich bisher von den Herren Schäuble und Jung gehört habe, wäre hier ein Abschuss erfolgt.

Wie geschildert: Heute ist das Vorgehen anders. Es wäre schon wesentlich früher zur Aufklärung der Situation gekommen!

ZitatEine solche Verantwortung kann einem Verteidigungsminister kein Gesetz abnehmen, er muss selbst damit klar kommen und wird für dieses Risiko ja auch anständig entlohnt.

In der derzeitigen Situation wäre der Befehl, ein solches Flugzeug abzuschießen, jedoch anscheinend verfassungswidrig, wodurch er wohl zu denjenigen gehören dürfte, die nicht ausgeführt werden dürfen. Schießt die Flugzeugbesatzung trotzdem, ist sie ihren Job los und hat den Tod von eventuell hunderten Unschuldigen zu verantworten, schießt sie nicht, ist sie für den Tod von noch mehr Unschuldigen verantwortlich.
Es ist also nicht nur der Verteidigungsminister, der anschließend für den Einsatz geradestehen müsste (und mit ziemlicher Sicherheit seinen Hut nehmen dürfte) - sondern auch die Flugzeugbesatzung. Mit einer entsprechenden Grundlage könnte man zumindest diese rechtlich absichern, so wie es mit dem schon erwähnten finalen Rettungsschuss (hier passt das Beispiel ;) ) wohl in einigen Ländern für die ausführenden Schützen passiert ist.

ZitatWas ist ein besonders schwerer Unglücksfall ?

Als Hinweis: Den gibt es schon seit ewig im Grundgesetz, in genau dem Artikel ;) Insofern wird man die Definition in entsprechenden juristischen Werken finden.

ZitatDas ist ja wohl der Gipfel: Zwei Minister sollen den Einsatz des Militärs im Inneren im Alleingang anordnen können.

Bisher war dazu die Bundesregierung notwendig ...

Man sollte auch nicht vergessen, dass ein solcher Einsatz jederzeit beendet werden kann - durch Aufforderung des Bundestages oder -rates. Und die wird im Zweifelsfall sehr schnell erfolgen. Vermutlich nicht schnell genug, wenn es um den Abschuss eines Flugzeugs angeht, aber für die allermeisten anderen Fälle wäre das noch immer absolut ausreichend.

ZitatIn meinen AUgen ist eine solche Änderung des Art 35 schon zu nahe an Änderungen der FDGO, auch wenn das ein wenig radikal klingen mag.

Und so utopisch wie nur irgendwas. Die beiden Minister werden mit einer solchen Änderung niemals durchkommen, zumal derartige Äußerungen in den Regierungsparteien keineswegs populär sind.

ZitatBy the way: Wieso soll diese Grundgesetzänderung nicht mit der Menschenwürde in Konflikt stehen wie es das Luftsicherheitsgesetz tut ?

Was bezweckt denn diese Grundgesetzänderung? Dass in besonderen Fällen Streitkräfte eingesetzt werden dürften.
Was ließ das Luftsicherheitsgesetz in Teilen scheitern? Die Tatsache, dass Menschen "verdinglicht" werden könnten. Eindeutig ein Verstoß gegen die Grundrechte der unschuldigen Opfer im Flugzeug.

Und wo wäre dieser Verstoß bei der Grundgesetzänderung gegeben?
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegner am 21. September 2007, 20:14:45
ZitatDazu steht allerdings auch der Grund in dem Artikel - die Abfangjäger hatte keinerlei Berührung mit dem betreffenden Flugzeug. Sie verblieben zuerst über ihrem Fliegerhorst, anschließend dem "Zielgebiet", auf das dieses Flugzeug zusteuerte.
Hatte ich überlesen - Sorry  ::)  Ändert aber an meiner Kernaussage nichts.
ZitatWie geschildert: Heute ist das Vorgehen anders. Es wäre schon wesentlich früher zur Aufklärung der Situation gekommen!
Wieviel früher als beim Aussetzen der Funkverbindung möchtest du denn die Aufklärung beginnen ?
ZitatMit einer entsprechenden Grundlage könnte man zumindest diese rechtlich absichern, so wie es mit dem schon erwähnten finalen Rettungsschuss (hier passt das Beispiel Zwinkernd ) wohl in einigen Ländern für die ausführenden Schützen passiert ist.
Das Beipsiel passt hier genauso wie weiter oben. Ich bin dafür den Abschuss eines Zivilflugzeugs genauso abzusichern wie einen finalen Rettungsschuss.
Ein finaler Rettungsschuss ist nur dann rechtlich abgesichert, wenn für den Schützen vollständig außer Frage steht, dass ohne seinen Schuss er oder eine andere Person zu Tode kommen oder massiv verletzt werden.

So, also formulieren wir: Wenn für den Verteidigungsminister vollständig außer Frage steht, dass er durch den Abschuss eines Zivilflugzeugs größeres Unheil verhindert.

Das unterschreib ich sofort und bin dafür. Das brauchen wir nicht diskutieren.

ABER: Woher will der Verteidigungsminister diese Sicherheit nehmen ?
Der SEK-Beamte, der sieht wie ein Geiselnehmer seiner Geisel eine Waffe an den Kopf hält und diese entsichert kann sich ziemlich sicher sein schlimmeres zu verhindern. Der auf einen wild ballernden Amokschützen schießende Beamte auch.
Aber bei einem Flugzeug bei dem einfach nur alles nach Geiselnahme aussieht und die Geheimdienste meinen, dass es sein könnte, kann ein Abschuss eben auch ziemlich nach hinten losgehen - wie am 11.9.1972.
Deswegen bin ich dafür, dass man eine solche Änderung - wenn man sie schon haben will - sehr (!!) eng begrenzt hält.

ZitatAls Hinweis: Den gibt es schon seit ewig im Grundgesetz, in genau dem Artikel Zwinkernd Insofern wird man die Definition in entsprechenden juristischen Werken finden.
Sorry, aber dann hab ich ne veraltete Version des GG. Bei meinem heißt es, dass die BW nur zu Verteidigungszwecken im Kriegs- und Spannungsfall eingesetzt werden darf.
Im Innern nur, wenn der Bestand des Bundes oder eines Landes oder der FDGO in Gefahr ist und nur wenn die Polizei überfordert ist und nur ..............
Dann hätten wir noch Naturkatastrophen, etwa Überschwemmungen, aber einen großen Unglücksfall find ich da nicht.
Ansonsten schreib nen Leserbrief an die Zeitungen, die ich da zitiert hatte.
ZitatBisher war dazu die Bundesregierung notwendig ...
Und konnte auch gestoppt werden......
ZitatUnd so utopisch wie nur irgendwas. Die beiden Minister werden mit einer solchen Änderung niemals durchkommen, zumal derartige Äußerungen in den Regierungsparteien keineswegs populär sind.
Das coole ist ja, dass die BW zum Schutz der FDGO ganz streng genommen ja dann gegen ihren eigenen DIenstherrn vorgehen müsste. Wow ! ;D
ZitatWas ließ das Luftsicherheitsgesetz in Teilen scheitern? Die Tatsache, dass Menschen "verdinglicht" werden könnten. Eindeutig ein Verstoß gegen die Grundrechte der unschuldigen Opfer im Flugzeug.
Womit die Aufrechung der Leben im Flieger und am Boden verfassungswidrig ist - trotz der geplanten Änderungen.

ZitatWas bezweckt denn diese Grundgesetzänderung? Dass in besonderen Fällen Streitkräfte eingesetzt werden dürften.
Sehr richtig: DIe Abschussdebatte soll davon ablenken, dass man den Einsatz der BW im Innern durch die Hintertür langsam einführen will, wenn's vorne rum nicht geht.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Timid am 23. September 2007, 12:07:43
Zitat von: Jungs_Gegner am 21. September 2007, 20:14:45Wieviel früher als beim Aussetzen der Funkverbindung möchtest du denn die Aufklärung beginnen ?

Hä?

ZitatDeswegen bin ich dafür, dass man eine solche Änderung - wenn man sie schon haben will - sehr (!!) eng begrenzt hält.

Ja, stimme ich zu.

ZitatDann hätten wir noch Naturkatastrophen, etwa Überschwemmungen, aber einen großen Unglücksfall find ich da nicht.

Artikel 35 (2). Dort wird explizit davon gesprochen, dass bei "einem besonders schweren Unglücksfall" auch die Unterstützung der Streitkräfte angefordert werden kann. Bezieht sich zwar nicht auf den Einsatz der Bundeswehr durch die Bundesregierung im Inland, aber diesen Begriff gibt es damit schon, dementsprechend wird man auch eine Definition dazu finden können.

ZitatWomit die Aufrechung der Leben im Flieger und am Boden verfassungswidrig ist - trotz der geplanten Änderungen.

Es wurde nie etwas anderes behauptet. Allerdings wurde auch nicht behauptet, dass diese Änderungen primär dazu dienen sollten, die Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Abschnitte des Luftsicherheitsgesetzes zu beseitigen, da dazu ganz andere Artikel bzw. direkt die Grundrechte geändert werden müssten ...
Dementsprechend wären die Änderungen legal, wenn sie durch die Legislative beschlossen würden. Nur das Luftsicherheitsgesetz wäre in seiner ursprünglichen Fassung in Teilen weiterhin verfassungswidrig.

ZitatSehr richtig: DIe Abschussdebatte soll davon ablenken, dass man den Einsatz der BW im Innern durch die Hintertür langsam einführen will, wenn's vorne rum nicht geht.

Nicht "man", sondern maximal zwei Minister.
Titel: Re: Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Jungs_Gegner am 23. September 2007, 19:17:15
ZitatArtikel 35 (2). Dort wird explizit davon gesprochen, dass bei "einem besonders schweren Unglücksfall" auch die Unterstützung der Streitkräfte angefordert werden kann. Bezieht sich zwar nicht auf den Einsatz der Bundeswehr durch die Bundesregierung im Inland, aber diesen Begriff gibt es damit schon, dementsprechend wird man auch eine Definition dazu finden können.
Hatte bei 87a geschaut und natürlich nichts gefunden.
Bei 35 (2) heißt es aber, dass das Land die BW anfordern muss und das muss in meinen AUgen auch so bleiben.

ZitatNicht "man", sondern maximal zwei Minister.
Im Wesentlichen ja.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: ToMA am 07. Oktober 2016, 09:03:11
Um das Thema, auch wenn es hier schon etwas länger nicht mehr diskutiert wurde, wieder etwas aufzufrischen:

"Was geschieht, wenn ein Passagierflugzeug von Terroristen entführt wird und auf ein ausverkauftes Fußballstadion zurast? Was geschieht, wenn der Terror unseren Alltag beherrscht? Welche juristischen, moralischen und philosophischen Mittel hat unsere Gesellschaft in solch einer Ausnahmesituation? Darf die Würde des Menschen angetastet werden, wenn dadurch vermeintlich mehr Menschen gerettet werden können?

Anhand eines juristischen Konstrukts werden diese Fragen in Ferdinand von Schirachs erstem Theaterstück plastisch: An Bord von Flug LH 2047 von Berlin-Tegel nach München sind 164 Menschen. Die Maschine, von einem Terroristen entführt, nimmt Kurs auf die Allianz Arena. Major Lars Koch, Pilot eines Kampfjets der Bundeswehr, muss reagieren. Wie lauten seine Befehle? Soll er, darf er die Passagiermaschine abschießen, wenn die Terroristen nicht einlenken? Die Uhr tickt, und Lars Koch trifft eine Entscheidung. Wenige Wochen später muss er sie vor einem Schöffengericht rechtfertigen."

Die deutschlandweiten Abstimmungsergebnisse finden Sie unter folgendem Link: terror.kiepenheuer-medien.de/

***
Im Übrigen auch bald im Fernsehen: http://www.daserste.de/specials/ueber-uns/terror-verfilmung-von-schirach-justizdrama-tv-event100.html

Datum: Mo, 17.10.2016 um 20:15 Uhr in der ARD.  Anmerkung: -> Bevor der Richter ein Urteil spricht, muss er die Schöffen befragen – und das sind in diesem Verfahren die Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer.

Im Anschluss um 21:40 Uhr: Hart aber Fair; Terror - Abstimmung, Urteil und Diskussion.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: FoxtrotUniform am 07. Oktober 2016, 11:56:50
Das Stück ist übrigens gar nicht so schlecht und war wirklich sehenswert.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: LwPersFw am 07. Oktober 2016, 16:30:16
Die persönliche Sichtweise auf diese Frage ist jedem freigestellt...

Für den Soldaten gilt... Befehle die eine Straftat beinhalten dürfen nicht ausgeführt werden.

Den Rahmen hat das BVerfG festgelegt, indem es Regelungen im LuftSiG für nichtig erklärt hat.

Befiehlt in bestimmten Fällen also nur der BMVg ... oder gar nur andere mil. Vorgesetzte den Abschuss ... ist dies ein rechtswidriger und unverbindlicher Befehl, der nicht befolgt werden darf.

Der Pilot der solch einen Befehl trotzdem ausführt... muss mit einer Verurteilung rechnen,
da die Richter auf Grundlage der BVerfG-Entscheidung die Rechtslage bewerten müssen.

Moralische Aspekte...oder das "gesunde Volksempfinden" haben vor Gericht keinen Raum.

Erinnert sei an den Fall, als zwei Polizisten nur angedroht hatten ggf. eine Art Folter anzuwenden,
um das Leben eines entführten Kindes zu retten...
Jeder Familienvater kann sie verstehen und wäre dankbar, wenn dadurch das Kind gerettet wird...
Aber das Gericht musste sie verurteilen...

Bestätigt hat dies später auch der EGMR

Dieser betonte, dass jede Behandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK – auch zur Rettung von Leben eines einzelnen Menschen oder im Falle eines Notstands für den gesamten Staat – unzulässig ist, womit eine ,,Rettungsfolter" als gültiges Mittel der Verbrechensaufklärung weiterhin ausgeschlossen ist.

Deshalb hat das BVerfG die Hürde beim LuftSiG auch so hoch gelegt ... egal wie wenig Zeit bleibt ... nur die Bundesregierung ist entscheidungsbefugt.

Geschäftsordnung der Bundesregierung:

§ 24

(1) Die Bundesregierung ist beschlußfähig, wenn einschließlich des Vorsitzenden die Hälfte der Bundesminister anwesend ist.
(2) Die Bundesregierung faßt ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.



Aus einem Urteil des BVerfG

a) Ist im Falle eines überregionalen Katastrophennotstandes (Art. 35 Abs. 3 GG) eine rechtzeitige Entscheidung der regulär zuständigen Bundesregierung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LuftSiG) über einen Einsatz der Streitkräfte nicht möglich,
so entscheidet nach § 13 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG der Bundesminister der Verteidigung oder im Vertretungsfall das zu seiner Vertretung berechtigte Mitglied der Bundesregierung im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 LuftSiG ist auch in diesem Fall die Entscheidung der Bundesregierung unverzüglich herbeizuführen.

49

Diese Regelungen sind unvereinbar mit Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG, der, wie das Plenum des Bundesverfassungsgerichts entschieden hat, einen Einsatz der Streitkräfte auch in Eilfällen allein aufgrund eines Beschlusses der Bundesregierung als Kollegialorgan zulässt (vgl. Beschluss vom 3. Juli 2012 - 2 PBvU 1/11 -, juris, Nr. 3 des Tenors sowie Rn. 52 ff.).

50

b) Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG ist die Nichtigkeit (§ 78 Satz 1 BVerfGG). Eine bloße Unvereinbarerklärung (§ 31 Abs. 2 Satz 3, § 79 Abs. 1 BVerfGG), gar in Verbindung mit dem Ausspruch der Verpflichtung des Gesetzgebers, innerhalb einer bestimmten Frist eine verfassungskonforme Regelung zu treffen (vgl. BVerfGE 101, 106 <132>; 118, 45 <78>; 121, 266 <316>; 125, 175 <257 f., 259>), kommt nicht in Betracht.


Hinzu tritt die Nichtigkeit des § 14 Abs 3 LuftSiG

"Die unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt ist nur zulässig, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, und sie das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist."

Somit darf der Pilot nur nach Abs 1 des 14 handeln

" Zur Verhinderung des Eintritts eines besonders schweren Unglücksfalles dürfen die Streitkräfte im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben."
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Andi am 07. Oktober 2016, 22:57:13
Zitat von: LwPersFw am 07. Oktober 2016, 16:30:16
Der Pilot der solch einen Befehl trotzdem ausführt... muss mit einer Verurteilung rechnen,
da die Richter auf Grundlage der BVerfG-Entscheidung die Rechtslage bewerten müssen.

Deswegen wird es schon den Befehl gar nicht geben, da der Befehlsgeber sich bereits strafbar macht. Es gilt das gleiche Rechtskonstrukt, wie beim finalen Rettungsschuss durch Scharfschützen. Die Nothilfe für die vermeintlichen Opfer im Station berechtigt den Angreifer unschädlich zu machen.

Gruß Andi
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: LwPersFw am 08. Oktober 2016, 14:38:09
Da gebe ich Dir recht Andi... in der Theorie.

Nur gab es damals Äußerungen wie...Ich würde diesen Befehl geben - und dann zurücktreten...

Also besteht für den Piloten immer die Gefahr, dass er auch über  eine Befehlsverweigerung
zu entscheiden hat... wenn dies so passieren sollte...

Der Soldat kann sich nicht auf die von Dir genannten Rechtskonstrukte berufen.
Diese sind in fast allen Bundesländern in Polizeigesetzen geregelt.
Auf Soldaten ist dies nicht übertragbar, zumal die gesetzlichen Vorgaben zum
Handeln im LuftSiG ja für den Piloten existieren.

Und die Nothilfe lässt nur zu den Angreifer zu töten, um den Angeriffenen zu retten.

Sie lässt aber m.E. nicht zu Unschuldige bewusst zusammen mit dem Angreifer zu töten, um andere Angegriffene zu retten.

Beispiel:
Bei einem finalen Rettungsschuss erschießt der Polizeischarfschütze den Geiselnehmer indem er durch die vor dem Geiselnehmer stehende Geisel hindurchschießt und sie
auch tötet, um 20 andere Geiseln zu retten.

Konsequenz, der Pilot der für sich allein die moralische
Entscheidung trifft, z.B. 600 Menschen in einem A380
und z.B. 3 Terroristen zu töten... um tausende in einem
Gebäude zu retten... wird verurteilt werden... weil kein
Gericht in freisprechen kann.
Man würde sicherlich nach mildernden Sachverhalten suchen,
z.B. Fahrlässigkeit im Handeln, Gewissensentscheidung, ....
aber genauso wie die o.g. beiden Polizisten würde er verurteilt werden.

Aber wenn ich damit falsch liege... nenne mir bitte
die Gesetzespassagen die dieses Handeln legitimieren.
Und dazu führen würden, dass das Gericht ihn freisprechen muss.

M.E. gibt es im Leben manchmal Fragen, für die es keine klaren Antworten gibt.
In einer Demokratie gelten dadurch Rechtsnormen, deren Einhaltung manchmal
gravierende Folgen haben kann. Ja...das ist so. Aber deshalb darf man nicht diese
Rechtsnormen opfern, weil es Terroristen gibt.
Wie z.B. die Legalisierung von Folter durch die Demokratie USA.

Der Bauch, das Gewissen, ... wollen andere Lösungen,
man sollte sich aber davor hüten...

Und ich bin mir sicher das die Ergebnisse beim
Theaterstück anders ausgefallen wären, wenn
man die Zuschauer in die Rolle der Passagiere
im Flugzeug versetzt hätte...
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: wolverine am 08. Oktober 2016, 17:25:11
Hierzu einmal "Entschuldigenden Notstand" oder "Gleisarbeiterfall" suchen.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Andi am 09. Oktober 2016, 15:09:41
Zitat von: LwPersFw am 08. Oktober 2016, 14:38:09
Da gebe ich Dir recht Andi... in der Theorie.

Der Soldat kann sich nicht auf die von Dir genannten Rechtskonstrukte berufen.

Das sind keine Konstrukte, das ist geltendes deutsches Recht.

Zitat von: LwPersFw am 08. Oktober 2016, 14:38:09
Diese sind in fast allen Bundesländern in Polizeigesetzen geregelt.
Auf Soldaten ist dies nicht übertragbar, zumal die gesetzlichen Vorgaben zum
Handeln im LuftSiG ja für den Piloten existieren. 

Es geht nicht um Polizeigesetze, sondern um Jedermannrechte, die jeder Mensch im Geltungsbereich der bundesdeutschen Rechtsordnung hat - auch ein Soldat der Bundeswehr. Dass es ein paar Bundesländer gibt, die dem Szenario finaler Rettungsschuss mit einer Norm im Polizeigesetz begegnen ist der Tatsache geschuldet, dass vorher - und nach wie vor in vielen Bundesländern - Polizisten auf Jedermannrechte zurückgreifen mussten, wenn sie einen finalen Rettungsschuss durchführen.

Zitat von: LwPersFw am 08. Oktober 2016, 14:38:09
Und die Nothilfe lässt nur zu den Angreifer zu töten, um den Angeriffenen zu retten.

Sie lässt aber m.E. nicht zu Unschuldige bewusst zusammen mit dem Angreifer zu töten, um andere Angegriffene zu retten.

Andersherum wird ein Schuh draus: Ziel ist es nicht einen Angreifer zu töten, sondern gefährdete Personen zu retten.

Ehrlich gesagt sehe ich da - wie es auch das Verfassungsgericht unterschwellig bei seiner Entscheidung gesehen hat - gar keinen Regelungsbedarf. Ich brauche nur gut ausgebildete Offiziere der Bundeswehr, die auf Basis ihrer guten rechtlichen Aubildung und moralischen Integrität in schwierigen Situationen Entscheidungen treffen, sie umsetzen und tapfer sind.

Gruß Andi
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: FoxtrotUniform am 09. Oktober 2016, 15:47:39
@LwPersFw: Bei uns hielt es sich zu meiner Überraschung in etwa die Waage nach der Pause im Theater.

Obgleich die Rechtslage klar ist (anders als die tatmildernden Umstände) wünsche ich weder dem militärischen Führer, noch dem VLF diese, in letzter Konsequenz moralische, Entscheidung treffen zu müssen,
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: schlammtreiber am 10. Oktober 2016, 09:57:59
Im schlimmsten Falle müsste dann eben der Bundespräsident nach Art. 60 (2) GG in die Bresche springen.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: LwPersFw am 17. Oktober 2016, 17:45:52
Zur Erinnerung...

Heute 20:15  ARD

Egal wie man zum Thema steht... sehenswert!
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: LwPersFw am 17. Oktober 2016, 18:04:26
Von meiner Seite sei nur nocheinmal ein Satz aus der Urteilsbegründung des BVerfG genannt:

,,Unter dem geltenden Artikel 1 des Grundgesetzes", die Würde des Menschen ist unantastbar, ,,ist eine gesetzliche
Ermächtigung schlechterdings unvorstellbar, unschuldige Menschen, die sich in einer für sie hoffnungslosen Lage befinden, vorsätzlich zu töten."

Somit scheidet auch die gesetzliche Regelung/Ermächtigung "Notwehr/Nothilfe" als rechtliche Legitimation aus.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: F_K am 17. Oktober 2016, 19:32:24
@ Fw:

Da steht nur, eine allgemeine gesetzliche Erlaubnis wäre nicht zulässig - nichts von Strafbarkeit.

Notwehr geht immer ....
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Kanonier am 17. Oktober 2016, 22:05:50
Ich kann da nur sagen, dass ich als Passagier stolz wäre in so einer Situation zu sterben.
Wenn man bedenkt,dass 70000 Menschen gerettet werden können, weil 140 sterben macht das eine Quote von 1 zu 500. Das bedeutet, dass ich durch das Eintauschen meines Lebens 500 andere gerettet hätte. Wann hat man schon die Chance 500 Menschenleben zu retten? Dadurch dass man stirbt, wird man gleichzeitig zum Helden.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 17. Oktober 2016, 22:31:18
Du entscheidest aber für 139 andere Menschen mit, die das vielleicht nicht so heroisch sehen wollen oder können. Wer gibt dir das Recht? Du kannst nicht alle fragen! 
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Andi am 17. Oktober 2016, 22:44:21
Tja, das ist mittlerweile wohl das Fragwürdige in unserem Land, dass stark wie Selbstaufgabe anmutet: der Einzelne bestimmt mit seinen individuellen Rechten über Viele, der Staat ist am Ende erpressbar oder nicht handlungsfähig.

Ob das so gut ist...
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Merowig am 17. Oktober 2016, 22:53:23
United 93 hatten eine Abstimmung der 34 Passagiere bevor es zur Revolte kam.
Es ist aber nicht ueberliefert ob diese dann Einstimmig angenommen wurde...

Fakt ist - es gibt Situationen wo man nicht alles ausdiskutieren kann bei einer Tasse Tee.
Jemand entscheidet - und handelt um groesseres Unheil abzuwenden. Selbstbestimmungsrecht ist in meinen Augen dann eh irrelevant, da letztendlich haben dann andere schon entschieden - hier die Hijacker. Es geht hier groesseres Uebel abzuwehren

Auch nicht handeln ist eine Entscheidung - gegen die Leute im Hochhaus/Sportstadium.


Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: SCPO am 17. Oktober 2016, 22:57:17
Zitat von: Merowig am 17. Oktober 2016, 22:53:23
United 93 hatten eine Abstimmung der 34 Passagiere bevor es zur Revolte kam.
Es ist aber nicht ueberliefert ob diese dann Einstimmig angenommen wurde...

Fakt ist - es gibt Situationen wo man nicht alles ausdiskutieren kann bei einer Tasse Tee.
Jemand entscheidet - und handelt um groesseres Unheil abzuwenden. Selbstbestimmungsrecht ist in meinen Augen dann eh irrelevant, da letztendlich haben dann andere schon entschieden - hier die Hijacker. Es geht hier groesseres Uebel abzuwehren

Auch nicht handeln ist eine Entscheidung - gegen die Leute im Hochhaus/Sportstadium.

Aber laut Film  ;D hat der deutsche UA 93 Passagier sich doch nicht gerade "Let's roll" entschieden, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Da das in einem Hollywood Film war, muss es ja der Realität entsprechen.  ;)
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: LwPersFw am 17. Oktober 2016, 23:08:01
Zitat von: F_K am 17. Oktober 2016, 19:32:24
@ Fw:

Da steht nur, eine allgemeine gesetzliche Erlaubnis wäre nicht zulässig - nichts von Strafbarkeit.

Notwehr geht immer ....

Das ist schlicht falsch...da das StGB nicht über dem GG steht.

Das BVerfG hat unmissverständlich ausgeführt:

"Daran fehlt es im Fall des § 14 Abs. 3 LuftSiG. Die Anordnung und Durchführung der unmittelbaren Einwirkung auf ein Luftfahrzeug mit Waffengewalt nach dieser Vorschrift lässt außer Betracht, dass auch die in dem Luftfahrzeug festgehaltenen Opfer eines Angriffs Anspruch auf den staatlichen Schutz ihres Lebens haben. Nicht nur, dass ihnen dieser Schutz seitens des Staates verwehrt wird, der Staat greift vielmehr selbst in das Leben dieser Schutzlosen ein. Damit missachtet jedes Vorgehen nach § 14 Abs. 3 LuftSiG, wie ausgeführt, die Subjektstellung dieser Menschen in einer mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise und das daraus für den Staat sich ergebende Tötungsverbot. Daran ändert es nichts, dass dieses Vorgehen dazu dienen soll, das Leben anderer Menschen zu schützen und zu erhalten."

Und dieses Tötungsverbot gilt nicht nur für den Staat, sondern für jeden Bürger.

Erst recht für einen im Auftrag des Staates handelnden Soldaten.

Sicherlich kann er sich über Befehle...das GG hinwegsetzen...

...und sich dann maximal auf den rechtlich nicht normierten "übergesetzlichen Notstand" berufen...wie der damalige VM  Jung...

...nur liegt dann das strafrechtliche Risiko ganz auf seiner Seite.

Meine Vermutung ... vor einem Strafgericht...und bei der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG... wird er verurteilt.

Und ich bleibe auch bei meiner Vermutung, wenn all Jene die ihn freigesprochen haben...Angehörige in der Maschine
gehabt hätten... wäre das "Volksurteil" anders ausgefallen...
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Verteidiger am 18. Oktober 2016, 00:08:09
Ich finde das Thema hoch spannend und für uns als Soldaten auch wichtig.

Die Frage die ja bei solchen Themen immer: Darf ich etwas "böses" tun um etwas "gutes" zu erreichen.

Ähnnliche Fälle gibt es zum Beispiel bei Thema Rettungsfolter, vgl Daschner-Prozess
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/folterdrohung-kindsmoerder-gaefgen-erzielt-teilerfolg-in-letzter-instanz-a-697194.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Daschner-Prozess

Ich muss mich also "schuldig" machen um eine Tat zu verhindern. Darf man das Recht "beugen" um ein Unheil zu verhindern?

Ähnlichen Fall gab es ja erst vor wenigen Wochen wo ein Terrorist sich verschanzte und dann statt festgenommen worden ist, getötet wurde.

Diese Debatten sind für mich leider nicht Zielführend. Man kann lange und intensiv über diese Frage diskutieren und dann sagen man würde sich "opfern" oder aber man würde hart bleiben und nicht schießen. Ob man dann wirklich so handeln würde steht auf einem ganz anderen Punkt denn.

Jeder muss hinter her mit der "Schuld" leben. Der Polizist der sich die Frage stellen muss ob er alles in seiner Macht getan hätte um das Entführungsopfer zu retten und das dann auch den verzweifelten Eltern erklären darf.

Der Polizeieinsatzführer, der einer Witwe erklären muss warum und für was ihr Mann, bei der Festnahme, getötet wurde, obwohl der Terrorist sich am Ende doch selbst erschossen hat.

Oder aber die Soldaten die sich vor hunderten oder tausenden von Menschen rechtfertigen müssen, warum sie den Befehl nicht zum Abschuss gegeben haben um ihre Väter, Brüder, Töchter zu retten?

Die andere Frage, die sich mir auch stellt. Was für eine Wirkung hat das Verhalten des Staates auf zukünftige Taten von Verbrechern. Nach der Logik von Herrn Baum, wenn ich ihn richtig verstehe, muss der Staat und seine Organe alles in seiner Macht tun, um das einzelne Leben zu schützen. Das bedeute daher. Er müsste bei einer Geiselnahme oder Entführung auf jede Forderung der Verbrecher bzw. Terroristen eingegangen werden. Nur ist ein Staat bzw. eine Gesellschaft dann noch wehrfähig oder wehrwillig? Wie viel Leid würde durch so eine Politik noch verursacht werden?

Abschließend noch ein kleines Gedankenexperiment, da das Thema auch angesprochen wurde.

Wir alle wären in der Planung des 20.Julis beteiligt. Einhellig ist die Meinung, dass die Besprechungsteilnehmer Verbrecher sein und nicht als Unschuldige zu betrachten sind. Es befinden sich jedoch auch immer zwei junge Wehrpflichtige Gefreite als Ordonanzen im Raum. In unseren Plan einbeziehen können wir sie nicht. Dürfen wir nun trotzdem die Sprenung durchführen und den Tod der beiden Kameraden in Kauf nehmen?
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: ToMA am 18. Oktober 2016, 08:59:06
Zitat von: LwPersFw am 17. Oktober 2016, 23:08:01
Und ich bleibe auch bei meiner Vermutung, wenn all Jene die ihn freigesprochen haben...Angehörige in der Maschine
gehabt hätten... wäre das "Volksurteil" anders ausgefallen...

Also wenn ich das richtig verstanden habe, wären die Insassen so oder so gestorben. Die Frage wäre also, ob vielleicht 5 Minuten Lebenszeit in Todesangst es rechtfertigen, zig Tausende Menschenleben zu opfern?

Ich denke nicht. Von daher vermute ich, dass auch in diesem Fall die meisten Menschen den Abschuss der Maschine befürworten hätten.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: F_K am 18. Oktober 2016, 09:05:55
@ LwPersFw:

Du gehst in der Argumentation fehl.

Das BVerfG urteilt nicht in Strafsachen.

Das GG bindet in der Zielrichtung hauptsächlich den Staat, nicht die Einzelperson.

Wenn Du Dich mit dem "Gleisarbeiterfall" beschäftigst (einfach mal nachlesen) - dann würde Dir klar sein, dass Menschenleben nicht gegeneinander ab gewägt werden dürfen.

-> Dies führt im Ergebnis dazu, dass keine der Handlungen / Nichtstun strafbar ist, solange die Zielrichtung ist, Menschen zu RETTEN.

Richtig erkennst Du aber, dass dies eben nicht in Gesetze "gegossen" ist, weil Gesetze für den Regelfall sind, und solche (hoffentlich nie eintretenden) Einzelfälle nicht gesetzlich geregelt werden können.

Richtig erkennst Du weiterhin, dass die "Befehlskette" dazu keine Befehle geben darf - der Pilot handelt eigenverantwortlich - dem Recht und seinem Gewissen gegenüber.

@ ToMA:

Ein Abwägung Leben gegen Leben  (nach Anzahl, Qualität, Nation) ist nicht zulässig - insoweit sind alle Argumenationsketten, die darauf aufbauen, nicht durchdacht.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: schlammtreiber am 18. Oktober 2016, 09:45:32
Zitat von: LwPersFw am 17. Oktober 2016, 23:08:01
Und ich bleibe auch bei meiner Vermutung, wenn all Jene die ihn freigesprochen haben...Angehörige in der Maschine
gehabt hätten... wäre das "Volksurteil" anders ausgefallen...

Und bei Angehörigen im Stadion?
Insofern sind solche Betrachtungen müßig.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: ToMA am 18. Oktober 2016, 10:12:03
Zitat von: F_K am 18. Oktober 2016, 09:05:55

@ ToMA:

Ein Abwägung Leben gegen Leben  (nach Anzahl, Qualität, Nation) ist nicht zulässig - insoweit sind alle Argumenationsketten, die darauf aufbauen, nicht durchdacht.

Für mich bedeutet Leben gegen Leben, dass einer oder einige, die sonst weiterleben würden, geopfert werden. Das ist aber in diesem Szenario nicht der Fall gewesen.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: F_K am 18. Oktober 2016, 10:19:05
@ ToMA:

Sicher ist nichts - vielleicht verfehlt das Flugzeug ja das Stadion?

Vielleicht ist eine schmutzige Bombe im Stadion, und auch diese Personen sterben sicher?

Sicher ist, zumindest zu einem gewissen Grad, dass alle Personen sterben - man kann also kein Leben retten!

Man kann lediglich maximal einen Tod zu einem gewissen Zeitpunkt verhindern - mehr nicht.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: ToMA am 18. Oktober 2016, 10:50:39
Zitat von: F_K am 18. Oktober 2016, 10:19:05
@ ToMA:

Sicher ist nichts - vielleicht verfehlt das Flugzeug ja das Stadion?

Aber wie der Fernsehrichter treffend formuliert hat, kann man auch nicht von Wundern ausgehen (was hätte, könnte, würde). Die höchstmögliche Wahrscheinlichkeit genügt.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: schlammtreiber am 18. Oktober 2016, 12:38:25
Wie Keynes sagte: "In the long run, we are all dead!"
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: ToMA am 18. Oktober 2016, 13:50:26
Hier die theoretische/juristische Begründung für einen Schuldspruch, wenn sich das Publikum für schuldig entschieden hätte.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Kanonier am 20. Oktober 2016, 12:17:48
Wenn ich die Wahrheit sagen soll, dann hab ich den ersten Artikel nie verstanden. Die Würde des Menschen, ist für mich etwas, dass ausschließlich von Innen kommt. Was Würde mit Hartz 4 zu tun haben soll versteh ich nicht. Wieso das erhöht wird bezüglich der Menschenwürde. Du kannst 3 Tage die Woche nix zu fressen haben und trotzdem mit Selbstachtung und Würde durchs Leben gehen. Man kann auch den ekelhaftesten Job der Welt haben, im Müll anderer buddeln, dabei schlappe 2000€ bekommen und trotzdem Würde haben, weil man mit diesem Job seine Familie versorgt. Man kann auch von der ganzen Klasse gemobbt werden und trotzdem Würde haben, wenn man immerwieder die Stärke findet sich dem zu stellen. Diverse Soldaten, die trotz Folter und Todesdrohung die Cojones haben keine Informationen zu offenbaren. Man kann auch getötet werden und trotzdem Würde haben. Wenn ich mal an Nathan Hale erinnern darf und das berühmte Zitat:,,Ich habe nur zu bedauern, dass ich nur ein Leben habe, welches ich meinem Land schenken kann."

Für mich kommt Würde einzig daraus, wie man mit der Situation umgeht EGAL wie schlimm sie ist. In der Folge könnte man in einem abgeschoßenen Flugzeug umkommen und trotzdem Würde haben, wenn man mental mit der Tatsache des Todes entsprächend umgeht. Deswegen versteh ich nicht, wie man den Leute die würde nehmen soll. Das kann nur jeder Mensch selbst. Wenn du im Kreis rennst wie ein Huhn, die Arme in die Luft wirfst und kreischt, dass du nicht sterben willst, dann entwürdigst DU DICH SELBST, aber nicht der Pilot der auf das Flugzeug schießt. Würde ist eine Haltung des Geistes.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: wolverine am 20. Oktober 2016, 12:21:31
Vielleicht einmal nach der "Objektformel" suchen. Sonst führt das sicher zu weit und letzten Endes zu nichts.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Kanonier am 20. Oktober 2016, 12:35:50
Hab ich gelesen und finde, dass die Objektformel gar nix mit Würde zu tun hat.
Wenn man inhaltlich die Verfassung so gewählt hat, hätte man besser die Objektformel SELBER als ersten Artikel nehmen sollen.

Denn mit meiner Würde hat niemand sonst was zu tun. Der kommandeur kann mir befehlen alle Klos der Kaserne mit der Zahnbürste zu schruben. Wenn ich mit der richtige positiven geistigen Haltung da rangehe, dass ich etwas beitrage, kann verliere ich auch da meine Würde nicht.
Objektformel und Würde sind für mich 2 total verschieden paar Schuhe
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 20. Oktober 2016, 12:49:48
Zitat von: Kanonier am 20. Oktober 2016, 12:35:50
Wenn ich mit der richtige positiven geistigen Haltung da rangehe, dass ich etwas beitrage, kann verliere ich auch da meine Würde nicht.

Wolverine hat es vorausgesehen:
Zitat von: wolverine am 20. Oktober 2016, 12:21:31
Sonst führt das sicher zu weit und letzten Endes zu nichts.

Wem ich durch Folter die Würde abspreche, weil ich mich nicht an die Position des Artikel 1 gebunden fühle, dann hilft es dem Opfer nicht, wenn er das Gefühl oder die geistige Haltung hat "irgendetwas beizutragen". Der Artikel setzt die Grenze, innerhalb der das Individuum geschützt ist und die niemand zu übertreten hat.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: Kanonier am 20. Oktober 2016, 12:55:00
ich streite ja nicht über den Inhalt und die Bedeutung, sondern über Ausdrucksweise in Form des Begriffs Würde. Ich bin einfach der Meinung, dass Würde von sich aus unantastbar ist, aber das wäre dann eher eine Frage die Philosophen klären sollten.
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: KlausP am 20. Oktober 2016, 13:00:57
Googeln Sie doch einfach mal nach dem Begriff "Menschenwürde" und lesen sich u.a. den entsprechenden Eintrag bei Wikipedia durch. Da steht im ersten Absatz:

Zitat... Menschenwürde ist ein Begriff, der in der deutschsprachigen Rechtsphilosophie und Rechtstheorie für bestimmte Grundrechte und Rechtsansprüche des Menschen steht (dies ist von der umgangssprachlichen Bedeutung des Begriffes Würde zu unterscheiden). Im modernen Sinne versteht man darunter, dass alle Menschen unabhängig von all ihren Unterscheidungsmerkmalen wie Herkunft, Geschlecht, Alter oder Zustand denselben Wert haben, und dass dieser Wert über dem aller anderen Lebewesen und Dinge steht. ...
Titel: Antw:Jung würde entführtes Flugzeug abschießen lassen
Beitrag von: StOPfr am 20. Oktober 2016, 13:02:26
Zitat von: Kanonier am 20. Oktober 2016, 12:55:00
Ich bin einfach der Meinung, dass Würde von sich aus unantastbar ist...

Das ehrt dich. Aber so selbstverständlich war und ist das wohl nicht, denn dann wäre der Artikel nicht notwendig gewesen oder anders formuliert worden.