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Die Lage in Afghanistan

Begonnen von schlammtreiber, 17. Juni 2011, 12:10:43

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schlammtreiber

Die Süddeutsche fragt, was die US-Abzugsbewegungen wohl konkret für den Sektor der Bundeswehr bedeuten

http://www.sueddeutsche.de/politik/obamas-abzug-aus-afghanistan-die-deutschen-stehen-mit-kurzen-roeckchen-da-1.1111797

Eine zu schnelle Truppenreduzierung würde die errungenen Erfolge (siehe auch hierzu im Artikel) bedenklich gefährden.
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schlammtreiber

Ein Versuch, den Krieg ,,messbar" zu machen.

Die RAND Corporation hat vor einiger Zeit eine Studie zu den Ursachen erfolgreicher (und erfolgloser) Counterinsurgency erstellt (Paul, Christopher/Clarke, Colin P./Grill, Beth: "Victory Has a Thousand Fathers. Sources of Success in Counterinsurgency", RAND Corporation, Santa Monica 2010.) Diese Studie arbeitete anhand der COIN-Konflikte zwischen 1978 und 2008 (also die "modernsten" Fälle) eine Reihe positiver und negativer Praktiken und Faktoren heraus. Das Vorhandensein oder Fehlen dieser Faktoren wird durch ein Set von ,,Subfaktoren" indiziert. Anschließend werden die positiven und negativen Faktoren ,,abgewogen" um eine Prognose zum Ausgang des Konfliktes (COIN-Sieg oder COIN-Niederlage) zu treffen. Der Abgleich mit den historischen Fallbeispielen zeigt eine erstaunliche Belastbarkeit: ab einem Wert von Null oder darunter siegten historisch stets die Insurgenten, alle Siege der COINs hatten positive Werte (+5 und darüber). Die Methode scheint also eine hohe Zuverlässigkeit zu besitzen. Zur näheren Erläuterung siehe hier:
http://www.rand.org/pubs/monographs/2010/RAND_MG964.pdf

Nun wurde diese Methode auf Afghanistan angewandt. Eine Expertenkommission wurde aufgefordert, in Zusammenarbeit und anhand vorsichtiger Annahmen eine entsprechende ,,scorecard" für den Konflikt (Stand Anfang 2011) zu erstellen. Es sollte sich dabei ausdrücklich um ,,worst case"-Annahmen handeln:

ZitatThe current research effort involved developing and conducting an expert elicitation exercise to complete the scorecard for operations in Afghanistan in early 2011. A panel of 11
experts on Afghanistan were asked to make "worst-case" assessments of the scorecard factors.
Based on consensus results for the scorecard, early 2011 Afghanistan scores +3.5. This score is lower than the lowest-scoring COIN win in the past 30 years (which was +5), but it is higher than the highest-scoring loss (which was 0). This highlighted that certain factors are absent whose presence would likely increase the prospects for success.

Paul, Christopher: "Counterinsurgency Scorecard. Afghanistan in Early 2011 Relative to the Insurgencies of the Past 30 Years", RAND Corporation, Santa Monica 2011.
http://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/occasional_papers/2011/RAND_OP337.pdf

Die einzelnen Faktoren und Bewertungen können unter diesem Link eingesehen werden.

Das Ergebnis ist nicht ganz einfach zu bewerten, da es mit +3,5 in die ,,empirische Lücke" zwischen 0 und +5 Punkten fällt. Die Tendenz ist jedoch positiv, und angesichts der Tatsache, dass eben der ,,worst case" angenommen wurde, könnte man mit Fug und Recht auch ein noch positiveres Ergebnis (bis zu einem gewissen Grad!) als realistisch einstufen.

Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass ,,militärische" Faktoren relativ gut abschneiden, während schwarze Punkte eher politisch bedingt sind – sei es die mangelnde Kompetenz und Verlässlichkeit der afghanischen Regierung und Administration, oder der relativ ungestörte Rückzugsraum im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet – bzw. schlicht in afghanischer Verantwortung liegen. So liest sich dann auch die Empfehlung zur weiteren Verbesserung:

ZitatOf these five factors, most are things that the International Security Assistance Force
(ISAF) can do little about, directly. (...) This suggests that ISAF would do well to focus on increasing the good factors that are present (as discussed earlier), ensuring that the bad factors that are absent stay that way, and encouraging the Afghan government to increase the good factors under its control and decrease the bad factors under its control.

Mein Kommentar dazu: es ist immer schwierig, Konflikte bzw. Kriege anhand mathematisch zuverlässiger Parameter erfassen zu wollen, aber die hier gezeigte RAND-Methode kann auf eine hohe Übereinstimmung mit historischer Empirie pochen. Das Ergebnis zeigt, dass ISAF zwar schon auf dem richtigen Weg ist, allerdings noch einige Arbeit zu tun bleibt, wenn das Gewonnene nicht riskiert und verloren werden soll.

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schlammtreiber

Das Programm zur Aufstellung und Bewaffnung lokaler Milizen in Afghanistan wird ausgeweitet

http://www.usatoday.com/news/world/afghanistan/2011-06-29-coalition-expands-afghan-forces_n.htm

Diese Milizen, bestehend aus ortskundigen Einheimischen, in den Dörfern stationiert und unter der Aufsicht der Dorfältesten, haben sich als relativ effizient erwiesen wenn es darum geht, Talibankämpfern das Einsickern in die Dörfer und die Unterwanderung derselben zu verweigern.

Scheinbar hat auch die Regierung in Kabul ihre anfänglichen Bedenken dagegen etwas reduziert.
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schlammtreiber

Eine knappe Seite Text, aber sehr informativ:

Ein Talib namens Mohammed, der gegen ein korruptes Justizsystem ist.
Ein tapferer Leutnant namens Mohammed, der für sein Land gegen die Taliban kämpft.
Ein Milizkommandeur namens Noor, der von den Taliban zur ISAF überläuft, obgleich er die afghanische Regierung nicht für perfekt hält.
Mittendrin ein paar Amerikaner, die sich im Rennen gegen die Zeit sehen.

Das ganze afghanische Dilemma, oder zumindest große Teile davon, auf nur einer Seite.

http://www.washingtonpost.com/opinions/against-the-clock-in-afghanistan/2011/06/30/AGZtTmsH_story.html

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schlammtreiber

Der offizielle "Fortschrittsbericht Afghanistan" der Bundesregierung ist da:

http://www.spiegel.de/media/0,4906,26407,00.pdf

Laut dem eigentlich notorisch regierungskritischen SPIEGEL ist der Bericht "ungeschminkt" und realistisch. Mein persönlicher Eindruck: das meiste könnte ich so unterschreiben wie es da steht, mit leichten Ausnahmen z.B. bei der Möglichkeit der Truppenreduzierung.

Die Essenz kann man so lesen: militärisch ist die Lage ganz gut, die Streitkräfte (ISAF) haben ihren Teil des Jobs weitgehend getan. Das Problem ist nun in den bisher bestehenden Unzulänglichkeiten des zivilen (wirtschaftlichen und politischen) Aufbaus zu sehen. Hier liegt aber auch einer der größten Risikofaktoren: die durch ISAF erkämpfte Sicherheit muss zur Rückgewinnung der gesicherten Gebiete durch die afghanische Administration führen (d.h. der Staat muss dort wieder präsent werden und sich um die Anliegen seiner Bürger kümmern) um deren Legitimität zu festigen. Geschieht dies nicht, waren alle militärischen Erfolge umsonst. Der zweite große Risikofaktor liegt in einem zu schnellen Abzug der internationalen Truppen, was zu einer erneuten Verschlechterung der Sicherheitslage führen könnte. Logisch.
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schlammtreiber

Die USA werden den Schwerpunkt ihrer Truppen demnächst nach Osten verlagern:

http://www.nytimes.com/aponline/2011/07/04/world/asia/AP-AS-Afghanistan.html?_r=1&ref=world


Nachdem im Sektor Süd große Fortschritte erzielt wurden, soll nun der Sektor Ost stärker bearbeitet werden.
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General Rodriguez zieht eine Zwischenbilanz:

http://www.washingtonpost.com/blogs/checkpoint-washington/post/rodriguez-indisputable-progress-in-afghanistan-with-some-caveats/2011/07/06/gIQApcsh0H_blog.html

Die Lage entwickelt sich positiv - aber man darf jetzt nicht nachlassen.
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Panetta ist optimistisch, was die weiteren Erfolge gegen Al Quaida angeht:

http://smallwarsjournal.com/blog/2011/07/afghanistan-al-qaeda-update/

Das steht zwar nur teilweise in direkter Verbindung zur Sicherheitslage in Afghanistan, stellt aber dennoch einen wichtigen Faktor dar.



Ein probates Mittel, um die Insurgenten unter Druck zu setzen, sind "Night Raids" durch Spezialeinheiten. Diese haben sich als sehr effektiv bewährt, und ihre Genauigkeit hat sich gebessert, trotzdem gibt es noch ein deutliches "Imageproblem":

http://www.nytimes.com/2011/07/09/world/asia/09nightraids.html?hp

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Petraeus verabschiedet sich nach Washington und schätzt noch einmal die Lage ein:

http://www.nytimes.com/2011/07/11/world/asia/11petraeus.html?ref=world

Wie von ihm gewohnt zurückhaltend und vorsichtig, trotzdem sind massive Fortschritte deutlich.
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schlammtreiber

Zur Frage "messbarer Erfolg" hier ein Bericht aus der Provinz Helmand, ehemals Hochburg und Herzland der Taliban, mittlerweile Terrain der US Marines.

http://www.defense.gov//News/NewsArticle.aspx?ID=64610

Marines Discuss Counterinsurgency Successes in Helmand

Das interessante hierbei: das "unbestimmte Gefühl, dass es besser wird" weicht einem Erfolg, der durch belastbare Fakten belegt werden kann.
Die Aktivitäten der Gegner nehmen ab. Die Frühjahrsoffensive bleibt aus. Statt dem jahrelangen Zyklus "Sommeroffensive der Taliban, Winteroffensive der NATO" ist ISAF nun das ganze Jahr über in der Offensive. Die messbare Unterstützung der Bevölkerung (z.B. IED-Tipps, Teilnahme am Milizprogramm) wächst, und das Verhalten der Menschen wird "normaler" und friedensmäßiger (Märkte eröffnen, Kinder gehen zur Schule). Der wohl bemerkenstwerteste Satz des ganzen Artikels aber ist dieser hier:

ZitatThe Marines will continue the counterinsurgency fight, the commanders said. Time is their ally.

Hier arbeitet die Zeit GEGEN den Guerilla.

Die militärischen Erfolge von ISAF sind real, und sie sind mehr als bemerkenswert.
Aber: wenn die militärisch erkämpften Freiräume nicht durch politischen und wirtschaftlichen Aufbau genutzt werden, war das umsonst. Jetzt sind Regierungen, NGOs und internationale Organisationen gefragt.

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schlammtreiber

#25
Die Ermordung von A.W. Karzai dürfte ein Rückschlag für die örtlichen Bemühungen um Wiederaufbau sein:

http://www.washingtonpost.com/national/national-security/ahmed-wali-karzai-had-rebuilt-relationship-with-us/2011/07/12/gIQAs4KoAI_story.html?hpid=z1

http://www.sueddeutsche.de/politik/karsais-getoeteter-halbbruder-und-die-folgen-fuer-afghanistan-machtvakuum-nach-dem-mord-1.1119536



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schlammtreiber

Die Gerüchteküche um die Gespräche zwischen Taliban und GIRoA trägt zur Erheiterung bei:

http://www.nytimes.com/reuters/2011/07/15/world/asia/international-us-afghanistan-omar-talks.html?_r=1&ref=world

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schlammtreiber

Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen hat begonnen. Neben relativ ruhigen Orten wie Masar-i-Sharif sticht eine Stadt dabei besonders ins Auge: Lashkar Gah

http://www.washingtonpost.com/world/in-southern-afghanistan-a-modest-transition/2011/07/20/gIQA3hl5PI_story.html

Die im einst heftig umkämpften Süden des Landes gelegene Stadt gilt als Härtetest für die Übergabe an die ANSF. Trotzdem stehen die Zeichen gar nicht so schlecht.
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StOPfr

tagesschau.de berichtet aus Afghanistan, wo heute (23.07.2011) die Übergabe der Verantwortung an die ANA in Masar-i-Scharif ansteht:

Besuch in Afghanistan
Westerwelle verspricht Kooperation auch nach Abzug

Zitat: "Außenminister Guido Westerwelle strebt nach eigenen Worten eine langfristige strategische Partnerschaft mit Afghanistan für die Zeit nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen 2014 an. ,Wir werden Afghanistan nicht vergessen', sagte er in Masar-i-Scharif.
Die nordafghanische Stadt wird morgen als erstes Gebiet im deutschen Verantwortungsbereich an afghanische Sicherheitskräfte übergeben. Damit werden die Weichen für die Reduzierung der mehr als 5000 Bundeswehrsoldaten gestellt."


Quelle
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schlammtreiber

Kürzlich haben afghanische und alliierte Truppen ein Camp der Haqqani-Clique in Ostafghanistan ausgehoben und dabei circa 80 Insurgenten getötet. Hierbei haben sie offenbar auch Hilfe von übergelaufenen ehemaligen Taliban erhalten. Ein kleiner Einblick:

http://security.blogs.cnn.com/2011/07/26/rare-glimpse-into-u-s-special-operations-forces-in-afghanistan/

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