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Schikane: Der Umgang mit kritischen Soldaten

Begonnen von Niederbayer, 02. Juni 2013, 13:39:44

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christoph1972

Ich frage mich jetzt gerade, ob unter Beachtung der Rechtssprechung aus dem "Pfaff"-Urteil, einem Soldaten überhaupt vorgeworfen werden kann, wenn er einen Befehl verweigert, weil er "richtig" erkennt, dass ein Befehl "rechtswidrig" ist, weil er gegen Verfassungsrecht verstößt, dass durch einfach gesetzliche Regelung konkretisiert wurde.

Nur weil der Befehl keinen Straftatbestand verwirklicht, heißt das ja wohl nicht, ich muss jeden Befehl ausführen, der unter Missachtung der eindeutigen gesetzlichen Regelung gegeben wurde. Sofern ich mich richtig an die diversen Rechtsunterrichte erinnere, entbindet die Befolgung eines rechtswidrig gegebenen Befehls den Soldaten nur dann von seiner persönlichen Verantwortlichkeit, wenn dieser "erkennbar" gegen geltendes Recht verstößt oder nicht dienstlichen Zwecken dient.

Ja, ich hätte den Befehl zur Evakuierung dt. Staatsbürger auch ausgeführt, weil ich eine Ausnahme von § 5 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz angenommen habe/hätte, wegen "Gefahr in Verzug". Allerdings hätte ich auch erwartet, dass die BReg zumindest das vereinfachte Verfahren der (nachträglichen) Zustimmung durchführt. Da hat die BReg auch kein Verweigerungsrecht, sondern ist gesetzlich verpflichtet!!!

Ich kann Andi da verstehen. Allerdings würde ich als beisitzender Richter hier klar unterscheiden wollen, zwischen humanitären Rettungseinsatz und dem Gewissenskonflikt und einem Einsatz, der klar vorab zumindest dem vereinfachten Zustimmungsverfahren bedarfs.

Ich bin auf das Urteil gespannt.

,,Pazifisten sind wie Schafe, die glauben, der Wolf sei ein Vegetarier."

Yves Montand
französischer Schauspieler und Chansonnier
* 13. 10. 1921 - Monsumagno, Italien
† 09. 11. 1991 - Senlis

justice005

ZitatNur weil der Befehl keinen Straftatbestand verwirklicht, heißt das ja wohl nicht, ich muss jeden Befehl ausführen, der unter Missachtung der eindeutigen gesetzlichen Regelung gegeben wurde.

Du darst nicht die Rechtmäßigkeit mit der Verbindlichkeit verwechseln. Da gibt es eine ganz strenge Trennung, die auch sowohl in der Literatur wie auch in der Rechtsprechung völlig unstrittig ist und auch nicht in Frage gestellt wird.

Rechtmäßige Befehle: --> müssen immer befolgt werden   (einzige (!!!) Ausnahme in 60 Jahren Rechtsprechung war das Pfaff-Urteil
Rechtswidrige Befehle: --> müssen ebenfalls befolgt werden, sofern er verbindlich ist.

Wann ist ein Befehl unverbindlich, kann aber freiwillig befolgt werden?

- wenn er gegen die Menschenwürde verstößt
- wenn er keinen dienstlichen Zweck hat
- wenn er unzumutbar ist (also unverhältnismäßig in die persönlichen Grundrechte des Befelsempfängers eingreift)

Wann ist ein Befehl unverbindlich und muss verweigert werden?

- Wenn es sich um die Aufforderung zu einer Straftat handelt?
- Wenn es sich um einen schweren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht handelt?

ZitatAusgangspunkt für mein Gewissen als Mensch und Soldat sind das Grundgesetz und mein Eid.

Du hast Recht, dass das Gewissen etwas Individuelles ist. Mein Gewissen würde sich aber erst dann melden, wenn der ganze Auftrag verfassungswidrig wäre (z.B. ein verfassungsechtlich verbotener Angriffskrieg). Da hier aber die BW Ihren ganz normalen von der Verfassung explizit vorgesehenen Auftrag erfüllt hat, sehe ich das als Befehlsempfänger unkritisch.

ZitatUnd in meinem Eid habe ich nunmal geschworen das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Und warum das so ist sagt dir die deutsche Geschichte.

Zum Recht des Deutschen Volkes gehören aber auch die genannten Verbindlichkeitsregeln des § 11 Solatengesetz. ;)

ZitatWenn du meinst. Dann haben dass wohl alle Fraktionen (bis auf die Linkspartei) aber anders interpretiert als du, als sie in Parlamentsbeteiligungsgesetz hineingeschrieben haben "Gleiches gilt für Einsätze zur Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen

Das Parlamentsbeteiligungsgesetz hat nicht nur das Urteil des Bundesverfassungsverfassungsgerichts umgesetzt, sondern ist durchaus darüber hinaus gegangen. Es ist also möglich, dass das ParlBetG deutlich weiter geht, als es ursprünglich vom BVerfG gefordert war. Da bin ich mir allerdings nicht sicher, daher warte ich das nächste Urteil auch mit Spannung ab.


wolverine

Bei einem tatbestandlichen Diebstahl kann ich auch vorbringen, dass ich die Eigentumsverteilung mit meinem Gewissen nicht länger vereinbaren konnte. Aber das wird mir im Strafprozess wahrscheinlich nicht nützen.
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justice005

ZitatBei einem tatbestandlichen Diebstahl kann ich auch vorbringen, dass ich die Eigentumsverteilung mit meinem Gewissen nicht länger vereinbaren konnte. Aber das wird mir im Strafprozess wahrscheinlich nicht nützen.

Sehr plastisches Beispiel, was den Kern des Problems aber sehr gut trifft...  ;D

christoph1972

@justice005 Ich hatte die Vorschriften in § 11 SG immer dahingehend verstanden, dass ich in entsprechender Anwendung der §§ 62, 63 BBG verpflichtet bin, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit, diese in geeigneter Form meinem Vorgesetzten mitzuteilen. In der Regel gehe ich ja erstmal davon aus, dass die gegebenen Befehle in Übereinklang mit den Gesetzen und den weiteren Vorschriften stehen.

Bündiger Spruch dazu ist ja: "Erstmal ausführen, dann beschweren.".

Soweit ich mich zurück erinnern kann, bin ich zwar grundsätzlich immer verpflichtet einen Befehl auszuführen, Grundprinzip von Befehl und Gehorsam, wenn ich aber den Umständen nach erkennen kann, dass der Befehl eine Straftat verwirklicht, muss ich ihn verweigern. Schwere Verstöße - wenn es denn überhaupt leichte Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht gibt - sind ja im sog. "Rom-Statut" aufgezählt, darf ich erst gar nicht befolgen.

Denn spätestens seit den "Nürnberger Prozessen" ist ja wohl hinreichend bekannt, dass es den "rechtfertigenden Befehlsnotstand" nicht gibt.

Da ich immer die volle Verantwortlichkeit für die gegebenen und befolgten Befehle trage, und ich nicht als Angeklagter vor den Internationalen Strafgerichtshof oder einem deutschen Strafgericht stehen möchte, werde ich bei zweifelhaften Charakter eines Befehls, der für mich in dieser Situation erkennbar rechtswidrig und eine Straftat, ggf. nach dem "Rom-Statut" verwirklicht, wohl ggf. verweigern bzw. der schriftlichen Bestätigung des Befehls wählen und den Weg der Beschwerde wählen.

Nur weil ich Soldat bin, gebe ich noch lange nicht mein Gewissen am Kasernentor ab. Ich bin Staatsbürger in Uniform, und nicht gewissenloser Befehlsempfänger ohne eigenen Willen. Und ja, das Prinzip von Befehl und Gehorsam ist wichtig, Wichtig ist aber auch zu verstehen, dass die Bundeswehr nicht ein Staat im Staat ist, und ein Soldat blindlings darauf vertrauen kann, dass die gegebenen Befehle immer völlig in Übereinklang mit den Gesetzen stehen.

Wenn das der Fall wäre, wären Institutionen wie Truppendienstgericht und der WBdDBT überflüssig. Soldaten sind Menschen, Menschen haben ein Gewissen und auch eigene moralische Vorstellungen und machen Fehler.

Das Prinzip der "Inneren Führung" soll ja gerade die Prinzipien des Staatsbürgers in Uniform stärken und fördern. Dass diese Förderung nun auch mal Schatten- und nicht nur Sonnenseiten für den (ungestörten) Dienstbetrieb hat, war den Vätern der "Inneren Führung" wohl bekannt. Denn diese haben noch miterlebt, welche Folgen es hatte, wenn "zweifelhafte" Befehle "blindlings" ohne Befragung des eigenen Gewissens ausgeführt werden. Die meisten Befehle waren sogar von damals geltenden nationalen Recht gedeckt.

Die Väter und Mütter unserer Verfassung haben gut daran, die Art. 1 und 20 GG durch 79 III GG auf "Ewigkeit" festzuschreiben.

,,Pazifisten sind wie Schafe, die glauben, der Wolf sei ein Vegetarier."

Yves Montand
französischer Schauspieler und Chansonnier
* 13. 10. 1921 - Monsumagno, Italien
† 09. 11. 1991 - Senlis

justice005

Zitat@justice005 Ich hatte die Vorschriften in § 11 SG immer dahingehend verstanden, dass ich in entsprechender Anwendung der §§ 62, 63 BBG verpflichtet bin, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit, diese in geeigneter Form meinem Vorgesetzten mitzuteilen.

Der § 11 SG ist nicht mit dem BBG vergleichbar. Der Soldat hat zwar natürlich das Recht, auf rechtswidrige Befehle hinzuweisen. Aber hat nicht die Pflicht dazu und letztlich hat das auch keine Auswirkungen auf die Frage des Gehorsams. Der Untergebene ist nur verpflichtet, die Verbindlichkeit zu prüfen und zu bewerten.

ZitatSoweit ich mich zurück erinnern kann, bin ich zwar grundsätzlich immer verpflichtet einen Befehl auszuführen, Grundprinzip von Befehl und Gehorsam, wenn ich aber den Umständen nach erkennen kann, dass der Befehl eine Straftat verwirklicht, muss ich ihn verweigern. Schwere Verstöße - wenn es denn überhaupt leichte Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht gibt - sind ja im sog. "Rom-Statut" aufgezählt, darf ich erst gar nicht befolgen.

jep, so ist es.

ZitatDenn spätestens seit den "Nürnberger Prozessen" ist ja wohl hinreichend bekannt, dass es den "rechtfertigenden Befehlsnotstand" nicht gibt.

Richtig. das gilt aber nur für die genannten schweren Verstöße gegen das HVr und für Straftaten. Bei der Erfüllung sonstiger rechtswidriger aber verbindlicher Befehle ist der Soldat im Sinne eines echten Rechtfertigungsgrunds gerechtfertigt. Die Ausrede "Ich habe nur Befehle befolgt" ist also Unsinn, wenn es sich um Straftaten oder Verstöße gegen das HVr handelt. Die Ausrede ist aber sehr wohl erfolgreich, wenn es sich um einen verbindlichen Befehl gehandelt hat. Der Soldat handelt als Befehlsempfänger dann rechtmäßig.

ZitatDa ich immer die volle Verantwortlichkeit für die gegebenen und befolgten Befehle trage, und ich nicht als Angeklagter vor den Internationalen Strafgerichtshof oder einem deutschen Strafgericht stehen möchte, werde ich bei zweifelhaften Charakter eines Befehls, der für mich in dieser Situation erkennbar rechtswidrig und eine Straftat, ggf. nach dem "Rom-Statut" verwirklicht, wohl ggf. verweigern bzw. der schriftlichen Bestätigung des Befehls wählen und den Weg der Beschwerde wählen.

Erstens werden dort nur Straftaten verfolgt, sodass es sich im Vorfeld definitiv um einen unverbindlichen Befehl gehandelt hat. Zweitens wirst du als deutscher Soldat dort sowieso niemals stehen, weil der IStGH nur zuständig ist, wenn das eigene Land nicht willens oder in der Lage ist, die Strafverfolgung selbst vorzunehmen. Seit Einführung des VStG in Deutschland ist diese Gefahr für Deutsche Soldaten somit gebannt.

ZitatNur weil ich Soldat bin, gebe ich noch lange nicht mein Gewissen am Kasernentor ab. Ich bin Staatsbürger in Uniform, und nicht gewissenloser Befehlsempfänger ohne eigenen Willen.

Ja, das ist ja völlig richtig. Das ist aber auch überhaupt kein Problem, wenn man die Rechtmäßigkeit mit der Verbindlichkeit von Befehlen nicht verwechselt.

ZitatWenn das der Fall wäre, wären Institutionen wie Truppendienstgericht und der WBdDBT überflüssig. Soldaten sind Menschen, Menschen haben ein Gewissen und auch eigene moralische Vorstellungen und machen Fehler.

Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht, was du sagen möchtest....

ZitatDas Prinzip der "Inneren Führung" soll ja gerade die Prinzipien des Staatsbürgers in Uniform stärken und fördern. Dass diese Förderung nun auch mal Schatten- und nicht nur Sonnenseiten für den (ungestörten) Dienstbetrieb hat, war den Vätern der "Inneren Führung" wohl bekannt. Denn diese haben noch miterlebt, welche Folgen es hatte, wenn "zweifelhafte" Befehle "blindlings" ohne Befragung des eigenen Gewissens ausgeführt werden. Die meisten Befehle waren sogar von damals geltenden nationalen Recht gedeckt.

Diesem Problem wird mit der Verbindlichkeitsprüfung ja auch ausreichend Rechnung getragen.

Ich kann mich nur wiederholen. Bevor man anfängt, über dieses Thema wirklich zu disktutieren, muss die Trennung zwischen Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit völlig klar sein.

Die Rechtmäßigkeit ist eine reine Pflicht für Befehlsgeber, vergl. § 10 IV Soldatengesetz. Den Befehlsempfänger geht die Rechtmäßigkeit nicht das geringste an, um es mal deutlich zu sagen. Den Befehlsempfänger geht nur der § 11 SG etwas an, und hierfür ist die Rechtmäßigkeit völlig egal, da es hier nur um die Verbindlichkeit geht.

Den Erfahrungen aus der Nazi-Zeit wurde durch diese Verbindlichkeitsregeln ausreichend Rechnung getragen. Der Staatsbürger in Uniform hat in manchen Fällen das Recht, in manchen Fällen sogar die Pflicht (!), Befehle zu verweigern. Das ist in einem demokratischen Rechtsstaat auch gut und wichtig, denn den blinden Gehorsam will niemand mehr. Allerdings ist der Maßstab hierfür eben gerade nicht die Rechtmäßigkeit von Befehlen. Das wird - wie man hier im Thread auch sehen kann - gerne verwechselt.




christoph1972

Vielleicht bin ich ja gerade etwas begriffsstutzig, weil Montag ist ...

Grundsätzlich sind alle Befehle zu befolgen. Da besteht kein Zweifel dran.

Aber

§ 11 Abs. 2 SG:

(2) Ein Befehl darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Untergebene den Befehl trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

Das habe ich bisher so verstanden, wenn ich für mich erkenne, dass der Befehl eine Straftat darstellt, muss ich die Ausführung verweigern, § 11 II S. 1 SG. Der gegebene Befehl ist dann nicht verbindlich.

Insofern habe ich schon zu prüfen, ob ein Befehl nicht nur verbindlich, sondern auch rechtmäßig ist. Im allgemein Dienstbetrieb dürfte ziemlich unstrittig sein, dass die Regelung des § 10 IV SG weitestgehend Beachtung findet. Was ich mit der Einrichtung der Truppendienstgericht und der Aufgabe des WBdBT zum Ausdruck bringen wollte, wenn alle Vorgesetzten immer im völligen Übereinklang mit Recht und Gesetz befehlen und handeln würden, dann wären Truppendienstgericht "ziemlich überflüssig", Fragen des Dienstrechts mal ausgenommen, und der WBdBT tatsächlich der Kummerkasten der Soldaten.

Wenn ich mir aber die veröffentliche Rechtssprechung der Truppendienstgerichte bzw. des BVerwG zu dem Thema anschaue und mir die Berichte des WBdBT anschaue, dann gibt es mir regelmäßig zu denken, ob die Ausbildung so schlecht ist oder es einfach mal an vernünftiger Dienstaufsicht mangelt und der Menschenverstand und das "Gewissen" am Kasernentor abgegeben wurde.

Sicher, es handelt sich GsD um Einzelfälle. Aber schlimm genug, dass es immer wieder Vorgesetzte gibt, die unter völliger Missachtung der Rechts- und Vorschriftenlage Befehle erteilen bzw. sich so verhalten, dass dies disziplinar mit der Entlassung geahndet wird.

Im Übrigen lassen sich Gesetze auch wieder aufheben. Ich nehme zwar mal an, dass das VStG auf Dauer in Kraft bleibt, aber nichts ist so beständig wie die Veränderung.

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Yves Montand
französischer Schauspieler und Chansonnier
* 13. 10. 1921 - Monsumagno, Italien
† 09. 11. 1991 - Senlis

F_K

ZitatInsofern habe ich schon zu prüfen, ob ein Befehl nicht nur verbindlich, sondern auch rechtmäßig ist.

Hast Du eben NICHT.

Du solltest nur prüfen, ob es eine STRAFTAT ist. Eben nicht die "rechtmäßigkeit".

Beispiel: Du bist Fahrer, ich befehle eine überhöhte Geschwindigkeit - dienstlicher Zweck? Vielleicht - rechtmäßig - nein! (weil es da Bestimmungen gegen gibt, hier sogar OWi) - verbindlich JAAAAAAAAAAAAAAAAA.

christoph1972

Zitat von: F_K am 03. Juni 2013, 11:08:52
ZitatInsofern habe ich schon zu prüfen, ob ein Befehl nicht nur verbindlich, sondern auch rechtmäßig ist.

Hast Du eben NICHT.

Du solltest nur prüfen, ob es eine STRAFTAT ist. Eben nicht die "rechtmäßigkeit".

Beispiel: Du bist Fahrer, ich befehle eine überhöhte Geschwindigkeit - dienstlicher Zweck? Vielleicht - rechtmäßig - nein! (weil es da Bestimmungen gegen gibt, hier sogar OWi) - verbindlich JAAAAAAAAAAAAAAAAA.

Ich glaube, ich habe mich da missverständlich ausgedrückt.

Um beim berühmten Beispiel der Owi zu bleiben, logisch, ich verwirkliche den Tatbestand eines Verstoßes gegen die StVO. Befehl ohne Zweifel rechtswidrig, aber verbindlich, weil keine Straftat begangen wird. Dienstlichen Zweck würde ich erstmal bejahen, weil ich bei Dir davon ausgehe, dass Du natürlich Deiner Pflicht aus § 10 IV SG genügst  ;)

Gegenbeispiel: Du befiehlst 2 weiteren Kameraden und mir, den Schützen "Stinktier", der seit Tagen weder geduscht noch seine vor Dreck stehende Uniform gewechselt hat, unter Anwendung "einfacher" körperlicher Gewalt, auszuziehen und unter die Dusche zu stellen.

Dienstlicher Zweck => Gesunderhaltung des Schützen "Stinktier", Verhindern einer Schädigung des Ansehens der Bundeswehr, Verhindern des Einschleppens von Parasiten in die Unterkunft.
Demnach wäre der Befehl verbindlich, obwohl ich erkennen könnte, dass die Straftat "Nötigung" begangen wird?
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Yves Montand
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† 09. 11. 1991 - Senlis

wolverine

Zitat von: christoph1972 am 03. Juni 2013, 11:34:55
Demnach wäre der Befehl verbindlich, obwohl ich erkennen könnte, dass die Straftat "Nötigung" begangen wird?
Erkennen muss (Recht hat man zu kennen!) und damit klar unverbindlich!
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christoph1972

Zitat von: wolverine am 03. Juni 2013, 11:37:58
Zitat von: christoph1972 am 03. Juni 2013, 11:34:55
Demnach wäre der Befehl verbindlich, obwohl ich erkennen könnte, dass die Straftat "Nötigung" begangen wird?
Erkennen muss (Recht hat man zu kennen!) und damit klar unverbindlich!

Eben ... Ich prüfe die Rechtmäßigkeit, differenziere, ob "nur" Owi oder eben "Straftat" und entscheide daher ob verbindlich oder unverbindlich. Wobei ich erst einmal davon ausgehe, das der Befehl in Einklag mit § 10 IV SG gegeben wurde. Vermutlich säume ich das Pferd damit von hinten auf.

Logischer Soldatengedankengang = Befehl verbindlich, Ausführung des Befehls verwirklicht keinen Straftatbestand, also alles okay!?

Ich denke definitiv zu viel nach ....
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Yves Montand
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† 09. 11. 1991 - Senlis

justice005

*lach*

Du verwechselst immer noch Verbindlichkeit mit Rechtmäßigkeit. Du musst dich einfach ganz grundlegend von der Vorstellung verabschieden, dass das eine irgendetwas mit dem anderen zu tun hat. Das eine bedingt das andere nicht, sondern wird völlig unabhängig geprüft und bewertet.

ZitatIch prüfe die Rechtmäßigkeit, differenziere, ob "nur" Owi oder eben "Straftat" und entscheide daher ob verbindlich oder unverbindlich.

Nein. Du prüfst eben nicht die Rechtswidrigkeit, sondern du prüfst NUR die Verbindlichkeit. Das Prüfschmema der Verbindlichkeit sieht aus wie folgt:

1. Keine Aufforderung zur Straftat?
2. Keine Aufforderung zum (schweren) HVR-Verstoß?

Wenn du diese beiden Fragen positiv beantwortet hast, dann weißt du schon mal, dass du nicht verpflichtet bist, den Befehl zu verweigern. Ab jetzt trägst du keine eigene Verantwortung mehr. Jetzt musst du noch weiter prüfen, ob du vielleicht den Befehl verweigern "darfst", wenn du möchtest.

3. Dienstlicher Zweck?
4. Kein Verstoß gegen die Menschenwürde?
5. Kein unverhältnismäßiger Eingriff in deine persönlichen Grundrechte?

Wenn du eine der Fragen verneinst, kannst du den Befehl verweigern, wenn du möchtest. Wenn du alle Fragen bejahst, dann ist der Befehl verbindlich und muss ausgeführt werden.

Du findest also ein richtiges Ergebnis, ohne Dich überhaupt mit der Rechtmäßigkeit auseinandergesetzt zu haben!!

Nur mal so zum Vergleich: Die Rechtmäßigkeit wird auch völlig anders geprüft:

1. dienstlicher Zweck?
2. Kein Verstoß gegen HVR?
3. Kein Verstoß gegen Gesetze/Vorschriften?
4. Kein Verstoß gegen Grundrechte des Soldaten?
5. Verhältnismäßigkeit?

Die ersten beiden Punkte sind noch gleich. Aber wie du siehst: Der Punkt 3 taucht bei der Verbindlichkeitsprüfung oben nicht auf. Das hat auch gute Gründe, denn er spielt für die Verbindlichkeit keine Rolle.

ZitatErkennen muss (Recht hat man zu kennen!) und damit klar unverbindlich!

Nein, damit würde man von dem einfachen Soldaten definitiv zu viel verlangen, dass er alle Straftatbestände kennt und exakt weiß, wann er verweigern muss und wann nicht. Die Rechtsprechung sieht es als einen echten Entschuldigungsgrund an, wenn man einen strafrechtswidrigen Befehl befolgt, weil man die Strafrechtswidrigkeit nicht erkannt hat.

Eine Verurteilung des Befehlsempfängers wegen einer auf Befehl begangenen Straftat kommt nur in Betracht, wenn die Strafbarkeit "offenkundig" gewesen ist und auch für den juristischen Laien klar gewesen sein muss.



christoph1972

@justice Das muss am Montag liegen ...

Erinnert an Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft des BGB ...

So hat mir das noch kein Mensch erklärt ...

Wobei das Thema "Verhältnismäßigkeitsprüfung" den Durchschnittssoldaten überfordern dürfte ....
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Yves Montand
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* 13. 10. 1921 - Monsumagno, Italien
† 09. 11. 1991 - Senlis

wolverine

Darum kann dem Durchschnittssoldaten die Rechtmäßigkeit auch völlig egal sein. Er kann sich beschweren, wenn er denn möchte, und dann prüft die Rechtmäßigkeit einer, der es kann. Zumindest in höheren Instanzen.
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justice005

ZitatErinnert an Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft des BGB ...

So hat mir das noch kein Mensch erklärt ...

Das Abstraktionsprinzip wird schön deutlich, wenn man sich den täglichen Brötchenkauf juristisch durch den Kopf gehen lässt:

Du:      Guten Tag, ich möchte gerne 2 Brötchen kaufen.
Bäcker: Gerne.

Damit ist ein Kaufvertrag nach 433 BGB zustandegekommen (also das Verpflichtungsgeschäft, in welchem man sich verpflichtet hat, irgendwann mal das Eigentum an dem Brötchen zu übertragen). Ein sachenrechtlicher Eigentumswechsel hat aber noch nicht stattgefunden, denn dieser findet separat statt.

Du: Hier sind 60 Cent  (über den Thresen reichen...)
Bäcker: Danke   (annehmen)

Bäcker:  Hier sind die Brötchen (über den Thresen gereicht)
Du: Danke (annehmen)

Die beiden letzten Unterhaltungen stellen das Verfügungsgeschäft dar, also die Übertragung des Eigentums nach § 929 BGB. Es wird das Eigentum am Geld und das Eigentum an den Brötchen übertragen.

So, damit mal off-topic- Ende, bevor man von den juristischen Laien noch für völlig bekloppt erklärt wird.  ;D ;D ;D

ZitatWobei das Thema "Verhältnismäßigkeitsprüfung" den Durchschnittssoldaten überfordern dürfte ....

Der Befehlsempfänger muss das ja nicht, wie wolverine schon schrieb.

Es ist aber auch nicht so wild, denn es sind nur 3 Prüfpunkte:

1. Ist das Mittel überhaupt objektiv geeignet, das Ziel zu erreichen?
2. Gibt es mildere Mittel, die ebenso gut geeignet sind?
3. Stehen die Punkte 1 und 2 in einem krassen Missverhältnis zueinander?

ZitatEr kann sich beschweren, wenn er denn möchte, und dann prüft die Rechtmäßigkeit einer, der es kann. Zumindest in höheren Instanzen.

So siehts aus...


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