Es stimmt schon, nach dem Ende von ISAF - und eigentlich auch schon vorher aufgrund des Rückzugs in die Feldlager - ging es im Vergleich zu den Jahren zuvor steil bergab. Vorher war es zumindest erträglich; da konnte man sich draußen tatsächlich noch relativ frei bewegen.
Aber: Die TLB wurden nur zurückgedrängt, besiegt werden konnten sie nicht. Wie denn auch in einem de facto Bürgerkrieg... Die regelmäßigen Aktionen durch und die permanente Korruptheit von GIRoA haben dem Aufstand ja wieder und immer wieder neuen Nährboden geboten. Daran hat sich bis heute auch rein gar nichts geändert. Der ISAF-Einsatz hatte auf jeden Fall einen großen Erfolg: Er hat der Politik Zeit verschafft, mehrere Jahre sogar. Aber diese Zeit ist einfach nur verschwendet worden, genutzt werden konnte sie nicht an den entscheidenden Stellen.
Heute kontrollieren die ANDSF lediglich noch die Bevölkerungszentren sowie die Hauptverbindungswege. Abseits davon ist nahezu vollständig Indianerland. Und selbst nahe den Bevölkerungszentren haben sich die Aufständischen eingerichtet, das gilt insbesondere für den Süden aber auch für KDZ.
Zuletzt in 2016 hat sich ja in Deutschland alles ganz fasziniert mit KDZ beschäftigt und sich gewundert, daß diese Provinzhauptstadt möglicherweise erneut "fallen" könnte - das ist sie nicht in 2016, trotz der "schönen" Photos von vor dem zentralen Kreisel. Gleichzeitig hat es aber auch noch in drei anderen Provinzen ordentlich gebrannt, insgesamt waren vier Provinzhauptstädte gleichzeitig bedroht. Und in allen vier Fällen hat insbesondere massiver Einsatz der US-Kräfte den Aufstständischen definitiv gezeigt, daß ihre Stunde noch nicht gekommen ist...
Und noch einmal: Wenn schon der Kräfteansatz von ISAF nicht ausgereicht hat, eine militärische Entscheidung herbeizuführen, wie soll das dann heute funktionieren? Alleine die USA hatten zu Hochzeiten ca. 100.000 Mann in dem Land stationiert (nicht alle unter ISAF-Mandat), heute sind es ca. 12.500 (nach der noch in 2016 geplanten erheblichen Reduzierung auf ca. 6.000). Mit den jetzt durchgeführten Verstärkungen wird die Lage insgesamt wieder etwas beruhigt, wir erkaufen uns damit erneut etwas Zeit. Meine Hauptkritik an dem jetzt beschlossenen Vorgehen der Bundesregierung ist, daß es auch dieses Mal keinerlei Anzeichen dafür gibt, daß wir diese Zeit dann auch tatsächlich nutzen wollen. Es regiert stattdessen wie so oft alleine das Prinzip Hoffnung. Und dann stelle ich mir einmal mehr die Frage nach dem Sinn des gesamten Ansatzes.
Was den hier aufgezeigten SIGAR-Bericht angeht: Der zeigt zwar die Tendenz völlig richtig auf, ist aber übermäßig optimistisch in der Darstellung. Das ist jedoch eine reine Frage der Definition der jeweiligen Raumkontrolle.