Interessanter Hinweis am Rande: Auf der Startseite der Webseite des Bundeswehrverbands ist eine Stellungnahme von Oberst Gertz zu dem Thema und dem (nennen wir es mal statt Studie einfach) Konzeptpapier veröffentlicht. Zitat: "Noch nicht veröffentlichungsreif", man sieht es "bestenfalls als Diskussionsbeitrag". So kann man sich auch distanzieren ...
Zum Thema: Was waren denn bisher immer wieder auftauchende Kritikpunkte an der Wehrpflicht?
- Beispielsweise die nur 6 Monate, die nach der Grundausbildung noch verbleiben und für viele militärische Ausbildungen tatsächlich schlichtweg zu kurz sind.
- Oder die Art der Tätigkeiten, die von Wehrpflichtigen heutzutage noch ausgeübt wird. Seien wir mal ehrlich - mit "Militär" hat das, auf Grund der kurzen Restdienstzeit, meist nur noch wenig zu tun. In zu vielen Verbänden hat eine zu große Spezialisierung stattgefunden, als dass dort Wehrpflichtige anders als in der 1./ oder entsprechenden Stabsverwendungen eingesetzt werden könnten. Und ein Wehrpflichtiger ist zwar billiger im Unterhalt als ein Zeitsoldat, aber diesen könnte man etwa in einem GeZi wesentlich länger einsetzen, so dass nicht alle spätestens 6 Monate eine neue Einarbeitung notwendig wird. Wobei es aber durchaus legitim ist, die Soldaten/Wehrpflichtigen (ihren Vorkenntnissen) entsprechend einzusetzen.
- Der Personalaufwand, der betrieben werden muss, um die Wehrpflichtigen sinnvoll auszubilden und einzusetzen.
Das nun vorgestellte Konzept sollte man tatsächlich nicht ohne weiteres abweisen. Denn manche Punkte sind durchaus eine Überlegung wert. Was wären denn die Vorteile eines derart veränderten Wehrdienstes?
- Wehrpflichtige werden militärisch ausgebildet, allerdings erwerben sie auch Kenntnisse in anderen Bereichen, speziell im Katastrophenschutz (immerhin 2 Monate Ausbildung). Unsere Nachbarn in Dänemark gehen bereits einen ähnlichen Weg, allerdings ist der Wehrdienst dort noch kürzer!
- Die Reserve könnte schnell größere Verbände für den Katastrophenschutz/ZMZ aufstellen, wobei die einfachen Soldaten bereits eine relativ fundierte Ausbildung erhalten haben. Gleichzeitig können die Verbände jedoch auch zur Landesverteidigung beitragen. Bedeutet andererseits, dass man aufgelöste Strukturen (im Prinzip Heimatschutzbataillone) wieder aufbauen müsste. Und unter Umständen macht man dem THW unnötig Konkurrenz.
- Gleichzeitig wäre der Personalaufwand geringer. Man könnte die Ausbildung zentraler durchführen, vergleichbar den OA-Bataillonen im Heer oder den Luftwaffenausbildungsregimentern. Für alle anderen Truppengattungen wiederum könnten die notwendigen Zeitsoldaten und FWDLer zentral und damit vor allem einheitlich ausgebildet werden. Muss man nicht zwangsläufig toll finden (siehe Vorurteile gegen die neuen Heeres-OA), wäre aber
eventuell effizienter als die derzeitige Vorgehensweise.
- "Die Truppe" könnte sich noch stärker auf ihre Aufgaben beschränken. Denn alle Soldaten eines Verbandes würden diesem normalerweise länger als 6 Monate erhalten bleiben. Gleichzeitig könnte aber auch die beliebte "Abschottung der Armee" nach außen hin stattfinden, es gäbe auch keinen großen Wissensaustausch zwischen Wehrpflichtigen und den übrigen Soldaten. Aber irgendeinen Mittelweg lässt sich sicherlich finden.
Wie auch immer: Der Vorschlag ist nicht schlecht, allerdings (in der in den Medien bisher verbreiteten Form) noch ausbaufähig.
Gibt es einen Link zur Studie?
Mir ist noch keiner bekannt.
Die im Artikel Schlagworte haben - wie sooft zwei Seiten - der Schulabschluss nach 6 Monaten ist sicher lobenswert; aber "wieder" ein Auffanglager zu werden, hat etwas Geschmäckle.
Ob in den 6 Monaten (bzw. sogar nur dem letzten Monat) irgendein Schulabschluss sinnvoll zu erwerben ist, sei mal dahingestellt. Es ist sicherlich nicht Aufgabe der Bundeswehr, Versäumnisse der Schulen und der Schüler auszugleichen. Wenn allerdings sinnvolle Weiterbildungen möglich sind, dann vielleicht auch direkt in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, wäre das ein durchaus relevanter Anreiz, der die Wehrpflicht etwas attraktiver machen könnte.
"Rumpimmeln", was sicher auch ein Anlass für die Studie war, bringt nämlich niemanden weiter.
Wenn man aus 9 Monaten, davon 6 Monate "Dienst in der Truppe" (der, je nach Verband, auch schon mal als "Eier schaukeln" kritisiert/dargestellt wird), 6 Monate sinnvolle Ausbildung macht, sollte man das durchaus als Änderungsmöglichkeit in Betracht ziehen. Oder zumindest darüber diskutieren.
Wann und wie intensiv kann anschließende Reservistenausbildung nachholen, was in der AGA +2 nicht ausgebildet und angeeignet werden kann?
Was müsste denn noch nachgeholt werden, was in den 5 Monaten nicht ausgebildet werden kann? Die militärischen Grundlagen können gelegt werden, auch im Katastrophenschutz reicht es für recht fundierte Kenntnisse. Man hätte also immerhin einen Infanteristen mit weiterführendem Wissen in dem Bereich.