Moin moin,
in letzter Zeit häufen sich "Ausfälle" größerer und kleinerer Netzwerke in Deutschland - so zumindest meine subjektive Wahrnehmung. Medial wurde davon aber bisher meiner Kenntnis nach nichts aufgearbeitet, dabei kann dieses Thema auf Grund unserer allumfassenden Abhängigkeit von Telefonie und Internet wohl kaum relevanter sein.
Angesichts der Tatsache, dass wir mittlerweile fast alle via Voice over IP telefonieren müssen, da klassische Telefonie als erklärtes Ziel der Telekom und anderer Anbieter verschwinden soll sind wir zudem auch noch auf eine ständige Stromversorgung angewiesen, um überhaupt noch telefonieren zu können.
[...]
Wie sollten wir als Gesellschaft mit dem Thema umgehen?
Wie sollten die Medien das Thema aufarbeiten?
Wie die Politik?
Und welche Sofortmaßnahmen für die Infrastruktur wären erforderlich?
Ist VoIP wirklich sinnvoll?
Gruß Andi
Grüße zurück! Als persönlich Betroffener möchte ich insbesondere zu den Punkten 3 und 4 Stellung nehmen:
Meiner Ansicht nach sollte die Politik in der Art und Weise reagieren, dass Sie insbesondere
marktbeherrschende Unternehmen dazu verpflichtet, Teile
kritischer Infrastruktur weiterhin vorzuhalten und nicht abzubauen. So kann ich mir durchaus vorstellen, dass es irgendeine Art Selbstkostenerstattungs-Vertrag für das Aufrechterhalten kabelgebundener Telefonie-Netze geben könnte.
Damit wird zumindest die Inlands-Sprachtelefonie und die Festnetz-Internetkommunikation vom Zwang zum Vorhandensein bzw. der Nicht-Störung von Satellitenverbindungen befreit. Wenn ich mich richtig erinnere sind es vier bis fünf große Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG, Colt, British Telecom und noch einige weitere, die ein fast flächendeckendes Glasfaser-Netz gelegt haben. Wenn jetzt plötzlich die Satelliten-Kommunikation oder Richtfunk-Strecken günstiger sind: Der Staat könnte den Weiterbetrieb eines flächendeckenden Telefonie-Kabelnetzes bezuschussen. Also ähnlich wie eine Eisenbahn-Infrastruktur.
Welche Sofortmaßnahmen sind erforderlich?
1.) Die Aufsichtsbehörden müssen einen Katalog von bestimmten Dienstleistungen definieren, die die Unternehmen auch erbringen können müssen, sofern ihr Zugang zur Langstrecken-Kommunikation abgeschnitten wird. An der früheren ec-Karte (heutigen Girocard) wird dies deutlich: Die frühere ec-Karte hatte ein "absolutes" Zahlungsversprechen für Papierschecks oder auch Bankautomaten-Abhebungen von 400 D-Mark (ca. 204,52 Euro). Auf den Karteninformationen war dieses geladen, so dass immer dann, wenn der Geldautomat keine Verbindung zur Zentrale hatte, trotzdem
eine Verfügung am Tag möglich blieb. Ist heute das Geldautomatennetz gestört, geht nichts mehr.
Ich habe sogar schon eine Sparkassen-Filiale erlebt, bei denen die Schaltermitarbeiter nicht mal mehr einen Kassentresor am Schalter hatten. Ist hier das Netzwerk "platt", geht nichts mehr.
2.) Die zweite Vorsichtsmaßnahme ist etwas weitgehender und bedeutet auch eine Rückbesinnung auf die frühere Gesetzeslage vor 2005: Das massenhafte Speichern von Personalausweisdaten und personenbezogenen Daten bei Privatunternehmen (PayTV-Anbieter, Telefonfirmen) auch zweifelhafter Größe und mit nicht ausreichenden Schutzmaßnahmen müsste sofort gesetzlich beendet werden. Datensparsamkeit senkt das Angriffsrisiko dadurch, dass einfach weniger lukrative Daten abzugreifen sind. Also keine Ausweiskopien für den simplen Abschluß von Telefonverträgen etc. speichern. Das einzige was dann eben nicht mehr funktioniert sind Smartphones ohne Anzahlung.
Auch die Angabe eines Geburtsjahres beim simplen Einkauf in Online Shops ist einigermaßen sinnfrei. Die "frühere" Interpretation nur notwendige Daten zu erheben macht den durch Angriff zu gewinnenden Datensatz beinahe wertlos. Wenn der Hacker bei einem Unternehmen nur die Adressdaten findet ohne Geburtsdatum und insbesondere Bonitätseinstufung, dann sind diese beinahe wertlos. Die "angereicherten" Daten sind ein wesentlich lohnenderes Angriffsziel.
3.) Die dritte Vorsichtsmaßnahme ist etwas, was in den USA schon gang und gäbe ist. Präventive Abwehrmaßnahmen aufbauen, weil neben Boden, Wasser und Luft nunmehr auch der Cyberspace ein potenzielles Schlachtfeld sein kann. In N24 gibt es eine interssante Reportagereihe, die immer mal wieder von interessanter Technik wie B2-Bombern, den Amphibienfahrzeugen (gepanzerte Fahrzeuge) oder auch dem Senkrechtstarter von Boeing berichtet. Eine Sendung befasste sich mit Gegenmaßnahmen im Cyberspace:
Und nannte das "US Army Cyber Command" (
http://www.arcyber.army.mil/), das zusammen mit dem "National Reconnaissance Office" stets wachsam sein würde. Den Titel weiß ich nicht mehr, es war irgendwie in der Reihe "USA Top Secret" bzw. wenn es ein geheimes Buch des Präsidentgen geben würde.
Erste Ansatzpunkte und Ideen wären deshalb:
- die Aufrechterhaltung einer halbwegs digitalen, bodengebundenen Infrastruktur
- Kostenerstattung für Unternehmen, die diese dem Staat bereitstellen
- rechtzeitige Aufrüstung der Sicherheitsorgane wie Bundeswehr oder Nachrichtendiensten
Unter anderem könnten diese Aufgaben auch durch eine Art dritten Mehrwertsteuersatz finanziert werden. Wenn Amazon & Co. digitale Infrastruktur zu günstigsten Preisen nutzen (Marktversagen), dann könnte ein zusätzlicher Mehrwertsteuerprozentpunkt die Abwehrmaßnahmen gegenfinanzieren.
So würde ich das als Bürger sehen und gerne auch mitfinanzieren.