Schönen guten Tag,
ich war im November 2016 zu Gast im Assessment Center für Führungskräfte der Bundeswehr in Köln,
oder um genau zu sein, in der Mudra Kaserne. Dieser detaillierte Erfahrungsbericht ist in erster Linie für euch,
die vielleicht selber eingeladen wurden oder zumindest kurz davor stehen. Er soll zur mentalen Vorbereitung
dessen dienen, was euch dort erwarten wird. Ich werde auf Schwierigkeiten und Sorgen eingehen die ich hatte,
um den Stress auf eurer Seite so gering wie möglich zu halten. Der Bericht wird so detailliert und hilfreich wie möglich
ausfallen und ich hoffe ich kann dem ein oder anderen damit helfen.
Wichtig Die Informationen beziehen sich auf den November 2016, der Ablauf kann sich also ändern!
Also gut:
Anreisetag:Da ich in der Nähe von Köln wohne, war die Anreise als solche weit weniger stressig, als für die Personen, die aus dem Norden anreisten, mit Fahrtzeiten von 6 Stunden und mehr. Daher kann ich nur empfehlen wirklich früh genug oder ( je nachdem zu welcher genauen Uhrzeit ihr eingeladen werdet, bei uns war es 14:30 ) sogar schon am Tag davor loszufahren. Des weiteren empfehle ich, 1-2 Stunden früher anzukommen. Wenn der Stress dadurch zu hoch wird, ist das nicht unbedingt nötig, aber es ist auf jeden Fall sehr hilfreich.
Ich kam also am Anreisetag um ca 12 Uhr mit zwei anderen an, die zufällig in der gleichen S-Bahn saßen wie ich. Wir wurden von freundlichen Sicherheitsleuten hereingelassen, die uns auch gleich den Weg gezeigt haben ( ca 50m Fußweg ).
Im Wohnhaus angekommen, wird euch sogleich Bettzeug gegeben, welches ihr an einer angegebenen Stelle auf euren Koffer legt, ein paar Sachen unterschreibt ( "Ich habe mein Bettzeug erhalten" usw ), euch die Hausordnung durchlest und eurem Zimmerschlüssel bekommt. Meine zwei Begleiter und ich hatten alle drei verschiedene Zimmer, also hatte ich Zeit mich einzurichten. In dem Zimmern befinden sich ein Tisch, drei Stühle, vier Betten, ein Waschbecken und vier verschließbare Spinde. Ich machte also mein Bett und räumte meine Klamotten in den Spind ( der eher ein Kleiderschrank ist ), als auch schon mein erster Zimmerkamerad eintraf.
Ich weiß nicht ob das bei jedem so ist, ich habe mich aber mit allen drei Leuten auf meinem Zimmer sehr gut verstanden, so viel auch ein großer Teil des Stresses ab. Ein weiterer Vorteil der verfrühten Anreise ist die Tatsache, dass man sich mehr als genug mit seinen Zimmerkameraden austauschen und auch schon das Gelände ein wenig erkunden kann.
Mit der Zeit trudelten dann auch noch die zwei anderen ein und wir waren komplett.
Noch ein kleiner Tipp: Nehmt euch REICHLICH zu Essen und zu Trinken mit, ihr werdet es brauchen!! Am ersten Tag gibt es noch keine Truppenverpflegung, aber auch an den anderen Tagen wirkt ein bisschen Wasser zwischendurch Wunder.
Um 14:50 mussten wir uns dann alle draußen vor dem Gebäude sammeln. (Am Ende des Berichts werde ich noch etwas zum Dresscode sagen, da ich weiß, wie viele da verunsichert sind.)
Dort erwartete uns einer der Betreuungsoffiziere, der uns begrüßte und uns sofort zum Assessment Gebäude führte ( dort werdet ihr neben dem Wohnhaus die meiste Zeit verbringen ).
Handys sind übrigens absolut Tabu im Assessmentgebäude und auf dem Gelände außerhalb eures Wohnbereichs werden sie auch nicht gerne gesehen, also lasst sie am besten in eurem Spind, außer wenn ihr sie wirklich braucht..
Im Gebäude angekommen hörten wir uns einen kleinen Einführungsvortrag eines Hauptfeldwebels an. Dieser gibt euch euren Laufzettel, hier dazu ein paar Informationen:
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Der Laufzettel enthält eure Prüfkommission, die ihr euch auf jeden Fall merken müsst ( mehr dazu später ) und euer gesamtes Programm. Ihr werdet einem Buchstaben zugeteilt ( pro Buchstabe ca 10 Leute ) und alle mit diesem Buchstaben haben grundsätzlich den gleichen Ablaufplan, der aber teilweise stark variieren kann, was bedeutet, wenn es ein Zeitfenster gibt, schicken euch die Leute schon früher zu Gewissen Tests oder Untersuchungen. Der Zettel erklärt sich aber weitgehend selbst, ihr solltet ihn nur immer dabei haben und nicht zerknittern.
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Danach müsst ihr einen Bogen ausfüllen, der euer Privatleben betrifft. ( "Wie viele Stunden verwenden sie wöchentlich für Hausaufgaben, Sport usw", "Haben sie schon Erfahrungen in einer Führungsposition gesammelt" ). Nichts anspruchsvolles, antwortet ehrlich, keiner erwartet, dass ihr jedes Jahr Klassensprecher und Fußballkapitän wart..
Danach hört ihr euch einen weiteren Vortrag an, bei dem es um die Offizierseignung und das Studium geht. Das meiste davon werden ihr schon gewusst oder geahnt haben, aufmerksam sein sollte man trotzdem. Ihr bekommt noch einen weiteren Bogen mit auf euer Zimmer, in dem ihr Sachen bezüglich des Studiums ausfüllen sollt. Auch keineswegs schwierig, wieder gilt: Wenn ihr noch zur Schule geht erwartet keiner, dass ihr bereits 10 Jahre Erfahrung für euren Studiengang gesammelt habt.
Das war es dann auch schon für den ersten Tag. Ihr könnt ( über der Bundeswehrkantine ) zu einem Griechen gehen um etwas Energie zu tanken, meine Zimmerkameraden und ich sind allerdings zu einer Pizzeria gegangen ( Graziella, sehr zu empfehlen, aus dem Tor raus ca 1km links ).
Den restlichen Abend haben wir noch darüber geredet was der nächste Tag für uns bereit hält. Jedes Mal wenn jemand von etwas erzählt was er gelernt hat, wovon man noch nie etwas gehört hat, wird einem mulmig, aber wichtig: Bereitet euch zwar gut vor, aber nur weil jemand sich etwas angeguckt hat was ihr nicht kennt, heißt das nicht, dass es auch relevant ist ( bei mir wurden wenige bis gar keine Fakten über alles was ich gelernt hatte abgefragt. Ich gehe an dieser Stelle noch ein wenig auf die ( wichtig: ) "für uns" wichtigen Aspekte ein, die man lernen sollte):
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- politisches Grundwissen
- Einsätze der Bundeswehr ( ganz grob "wo" und "was" )
- Matrizen ( also diese, die in Intelligenztests verwendet werden )
- Bruchrechnung, Prozentrechnung
- Grundinformationen zur Bundeswehr
- aktuelles Geschehen ( guckt die Tagesschau das reicht )
- Physik für den Physikalischen Kenntnistest ( falls ihr einen physikalischen Studiengang anstrebt solltet ihr das sowieso können )
- Mathematik ( so viel wie es geht.
WICHTIG: Lernt keine Formeln auswendig, sondern
vertsteht die Prozesse dahinter, darauf gehe ich später noch ein )
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Ansonsten kann ich nur den Tipp geben früh zu schlafen ( 21-22 Uhr ), denn der nächste Tag wird seeeeehr lang..
Kleiner Tipp: Der Anreisetag dient der Eingewöhnung. Nichts von den Sachen die ihr an diesem machen müsst sind anspruchsvoll, werdet ich aber selber sehen, also kein Stress!! ( der kommt dann am ersten Prüftag
)
1. Prüftag:Egal wann ihr schlafen gegangen seid, das erste was ihr beim Weckerklingeln denkt ist: Wieso habe ich nicht früher geschlafen. Ich bin um 4.30 aufgestanden, um in Ruhe duschen zu können und war dann um 5.00 angezogen und fit. Zu dem Zeitpunkt sind dann auch die anderen aus meinem Zimmer aufgestanden. ( 5.45 Frühstück ). So hatten wir alle noch genug Zeit um uns mental auf den Tag vorzubereiten. So um 5.40 sind dann alle zur Kantine aufgebrochen. Im Prinzip habt ihr wirklich genug Zeit, ich konnte mir einen Tee machen, drei (warme ) Brötchen mit Belag und Früchte essen ohne zu hetzen.. Meine Essenswahl sollte auch schon einiges über das Frühstück aussagen, man kann sich echt in keinster Weise beschweren.
Um 6.10 mussten wir dann im ersten Prüfraum sein ( gleicher wie der Vortragsraum ) um den Aufsatz zu schreiben. Mit dabei haben solltet ihr:
- Kugelschreiber
- Laufzettel
- Bogen von Gestern
- Wasser ( optional, ich hatte auch keins )
- eventuell noch Zeugnisse, aber das muss jeder individuell wissen
In dem Aufsatz geht es darum Wörter zu vergleichen. Ihr werdet, um abschreiben zu vermeiden, in Gruppen A und B eingeteilt. Gruppe A hat zwei Wortpaare und B ebenso. Die Aufgabenstellung wird euch von einer Psychologin ( glaube ich ) detailliert erklärt, sogar mit PowerPoint Präsentation.
Macht euch hier auch noch keinen Kopf. Ein gewisser Wortschatz wird vorausgesetzt, aber in erster Linie geht es darum wie ihr es schreibt, nicht was ihr schreibt. Die Wortpaare meiner Gruppe waren:
Buße:Reue
Erinnerung:Gedächtnis
Ihr habt eine halbe Stunde Zeit ( ich habe 18-19 Minuten gebraucht ) und merkt euch: Schreibt gut, nicht viel..
Danach war ( bei meiner Gruppe ) um 7.00 der Mathetest an der Reihe. Vor den Tests werdet ihr immer in Warteräume gesetzt, wo ihr dann irgendwann aufgerufen werdet. Hierzu einige Informationen:
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Wie schon gesagt, lernt nicht blind auswendig, es wird das Mathematische Verständnis und weniger das Wissen abgefragt. Deswegen solltet ihr, wenn ihr etwas lernt, wirklich verstehen, was dahinter steckt und nicht nur Zahlen in eine Formel einsetzen. Die Formeln werden sowieso fast immer gegeben. Die Bereiche sind ziemlich umfangreich, wenn ihr ein gutes logisches Verständnis habt und in der Schule gut in Mathe seid, sollte es kein Problem sein. Wobei man mit gutem logischem Verständnis eigentlich sowieso gut in Mathe sein sollte.. Fakt ist, wenn ihr wenig mathematisches Grundverständnis habt, ( ja, ich denke das ist zum Teil angeboren ) müsst ihr wirklich viel lernen um das Ergebnis so zu manipulieren, dass es den Eindruck macht ihr seid von Natur aus mathematisch begabt. Das ganze klingt vielleicht beim lesen ein bisschen unverständlich, aber ihr werdet, denke ich, sehen was ich meine. Ich persönlich war immer ziemlich gut in Mathe und fand den Test auf jeden Fall machbar, obwohl ich einige der Sachen darin noch nie gesehen hatte..
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Danach kam direkt das Gruppensituationsverfahren. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht wer in meiner Gruppe war, die Gruppen werden mittels der Prüfkommisionsnummer zusammengestellt. In meiner Gruppe waren, mich eingeschlossen, fünf Leute. Die Prüfer sind übrigens auch die Leute die mit euch das Interview machen.
Nun also zum Gruppensituationsverfahren:
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Wir hatten insgesamt drei Aufgaben, die wir bewältigen mussten:
1. Krisenbewältigung
2. Ressourcenknappheit
3. Vortrag
1. Es wird ein Problem dargestellt ( Wir waren mit 150 Gästen in einem Museum gefangen ) und ihr habt ein paar Möglichkeiten gegeben wie ihr vorgeht, könnt aber auch davon abweichen, solange es logisch bleibt. Ich stelle jetzt nicht unsere gesamte Problemstellung dar, das ist aber auch nebensächlich, da diese Aufgabe wirklich einfach ist. Entscheidet logisch und verantwortungsvoll, geht auf die anderen ein und habt Respekt. Danach wird geguckt. Diese Aufgabe ist wie gesagt wirklich einfach, oder zumindest selbsterklärend, deswegen werde ich auch nicht näher darauf eingehen.
2. Eure Gruppe will irgendwas machen ( Urlaub, Kino, Konzert usw. ) aber einer kann nicht mit. Finde eine Lösung. Auch hier werde ich unsere genaue Situation nicht weiter beschreiben, weil es einfach jedes Mal etwas anderes ist und die Situation vollkommen unwichtig ist. Wichtig ist die Herangehensweise.
Hier etwas wichtiges: Es hat
nicht der automatisch verloren der nachgibt, das ist eine Lektion die ich selber lernen musste. "Gewonnen" hat der, der dafür verantwortlich ist, dass die Gruppe eine Lösung findet die für jeden gut ist. Also beharrt nicht stur darauf das ihr mitgeht, aber gebt auch nicht in den ersten zwei Sekunden nach. Ihr müsst einen Mittelweg finden. ( Im Endeffekt ist das natürlich euch überlassen ). Wenn eure Argumente so gut sind, dass die anderen nicht einmal versuchen diese zu "kritisieren" ( in Anführungsstrichen, weil das eh niemand aktiv tun wird ), dann habt ihr es auch gut gemacht. Bei dieser Aufgabe geht es
meiner Meinung nach wirklich darum aktiv die beste Lösung für die
Gruppe zu finden..
3. Der Vortrag ist auch selbsterklärend, ihr habt mehr als genug Zeit um ihn vorzubereiten. Es geht auch nicht um irgendwas hoch kompliziertes, sondern mehr um ein Rollenspiel, bei dem die anderen nichts sagen dürfen. Ziemlich simpel, übt ein bisschen freies Sprechen und dann sollte das einfach sein.
Wer wenig Selbstvertrauen hat: Nur weil alle ernst gucken, heißt es nicht, dass ihr etwas falsch gemacht habt
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Danach ging es für mich zur ärztlichen Untersuchung. Diese Verlief recht unspektakulär und auch bei fast jedem unterschiedlich. Euch wird kein Blut abgenommen!
Mehr sage ich auch nicht, da es eine ganz normale ärztliche Untersuchung ohne irgendwelche Schwierigkeiten ist. Je gesünder man ist, desto einfacher wird es, weil man dann keine Atteste mitbringen muss. Die meisten werden als T2 ( keine Fallschirmjäger ) eingestuft.
Hiernach waren der CAT Test und ein Persönlichkeitstest dran.