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Diskussion: Truppendienst (früher) vs. Fachdienst (heute)

Begonnen von snake99, 23. August 2007, 19:52:34

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snake99

#60
Lieber miguhamburg,

ich freue mich sehr darüber, mit ihnen einen hohen Offizier der Bw hier anzutreffen.  

Zitat von: miguhamburg am 12. September 2009, 17:13:35
... Ich habe nur angeführt, dass die Ausbildung in die Truppe verlagert wird und Teileinheitsführer, Spieße und insbesondere Kompaniechefs im Rahmen ihrer Ausbildungs- und Erziehungsarbeit bezüglich der FD-Kameraden aktiv werden müssen. Und dies geschieht aus meiner Kenntnis flächendeckend.

Aber warum hat man diesen Teil der Ausbildung in die Truppe und somit in das Alltagsgeschäft outgesourct? Bis 2002 war es Auftrag der Heeresunteroffiziersschulen diese Themen auszubilden und gleichzeitig auch zu prüfen. Man konnte somit einen einheitlichen Ausbildungsstandard in der Truppe sicherstellen. Wenn heute der Auftrag der Weiterbildung / Ausbildung von Uffzen in jede einzelne Dienststelle gelegt wird, ist weder eine Einheitlichkeit gegeben, noch ein Feedback darüber, dass es auch wirklich durchgeführt wird.

Im weiteren merke ich an, dass KpChefs und Innendienstfeldwebel schon genug mit dem Alltagsgeschäft belastet sind. Wenn sie sich nun auch noch um das "ungeliebte" Thema der Vorgesetztenausbildung kümmern müssen, halte ich es für fragwürdig wer diesem auch wirklich nachkommt. Wie oft fallen UWB's aus, weil entweder keine Zeit dafür gegeben ist, oder die Führung schlicht weg keine Lust hat diese regelmässig durchzuführen?

Zitat von: miguhamburg am 12. September 2009, 17:13:35
Insofern liegen wir gar nicht so weit auseinander. Ich finde die Einstellung, dass früher Vieles besser war, allerdings wirklich statisch und oft unangemessen.

In der Tat eine pauschalisierte Aussage, da muss ich ihnen Recht geben, doch wenn man ins Detail geht, bewahrheitet es sich oftmals.

Zitat von: miguhamburg am 12. September 2009, 17:13:35
Die Unzufriedenheit, von der Sie in Ihrem letzten Beitrag berichten, ist allerdings ein Grund zur Besorgnis. Sie hat vielfältige Gründe, wie Untersuchungen des sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr belegen. Diese Gründe liegen allerdings allenfalls ganz am Rand mit der von Ihnen beschriebenen Problematik, sollten von Ihnen deshalb auch nicht zur Begründung Ihres Standpunktes herangezogen werden, den ich ja gar nicht ändern will. Die Gründe für die von Ihnen aufgeführte Unzufriedenheit und damit entstehende Rekrutierungsprobleme sind vielmehr
-  Die hohe Frequenz von Auslandseinsätzen und damit einhergehende erheblich private Belastungen, gerade für "Mangel-ATN" wie Piloten,
  Ärzte, SpezPi, EloKA, EOD etc.
-  Das Gefühl, als Soldat im Einsatz nicht hinreichend "Rückendeckung" durch Politik, Gesetzgebung, Medien und Öffentlichkeit zu haben
  (gerade jetzt in der Diskussion wegen der jüngsten Geschehnisse in KUNDUZ sehr gut zu beobachten)
-  Die nach wie vor im Vergleich zu vielen zivilen Arbeitsplätzen bescheidene Besoldung in Verbindung mit einem starren System, dass besonde-
  res Engagement und besondere Leistungen nicht hinreichend monetär gewürdigt werden kann
-  Beförderungsstau aus Haushaltsgründen bei Offz/UffzmP
-  Die Schere zwischen Haushaltsmitteln und Aufträgen mit allen negativen Folgen für die Ausbildung an den Standorten, wie Mangel an Munition,
  Lehrgangsplätzen, fehlende Gelder oder Material für KfzInst usw. sowie im Einsatz wie privat beschaffte Ausstattungsteile etc.

Also, diese Unzufriedenheit richtet sich ausdrücklich nicht an das Vorhandensein der FD-Ausbildung!

Es ist richtig, die Unzufriedenheit hat nichts mit der FD Ausbildung zu tun. Ich denke sogar, dass viele "Bw Interessierte" keine Bewerbung beim ZNGw abgeben würden, wenn noch das alte Ausbildungssystem im FD angewendet würde. Wobei ich persönlich dies nicht als Problem einstufen würde. Wer von dem Beruf des Soldaten überzeugt ist und Spaß daran hat, der geht zur Bw, ganz egal was er alles dafür tun muss um seinen vorgesehenen DstGrd zu erreichen.

Ich möchte kurz die Lage schildern, wie ich sie erlebe und welches ich als "kritisch" einstufen würde:

- Der Bewerber kommt an einen Infostand der Bw. Dort sieht er nur Schiffe (Marine), Flugzeuge (Luftwaffe) und Panzer (Heer) in den schicken Werbefilmchen der Bw. Kurz: Action, Action, Action .... Er sieht dort nicht, dass er z.B. Leistungsmärsche durchzuführen hat und dass es auch einen normalen "Regeldienstbetrieb" in der Bw gibt etc.

- Das die Bw an Auslandseinsätzen teilnimmt ist kein Geheimnis mehr. Der Bewerber weis das. Ich würde somit die "Belastung" nicht als als HOCH einstufen! Viele Kameraden sind SaZ12 und gehen nicht ein einziges Mal während ihrer Dienstzeit in den Einsatz! Schaut man heute in die Bw muss man teilweise immer noch in gewissen Truppengattungen die einsatzerfahrenen Kameraden suchen, während z.B. sich in der Fm Truppe die Einsatztage häufen.
Neulich traf ich einen StFw, er erzählte mir stolz, dass er in seiner 30-jährigen Dienstzeit schon an 3 Auslandseinsätzen teilgenommen hat. Sorry, ich alleine habe in meiner 4-jährigen Dienstzeit an zwei teilgenommen und habe somit ein knappes Jahr als SaZ4 auf dem Balkan verbracht. Als überzeugter Soldat der Spaß an seinem Beruf hatte, hat mir dies auch nichts ausgemacht. Als Soldat gehört das Thema Einsatz halt genauso dazu, wie für einen Polizisten der Umgang mit Straftätern. Wer darüber stöhnt, dass er ggf. einmal pro Jahr in den Einsatz zu gehen hat, der hat meiner Meinung nach ein Problem mit seinem Beruf.  

- Was die Beförderungen angeht gebe ich ihnen Recht. Bis zum Hauptfeldwebel geht es ganz schnell, doch dann ist das lange Warten angesagt. Den Bewerbern wird jedoch nichts davon gesagt. Man sagt ihnen, dass sie auf einer OStFw Stelle eingeplant sind und diesen DstGrd auch erreichen können. Kein Wort von Haushaltsmitteln und vor allem von benötigter Dienstzeit um OStFw zu werden etc. Ein Grund mehr, warum ein SaZ12 gefrustet ist, wenn er nur als OFw abgeht.

- Stichwort Material: In vielen Standorten ist die Materiallage katastrophal! Fahrzeuge können wegen mangelnden Mitteln nicht instand gesetzt werden oder das Material ist schlicht weg nicht verfügbar, weil es z.B. in den Einsatzländern gebraucht wird. Ich kenne z.B. einen SATCOM TrpFhr, der sein Material noch nie gesehen hat, obwohl er seit mehreren Jahren dabei ist. So sieht es leider in vielen Bereichen aus. Die Soldaten sitzen hochmotiviert in den Kasernen, doch können oftmals nicht ihrem eigentlichen Auftrag nachkommen, weil das Material schlich weg nicht da ist oder defekt. Das frustet gewaltig und steht konträr mit den Werbefilmchen der Bw.

Abschließend möchte ich anmerken, dass viele Tatsachen die täglich in einer Kp passieren, nur stark verschleiert bei der Bw Führung ankommen. Am besten sieht man es bei dem Thema "Dienstaufsicht". Kündigt sich ein hoher Offizier zur Dienstaufsicht in einem Standort an ist "Alarm" angesagt. Alles wird schön gemacht und so dargestellt wie es von einem THEORETISCH verlangt wird. Die Dienstaufsicht kommt, sieht alles "im Besten Zustand" und geht wieder ... Das er jedoch gerade Zeuge eines "schauspielerischen Talents innerhalb der Bw" wurde, bleibt ihm ungewiss. Hat er z.B. einen einsatzbereiten FM Trupp gesehen, reicht ihm dies. Das dieser Trupp aber höchstwahrscheinlich der einzige am ganzen Standort war und womöglich aus 5 unterschiedlichen Kp's zusammengewürfelt wurde, erfährt er nicht.

Ich finde hier sollte mehr mit offenen Karten gespielt werden. Die Bw Führung muss erfahren, dass es "unten" in den einzelnen Dienststellen zu Teilen ganz gewaltig am haken ist. Schön reden bringt nichts, sondern fördert nur den Frust!

Wenn es möglich wäre, würde ich folgendes Vorschlagen ....
Tauschen sie ihre jetzigen DstGrd Schlaufen gegen die eines OFw oder HFw und gehen sie für ein paar Wochen in eine ganz normale Kp und nehmen am Regeldienstbetrieb teil. Spätestens danach wissen sie was ich mit diesem Posting aussagen möchte .... 
,,Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!" John F. Kennedy

MediNight

Dann lassen Sie mich noch kurz meine Sicht der Dinge darstellen:

Ich habe folgendes erlebt: Auf einer Vorausbildung für einen Einsatz, die an der SanAkBw in München stattgefunden hat, stand ein Oberfeldwebel vor dem Hörsaal, den er nicht einmal ein wenig "abgeklopft" hatte, und hat uns Dinge erzählt a la "Im Einsatz müssen Sie besonders achten auf ...!", die so hahnebüchen waren, dass einem auf gut deutsch gesprochen das Messer im Hosensack aufgeklappt ist ;) ! Ich war nun weiß Gott schon oft genug im Einsatz gewesen (10 Einsätze bisher, der 11. ist in Planung und beginnt im januar 2010!) und nicht nur in der Etappe, sondern auch "an der Front", also als "Medizinmann" auf einem SAR-Helikopter oder als Arzt auf einem BAT/LBAT, aber die Dinge, die der Herr Oberfeldwebel uns erzählt hat, waren mir und den Kameraden, die mit mir im Einsatz gewesen sind, erstens unbekannt und zweitens erschienen sie uns allen absolut unlogisch!

Daraufhin habe ich, als einer der älteren Kameraden im Hörsaal das Wort ergriffen und den Kameraden Oberfeldwebel gefragt, wie oft er denn schon im Einsatz war und wo. Daraufhin kam ein freches Grinsen und die Antwort: "Ich bin unabkömmlich!" darufhin ist mir ebenfalls auf gut deutsch gesagt, der ... geplatz und ich bin geradezu explodiert! Erstens hatte nun selbst der letzte Schläfer in diesem Hörsaal gemerkt, dass da vorne ein Blinder steht, der von den Farben schwätzt, und zweitens war diese unverschämte und geradezu arrogante Aussage des Herrn Oberfeldwebel einfach zu viel für mich. Darufhin bin ich richtig abgegangen :D !

"Kamerad, was glauben Sie eigentlich, was der Vorgesetzte macht, der bisher sein schützendes Händchen über Sie hält, wenn Sie am kommenden Wochenende beim Bier holen die Kellertreppe hinunter fallen und sich eine komplizierte Fraktur des Knöchels zuziehen, die Sie für mehrere Monate ausser Gefecht setzt? Erschiesst er sich dann, weil Sie nicht da sind? Sie sind NICHT unabkömmlich, Ihr Vorgesetzter ist nur zu bequem, jemand anderen in Ihr Aufgebengebiet einzulernen!"

Und genau diese Diskrepanz und dieses Verhalten beobachte ich sehr häufig! Die einen geben sich auf allen möglichen Einsätzen irgendwo auf dieser Welt "die Klinke in die Hand" und die anderen sind "unabkömmlich"! Hier wird definitiv mit zweierlei Maß gemessen und die Vorgesetzten üben Ihre Vorgesetztenfunktion nicht ordnungsgemäß aus! KEIN Soldat ist unabkömmlich, jeder hat Urlaub und wird ersetzt, wenn er aus anderen Gründen fehlt!

Was mir daher fehlt, sind Vorgesetzte mit Rückgrat, die in der Lage sind, EIGENE Entscheidungen zu treffen und "Cojones" zu zeigen, auch wenn das von der übergeordneten Führung oft nicht gerne gesehen ist ;) ! Zum Glück habe ich einen Vorgesetzten, der mich zu solchem Verhalten geradezu anhält bzw. auffordert! Aber insgesamt gesehen, haben wir in der Bundeswehr eindeutiog einen viel zu großen Anteil an "JA-Sagern" und Bücklingen, die nach oben buckeln und nach unten treten und die geradezu als "Entscheidungsalergiker" zu bezeichnen sind!

miguhamburg

@ snake und medinight:

Wir sind uns einig, dass die beschriebenen Zustände nicht hinzunehmen wären/sind, aber auch einig, dass dies wohl nicht mit dem Problem Uffz FD zu tun hat. Wir sind uns auch einig, dass selektive Wahrnehmung oft bei der Dienstaufsicht zur Tugend gemacht wird - aber lassen Sie es sich bitte sagen, das war während meiner Zugführertätigkeit in den 80er Jahren auch nicht anders. Beruhigend ist es allerdings, dass derartige Dinge wie Prüfung nach $ 78 BHO und TMP die vorhandenen Missstände mehr als deutlich machen - und auch auf dem Befehlsweg nach oben gemeldet werden.

Das mit dem Rückgrat ist so eine Sache: Viele Generale entdecken ihr selbiges leider erst nach Versetzung in den Ruhestand - und die, die es zeigen, werden gerne in den Ruhestand durch den IBUK versetzt - aber auch das war zu Zeiten des Kalten Krieges genauso...

Das mit der empfundenen Belastung, lieber Kamerad Snake, will ich in Ihrem Fall gerne glauben. Ich kenne aber eine ganze Reihe von Uffz/Offz, die seit 1996 wirklich laufend in dichter Folge im Einsatz sind. Das ist in nicht wenigen Fällen eine echte Belastung, weil die Entlastung nicht stattfindet. Und so manche Familiensituation macht die häufige Abwesenheit von Vater oder Mutter auch nicht besser, kurzum: Belastungen werden von verschiedenen Menschen verschieden intensiv wahrgenommen. Wie gesagt, ich stütze mich auf eigene Erkenntnisse und die erwähnte Studie.

Ich freue mich über den lebendigen Austausch hier in diesem Forum. Aber Sie werden es mir nachsehen, dass das mit dem "Schlaufentausch" wirklich sehr schwierig zu bewerkstelligen wäre... :) - Aber seien Sie wirklich beruhigt, den Regelbetrieb der Truppe kenne ich aus vielen Gelegenheiten in Standorten UND vor allem im Einsatz!

MediNight

Miguhamburg, ich war seit 1993 mit dem (damaligen) Oberst Holger Kammerhoff (heute GenLt a. D.!) in Somalia bei einigen Einsätzen dabei gewesen, die unser "Trachtenverein" so zu bieten hatte! Von ein paar kleinen Ausnahmen (Banda Aceh, Atalanta, Marineoperationen, ...) mal abgesehen, habe ich dabei einiges zu Gesicht bekommen!

Einsatzmedaille für IFOR, SFOR, EUFOR, Taskforce Fox, KVM, KFOR, OEF, UNOMIG, EUFOR RD CONGO und ISAF. Jetzt kommt die erste Wiederholung ;) ! Was für ein haufen Blech ;) !

pommesweis2

Guten Abend!

Ich war selbst auch Uffz im FD.
Ich war Truppführer und auch ausgebildet zum Teileinheitsführer.
Ich bin selbst der Meinung das eine zufriedenstellende Ausbildung für meinen Dienstposten nicht stattgefunden hat.
Meine Aufgaben als mil. Führer/Truppführer sind ja nun mal auch Geländeerkundung, Feuergefecht leiten usw
Diese Ausbildung fand sehr wenig, bis gar nicht statt.
Für eine militärische Konfliktsituation halte ich mich für schlecht ausgebildet.

snake99

#65
Ich freue mich medinight, dass sie an der Diskussion teilnehmen.

Zitat von: MediNightDaraufhin habe ich, als einer der älteren Kameraden im Hörsaal das Wort ergriffen und den Kameraden Oberfeldwebel gefragt, wie oft er denn schon im Einsatz war und wo. Daraufhin kam ein freches Grinsen und die Antwort: "Ich bin unabkömmlich!" darufhin ist mir ebenfalls auf gut deutsch gesagt, der ... geplatz und ich bin geradezu explodiert! Erstens hatte nun selbst der letzte Schläfer in diesem Hörsaal gemerkt, dass da vorne ein Blinder steht, der von den Farben schwätzt, und zweitens war diese unverschämte und geradezu arrogante Aussage des Herrn Oberfeldwebel einfach zu viel für mich. Darufhin bin ich richtig abgegangen  !

Und genau das ist das was ich ebenfalls immer wieder feststellen muss. Es gibt zu viele THEORETIKER in er Bw, die meinen mit ihrem rein theoretischen Wissen "von oben herab" reden zu müssen, ohne dabei praktische Erfahrungswerte vorweisen zu können. Ich denke, dass sich der Vorwurf auch der Erfinder des Fachdienstes gefallen lassen muss. Rein theoretisch betrachtet ist der Fachdienst eine prima Sache, doch die Praxis zeigt, wie hier an vielen Stellen beschrieben, dass das Ausbildungsmodell viele Nachteile beinhaltet. Hier sollte nachgebessert werden, und zwar standardisiert sowie TSK übergreifend und nicht in Verantwortung der einzelnen Dienststellen bzw. Vorgesetzten.

Was das Thema Einsatz angeht muss ich dem Kameraden MediNight vollkommen Recht geben. Ich kann bei weitem keine "Einsatzgerechtigkeit" in der Bw aktuell erkennen. Es kann nicht sein, dass es immer wieder Kameraden schaffen sich auf fragwürdige Art und Weise ihrer Pflicht zu entziehen. Ziel sollte es sein, dass jeder Soldat (FWDL, SaZ, BS) bereits im ersten Dienstjahr den "combat ready Status" erreicht und somit jederzeit in den Einsatz verlegen kann. Heute scheitert es oftmals daran, dass angeblich einsatzrelevante ATN's nicht verfügbar sind, dieser fragwürdige Zustand verpflichtet wiederum die Kameraden die bereits die ATN's haben. Es kann nicht sein, dass z.B. Kameraden im 5. Dienstjahr immer noch an keiner EAKK Ausbildung (Hammelburg, Wildflecken & Co.) teilgenommen haben. Es kann auch nicht sein, dass einige Kameraden den Einsatz immer noch als "Ausnahme" ihrer Tätigkeit ansehen. Nein, das Thema Auslandseinsatz ist nunmal mittlerweile "Alltag" und gehört genauso zum Beruf dazu wie das aller morgendliche Kp-Antreten.

Zitat von: miguhamburgWir sind uns einig, dass die beschriebenen Zustände nicht hinzunehmen wären/sind, aber auch einig, dass dies wohl nicht mit dem Problem Uffz FD zu tun hat.

Die Uffz FD Ausbildung hat nur wenig mit den Missständen zu tun, vollkommen richtig, aber eine gewisse "Teilschuld" meine ich erkennen zu können. Der altgediente Hauptfeldwebel hat 11 Dienstjahre benötigt um diesen DstGrd zu erreichen. Als SaZ12 wurde es nur sehr sehr wenige Kameraden, hier wieder das Stichwort Haushaltsmittel und DP Besetzung! Ein FD'ler kann heute wesentlich schneller HF werden, obwohl er noch nicht mal ansatzweise die fachlichen militärischen Kompetenzen des altgedienten HF hat. Somit dürfte es klar sein, dass die altgedienten Soldaten zu Teilen nur noch kopfschüttelnd und stark gefrustet (demotiviert) durch die Kasernen laufen.

Zitat von: miguhamburg... aber lassen Sie es sich bitte sagen, das war während meiner Zugführertätigkeit in den 80er Jahren auch nicht anders.

Mit Verlaub, wenn sie bereits während der 80er Jahre diesen Misstand erkennen konnten, frage ich kritisch, warum sie es heute nicht versuchen zu ändern? Die Möglichkeiten dazu sollten als Generalstabsoffizier durchaus gegeben sein oder?  

Zitat von: miguhamburgDas mit dem Rückgrat ist so eine Sache: Viele Generale entdecken ihr selbiges leider erst nach Versetzung in den Ruhestand - und die, die es zeigen, werden gerne in den Ruhestand durch den IBUK versetzt - aber auch das war zu Zeiten des Kalten Krieges genauso...

Auf gehts! Das Problem ist erkannt und man kann es ändern. Alles ist möglich ... unmöglich nur sehr wenig, da keine Wunder erwartet werden. Mal angenommen 10 ranghohe Offiziere der Bw würden öffentlich Kritik üben .. was soll die Bw machen? 10 Generäle in den Ruhestand schicken? Ich denke, dass spätestens dann die Öffentlichkeit ebenfalls anfangen würde kritische Fragen zu stellen, wenn dies offiziell würde.

Zitat von: miguhamburgIch kenne aber eine ganze Reihe von Uffz/Offz, die seit 1996 wirklich laufend in dichter Folge im Einsatz sind. Das ist in nicht wenigen Fällen eine echte Belastung, weil die Entlastung nicht stattfindet.

Gut, doch dann muss ich erneut kritisch nachfragen, warum das so ist und geduldet wird? Hier erneut das Stichwort der "Einsatzgerechtigkeit". Warum wird nicht eine "Weisung" erlassen die vorgibt, dass jeder Soldat mind. alle zwei Jahre an einem Einsatz teilzunehmen hat? Die einsatzerfahrenen Kameraden würden entlastet und die "Drückeberger" wären noch mehr verpflichtet (obwohl sie das ja eh schon sind jedoch die Schlupflöcher sehr gut wissen auszunutzen).

Zitat von: miguhamburgIch freue mich über den lebendigen Austausch hier in diesem Forum. Aber Sie werden es mir nachsehen, dass das mit dem "Schlaufentausch" wirklich sehr schwierig zu bewerkstelligen wäre...  - Aber seien Sie wirklich beruhigt, den Regelbetrieb der Truppe kenne ich aus vielen Gelegenheiten in Standorten UND vor allem im Einsatz!

Das man den DstGrd nicht mal eben tauschen kann ist mir klar :) Aber ich stelle fest, dass ehrliche, aufrichtige Gespräche oftmals an der Kluft zwischen DstGrd'den scheitern. Kein Uffz (vor allem wenn er noch SaZ ist) würde einem Oberst oder gar General ehrlich und frei gegenüber äußern, was ihm gegen den Strich geht, weil er viel zu viel Angst davor hat, dass seine Karriere dadurch gefährdet ist. Bei KpChefs und Kommandeuren ist es ähnlich. Auch die haben Angst in Ungnade zu fallen, weil sie Angst davor haben, dass man ihnen "Führungsversagen" vorwerfen könnte und dies sich wiederum negativ auf ihre Karriere auswirken könnte. Geht es nämlich um die persönliche Karriere ist der §12 SG ganz schnell vergessen und die Ellenbogen werden ausgefahren ;)

Ich für meinen Teil habe immer offen angesprochen wenn ich etwas "kritisch" gesehen habe oder mit getroffenen Entscheidungen unzufrieden war. Ich habe mich stets geweigert klar erkennbare sinnlose Befehle kritiklos umzusetzen. Meine persönliche Konsequenz die ich zu tragen hatte, mein Antrag auf Weiterverpflichtung wurde abgelehnt, weil meine Vorgesetzten "ihre Ruhe" haben wollten. Sicher hätte ich Mittel zur Verfügung gehabt dagegen vorzugehen, doch auf der anderen Seite war meine Resignation größer, als meine Motivation gegenüber einer Weiterverpflichtung. Irgendwann hat man es satt gegen Windmühlen von höheren Dienstgraden zu reden, die der Meinung sind, dass sie aufgrund ihres Dienstgrades alles besser wissen, bei teil totaler Ahnungslosigkeit der (teils fachbezogenen) Materie.

Ich bin heute erfolgreicher Geschäftsführer einer Firma sowie Mitglied der Geschäftsführung einer weiteren Firma. Ich behaupte somit Potenzial zu haben, welches die Bw jedoch nicht nutzen wollte ;)

Ich denke, dass hier auch der Grund zu suchen ist, warum viele qualifizierte Kameraden nicht der Bw treu bleiben und nach ihrer Verpflichtungszeit wieder in die Wirtschaft zurück kehren. Sie fühlen sich in der Bw einfach unterfordert bzw. können ihre fachlichen Kompetenzen aus verschiedenen Gründen nicht ausleben. Was bringt es z.B. einem ausgebildeten motivierten Fachinformatiker Systemintegration wenn er keine PC's und Server zur Verfügung hat? Er ist gut ausgebildet und kann sein Wissen mangels Material nicht anwenden. Ich kann es absolut nachvollziehen, dass man dann der Bw gefrustet und enttäuscht den Rücken kehrt.
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schlammtreiber

ZitatStichwort der "Einsatzgerechtigkeit".

Es gibt keine Einsatzgerechtigkeit und es wird sie auch nicht geben, weil unterschiedliche Verwendungen in bestimmten Einsatzprofilen mehr und andere weniger benötigt werden. Trotzdem müssen auch die Verwendungen vorhanden sein, die man für einen konventionellen Krieg unbedingt benötigt, im derzeitigen Auslandseinsatz aber nicht.

ZitatWarum wird nicht eine "Weisung" erlassen die vorgibt, dass jeder Soldat mind. alle zwei Jahre an einem Einsatz teilzunehmen hat?

Vorher sollten wir die Taliban mit MiG-21 ausstatten (gibt es günstig auf dem Weltmarkt) damit auch Jagdpiloten der Luftwaffe regelmäßig in den Einsatz kommen, oder?
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wolverine

Es sind schon Einsätze vor die Wand gefahren worden, nur damit jede Teilstreitkraft auch ihren Anteil daran hatte und somit "ein Stück vom Kuchen" abbekam. Wir sollten unseren Verbündeten nicht alles nachmachen...
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schlammtreiber

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miguhamburg

Also liebe Mituser,

wenn ich die letzten Zuschriften richtig interpretiere, hat sich dieser Thread wirklich sehr interessant - aber in einer andere Richtung fortentwickelt. Deshalb meine Anregung an die kundigen Moderatoren: Sollten wir die letzten Zuschriften nicht aus dem "FD-Thema" herausnehmen und einen neuen Thread eröffnen, etwa unter dem Thema "Arbeitgeberattraktivität Bundeswehr?" ? Das böte sicher auch anderen Interessierten hier die Gelegenheut, auch ihren Gesichtspunkt einzubringen...

Ich freue mich, dass Sie, Snake,  Ihre ursprüngliche Einschätzung, dass es kein Belastungsempfinden bei den Soldaten geben könne, da doch bekannt wäre, dass es häufig in den Einsatz gehe, mittlerweile korrigiert haben. Indes, Ihre Empfehlungen werden so kaum umgesetzt werden können, obgleich auch ich sehe, dass es eine ganze Reihe von Kameraden gibt, denen es gelingt, sich gelinde gesagt, von den Einsätzen abzuseilen. Ich denke aber auch, dass dies die absolute Minderheit ist - und hier muss man mit den Mitteln des Disziplinarrechts einschreiten, was ich auch schin selbst getan habe...

Vielmehr kommt es aber zu einer ungleichen Einsatzbelastung durch folgende Aspekte:
-  Faktisch vorhandener Mangel an Hubschrauberpiloten, Ärzten, Spezialpionieren, Kampfschwimmern/Minentauchern und anderen Spezialisten. Dies führt zu einer unangemessen hohen Belastung, von denen ja auch medinight aus eigener Anschauung hier berichtete. Dies schränkt nicht nur die Attraktivität wegen der Einsatzbelastung selbst ein, sondern vermindert, z.B. bei den Ärzten auch die "Serviceleistung" gegenüber den in den Standorten verbleibenden, erkrankten Soldaten (unangemessene Wartezeiten, ständig wechselnde (Vertrags-)ärzte, "Pendeltoruismus" zu zentral gelegenen SanEinrichtungen für Erstvorstellungen etc.).
-  Eingeschränkte oder nicht vorhandene Auslandsverwendungsfähigkeit aus medizinischen Gründen bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Soldaten aller Dienstgradgruppen. Hier müsste m.A.n. viel häufiger der Entschluss reifen, auf Dienstunfähigkeit zu untersuchen - oder eine Vesetzung in die Sachbearbeitung im Ämterbereich die regelmäßige Folge sein.
-  ATN-Bereiche, die für den Grundbetrieb der Bw erforderlich sind, z.B. Fahrlehrer, Fahrschulleiter, Depotwesen etc., in denen nicht wenige Dienstposten gebunden sind.
-  ...
Diese Problematik würde man also auch nicht mit einem entsprechenden Erlass lösen können.

Aus meiner Überzeugung liegt die überproportionale Beanspruchung einzelner Gruppen allerdings an der Struktur der Bundeswehr, die m.E. immer noch zu sehr am Modell der Landesverteidigung verhaftet ist. Sprich: Aus meiner Sicht haben wir immer noch zu viel Kräfte, die hierfür erforderlich wären und zu wenig Kräfte, die für die auf lange Sicht primär vorhandenen Einsätze hin gegliedert und ausgestattet sind. Und an dieser Stelle wirkt sich weniger aus, dass "dort oben" Theoretiker sitzen, wie es immer gerne vorschnell heißt, sondern dass Besitzstanddenken Einzelner um sich greift. Aus Sicht der Einsätze ist die Grundgliederung des Heeres bspw. vollkommen unzweckmäßig. Ursächlich war gedacht, dass z.B. die DSO zwei Hauptaufträge neben dem KSK wahrzunehmen hat: Ihr Auftrag ist es, einen Schutzverband zum Kampf gegen Irreguläre Kräfte (LLBrig 31) und einen Verband für EvakOps (LLBrig 26) aufzustellen, auszubilden und bereit zu halten. Bei diesen aus den Briganden vorzuhaltenden Verbänden handelt es sich um Kräfte eines verstärkten FschJgBtl, die um entsprechende Kapazitäten (FJg etc.) für den jeweiligen Auftrag erweitert werden. Soweit die Theorie. Die Praxis: Das Worst-Case-Szenario bestünde heute darin, wenn ein solcher Einsatz befohlen wäre. Denn die Soldaten aus den beiden Brigaden sind natürlich in ALLEN Einsatzkontingenten in AFG seit Anbeginn an in erheblicher Anzahl in den Stabilisierungsoperationen vertreten. Die zwei eigentlich für die Stabilisierungsaufträge ursprünglich vorgesehenen Divisionen (10., 13.) können natürlich nicht allein die Kontingente dauerhaft stellen. Also, kurzum: Während die verschieden intensiv geführte Auslandsoperationen Priorität genießen sollten, sind mindestens 50% des Heeres so gegliedert wie zu Zeiten, als der Verteidigungsfall einziger/wesentlicher Zweck wäre. Dies kann aber auch nur geschehen, weil im politischen/gesellschaftlichen Bereich der grundsätzlichen Diskussion und Entscheidung ausgewichen wird, wozu wir die Bundeswehr brauchen und in welchem Rahmen sie eingesetzt werden soll. Dieses politische Führungsvakuum führt natürlich dazu, dass sich die militärische Führung alle Optionen offenhält/halten muss. Denn wer würde ernsthaft glauben wollen, dass es jemals in Deutschland einen politischen Beschluss für einen Kampfeinsatz "á la Angriff" geben würde? Dafür, dass dies wohl wenig realistisch/gesellschaftlich akzeptiert und politisch entschieden werden wird, halten wir uns eine gesamte Division Eingreifkräfte. Und bei der Luftwaffe sieht es nicht anders aus: Während wir nur ein wirklich gebrauchtes Aufklärungsgeschwader haben (dessen Tornados nach und nach außer Dienst gestellt werden), leisten wir uns drei Jagd- und drei JaBo-Geschwader. Die Marine wird sicher Ähnliches "zu bieten haben". Selbst aufrechte hohe Offiziere sind nicht in der Lage, die politische "Eierei" wie oben beschrieben zu ersetzen.

Zum Thema "Dienstaufsicht" ließe sich sicher sehr viel über den Nutzen anmerken. So pauschal, wie Sie Ihre Kritik beschreiben, möchte ich es aber auch nicht stehen lassen. Denn es gibt eine ganze Reihe von Truppenführern (Brigade-/Divisionskommandeure und verglb. DP), die sich wirklich alle Mühe geben, eine fördernde und fordernde Dienstaufsicht zu realisieren. Aber schauen Sie sich doch einmal nur die Situation beim Heer an: Welcher Brigadekommandeur ist denn heute noch in der Lage, an einem Tag unvermutet bei seinen Verbänden und Einheiten auzutauchen? Denn das wäre ja notwendig. um wirklich zu ermitteln, was da so läuft. Da gibt es nur einen BrigKdr, der dies leisten könnte, nämlich den Kdr GbJgBrig, denn der hat seine TrTle in einem Umkreis von 40 km zusammen. Die beiden Kdre LLBrig müssten da, um zu den ihnen zugeordnenten FlaRakKp zu gelangen, bereits weitere Wege fahren. Der Rest der Kommandeure ist von StO zu StO so lange Fahrzeit unterwegs, dass es sich einfach zu schnell herumspricht, wenn er Dienstaufsicht macht. Die Dislozierung der Truppenteile ist nun mal aber keine Entscheidung, die irgendwelche Theoretiker in Uniform vorbereiten/treffen, sondern die politische Leitung vorgibt und bei Bedarf einfordert oder schlicht durchsetzt und mit der die Bundeswehr im Tagesbetrieb dann leben muss.

Viel mehr beunruhigt mich, dass offenbar konkrete Mangelvorträge ab einer bestimmten Dienstgradebene in der Bürokratie des Ministeriums versackt und die eigentlichen Entscheider nicht mehr in der ursprünglichen Intention zu erreichen scheint. "Melden macht frei" - und führt entweder zu einem begründeten(!) Belassen der Situation oder Veränderung - dieser Grundsatz des Mitdenkenden Soldaten scheint nur noch für die Ebene der Truppenführer zu gelten, spätestens aber ab der "3-Sterne-Ebene" aufzuhören. Das Dilemma aber, in denen aus Ihrer Beobachtung SaZ, die Berufssoldaten werden wollen, KpChefs, Btl-/RgtKdr usw. stehen, nämlich Angst vor Schaden an Ihrer Karriere zu haben, trifft auch auf höhere Dienstgrade zu. Selbst der hypothetische Fall, dass 10 Generale/Admirale in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden sollten: Was meinen Sie, wie viele potenzielle Nachfolger schon in den Startlöchern stehen? Ich glaube, dass sich eine Organisation hierdurch nicht verändert, denn das sind immer politische Entscheidungen. Und das dürfen Sie nicht vergessen: Wir, die Soldaten, unterstehen dem Primat der Politik! Und letztlich arbeiten auch sehr viele verantwortlich handelnde Menschen im BMVg loyal zu ihrer politischen Leitung. Und das unterscheidet uns von vielen Berufstätigkeiten, die nicht einem solchen Primat unterworfen sind. Aber denken Sie nur einmal an den "Primat der Aktionäre" - und zu welchen Entscheidungen dies in der bördennotierten Realwirtschaft führte... Weshalb also sollten Menschen, die in der Bundeswehr ihren Dienst versehen, nun - im übertragenen Sinn - einen anderen Rücken haben, als Menschen in der Wirtschaft, die letztlich auch ihren Interessen, sprich u.a. Geldbeutel und dessen Wohlergehen sehen? Derartige menschliche Eigenschaften wird es immer - und letztlich in allen Arbeitsbereichen geben - leider!! Ich glaube, hier muss sich jeder militärischer Führer, unabhängig von seinem Dienstgrad, immer wieder selbst in die Pflicht nehmen, um in seinem Verantwortungsbereich Missstände nicht zuzulassen!

Angst vor Offenheit: Sie haben ganz sicher Recht, dass viele niedrigere Dienstgrade zu viel Respekt vor hohen Dienstgraden haben. Aber auch hier gilt m.A.n. das zuvor Gesagte: Dies unterscheidet sich nicht wesentlich von großen Wirtschaftsunternehmen. Oder meinen Sie, dass ein Gruppenleiter bei Siemens sich trauen würde, Herrn Löscher als Vorstandsvorsitzendem schonungslos alle Wahrheiten mitzuteilen? Ich glaube kaum. Nun sprechen Sie aber einen entscheidenden Unterschied an: Das Gebot zur Kameradschaft. Und hier stimme ich mit Ihnen vollkommen überein, dass hier bis hinunter zur Ebene der Kompaniechefs Veränderungen stattfinden müssen. Nämlich dergestalt, dass Dienstaufsicht vor Ort zeitlich ermöglicht wird! Und dies geht nur, wenn von der politischen Leitung stringent in alle Ebenen der Bundeswehr hinein endlich mit dem "Absicherungsunfug" Schluss gemacht wird, der Vorgesetzte aller Ebenen an ihre Schreibtische bindet! Denn vertrauliche Gespräche werden erst dann stattfinden, wenn man den Vorgesetzten als Menschen erlebt hat, im Gelände, in der Werkhalle, auf dem Übungsplatz, an den Schulen und im Einsatz. Wenn man von ihm/ihr erfährt, wie er denkt, was ihm/ihr wichtig ist, warum er/sie etwas so und nicht anders entscheidet oder ihn/sie erlebt, dass er/sie im Biwak natürlich auch aus dem Kochgeschirr isst oder wenn man in einer Ausbildungspause/oder abends zusammen beim Lagerfeuer auch die Privatperson "Vorgesetzter" ein Stück mehr erfährt. Kurzum: Wenn man ins Gespräch kommt und als Vorgesetzter Zuhört und Nachfragt. Und dies geht nicht, wenn man eher als jemand wahrgenommen wird, der zur Kontrolle kommt, um hinterher Sanktionen zu veranlassen! Dies ist aber wie gesagt ein Dilemma, in dem viele Vorgesetzten stehen: Einerseits sind sie durch Planungen, Berichte, Stellungnahmen und "nach oben delegierte" operative Entscheidungen (Unterschriftsregelung!) derart zugemüllt, dass sie Tage mit mindestens 30 Stunden bräuchten, andererseits sind sie zur Dienstaufsicht verpflichtet und müssen sich für anstehende Beurteilungen ja auch ein eigenes Urteil bilden. Und schließlich stehen Sie, wenn etwas passiert, ja auch selbst im Fokus der dann folgenden Untersuchungen... Also ich habe das für mich immer in Anspruch genommen und den Papierkram soweit wie irgend möglich an meine Stäbe im Sinne delegiert, mir eine begründete Entscheidungsvorlage vorzulegen. Und viele meiner Kameraden aus den unterschiedlichsten Lehrgängen tun dies auch.

@ medinight: Ich bin vollkommen bei Ihnen - und habe Ihnen nie die Erfahrung abgesprochen. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie immer solche Vorgesetzten haben, die ein eigenes Rückgrat haben - und es auch als solches Nutzen (s.o.).

An Ihrer Stelle hätte ich sicher genauso reagiert. Aber: Der Charaktermangel Einzelner sollte nicht zu einem Generalverdacht führen! Zunächst einmal gibt es keine "Unabkömmlichen" in der Bundeswehr, da haben Sie vollkommen recht. Aber gerade die Schulen der Bundeswehr sind so ein Biotop, in dem sich Dienstgrade lange halten können. Und die Möglichkeit, Versetzungen abzulehnen, bringt nicht nur die strukturierte Personalplanung durcheinander, sondern führt eben auch dazu, dass Dienstgrade zwei Drittel ihrer Dienstzeit dort verbringen (können) und einsatzerfahrenen Kameraden berichten, was sie denn tun müssten oder aber die an den Schulen vorhandene paradiesische Materialausstattung als ganz normal darstellen... Also, der Personalkörper der Bundeswehrschulen wird aus meiner Sicht immer noch viel zu wenig für die Einsaätze herangezogen und die Argumente hierfür sind m.A.n. ziemlich dünn. Denn mit Kommandierungen von Dienstgraden aus der Truppe zu ihrer Schule könnte man durchaus für guten Ersatz auf diesen Dienstposten sorgen und würde gleichzeitig bewirken, dass die Ausbildung truppentauglicher werden könnte.

Schließlich haben Sie, Snake, ja sehr deutlich die Auswirkungen der Kluft zwischen Auftrag und Mittelbereitstellung geschrieben. Und es dürfte kaum jemanden geben, der nicht einige weitere Beispiele dazu benennen könnte. Aber auch hier gilt: Der politische Wille, die Fähigkeit zur Durchsetzung des VertMin in seinem Kabinett sind Auslöser für Vieles, von dem hier schon geschrieben wurde. Und nachfolgend natürlich die Generalität ab 3 Sternen im Ministerium (aber da möchte ich mich nicht wiederholen). Meine These: So lange die Grundsatzfrage im politischen Raum nicht entschieden ist, wird sich im nachgeordneten Bereich auch nichts Wesentliches ändern. Und dies gilt nicht allein für die Bundeswehr, sondern auch andere öffentliche Tätigkeitsfelder.







miguhamburg

Ach ja, ich vergaß vorhin einen wichtigen Aspekt zum Thema "Arbeitsplatzattraktivität" aufzuführen, den Snake in seiner Zuschrift erwähnte. Er bemerkte hierzu, dass die Bundeswehr auf ihren Roadshows das Bild vermittele, es ginge bei ihr vornehmlich um Technik und um "Feldromantik", um es mal auf den Punkt zu bringen.

Dem will ich gar nicht widersprechen. Allerdings ist die Bundeswehr als Arbeitgeber eines von vielen Großunternehmen der zivilen Wirtschaft. Und lässt sich bei der Gestaltung ihrer Personalwerbekampagnen von den gleichen Marketing-/Werbeagenturen beraten. Und insofern lassen sich Einsatzbelastungen, Verwundete, Gefallene oder fehlende Technik/Improvisationen eben sehr schlecht darstellen. Soll heißen: Es ist doch durchaus legitim, dass man bei entsprechenden Werbemaßnahmen die sogenannten "USP's" hervorhebt, wie andere auch. Und für Bewerber gibt es ja neben dem persönlichen Gespräch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sich über den Zustand des potenziellen neuen Arbeitgebers zu informieren: In den Zeitungen, im Internet usf. Dort werden in der Regel ja die Aspekte beschrieben, die in den Kampagnen nicht stattfinden (sollen).

Aber lassen Sie mich auch hierbei wieder den Vergleich zur zivilen Arbeitswelt anstellen. Schauen Sie sich doch mal die Unternehmensauftritte und Stellenangebote der großen Firmen an. Da heißt es auch nie: "Achtung, Sie werden im Pausenraum/auf der Toilette gefilmt!" (Lidl) "Achtung; Wir überwachen Ihre Emails, wenn Sie Kontakt mit Journalisten oder Gewerkschaften haben, gibt's Ärger!" (Deutsche Bahn), "Achtung: Wir führen geheime Krankenlisten!" (Lidl und andere). Also, Vieles, was im Zuge einer Bewerbung um eine Stelle in einem Unternehmen golden aussah, entpuppt sich auch in anderen Arbeitsbereichen im Laufe der Zeit als nicht mehr ganz so glänzend...

DIES sollte der Bundeswehr also nicht angelastet werden!

snake99

Lieber miguhamburg,

erstmal recht herzlichen Dank für ihr Posting. Es freut mich, dass sie sich die Zeit genommen haben und so ausführlich geantwortet haben.

Wie ich jedoch sehe, sind ihnen viele Punkte die ich kritisch angesprochen habe bereits bekannt. Ich stimme ihnen zu wenn sie sagen, dass einige Missstände die "unten" gemeldet werden oftmals auf dem Weg nach "oben" an Inhalt verlieren.

Ich habe vorläufig erstmal nichts mehr zu diesem Thema hinzuzufügen. Ich würde es mir jedoch wünschen, wenn sich was an dem beschriebenen Gesamtbild ändern würde und nicht nur die Verantwortung hierfür an die Politik abgeschoben wird. Wie MediNight es schon geäußert hat, würde ich es ebenfalls begrüßen, wenn mehr Vorgesetzte "Rückgrat" zeigen würden, mit dem Willen zur Änderung der angesprochenen Mängel.

Im zivilen Berufsleben gibt es ähnliche Probleme. Als Geschäftsinhaber habe ich stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte meiner Mitarbeiter aber auch für Verbesserungsvorschläge. Sofern diese im ersten Moment als zutreffend einzustufen sind, werden diese auch sofort umgesetzt. Entpuppen sie sich im Nachhinein als falsch, werden sie wieder geändert, doch man hat Erfahrungen gesammelt und kann sich nicht vorwerfen lassen nichts getan zu haben. Es gibt nichts schlimmeres als Stillstand.  

Okay, die Bw ist nicht mit einer kleinen Firma des Mittelstandes zu vergleichen, aber ich denke, dass Änderungen wesentlich schneller durchsetzbar wären, wenn innerhalb der Bw auch der Wille zu Veränderungen gegeben wäre. Diesen vermisse ich an vielen Stellen oftmals. Hier das Stichwort "Verantwortung". Warum weigern sich so viele Vorgesetzte in der Bw davor Verantwortung zu übernehmen? Warum ist das so, dass die Angst vor Karrierenachteilen überwiegt, was bei einigen Kameraden eine Handlungsstarre auslöst? Sicher ist es einfacher die Hände in die Schoß zu legen, weiter zu melden und abzuwarten, doch was bringt das unterm Strich? Verbessert es die Situation? Meines Erachtens steht darauf hin ein klaren "NEIN" an.

Während meiner aktiven Dienstzeit habe ich ebenfalls oftmals feststellen müssen, dass die Kameraden die "still hielten" belohnt wurden, während "Kritiker" "weggelobt" bzw. entlassen wurden.

Das Forum hier zeigt die Stimmung in der Bw sehr gut, wie ich meine. Am Anfang sind die SaZ Bewerber alle hoch motiviert und sprühen vor Euphorie wenn sie die Zusage zur Einstellung vom ZNGw bekommen haben. Spricht man genau diese Bewerber nach einiger Zeit erneut auf die Bw an, so ist die Euphorie verflogen und zu Teilen in blanken Frust umgeschlagen.

In Zeiten wo es schwierig ist zivil einen Job zu bekommen hat die Bw guten Zulauf an Bewerbern. So auch aktuell. Doch was ist wenn sich die Zeit wieder ändert und die Wirtschaft anfängt anzuziehen? Ich bin der Meinung, dass die Bw daran arbeiten sollte die SaZ's langfristig für sich zu überzeugen und zu gewinnen. Bisher meine ich jedoch zu erkennen, dass dies nur kurzfristig gelingt. Meint ein SaZ "aus der Reihe zu tanzen" wird er halt nicht weiterverpflichtet und man sucht sich einen neuen "Dummen" der bereit ist das "Spiel" mitzuspielen. So gehts dann weiter und weiter und weiter ... Doch ist so ein Zustand etwa befriedigend? Auch dieses würde ich mit "Nein" beantworten.
,,Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!" John F. Kennedy

schlammtreiber

Zitat von: snake99 am 16. September 2009, 09:02:07
Meint ein SaZ "aus der Reihe zu tanzen" wird er halt nicht weiterverpflichtet

Das ist kein bundeswehrspezifisches Problem, sondern läuft (mal ganz flach gesagt) überall genau so. Wenn im Unternehmen XY ein Angestellter "aus der Reihe tanzt", was glauben wir wohl was da passiert?
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snake99

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schlammtreiber

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