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Allgemeine Dienstpflicht

Begonnen von Ermessenslenkender, 14. Juni 2022, 23:50:43

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Deepflight

Darum gehts hier aber garnicht! Es geht um eine allgemeine Dienstpflicht, so, wie sie der BP angesprochen hat.
Art 4 (3) d regelt dies für eine allgemeine Dienstpflicht als Bürgerpflicht, Art 4 (3) b für einen Wehrdienst.
Damit verstößt schonmal weder die allgemeine Dienstpflicht (Motto "egal was, aber du musst was machen im ÖD") noch eine Wehrpflicht gege die MRK.
Art 4 (3) c betrifft ein ganz anderes Rechtssubjekt, nämlich eine verlangte Arbeit im Rahmen eines Notstandes oder einer Katastrophe. Sowas sind zeitlich und/oder räumlich begrenzte Vorkommnisse gem. Klarstellung des BVerfG zum Amtshilfeparagraphen des GG, das trifft auf das Klima nicht zu (weil weltweit); im Rahmen der Pandemie wäre es vielleicht möglich gewesen, aber um damit einen Pflichtdienst zu konstruieren taugt der Art 4 (3) c nicht.

Also, Wehrpflicht und allgemeine Dienstpflicht sind also nach den Regelungen der MRK zulässig.
Das GG lässt ebenfalls Beides zu (Art 12 (2) i.V.m. 12a GG)
Die Detailregelungen der Auffangnormen des GG übernimmt immer ein Bundesgesetz, sofern es einer solchen Detailregelung bedarf. Dafür gibt es z.B. das Wehrpflichtgesetz, dass Art 12a GG ausgestaltet.
Mit einer allgemeinen Dienstpflicht wäre dies für Art 12(2) GG analog vorzunehmen.
Um auf ihre Frage zu kommen: eine allgemeine Dienstpflicht wäre das, wass der Gesetzgeber als solche definiert. Das Volk (vertreten durch die gewählten Vertreter) definiert nämlich selbst (und drückt dies durch die MdB aus), was zu den Bürgerpflichten gehört, und staatstheoretisch manifestiert sich das in den Gesetzen, die sich das Volk auferlegt, um danach zu leben.
Sprich: wenn wir als Volk in breitem Konsenz übereinkommen, dass ein verpflichtendes Dienstjahr eine gute Sache ist und das festlegen, machen die gewählten MdB als unsere Vertreter daraus ein Gesetz und dokumentieren das damit dann.


Deepflight

@VictorBravo
Leider liegst du falsch, schau mal in die WD 3-3000-258/19.

Ermessenslenkender

@Deepflight

Wissenschaftliche Dienste Dokumentation
WD 3 - 3000 - 043/22

Auszug....Die beiden Dokumente zeigen auf, dass eine allgemeine Dienstpflicht von 12 Monaten unions- und völkerrechtswidrig wäre, wenn von der verfassungsrechtlichen Gestaltungsoption durch den deutschen Verfassungsgeber Gebrauch gemacht werden würde.

https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwiP4cnPkrH4AhUMNOwKHV8nDk8QFnoECBIQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.bundestag.de%2Fresource%2Fblob%2F894380%2F323ff1a1b53a4f996c12dd9aad517583%2FWD-3-043-22-pdf-data.pdf&usg=AOvVaw1jyfKt9pQnS3ayQiRI_gP8

Ralf

Anstatt sich mit dem Thema auseinander zu setzen, ergehen sich hier die Hobbyjuristen in der rechtlichen Bewertung, in der selbst Staatsrechtler unterschiedliche Auslegungen haben.
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Rekrut84

Zitat von: funker07 am 15. Juni 2022, 17:17:28
Welche Obergrenzen? Die aus den 2-4-Verträgen kann man wohl als Hinfällig betrachten.

Warum?

ROA2022

Zitat von: Ralf am 16. Juni 2022, 07:46:56
Anstatt sich mit dem Thema auseinander zu setzen, ergehen sich hier die Hobbyjuristen in der rechtlichen Bewertung, in der selbst Staatsrechtler unterschiedliche Auslegungen haben.
Richtig. Deswegen habe ich meinen Beitrag ja auch unabhängig von juristischen Detailfragen geschrieben. Dies ist eine gesellschaftspolitische Debatte. Die Juristen der Exekutive müssen es lediglich umsetzen. - ,,Gestaltung, nicht Verwaltung", könnte man pointiert sagen.

F_K

Grundrechte sind keine Detailfrage - aus Gründen sind bestimmte Grundrechte in DEU unabänderlich - dazu kommt das Völkerrecht.

Deepflight

Eben, denn das was der WD des Bundestages in der 043/22 rausgearbeitet hat bezieht sich auf den aktuellen Vorschlag, ist aber keine abschließende Themenbehandlung.
Dass es sehr wohl unionsrechtlich geht, zeigt im Übrigen ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit, indem eine allgemeine Dienstpflicht (in der Gestalt einer Wehrpflicht, vgl hierzu die Schriften des EU-Parlaments in dieser Sache) wieder eingeführt wurde: Schweden!
Auch beispielsweise in Frankreich gibt es eine allgemeine Dienstpflicht (in dem Fall im Umfang von Wochen, aber für Jugendliche und damit nochmals rechtlich schwieriger) und man stellt fest: geht auch!

Die genannte 043/22 in allen ehren, der WD hat aber auch schon andere Befunde in dieser Sache erstellt, selbst dort ist man sich also uneinig.
Dennoch bleibe ich dabei, wenn man es als breiten gesellschaftlichen Konsenz will geht es auch, ohne das man sich unions- und völkerrechtlich auf den Hintern setzt, auch bei einer Neueinführung eines allgemeinen Dienstes oder einer Wehrpflicht. Der Beweis hierzu ist und bleibt die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Schweden, denn die haben es ohne Bruch des Unions- und Völkerrechts hinbekommen.  Eine schöne Ausaebeitung, wie die das gestaltet haben, findet sich im WD2-3000-076/18.

Man muss es aber eben wollen und es muss sinnhaft ausgestaltet sein.
Beides sehe ich aktuell in der Diskussion in Deutschland nicht, denn wirklich ausgearbeitete Vorschläge sehe ich da keine und ein breiter Konsenz ist es nach meinem Empfinden ebenfalls nicht.

Bewerber Offizier

Es gibt ja für manche Schulabschlüsse bereits eine "Tätigkeitspflicht", zbs. die FH-Reife die ja 1 Jahr Praktikum (oder 6 Monate) je nach Bundesland voraussetzt, man könnte ja auch für jeden Schulabschluss eine Dienstpflicht verlangen, als fürs Abitur (und FH Reife) min. 1 Jahr Dienst, für den Realschulabschluss 6 Monate und für den Hauptschulabschluss 3 Monate.

Klar die Schullaufbahn würde sich dann etwas verlängern, aber da sehe ich kein Problem.

F_K

Eine WEHRpflicht ist in DEU möglich - eine allgemeine DIENSTpflicht ist aber etwas komplett anderes.
Insoweit ist das Beispiel Wehrpflicht in Schweden oder DEU nicht zielführend.

Mann beantwortete bitte folgende fragen:

- wieviele Wehrpflichtige pro Jahr wie lange?
- wie lange dann unter Waffen / in der Reserve in naTrT?
- was kostet es an Waffen / Sold / Gebäuden und Ausbildern?

Bisher ist, trotz 100 Mrd nicht mal der politische Wille da, den EP14 zu erhöhen - dafür ist also überhaupt kein Geld da.

Ralf

Es geht doch hier gar nicht um die Wehrpflicht, sondern um die Dienstpflicht. Von daher verstehe ich diese Diskussion nicht -auf die Gefahr mich zu wiederholen.
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Jan96

Wer sagt denn, dass bei einer allgemeinen Dienstpflicht die FWDL-Kontingente massiv erhöht werden? Die Bundeswehr hat einen Bedarf, der wird gedeckt.
Durch eine Dienstpflicht sehe ich aber den Vorteil, dass vielleicht deutlich mehr junge Menschen auch mit dem FWDL-Gedanken spielen werden, da es eine spannende Alternative zu THW, Feuerwehr, Krankenhaus ist. Und so steigt dann die Qualität der Bewerber.

Sollte das BMVg dann die Kontingente noch erhöhen, dann sollte es natürlich auch Aufgaben und Infrastruktur dafür geben. Im Land gibt es aber genug zu tun, so dass sicher nicht der ganze Jahrgang bei der Bw aufschlägt.

Wichtig in Bezug auf eine Dienstpflicht wäre aber, im Sinne der Gleichberechtigung, Männer und Frauen einzubeziehen. Und bei einer Dienstpflicht sollte der Aspekt auch kein Problem mit dem GG verursachen.

thelastofus

Ich halte eine allgemeine Dienstpflicht für gefährlich, wenn da auch die Feuerwehren, THW und der Sanitätsdienst zu den Anbietern gehören sollen. Dort hat man früher die Probleme sei es mit den Ersatzdienern oder den Zivildienstleistenden.

Ich sehe da die gleichen Probleme wenn eine allgemeine Dienstpflicht kommt, da die Bw ja aus der Fläche tlw. verschwunden ist, werden sich viele ohnehin nicht für die Bw entsscheiden (sollte es eine Wahlmöglichkeit geben)

Aber mit der kurzen Ausbildung wären die ohnehin kaum einsetzbar.

Ermessenslenkender

Die rechtlichen Problematik ist schon enorm. Wohl kaum lösbar.

Zitat3. Unter Rücksicht einiger Aspekte steht die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht bisher keinem bestehenden Grundrecht gegenüber.
Nehmen wir mal an es würde irgendwie eingeführt werden. Es müssten jedes Jahr 700.000 Dienstpflichtige an die jeweiligen Stellen zugewiesen werden. Dafür müssten erstmal Strukturen aufgebaut werden. Dieser Amtstellenaufbau Dienstpflicht, würde viele Jahre dauern, wenn überhaupt möglich.

Mit der Idee im Rahmen der Schulpflicht etwaige Pflichtpraktika zu etablieren, könnte ich mich eher anfreunden. Schulklassen in der Land-Fort-Wirtschaft - Renatuierung von Flussläufen wie bspw. Isar, und vieles mehr, quasi Berufspraktika ab der 4ten Klasse und keine Trennung der Schulklassen ab der 4ten Klasse mehr. Soziale Durchmischung und dadurch Erlangung der Kompetenzen.

Habe in einer  B a c h e l o r a r b e i t  von Stefanie Gehring diese Zusammenfassung gefunden.

1. Die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland sieht in einer Dienstpflicht ausgewogene Vor- und Nachteile.
2. Das Grundgesetz enthält bisher keine konkrete Reglung bzw. Ermächtigungsgrundlage zur Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht.
3. Unter Rücksicht einiger Aspekte steht die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht bisher keinem bestehenden Grundrecht gegenüber.
4. Zur Durchsetzung einer allgemeinen Dienstpflicht fehlt es im aktuellen Bundestag an politischer Unterstützung.
5. Eine allgemeine Dienstpflicht fällt unter die Definition eines Zwangs- oder Pflichtdienstes der ILO- Übereinkommen Nr. 29 und Nr. 105, womit ein Austritt aus den ILO- Übereinkommen Nr. 29 und Nr. 105 zur Einführung notwendig wäre und auch rechtlich sowie praktisch möglich wäre.
6. Eine Dienstpflicht kann nicht unter die Ausnahmetatbestände des Art. 4 Abs. 2 EMRK gefasst werden, womit sie als Zwangs- oder Arbeitspflicht gelten.
7. Ein Austritt aus dem EMRK ist möglich, da es keinerlei Option für eine Abänderung der Konvention gibt.
8. Die Einführung einer Dienstpflicht ist nicht mit dem IPBPR vereinbar.
9. Ein Austritt aus dem IPBPR ist fraglich bzw. faktisch unmöglich.
10. Dienstpflichtleistende entsprechen nicht einem Arbeitnehmer nach Art. 45 AEUV.
11. Eine Dienstpflicht verstößt gegen den Grundsatz des Art. 5 Abs. 2 GRCh.
12. Eine Abänderung des Art. 5 Abs. 2 GRCh wird nicht vorgesehen, weshalb nur ein Austritt aus der Europäischen Union in Frage kommt, welcher sich als fraglich in Hinsicht auf den Aufwand und den Nutzen der durch eine Dienstpflicht gezogen wird, darstellt.

Möglichkeiten zur Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht in der Bundesrepublik Deutschland
B a c h e l o r a r b e i t  - Stefanie Gehring
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjmmOm7h7L4AhUCg_0HHQ9ZDQ8QFnoECAMQAQ&url=https%3A%2F%2Fopus.bsz-bw.de%2Fhsf%2Ffiles%2F966%2FGehring_Stefanie-Bachelorarbeit.pdf&usg=AOvVaw0kK_nnsoBw7T_1cJdxKvX3

Jan96

Weil du es zweimal deutlich betont hast: Vom inhaltlichen Aspekt deines Posts getrennt, sollte man eine Bachelorarbeit als Quelle bitte nicht überstrapazieren 😅 Zur Einordnung: Es ist nur eine Bachelorarbeit im Studiengang Sozialverwaltung, keine Dissertation oder Ausarbeitung von postgraduierten Wissenschaftlern.