Die USA erfinden auch einfach mal den juristisch nichtexistenten Begriff der "illegalen Kombattanten", um auf mittlerweile mehr als 10 Jahre Menschen ohne gesetzliche Grundlage einzusperren.
Sooo falsch ist der Begriff gar nicht, da es in einem nicht-internationalen Konflikt überhaupt keine kombattanten gibt, weder legale noch illegale. Aber sie müssten in der Tat strafrechtlich verfolgt werden. Das ist völlig richtig.
Doch der ist falsch, bzw. er ist eine freie Erfindung, der - angelehnt an das "Wording" des HVR Rechtsstaatlichkeit vorgaukeln soll.
Und wenn man sich die UN-Resolution zum 11. September mal anschaut oder auch nur das staatliche Handeln der nach Art 5 Nato-Charta (und UN-Mandat) agierenden Staaten, dann ist der Einmarsch der an OEF beteiligten Staaten in Afghanistan selbstverständlich Teil eines internationalen bewaffneten Konflikts. Ausgelöst wurde dieser durch Terrorakte (dank erweitertem Terrorismusbegriff im HVR als Angriff gedeutet), welche mindestens durch Duldung und/oder Unterlassung, wenn nicht gar Förderung dem Defacto-Regime der Taliban in Afghanistan zugeordnet wurde. Damit stellen die strafrechtlich relevanten Terrorakte vom 11. September 2001 den Beginn eines internationalen bewaffneten Konfliktes dar. Auf diesem Rechtsverständnis basiert die damalige UN-Resolution genauso, wie auch das deutsch Bundestagsmandat zur Beteiligung an OEF. Ich darf daran erinnern: Der erste Einsatz deutscher Soldaten ausschließlich auf Basis des HVR ohne weitere Einschränkungen durch nationale ROE war der Einsatz des KSK im Rahmen von OEF in Afghanistan!
Dementsprechend sind Angehörige der Taliban bzw. ihrer Milizen als Kombattanten selbstverständlich als Kriegsgefangene zu behandeln.
In unserer westlichen Überheblichkeit (und durch die Praxis der Amerikaner) haben wir das aber geflissentlich ignoriert. Und mit dem (wahrscheinlich ebenfalls völkerrechtswidrigen) Installieren einer nicht durch das nationale afghanische Recht legitimierten Regierung wurde dann die Grundlage für ISAF gelegt und plötzlich sollen dann Taliban-Kombattanten Straftäter sein (als die sie sowieso schon - wenn überhaupt - behandelt wurden).
Das, ist ein systematischer Rechtsbruch internationalen Rechts, wie er offenbarer nicht sein kann - noch klarer wird er, wenn man bedenkt, dass z.B die USA ihre Einheiten in einem Moment für OEF und im anderen für ISAF eingesetzt haben.
Das die Taliban vielen Staaten nicht gefallen haben ist klar, genauso unbestreitbar ist aber, dass fast alle Staaten die Taliban als defacto-Regime in Afghanistan anerkannt haben - entweder offiziell oder durch außenpolitische Praxis (Deutschland ist da keine Ausnahme). Und damit gehen eben unmittelbar Rechtsfolgen einher, z.B. dass die Taliban als offizielle Machthaber in Afghanistan das Recht haben gemäß dem HVR zu agieren und da hat sich kein Staat drüber hinwegzusetzen, denn Staaten können nicht über andere Staaten urteilen oder sie in ihren Rechten beschneiden.
Das Mandat des UN-Sicherheitsrates für ISAF könnte man als einzig legitime Rechtsgrundlage für alles was dann passiert ist sehen, aber auch das ist es nicht, denn auch damit wird eine "Übergangsregierung" nicht legitimiert. Wenn man dem UN Sicherheitsrat schon das Recht zuspricht hier für klare rechtliche Verhältnisse zu sorgen und als überstaatliche Instanz Urteile zu fällen, dann hätte er eben die Regierung Karzai für legitim und das Regime der Taliban für illegitim erklären müssen - allerdings wäre dafür die UN-Vollversammlung zuständig gewesen.
Es wurde hier schlicht der wichtigste Schritt von allen ausgelassen. Und dadurch wird alles was folgt eben illegal.
Die Pervertierung des HVR kann man sich eigentlich nur vor Augen führen, wenn man sich vorstellen würde, dass das Deutsche Reich im zweiten Weltkrieg kämpfenden Exilfranzsen nach der Schaffung des Vichy-Regimes den Kombattantenstatus nicht mehr anerkannt hätte. Aber selbst unter dem damaligen menschenverachtenden Regime ist man auf so einen Blödsinn nicht gekommen - und wenn hätte das hätte ja Repressalien nach sich ziehen können.
In diesem Fall aber erklärt man von heut auf Morgen einfach eine Partei eines internationalen bewaffneten Konfliktes zu Straftätern oder "illegalen Kombattanten" - und das ist gemäß des internationalen Rechts schlicht nicht möglich!
Hier bin ich allerdings deutlich anderer Meinung. Der internationale bewaffnete Konflikt vom Herbst 2001 ist bereits lange vorbei.
Es musste schon ein Herr Bush jr. lernen, dass das einfache, einseitige Erklären des Endes eines bewaffneten Konflikts nichts mit seinem Ende zu tun haben muss.
Und auch für das Beenden eines bewaffneten Konfliktes gibt es geltendes Völkerrecht - entweder schriftlich oder als Völkergewohnheitsrecht.
Das plötzliche Negieren des Rechts einer Konfliktpartei gehört aber nicht dazu.
Im Gegenteil, das HVR gibt jeder Partei explizit das Recht gegen Besatzer zu kämpfen. Und um noch mal auf das Frankreich-Beispiel zurückzukommen: Frankreich hat sogar kapituliert! Trotzdem ist niemand auf die Idee gekommen den Exilfranzosen ihre Rechte und ihren Kombattantenstatus (sofern zutreffend) abzusprechen. Und erst recht ist man nicht auf die Idee gekommen davon auszugehen, dass der bewaffnete Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich beendet wäre - weder auf alliierter, Achsen- oder neutraler Seite.
Das wäre ja aberwitzig.
Um einen Krieg zu beenden, braucht man weder eine Kapitulation noch das vollständige (!) Einstellung aller Kampfhandlungen.
Doch, das sind schon mal sehr gute Anhaltspunkte. Effektiv muss man hier aber primär den Willen der einheitlichen militärischen Führung des jeweiligen Konfliktteilnehmers und seine Fähigkeit diesen militärisch auch zu zeigen als Grundlage sehen. Kurz: Die Taliban haben 2001/2002 bärenmäßig auf die Mütze bekommen und haben sich ins afghanisch/pakistanische Grenzgebiet zurückgezogen. Kampfhandlungen gab es immer. Nach einer kreativen Selbstfindungsphase der Taliban gingen sie wieder in die Offensive (und das eindeutig mit gut organisierten militärischen Verbänden und Mitteln), bevor sie wieder mehr und mehr "auf die Fresse" bekommen haben und momentan wohl wieder in einer etwas pessimistischeren Selbstfindungsphase stecken.
Dabei geht ihr Einfluss mittlerweile wieder so weit, dass niemand ernsthaft daran glaubt Afghanistan ohne eine Einbindung der Taliban (oder vielleicht besser einen Frieden mit den Taliban) dauerhaft annähernd stabilisieren zu können.
Nein, das ist rechtlich nicht vertretbar, denn es wird übersehen, dass der Staat Afghanistan nicht mehr Kriegspartei ist, sondern nur eine nicht staatliche Personengruppe. Dass die früher mal einen Staat repräsentiert haben, ist unbeachtlich.
Äh, ne. Und das du dafür in jeder Völkerrechtsklausur durchfallen würdest müsste dir eigentlich klar sein. Du vermengst hier Völkerrecht mit nationalem (Straf-)Recht und was weiß ich noch allem.
Völkerrechtlich lässt sich eine Position wie deine schlicht nicht untermauern. Es sei denn man sagt: "Scheiß auf alle internationalen Abkommen und 200 Jahre Völkergewohnheitsrecht! Wir haben das so gemacht und damit basta!" Also, indem man das sagt, was da seit mehr als 10 Jahren läuft.
Das würde mir auch keine Sorgen machen. Der Einsatz ist doppelt legitim. Zum einen ist es eine "Intervention auf Einladung", die rechtlich völkerrechtlich unbedenklich ist,
Wer hat wen wann auf Basis welcher nationalen Rechtsgrundlage eingeladen?
Das ist ein lustiges Kartenhaus, aber "völkerrechtlich unbedenklich" ist daran gar nichts. Das ist der systematisierte Rechtsbruch!
Wenn man völkerrechtlich (relativ) einwandfreies Vorgehen als Beispiel nehmen will, dann kann man die Verwaltung Westdeutschlands durch die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg und den Aufbau eines durch das deutsche Volk legitimierten Staatsapparates als Beispiel nehmen.
Damals wäre allerdings auch keiner auf die Idee gekommen nach einem Grund für die Anwesenheit und das Handeln der Alliierten in Deutschland zu suchen.
Im Fall Afghanistans hat man schlicht illegal ein Marionettenregime installiert, dass das ohne nationale Legitimierung "eingeladen" hat. Der Zweck heiligt nunmal nicht die Mittel. Vor allem, wenn man sich - wie wir Deutschen, bzw. unsere gewählten Volksvertreter - nie wirklich mit dem "Zweck" von OEF oder ISAF befasst hat.
zum anderen liegt ja eine Legitimation durch den Sicherheitsrat vor.
Ja, für ISAF, auf Bitten der "Übergangsregierung". Aber damit wird die "Übergangsregierung" nicht legitimiert. Das ist auch gar nicht Aufgabe des UN-Sicherheitsrates.
Außerdem wurde ja bereits durch die Justiz bescheinigt, dass ein nicht-internationaler Konflikt vorliegt.
Das haben Staatsanwälte nach den ihnen vorliegenden Fakten in Bezug auf die blose Frage, ob HVR anzuwenden ist oder nicht festgestellt. Das hat aber gar nichts mit dem hier angesprochenen Themenkomplex zu tun.
Vorher haben aber bereits deutsche Gerichte - darunter das Bundesverwaltungsgericht - in anderen Verfahren festgestellt, dass kein (wie auch immer gearteter) bewaffneter Konflikt vorliegt, dementsprechend auch kein HVR gilt. Und letztendlich ist das seit Beginn des Einsatzes auch die Lesart des BMVg gewesen.
Bei diesem ganzen Wirrwar muss man schlicht berücksichtigen, dass Gerichte und auch Behörden der Exekutive grundsätzlich nur Fragen beantworten mit denen sie im Speziellen konfrontiert werden. Und dementsprechend wirr fallen dann die unterschiedlichen Antworten auf unterschiedliche Fragen aus.
Auch auf die Frage, wieso die Bundeswehr nach wie vor illegal (weil nicht nachträglich durch das deutsche Parlament bewilligt) im letzten Jahr die Operation Pegasus durchgeführt hat (nennt sich gemäß Grundgesetz damit dann wohl automatisch "verbotener Angriffskrieg", da eben durch nichts legitimiert) und warum Merkel, De Maiziere und Westerwelle nicht schon längst angeklagt wurden gibt es noch keine Antwort. Schlicht weil die passende Frage noch nicht gestellt wurde. Und weil selbst in einem Rechtsstaat politisches Kalkül und politischer Wille manchmal offenbar wichtiger sind als Legalität.
Gruß Andi