Guten Abend BW-Community,
bevor ich mein Anliegen hier schildere, vielleicht erst mal etwas zu mir:
Ich bin 20 Jahre alt und werde voraussichtlich nächstes Jahr meine allgemeine Hochschulreife auf einem technischen Gymnasium erwerben. Dass sich das Ganze bei mir so in die Länge zieht, ist vorallem damit begründet, dass ich ein Jahr später eingeschult wurde und in der Orientierungsstufe ein Jahr sitzen geblieben bin (wegen Scheidung der Eltern, eigener Isolation, Unlust am Lernen etc.).
Meine Mutter ist alleinerziehend und zu meinem leiblichen Vater habe ich eher wenig Kontakt, so merke ich auch an mir selbst, wie ich mich von meiner eigenen Familie immer mehr distanziere, vorallem weil diese sich nicht genau so bemühen, sich zu integrieren/ zu assimilieren, wie ich es versuche zu tun, und deshalb feststelle, wie es mich auch innerlich stetig immer mehr reizt, wenn sie sich mit mir nicht auf deutsch unterhalten, was irgendwie banal ist von meinerseits.
Sie haben nämlich, genau wie ich, einen russischen Migrationshintergrund (2005 nach Deutschland eingewandert; obwohl meine Großeltern mütterlicherseits schon Deutsche waren, sie aber nach dem 2. Weltkrieg aus der Sowjetunion nicht ausreisen durften), beziehen zwar auch Alimente vom Staat, sind sogar deutsche Staatsbürger (hatten unsere Staatsbürgerschaft schon vor der Anreise nach DE), aber halten dennoch an ihrer russichen Identität zwanghaft fest, was ich nicht nachvollziehen kann, wenn man berücksichtigt, dass sie ja aus eigener Entscheidung mit mir hierher gezogen sind. Ich bin zwar nicht mehr im Besitz einer russischen Staatsangehörigkeit, aber dieses Problem mit der eigenen Identitätsfindung ist dennoch eine, mich immer noch begleitende, Last.
Meine jetzigen schulischen Leistungen sind durchschnittlich, schwanken aber auch, manchmal ins Positive, manchmal ins Negative. Elan, das höchste Potential in meinen Noten noch rauszuholen, kann ich keinen schöpfen, denn die Studienfächer, die mein Interesse wecken, sind sowieso nicht zulassungsbeschränkt und Effizienz hat doch immer Vorrang, nicht?
Aber zurück zum Thema..
Irgendein Initialfunke löste in mir das plötzliche Bedürfnis aus, diesem Land militärischen Dienst zu erleisten. Mit diesem, noch da gewesenem, Schwung vereinbarte ich an der gleichen Stelle telefonisch einen Termin bei meinem örtlichen Laufbahnberater und freute mich auf das Gespräch. Die Offizierslaufbahn sollte es sein, dachte ich mir. Bei ihm angekommen, reichte er mir erstmal einpaar ihm vorliegende Broschüren und Unterlagen, fragte mich nach meinen Personalien und führte seine beratende Dienstleistung aus. Eigentlich bin ich auch aufgeklärt, das Beratungsgespräch liegt auch schon 3 Monate zurück und meine Euphorie ist verflogen. Doch die Faszination an der Bundeswehr ist dennoch geblieben, dennoch ist die 13 jährige Laufbahn eine Entscheidung, die ich aus jetzigem Standpunkt, vor mir selbst nicht verantworten könnte.
Andererseits will ich einfach mal ein Breakout, raus aus dem Haus voller Tränen, einen Neuanfang wagen, endlich selbstständig werden, finanziell mal auf den eigenen Beinen stehen, einen Stellenwert in der Gemeinschaft haben. Es fühlt sich so ein als würde ich vor dem kalten Wasser stehen, aber es fehlt jemand, der mich einfach reinschubst. Damals gab es noch die Wehrplicht, heute muss man selber rein oder es einfach lassen. Und dann dieser äußere Druck, einen perfekten Werdegang haben zu müssen, und Fragen wie, wie ich meine Entscheidung fürs FWD beim Personaler begründen könnte, obwohl ich rational keine Argumente dafür hätte, eher welche dagegen, aber die Intention kommt eher aus dem Bauch. und würde ich den FWD ableisten, hätte ich schon 2 Semester verschenkt, würde also mein Studium erst mit 22 starten, während manch einer schon mit 22 ausgebildet ist. Außerdem weiß ich sowieso nicht was ich exakt vom Leben will, rückblickend war es immer nur eine Enttäuschung und ich halte es sogar für naiv eine neue Erwartung an die Zukunft zu stellen. Und ich bin nicht einmal so introvertiert, wie es vielleicht gerade rüberkommt, spiele im Verein Basketball und engagiere mich politisch, aber... ich weiß trotzdem nichts über mich.. soll ich diese 16 Monate den Dienst ableisten oder doch gleich mein Physikstudium anfangen?
Eigentlich hätte ich auch lieber eher in dieser Richtung gerne auch mein Gespräch mit dem Laufbahnberater geführt, aber ihm war mein aktuelles Zeugnis wichtiger, als die Person die vor ihm sitzt. Aber es ist ja auch das Militär, denke ich mir dann, und die Soldaten bildeten sowieso immer eine Parallelgesellschaft, vielleicht hab ich mit meinem Temperament da eh nichts verloren. Aber ja, danke fürs lesen.